Sie fuhren die ganze Nacht – auf Serpentinen durch die Adirondack Mountains, vorbei an Seen und über Straßen, die zu schmalen Rinnen inmitten von Eis und Schnee geschrumpft waren.
Genau wie George vermutet hatte, wusste Jerry durchaus, wo sie hinmussten, zumindest ungefähr. Er erinnerte sich an die Stadt – Saranac Lake – und hatte eine grobe Ahnung, wie es von dort aus weiterging.
Jerry mochte nicht der Cleverste sein, aber selbst er würde nicht vergessen, wohin er das wertvollste Entführungsopfer der Welt gebracht hatte.
Der Wagen mühte sich ordentlich ab und wäre das Wetter noch ein kleines bisschen schlechter gewesen, hätte es wohl überhaupt kein Durchkommen mehr gegeben. In den frühen Morgenstunden erreichten sie die Außenbezirke von Saranac Lake. Jerry, der sich seiner Sache nun etwas sicherer schien, lotste George über eine Reihe schmaler Landstraßen.
»Erzähl mir von Iris«, verlangte George.
Jerry war wie gelähmt vor Erschöpfung und Angst. Er hob kurz den Kopf und ließ ihn gegen das Fenster sinken.
»Andy fand, wir hätten uns von dir übers Ohr hauen lassen«, murmelte er widerstrebend. »Damit fing’s an. Er meinte, du wärst ganz schön abgehoben, seit du für diese feinen Leute arbeitest. Hat mir lauter Zeitungen mit Artikeln über Ellingham gezeigt und gesagt, der wäre doch einer der reichsten Männer der Welt. Ein paar Tausend Dollar wären nichts für den. Bei der Sache könnten wir richtig groß abräumen. Ruck, zuck, erledigt und noch dazu auf dem Silbertablett serviert. Wir könnten uns die Frau schnappen und dich benutzen, um mehr Lösegeld rauszuschlagen. Aber dann haben wir das Auto angehalten und die Kleine saß drin. Irgendwie ist von Anfang an alles schiefgelaufen.«
»Ihr hättet das Mädchen doch einfach an der Straße aussetzen können.«
»Hab ich ja auch gesagt! Aber Andy wollte unbedingt weitermachen, meinte, mit dem Kind wäre es sogar noch besser. Und anfangs stimmte das vielleicht auch. Die Frau – die war ganz ruhig, weil sie nicht wollte, dass ihrer Tochter was passiert. Alle haben sich einwandfrei benommen. Nachdem wir in Rock Point den dicken Batzen Geld bekommen hatten, dachte ich, wir würden sie gehen lassen, aber Andy meinte, wir kriegen sicher auch eine Million. Das würde so ein Albert Ellingham doch aus der Portokasse zahlen. Andy hat mich gedrängt, noch ein bisschen zu warten. Er hatte diese Scheune mitten im Nirgendwo aufgetan – schließlich könnten die nicht alle Scheunen im ganzen Land absuchen. Da vorn müssen wir rechts, glaub ich.«
George bog ab und beobachtete Jerry aus dem Augenwinkel.
»Ein paar Tage lief auch alles rund«, erzählte Jerry weiter. »Wir haben gut für die zwei gesorgt. Ich hab mit ihnen geredet, hab ihnen sogar ein Radio gebracht, damit sie ein bisschen Unterhaltung hatten. Die Frau musste gefesselt bleiben, aber das Mädchen hab ich manchmal spielen lassen, wenn Andy nicht da war. Solange« – er schien den Namen Iris nicht über die Lippen zu bringen – »sie die Kleine im Blick hatte, war alles in Ordnung. Sie hat gesehen, dass ich ihr was zu essen gegeben hab und so. Sogar ’ne Puppe hab ich aufgetrieben. Ich hab ihr immer wieder versichert, dass alles gut wird. Und ’ne Weile lang ist sie ruhig geblieben. Hat sich zum Schlafen mit dem Kind zusammengekuschelt. Alles schien nach Plan zu laufen. Aber dann, an diesem Tag …«
Jerry verstummte.
»Weiter«, kommandierte George.
