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»Wie kann man so etwas Dummes machen? Wie kann man nur?« Zum ersten Mal, seit Stevie Dr. Quinn kannte, war sie sichtlich außer Fassung.

Die Sanitäter waren in den Keller gegangen, denn dort, hinter der Wand, war Charles. Pix, die von den verbliebenen Lehrern die meiste medizinische Erfahrung hatte, war als Einzige mit unten gewesen. Der Rest der Ellingham hatte sich im Morgensalon versammelt, wo es noch immer mit Abstand am wärmsten war.

»Ich verstehe das nicht«, sagte Dr. Quinn nun. »Der Geheimgang war doch verschlossen.«

»Charles ist die ganze Nacht lang immer wieder auf der Toilette gewesen«, erklärte Mark. »Ich dachte, er wäre einfach nervös. Er muss wohl die Nägel mit einem Taschenmesser oder so was gelockert haben.«

»Aber wir wussten doch alle, dass es seinen Grund hatte, warum der Zugang versiegelt war. Die Treppe dahinter war schließlich schon seit Jahren baufällig. Und die untere Hälfte fehlt komplett. Was hat er denn vorgehabt? Von da aus in den Keller springen? Ein ganzes Stockwerk? Und auf diesem Weg entkommen?«

»Das nennt man wohl alles auf eine Karte setzen«, bemerkte Stevie.

Larry, der an der Wand lehnte, nickte ihr zu. Schließlich war er es gewesen, der sie alle von Anfang an vor den Tunneln und Geheimgängen an der Ellingham gewarnt hatte.

Irgendwann kam Pix aus dem Keller zurück und blieb in der Tür stehen. Noch vor wenigen Tagen hätten sich die Erwachsenen vermutlich flüsternd in einer Ecke beratschlagt, damit die Schüler nichts mitbekamen. Aber darüber waren sie lange hinaus.

»Wie geht es ihm?«, fragte Dr. Quinn.

Pix schüttelte den Kopf.

»Das war ein schlimmer Sturz«, sagte sie schlicht.

Ungewollt hallten Stevie die Worte des Wahrhaftigen Lügners durch den Kopf: Ein Sturz kommt plötzlich …

In den nächsten Stunden fanden sich immer mehr Leute auf dem Berg ein, je mehr Fahrzeuge es die steile Zufahrtsstraße hinaufschafften. Uniformen, wohin man auch blickte. Beweisstücke wurden fotografiert, protokolliert, eingetütet und versiegelt. Jeder aus der Gruppe wurde befragt, wenn auch nur kurz. Schließlich erschienen zwei Männer, die sich mit ihren dunklen Anzügen und langen Wintermänteln deutlich von den Polizisten abhoben.

»Na super«, stöhnte Nate nach einem Blick aus dem Fenster. »Die Men in Black sind da. Jetzt werden wir alle geblitzdingst.«

David sah ebenfalls nach draußen.

»Das wäre dann wohl meine Mitfahrgelegenheit«, sagte er.

Und tatsächlich standen die beiden Anzugmänner keine Minute später in der Tür des Morgensalons.

»Senator King schickt uns«, wandte einer von ihnen sich an David. »Wir sollen dich nach Hause bringen.«

»So schnell?«, fragte David. »Oh Mann, ich glaube, er hat mich doch lieb.«

Aber der Witz klang schal und bemüht. Stevie griff unwillkürlich nach Davids Hand und drückte sie.

»Sind Sie von der Polizei?«, erkundigte sich Vi.

»Wir arbeiten für Senator Edward King«, antwortete einer der Männer.

»Also nein«, schloss Vi. »Demnach haben Sie auch keine Befugnis, David gegen seinen Willen mitzunehmen.«

»Stimmt«, schaltete sich nun auch Janelle ein. »Du hast dabei auch ein Wörtchen mitzureden, David. Wenn du nicht willst, musst du nicht gehen.«

David drehte sich überrascht zu ihr um. Von Janelle hatte er offenbar keine Unterstützung erwartet.

