Kapitel 1

„Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen Frau Patrizia Senge vorstellen? Sie übernimmt den Sales-Bereich von Herrn Duder. Möchten Sie vielleicht selber ein paar Worte der Vorstellung sagen?“, hörte ich Dr. Wedt, den Personalchef, sagen.

 

Ich war direkt von ihr fasziniert, wie selbstbewusst sie dort stand mit ihren langen braunen Haare und ihrer perfekten Figur im maßgeschneiderten Hosenanzug. Sie hatte eine unglaubliche Ausstrahlung und zeigte schon bei der Vorstellung, dass sie genau wusste, was sie wollte und in welche Richtung es gehen sollte. Ihre Augen blitzten gefährlich, als sie das Wort übernahm. Was sie genau sagte, bekam ich nicht richtig mit, dafür war ich viel zu geplättet von ihrer Erscheinung, aber ich merkte direkt, wie sich die Männer vielsagende Blicke zuwarfen. Einerseits weil sie wohl merkten, dass sie es ernst meinte mit ihren Ansagen, aber ich meinte auch ein eindeutig sexuelles Interesse an ihr bemerkt zu haben.

 

Zum Glück beobachtete mich niemand aus der Abteilung. Ansonsten hätten sie sehr wahrscheinlich gesehen, dass ich quasi schon sabberte. Was für eine Frau!

Ich hatte von ihr, im Gegensatz zu den anderen Kolleginnen und Kollegen, nichts zu befürchten. Ich war seit fünf Jahren als Vertriebsassistentin in dieser Firma und erledigte einfach konsequent das, was man mir auftrug. Frau Senge war nun die dritte Leitung, für die ich arbeiten würde, aber nun hatte ich erstmalig eine Chefin. So konnte ich mich ganz auf sie und ihre Ausstrahlung konzentrieren und musste nicht auf die jedes Mal in Vorstellungsrunden bemühten Jahresziele, Zahlen und Fakten achten.

Innerhalb kürzester Zeit hatte sie die Abteilung so umstrukturiert, wie sie es am Anfang schon gesagt hatte. Unsere Zusammenarbeit lief sehr gut. Ich konnte wirklich mit Fug und Recht behaupten, dass ich noch nie eine so gute Vorgesetzte wie sie hatte. Sie war zwar extrem ehrgeizig und forderte viel von mir, allerdings sah sie auch, wie viel ich tat und war immer fair zu allen Kollegen und Kolleginnen. Ich bewunderte sie wahnsinnig, wie sie es schaffte, ihre Arbeit in dieser Qualität zu erbringen und dabei wunderschön und null gestresst auszusehen. Ich tat, was ich konnte, um sie zu entlasten, weil ich das Gefühl hatte, dass ich bei etwas Großem mitarbeitete, obwohl ich nicht im operativen Tagesgeschäft tätig war, nichts verkaufte oder herstellte. Und natürlich auch, um ihr zu imponieren und möglichst viel Zeit in ihrer Nähe zu verbringen. Bis zu diesem Zeitpunkt fand ich sie beängstigend toll, aber ich hatte nie das Gefühl, dass sie mich als Person sah. Sie lobte mich für meine Arbeit und schickte mich sogar manchmal abends nach Hause, wenn ich nach über zehn Stunden immer noch im Büro saß. Aber es gab nie ein persönliches Wort, auf keinen Fall irgendwelche privaten Aussagen, alles war immer beruflich. Das sollte sich jedoch ziemlich bald ändern und damit begann ein unglaubliches Abenteuer.