»Andy war unterwegs, um was zu essen zu besorgen, und ich hab das Mädchen wieder losgemacht. Und da ruft die Frau plötzlich: ›Alice, geh spielen!‹, und die Kleine rennt los wie von der Tarantel gestochen. Wahrscheinlich hatte die Frau ihr das so eingeimpft, als wär’s bloß Spaß oder so. Ich wollte hinterher, aber da hat sich die Frau auf mich gestürzt. Hatte es irgendwie geschafft, ihre Hände zu befreien. Und die hatte vielleicht eine Kraft, so was hab ich noch nicht erlebt bei ’nem Weibsstück. Ist auf mich draufgesprungen und hat mir die Daumen in die Augen gerammt. Ich hab meine Knarre fallen lassen, wollte ihr nicht wehtun. Ich dachte nur: Lass sie gehen, lass sie laufen. Aber irgendwas in mir … Keine Ahnung, ich glaube, wenn man’s gewohnt ist zu kämpfen, dann kann man sich in so ’nem Moment nicht nicht wehren. Die Frau wollte die Pistole und da hab ich mir eine Schaufel oder irgendwas gegriffen, was an der Wand lehnte, und ihr damit eins übergezogen, mit voller Wucht. Sie hat geblutet, aber … sie stand immer noch. Und dann wollte sie türmen. Ich seh’s noch genau vor mir, wie sie über die Wiese gerannt ist und dem Kind zugeschrien hat, es soll verschwinden. Dabei war die Kleine längst nirgends mehr zu sehen. Ich weiß noch, wie ich dachte: Es ist vorbei. Gott sei Dank. Es ist vorbei. Jetzt können wir endlich nach Hause. Aber sie hat so laut geschrien, dass ich’s mit der Angst gekriegt hab. Und dann ist sie hingefallen und ich hab sie eingeholt. Ihr Gesicht war so voller Blut, dass sie kaum mehr was sehen konnte. Ich hab ihr gesagt, sie soll die Klappe halten, einfach nur die Klappe halten, dann würde ihr nichts passieren. Ich hab ihr noch eine verpasst und noch eine, nur damit sie aufhört. Und da … hat sie angefangen zu lachen.«
Die Erinnerung schien Jerry noch immer aus dem Konzept zu bringen und er unterbrach sich. George umklammerte das Lenkrad fester.
»Und dann kam Andy zurück. Als er auftauchte, hab ich sie sofort losgelassen. Weil mir klar war, wie es weitergehen würde. Gib ihr wenigstens ’ne Chance, dachte ich. Sie hat sich aufgerappelt und wieder losgeschrien. Und Andy hat sie einfach …«
George hatte die Szene klar und nur zu deutlich vor Augen. Iris war einer der lebhaftesten Menschen, denen er je begegnet war. Sie liebte es zu tanzen und zu feiern … und sie konnte meilenweit schwimmen. Diese Situation auf der Wiese – dafür hatte sie ihr Leben lang trainiert. Sie war eine Walküre. Sie kämpfte bis zum bitteren Ende.
»… erschossen«, schloss Jerry schließlich schlicht. »Es ging alles so schnell.«
Wieder verstummte er, als er Iris’ Tod auf der Wiese von Neuem durchlebte.
»Alice?«, half George ihm auf die Sprünge.