»Ist schon gut«, wiegelte er ab. »Aber danke. Diese netten Herren lassen mir doch sicher noch ein bisschen Zeit, damit ich mich von meiner Freundin verabschieden kann, oder?«

Die beiden Männer gingen zurück nach draußen und David zog Stevie mit in die Eingangshalle. Sie merkte, wie sich eine Verzweiflung in ihr ausbreitete, die fast an Panik grenzte, und umklammerte seine Hand noch fester.

»Was machen wir jetzt?«, fragte sie gedämpft.

»Na ja, mein Dad kann mich ja wohl kaum im Keller anketten. Hoffe ich zumindest. Okay, als Senator hat er wahrscheinlich wirklich Zugang zu irgendwelchen Verliesen im Washington Monument …«

»Im Ernst«, drängte sie und kämpfte gegen die Tränen an.

»Keine Ahnung. Erst mal gehen wir beide nach Hause. Und dann überlegen wir uns was.«

»Meinst du, dein Dad kann dich anzeigen?«

»Ich weiß nicht, ob es streng genommen ein Verbrechen ist, wenn ich Erpressungsmaterial aus meinem eigenen Zuhause klaue – oder zumindest keins, das er an die große Glocke hängen möchte. Natürlich wird er mir das Leben zur Hölle machen und den Geldhahn zudrehen, aber das ist schon okay. Dann suche ich mir eben einen Job. Ist sowieso besser, wenn ich nicht mehr von ihm abhängig bin.«

Er beugte sich vor, um sie zu küssen. Sein Mund lag warm auf ihrem, seine Hand in ihrem Nacken. So ein intimer Augenblick – gut, dass sie dabei nur von ungefähr einem Dutzend Fremden, Larry, Dr. Quinn, Pix und ihren Freunden beobachtet wurden. Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, verabschiedete sich David von der Gruppe.

Der Reihe nach umarmten sie ihn, mit Ausnahme von Nate, der ihm die Hand schüttelte und sagte: »Lass … lass es einfach sein. Alles.«

»Geht klar.« David salutierte. »Ich muss nur noch kurz meinen Mantel und meinen Rucksack holen.«

Stevie begleitete ihn nach draußen, wo schon ein paar Schneemobile bereitstanden. Erst jetzt merkte sie, dass sie angefangen hatte zu weinen. Sie wischte sich die Tränen grob mit dem Handrücken ab.

»Ich muss dann«, sagte er und legte ihr kurz die Hand auf die Wange. »Keine Sorge, ich melde mich bei dir, Miss Marple junior. So leicht wirst du mich nicht los.«

Widerstrebend ließ sie ihn gehen.

Nach wenigen Schritten jedoch drehte er sich noch einmal um und verzog das Gesicht zu seinem gewohnt schiefen Lächeln. Dann öffnete er seinen Zweitausend-Dollar-Mantel. Zuerst war Stevie sich nicht sicher, warum er ihr so stolz das rote Futter präsentierte. Obwohl es tatsächlich ein schickes Futter war, wenn man sich für so was interessierte.

Aber darum ging es gar nicht. Sondern um die Innentasche – oder genauer gesagt das, was daraus hervorlugte.

Eine Stange Dynamit.

ERNEUTES UNGLÜCK AN DER ELLINGHAM ACADEMY Burlington Herald

11. November

Bei einem tragischen Unfall ist gestern Dr. Charles Scott, Schulleiter der Ellingham Academy, ums Leben gekommen. Dr. Scott starb durch einen Sturz, nachdem er sich Zugang zu einer baufälligen Treppe in einem der Schulgebäude verschafft hatte. Die Treppe war ein Überbleibsel der zahlreichen Geheimgänge, die Schulgründer Albert Ellingham in den Dreißigerjahren einbauen ließ. Dr. Scott hatte sich in den Gang geflüchtet, da er beschuldigt worden war, für den Tod zweier Schüler sowie den Brand, der das Leben von Dr. Irene Fenton forderte, verantwortlich zu sein.

»Dr. Scott war der Verdächtige in einer Reihe von unglücklichen Ereignissen, die sich in letzter Zeit an der Schule und im Raum Burlington zugetragen haben«, erklärte Detective Fatima Agiter von der Vermonter Staatspolizei. »Wir gehen davon aus, dass zwischen den Todesfällen von Hayes Major, Element Walker und Dr. Irene Fenton von der University of Vermont ein Zusammenhang besteht. Die Ermittlungen laufen noch.«

MASSIVER SPENDENRÜCKGANG BEI KING
PoliticsNow.com

27. November

Senator Edward King gehen die Spendengelder aus. In der letzten Woche haben einige der wichtigsten Sponsoren des Senators unerwartet und ohne Angabe von Gründen ihre finanzielle Unterstützung zurückgezogen. Damit fehlt King, der erst letzten Monat seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gab, nun der Rückhalt genau jener Geldgeber, die ihm diesen Schritt erst ermöglicht hatten. Neuesten Berichten zufolge soll der Senator vertrauliche Informationen gesammelt haben, um seine Spender damit zu erpressen und sich auf diese Weise einen regelmäßigen Eingang von Mitteln zu sichern.

»Das ist völliger Unsinn«, kommentierte seine Pressesprecherin Malinda McGuire. »Es ist erschreckend, wie sehr sich die Medien auf Senator King eingeschossen haben. Der Senator wird weiterhin für das kämpfen, woran er aus tiefstem Herzen glaubt: traditionelle amerikanische Werte, die persönliche Freiheit und die Rückkehr zur Eigenverantwortung. Wir freuen uns bereits darauf, all diese Themen in den folgenden Monaten im Wahlkampf anzusprechen.«

IST DER ELLINGHAM-FALL AUFGEKLÄRT?
True Crime Digest

3. Dezember

Manche bezeichnen es als das größte Rätsel des zwanzigsten Jahrhunderts. 1936 war Albert Ellingham einer der mächtigsten Männer Amerikas, dessen Reichtum und Einfluss denen Henry Fords und William Randolph Hearsts in nichts nachstanden. Ellingham besaß Zeitungsverlage, ein Filmstudio und Dutzende weiterer Firmen. Seine persönliche Leidenschaft jedoch galt der Bildung. Und so gründete er in den Bergen von Vermont eine Schule und wohnte mit seiner Familie direkt auf dem Gelände. Am 13. April jenes Jahres wurden seine Frau Iris und seine Tochter Alice entführt, als sie einen Ausflug in die Umgebung unternahmen. Zudem verschwand am selben Tag eine Schülerin der Academy, Dolores Epstein. Sowohl Dolores als auch Iris wurden in den folgenden Monaten tot aufgefunden – Dolores halb vergraben am Straßenrand und Iris im Lake Champlain. Von Alice dagegen fehlte jede Spur. Sie war bei ihrem Verschwinden drei Jahre alt.

Albert Ellingham widmete sich daraufhin voll und ganz der Suche nach seiner Tochter und scheute dabei weder Kosten noch Mühen. Er schickte Dutzende Privatdetektive um die ganze Welt und stellte ein Team von hundertfünfzig Sekretärinnen und Sekretären ein, deren einzige Aufgabe es war, all die Briefe und Tipps zu bearbeiten, die täglich eingingen. Sogar der Direktor des FBI, J. Edgar Hoover persönlich, beschäftigte sich mit dem Fall. Doch nichts brachte den gewünschten Erfolg. Am 30. Oktober 1938 kam Albert Ellingham selbst ums Leben, als seine Segeljacht auf dem Lake Champlain explodierte. Die Tat wurde einer Anarchistengruppe zugeschrieben, die Albert Ellingham bereits schon früher ins Visier genommen hatte. Bis dahin war er ihren Attentaten entgangen, diesmal jedoch hatte er weniger Glück.