»Hat ’ne Stunde gedauert, bis wir sie gefunden hatten«, redete Jerry leise weiter. »Ich hab ihr erzählt, ihre Mutter wäre nach Hause gegangen. Da hat sie angefangen zu weinen. Wir haben uns einen neuen Unterschlupf gesucht. Die Leiche haben wir in ein Tuch gewickelt und dann ist Andy zum Lake Champlain gefahren und hat sie reingeworfen, um ’ne falsche Fährte nach Burlington zu legen. Danach ist er ziemlich durchgedreht, hat ständig irgendwas vom FBI gefaselt und so. Und mit der Kleinen hat er mich nie wieder allein gelassen. Wir waren ununterbrochen auf Achse, haben in Parks geschlafen, manchmal auch in Hotels, aber meistens einfach im Auto. Irgendwann ist Andy doch noch mal allein losgezogen. Nach einer Stunde kam er zurück und meinte, er hätte was Passendes gefunden, wo wir die Kleine eine Weile lassen könnten. Und dann, wenn ein bisschen Gras über die Sache gewachsen wäre, würden wir sie wieder abholen. Da wäre ein Ehepaar, das auf sie aufpassen würde. Denen haben wir erzählt, sie wäre die Tochter von Andys Schwester und dass deren Mann ein übler Kerl wäre. Wir bräuchten etwas Zeit, um die Sache zu regeln, und würden das Mädchen so lange in Sicherheit bringen wollen. Die beiden schienen uns die Geschichte abzukaufen und das Geld haben sie auch gerne genommen. In der Nacht haben wir bei ihnen in der Scheune übernachtet. Andy hat immer wieder von Kuba angefangen, er würde jemanden kennen, der uns für fünfhundert Dollar mit seinem Boot da rüberschippern könnte. Er fand, das wäre das beste Versteck für uns. Wir sollten erst nach Boston fahren und ab da mit dem Boot weiter. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, war Andy weg und in meiner Tasche steckte ein Tausender, immerhin. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Hab ein paar Cousins in New Jersey, also bin ich erst mal dorthin. Aber was sollte ich denn da? Irgendwann hat’s mich dann doch wieder nach New York getrieben. Obwohl mir klar war, dass du früher oder später dort auftauchen würdest.«
»Und warum dann die Postkarte?«, wollte George wissen.
»Schätze, ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten. Irgendwann hat man’s satt.«
George spürte, wie etwas in seinem Magen rumorte – eine Mischung aus Kaffee und Galle. Irgendwann hat man’s satt. Ja, er hatte es satt. Er musste einfach Alice finden, dann wäre es endlich vorbei. Wie es danach weiterging, spielte vielleicht gar keine so große Rolle. Erst Alice und anschließend Andy. Albert Ellingham kannte die halbe kubanische Regierung. Das würde es leichter machen. Zusammen mit der Morgendämmerung brach Erleichterung über ihn herein. So viel Schmerz und Anspannung und Angst im vergangenen Jahr, für nichts und wieder nichts. Und jetzt winkte endlich die Erlösung.
»Hier«, sagte Jerry. »Hier abbiegen.«
Die Straße, auf der sie weiterfuhren, ließ sich kaum mehr als solche bezeichnen – die reinste Buckelpiste mitten durch den Wald, voller Eis und Schnee. Der Wagen kämpfte sich langsam voran und wäre einmal fast gegen einen Baum geschlittert. Am Ende des Wegs stand eine grob gezimmerte Blockhütte mit einer abgesackten Veranda und Hirschgeweihen an den Wänden. Ein dürrer Rauchfinger krümmte sich aus dem Schornstein.
»Ist es das?«, fragte George.
»Ja. Das ist das Haus. Hier wohnen sie. Nette Leute.«
»Dann machen wir jetzt weiter wie folgt«, sagte George. »Ich binde dich los. Du gehst vorneweg, nur für den Fall, dass die Bewohner hier zu dem Schlag Menschen gehören, die einen mit der Schrotflinte begrüßen. Ich bin mit meiner Pistole direkt hinter dir. Und denk dran, mich juckt’s nur so in den Fingern, dich zu erschießen. Sobald du irgendwelche Dummheiten machst, gebe ich dem Drang nach.«
»Mach ich nicht, mach ich nicht.«
George lockerte den Strick, sodass Jerry aussteigen konnte. Die Handschellen ließ er dran und verdeckte sie abermals mit seinem Mantel. Jerry hatte sich kaum in Bewegung gesetzt, als auch schon die Haustür aufging und ein Mann nach draußen kam. Er mochte etwas jünger als George sein, aber die Jahre hatten ihm weitaus gnadenloser zugesetzt. Das schüttere Haar klebte ihm strähnig am Kopf. Sein Teint war grau, so als hätte er schon seit Längerem weder die Sonne noch eine anständige Mahlzeit gesehen. Er trug eine schlabbrige Latzhose und ein Flanellhemd, aber keine Jacke. Und er wirkte nicht gerade erfreut über den Besuch.