Mit Ellinghams Tod verminderten sich zwar die Anstrengungen, Alice zu finden, ein wenig, doch die Suche nach ihr wurde niemals vollkommen eingestellt. Diverse Frauen gaben sich im Laufe der Jahre den Nachlassverwaltern gegenüber als Alice aus, konnten jedoch ausnahmslos als Hochstaplerinnen entlarvt werden. Bis zum heutigen Tage zählt Alice Ellingham zu den berühmtesten Vermissten der Geschichte – tot geglaubt wie Amelia Earhart oder Jimmy Hoffa, jedoch mit einem Fragezeichen versehen. Alles, was man über den Täter zu wissen glaubte, war, dass er Albert Ellingham kurz vor der Entführung ein seltsames Rätsel geschickt hatte, in dem er sein Vorhaben ankündigte. Der Brief, der aus ausgeschnittenen Zeitungs- und Zeitschriftenbuchstaben bestand, war mit »ein Wahrhaftiger Lügner« unterzeichnet.

Jahrzehnte vergingen, ohne dass man in dem Fall zu weiteren Erkenntnissen gelangte, bis sich seit vergangenem September plötzlich die Ereignisse überschlugen. Erneut wurde die Ellingham Academy vom Unglück heimgesucht, als zwei Schüler – Hayes Major und Element Walker – unter tragischen Umständen auf dem Schulgelände ums Leben kamen. Kurz darauf starb eine Dozentin der University of Vermont, Dr. Irene Fenton, bei einem Hausbrand in Burlington.

Eine Schülerin der Ellingham Academy war jedoch nicht überzeugt davon, dass es sich dabei um Unfälle handelte. Vielmehr vermutete sie eine Verbindung zu Alice’ Verschwinden – beziehungsweise dem Vermögen, das Gerüchten zufolge die Person erben sollte, die das Mädchen aufspürte, egal ob tot oder lebendig. In Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Leiter des schuleigenen Sicherheitsdienstes gelang es Stephanie Bell, eine Kinderleiche ausfindig zu machen, die in einer Wand versteckt war. Die sterblichen Überreste werden derzeit noch untersucht.

Bell war außerdem zu weiteren aufschlussreichen Entdeckungen in dem Fall gelangt. Unter anderem hatte sie Sachbeweise dafür sichergestellt, dass es sich bei dem Schreiben des Wahrhaftigen Lügners, das lange den Entführern zugeschrieben wurde, in Wirklichkeit um einen zeitlich ungünstigen Schülerstreich handelte. Damit gelten jahrzehntealte Theorien über das Verbrechen als widerlegt.

Noch sind die Tests und Ermittlungen nicht abgeschlossen und das Gelände der Ellingham Academy ist vorerst nicht betretbar. Fest steht allerdings: Der Fall ist derzeit so aktuell wie seit Jahren nicht mehr. Und wer weiß, vielleicht finden nach den jüngsten Entdeckungen die Geister auf dem Mount Morgan endlich ihren Frieden.

EXKLUSIVER BATT-BERICHT
AUDIOAUFNAHMEN BEWEISEN: SENATOR KING WUSSTE VON ERPRESSUNGSPLÄNEN

5. Dezember

Der Batt-Bericht ist in den Besitz von Audioaufnahmen gelangt, auf denen Senator Edward King eine unbekannte Person beschimpft. Es scheint, als hätte diese Person Informationen vernichtet, die King dazu benutzt hat, um seine Wahlkampfsponsoren zu erpressen. Achtung: Die unten eingebetteten O-Töne sind ziemlich derb.

»Was fällt dir ein, die [zensiert] USB-Sticks zu nehmen?«, hört man den Senator toben. »Da war alles drauf. Endlich hatten wir diese ganzen [zensiert] da, wo wir sie haben wollten. Das war unser einziges Druckmittel. Und jetzt haben wir gar nichts mehr. Nichts. Die werden uns alle fallen lassen. Wir sind [zensiert].«

Verpassen Sie nicht den nächsten Batt-Bericht mit weiteren Exklusivmeldungen.

KING ZIEHT PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATUR ZURÜCK
CNN

2. Januar

Nach zwei Wochen voller wilder Spekulationen hat Senator Edward King heute seine Kandidatur für den Präsidentschaftswahlkampf im nächsten Jahr zurückgezogen.

»Selbstverständlich schmerzt mich mein Ausscheiden«, erklärte er in einer Pressemitteilung, »aber mir ist klar geworden, dass der Wahlkampf eine zu große Belastung für meine Familie darstellt.«

Zwar nennt der Senator familiäre Gründe für seine Entscheidung, allerdings gab es in letzter Zeit immer wieder Berichte über unlautere Methoden im King-Lager, darunter auch der Vorwurf, der Senator habe diverse Einzelpersonen erpresst, um sich auf diese Weise deren finanzielle und politische Unterstützung zu sichern. Schon vor Wochen ist eine Audiodatei aufgetaucht, auf der man den Senator über den Verlust seines einzigen Druckmittels schimpfen hört. Die Schuld daran gibt er auf der Aufnahme einer Person, die mittlerweile als sein Sohn identifiziert wurde.

Erst kürzlich hat sich herausgestellt, dass der Senator einen Sohn aus einer früheren Ehe hat, der ausgerechnet Schüler der Ellingham Academy in Vermont war – jenes Internats also, das in den letzten Monaten immer wieder in die Schlagzeilen geraten ist, nachdem sich dort mehrere tragische Vorfälle ereignet hatten. Dabei war unter anderem der YouTube-Star Hayes Major zu Tode gekommen. Zudem war der Sohn des Senators unlängst in einem viralen Video zu sehen, in dem er auf der Straße von Burlington in Vermont zusammengeschlagen wurde …

DER BATT-BERICHT
ELLINGHAM ACADEMY ÖFFNET WIEDER IHRE PFORTEN

11. Januar

Nach den Vorkommnissen des vergangenen Jahres wird bald an der Ellingham Academy, einer der außergewöhnlichsten und renommiertesten Schulen des Landes, der Unterricht wieder aufgenommen. Nachdem die Academy einst durch die Wahrhaftiger-Lügner-Verbrechen aus dem Jahr 1936 Berühmtheit erlangt hatte, rückte sie letzten Herbst erneut und aus ganz ähnlichen Gründen ins Licht der Öffentlichkeit.

»Es war ein extrem hartes Jahr für uns alle«, erklärt die neue Schulleiterin Dr. Jennifer Quinn. »Aber unsere Schüler haben zusammengehalten und uns sehr unterstützt. Ich bin unglaublich stolz auf sie. Diese jungen Leute verkörpern den wahren Ellingham-Gemeinschaftsgeist und wir sind alle außer uns vor Freude, wieder an die Schule zurückkehren zu dürfen.«

Die Ermittlungen gegen den früheren Schulleiter, Dr. Charles Scott, der in Verdacht stand, für den Tod von Hayes Major, Element Walker und Dr. Irene Fenton verantwortlich zu sein, sind mittlerweile abgeschlossen. Die Polizei hat handfeste Beweise, die keinen Zweifel an Dr. Scotts Rolle in diesen Verbrechen zulassen. Darunter Belege über Telefongespräche zwischen Dr. Fenton und Dr. Scott, Videomaterial von Verkehrs- und anderen Überwachungskameras in Burlington vom Abend des Brands in Dr. Fentons Haus und Anfragen an Banken auf den Cayman Islands sowie in der Schweiz, die auf die Eröffnung von Schwarzgeldkonten abzielten.