»Morgen!«, rief Jerry so aufgesetzt fröhlich, dass sich einem der Magen umdrehte. Sein New Yorker Akzent klang wie zerbrechende Zweige in der frostigen Luft. »Erinnern Sie sich noch an mich? Der mit dem Kind?«
George legte unauffällig die Hand auf den Pistolengriff, der hinten aus seinem Hosenbund ragte. Der Mann hatte einen wachsamen Blick und schien die Lage auf Anhieb richtig zu deuten. Jerry, unterwürfig und seltsam verschnürt, und George, der wie ein Polizist aussah, egal, wie sehr er sich bemühte.
»Hat ja ganz schön gedauert«, beschwerte sich der Mann. »’ne Woche, dann wollten Sie sie holen kommen. War aber viel länger als ’ne Woche.«
»Ich weiß«, sagte Jerry. »Tut mir leid. Aber jetzt sind wir ja da.«
»Die Bezahlung war auch nur für ’ne Woche.«
»Sie bekommen Ihr Geld schon«, mischte sich George ein, bevor Jerry antworten konnte. »Hier, wie wär’s mit einem kleinen Vorschuss?«
Er griff in die Tasche und zog eine Handvoll Scheine heraus, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie viel es war. Es hätten zweihundert Dollar sein können oder genauso gut zweitausend. Er hielt sie dem Mann hin, der daraufhin die Verandastufen herunterkam und das Geld entgegennahm. Seine Hände waren hart und schwielig, aber sauber. Was George aus irgendeinem Grund erleichterte. Gut, das hier waren offensichtlich arme Leute, die in einer rauen Gegend wohnten, aber Armut war schließlich nichts Verwerfliches. Und immerhin schienen sie zu wissen, wie man hier draußen überlebte, wie man sich warm und satt hielt, selbst im tiefsten, unbarmherzigsten Winter.
»Dacht ich’s mir doch«, sagte der Mann mit Blick auf die Faustvoll Geld. »Ist die Kleine aus der Zeitung, stimmt’s? Muss ja so sein. Die von den Ellinghams.«
George legte kommentarlos den Kopf schief.
»Möcht wetten, da, wo das herkommt, gibt’s noch ’ne ganze Menge mehr«, fügte der Mann hinzu und hielt die zusammengeknüllten Scheine hoch.
»Sie können davon ausgehen, dass Sie anständig bezahlt werden.«
Der Mann stieß ein Grunzen aus. »Sie hätten eher kommen sollen. Ist ’ne Ewigkeit her. Ein, zwei Wochen, hieß es.«
»Jetzt sind wir ja da«, sagte George.
»Sie ist hinten.«
George wandte sich den Steinstufen zu, aber der Mann schüttelte den Kopf.
»Nicht im Haus. Draußen. Kommen Sie.«
George ließ den Blick über die verschneite Fläche schweifen, die sich hinter dem Haus erstreckte. Genau das Richtige für ein Kind, dachte er, wahrscheinlich baut Alice gerade einen Schneemann. Er sah sie schon vor sich, wie sie lachend durch den Schnee tollte. Vielleicht war ja wirklich alles gut gegangen und Alice hatte hier ein normales, bescheidenes Leben führen können. War im Sommer im See geschwommen und hatte im Herbst Äpfel gepflückt.
»War gut für Bess, ein Kind um sich zu haben«, sagte der Mann und stapfte durch den fünfzehn Zentimeter hohen Schnee.
George sah sich um. Alles war völlig glatt und unberührt. Keine Fußspuren.
»Wo ist sie denn?«, fragte er.
»Na, da drüben«, antwortete der Mann etwas ungehalten. »Unterm Baum.«
George lief schneller, ohne auf Jerry zu achten, der mit gefesselten Händen hinter ihm herstolperte und dabei den Mantel verlor. Alice. Lebendig. Sie war hier und spielte. Sie war hier im Schnee. Sie war …
Unter dem Baum war niemand.