»Wir sind überzeugt, dass wir den Schuldigen korrekt identifiziert haben. Allerdings ist dieser ja inzwischen verstorben«, sagt Detective Fatima Agiter von der Vermonter Staatspolizei, »und damit ist die Untersuchung abgeschlossen.«

Für ihre Hilfe bei den Ermittlungen wurde die Schülerin Stephanie Bell vor dem Vermonter Staatsparlament geehrt und hat eine Einladung des Gouverneurs erhalten. Wir haben Stephanie Bell zu den Entwicklungen interviewt und berichten in Kürze exklusiv über ihre Erkenntnisse zu den Entführungs- und Mordfällen aus dem Jahr 1936. Bleiben Sie dran.

WERBETAFEL GESPRENGT
Pittsburgh Press Online

16. Februar

In einem Vorort von Monroeville in Pennsylvania ist in der vergangenen Nacht eine Werbetafel mit einer einwandererfeindlichen Botschaft explodiert. Die Polizei geht von Vandalismus aus. Die Tafel wurde dabei komplett zerstört, ansonsten gab es weder Verletzte noch anderweitige Schäden. Zeugen fanden sich keine für die Explosion, die sich gegen vier Uhr morgens ereignete.

Die Werbetafel war von einer dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Senator Edward King nahestehenden Gruppierung finanziert worden und vielen Einwohnern schon seit Längerem ein Dorn im Auge gewesen. Der ungewöhnliche Akt der Zerstörung wurde in zahlreichen Ortsteilen freudig gefeiert.

»Ich habe keine Ahnung, wer das war«, lässt sich Sean Gibson, der in Monroeville lebt, zitieren, »aber ich würde ihm oder ihr gern einen Milchshake ausgeben.«

GENTEST ENTHÜLLT: LEICHE IST NICHT ALICE ELLINGHAM
True Crime Digest

7. April

Ein Gentest an der Kinderleiche, die vergangenen Winter in der Ellingham Academy bei Burlington, Vermont, gefunden wurde, hat ergeben, dass das Mädchen weder mit Albert Ellingham noch mit seiner Frau Iris verwandt war und es sich somit nicht um die seit Jahrzehnten vermisste Alice Ellingham handeln kann. Alice war 1936 im Alter von drei Jahren mit ihrer Mutter bei einem Autoausflug entführt worden. Während Iris’ Leiche einige Wochen später im Lake Champlain auftauchte, wurde Alice nie gefunden. Bis heute sorgt die Entführung immer wieder für Schlagzeilen und gilt als »Kriminalfall des Jahrhunderts«.

»Vieles an dem Leichenfund deutete auf Alice Ellingham hin«, äußerte sich Dr. Felicia Murry vom Smithsonian Nationalmuseum für Naturgeschichte, wohin die sterblichen Überreste zur Untersuchung gebracht worden waren. Zudem waren Forensikexperten des FBI und ein Team des Vermonter Forensiklabors beteiligt. »Es handelt sich um ein etwa drei Jahre altes Mädchen, das zwischen 1928 und 1940 geboren und gestorben sein muss. Die verbliebene Kleidung wies keinerlei Etiketten oder sonstige Anzeichen auf, die Aufschluss über ihre Herkunft hätten geben können, aber wir konnten zumindest die Fertigung der Materialien auf den Zeitraum zwischen 1930 und 1940 datieren. Eine Todesursache ließ sich nicht mehr feststellen. Allerdings konnten wir aus den persönlichen Besitztümern von Albert und Iris Ellingham brauchbare Proben für einen DNA-Test extrahieren, der ergab, dass das Erbgut des Mädchens nicht mit dem der vermeintlichen Eltern übereinstimmt.«

Also ist das Mädchen in der Wand nicht Alice – aber wer ist es dann?