George geriet in Panik und seine Reflexe übernahmen das Ruder. In einer einzigen fließenden Bewegung riss er die Pistole aus seinem Hosenbund und wirbelte herum, leicht schwankend im knöcheltiefen Schnee. Wie hatte er nur so dumm sein können? Er war direkt in die Falle getappt. Das hier war eine Verschwörung und die beiden würden ihn jeden Moment überwältigen.
Doch als er sich Jerry und dem Fremden zuwandte, war keine Waffe auf ihn gerichtet.
»Was soll das?«, brüllte er. »Wo ist sie?«
»Hab ich doch gesagt«, brummte der Mann. »Hier.«
»Hier ist niemand.«
»Da unten«, erklärte der Mann.
George senkte den Blick. Nichts als Schnee.
»Ist nicht ganz zwei Wochen her«, redete der Mann weiter. »Die Masern. Da liegt sie, unter dem Stein.«
Und mit einem Mal sah George ihn, den Stein. Keinen Grabstein. Ohne Inschrift. Einfach bloß ein Stück Geröll mit einer Schneedecke darüber.
»Hab doch gesagt, Sie hätten eher kommen sollen«, beschwerte sich der Mann. »Masern, da kann man nichts machen. Haben uns gut um sie gekümmert. Aber war von Anfang an klar, dass sie’s nicht schafft. So verweichlicht.«
George starrte auf den Stein, der das Grab seiner Tochter markierte.
»Haben Sie denn keinen Arzt gerufen?«, stieß er heiser hervor.
»Ging ja wohl schlecht«, erwiderte der Mann verächtlich. »Nachdem wir herausgefunden hatten, wer sie war.«
Nachdem wir herausgefunden hatten, wer sie war.
George atmete ruhig und gleichmäßig die eisige Luft ein. Er spürte keine Kälte.
»Holen Sie mir eine Schaufel«, sagte er.
George schickte den Mann zurück ins Haus und stand Wache, während Jerry grub. Die Schneeschicht herunterzukratzen, ging schnell. Alice war nicht tief begraben, kaum dreißig Zentimeter, und hatte nicht mal einen Sarg. Ihre Leiche war in einfaches Sackleinen gehüllt.
»Oh Gott«, stöhnte Jerry und starrte auf das Bündel vor ihm. »Das hab ich nicht …«
»Leg die Schaufel weg und geh zur Seite.«
Jerry taumelte ein paar Schritte rückwärts und ließ die Schaufel fallen. Dann hob er beide Hände.
»Ich will dich nicht erschießen, Jerry«, sagte George und steckte die Pistole zurück in den Hosenbund.
Jerry krümmte sich schnaufend vornüber, würgte ein paarmal und dankte George und Gott gleichermaßen. Was er nicht sah, war, dass George die Schaufel aufgehoben hatte, und so erwischte ihn der erste Schlag völlig unerwartet und zwang ihn in die Knie. Im nächsten Moment ging ein Hagel aus Hieben auf ihn nieder. Schreien und Keuchen erfüllten die Luft. Blut spritzte in den Schnee.
Als es vorbei war, warf George schwer atmend die Schaufel zu Boden. Im Haus regte sich nichts. Möglicherweise waren sie weit genug weg, dass niemand etwas mitbekommen hatte. Der Fremde hatte höchstwahrscheinlich auf Schüsse gelauscht und die waren nicht gefallen.
Nachdem er sich wieder etwas gesammelt hatte, trat George an das Grab und hob das kleine, steif gefrorene Bündel aus der Vertiefung. Vorsichtig legte er Alice in den frischen Schnee. Dann vergrößerte er mit der Schaufel das Loch. Dort hinein warf er Jerry, mit dem Gesicht nach unten.
Er trug Alice zum Auto, legte sie auf den Rücksitz und hüllte sie so sorgfältig in die Decken, die er dort deponiert hatte, als könnte die Wärme sie wieder zum Leben erwecken.
Einen Moment lang hielt er inne, um über seine Tat nachzudenken. Dann zog er seine Pistole aus dem Hosenbund, vergewisserte sich, dass sie geladen war, und ging erneut auf das Haus zu.