Kapitel

Lucy

WILLST DU DAS?

eine Frage, die man nicht oft genug stellen kann

Jetzt

Gregor wartete seit Ewigkeiten auf eine Antwort.

Zumindest kam mir mein Zögern so lange vor. Bis …

»Okay, dann frag eben mich.«

»Was?«, erwiderte ich verdattert.

»Frag mich, ob ich dich fühle.«

Kurz hielt ich inne, wägte ab, doch flüsterte ich: »Was fühlst du?«, und widerstand dabei dem Drang, die Lider zu schließen. Es war schlicht ein Reflex. Ich wollte die Augen zumachen, wie man die Augen instinktiv vor einem Aufprall schloss. Als könnte es so weniger wehtun.

»Dich«, sagte er. Und dann tat er das Schlimmste erneut: Er lächelte. Dabei war es kein Sonnenscheinfilmgrinsen. Es übernahm nicht die Hälfte seines Gesichts und war zu schräg für Zahnpastawerbung. Es war schief und tragisch.

Es war Gregor.

Sein Lächeln setzte sich als verräterische Wärme links in meiner Brust fest. Ich blinzelte ruckartig.

»Es ist so«, fügte er leise hinzu. »Ich fühle dich einfach.«

»Bisschen gemein, meinen Satz so dreist zu klauen, meinst du nicht?«

»Wieso?«

»Weil du damit den Eindruck erweckst, als könnte es einfach sein zwischen uns.«

»Und was, wenn es das ist?«

Ich schnaubte. »Hast du vergessen, wer du bist und wer ich bin? Wir können uns nicht mehr kennenlernen. Wir …«

»Dann ist es eben schwierig«, unterbrach er, bevor er tief und schnell Luft holte. »Ich will dich, Lucy, und ich habe keine Ahnung, wie ich aufhören soll, dich zu wollen. Die ganze Zeit. Und weißt du, was das Verrückteste dabei ist?«

Ich schüttelte den Kopf, denn ich konnte nur schweigen. Vielleicht lag es an seinem Atem, der meine Lippen berührte. Vielleicht lag es an den Worten, die ich nicht hören wollte. An denen, die ich gleichzeitig am sehnlichsten hören wollte.

»Ich will dich wegen dem, was wir waren. Aber ich will dich auch wegen dem, was du jetzt bist. Ich mochte dich früher und ich mag dich jetzt. Ich …« Mit einem Mal wurde seine Stimme unendlich leise. »Es tut mir leid. Ich wiederhole mich, aber ich würde es heute anders machen. Alles. Jeden Fehler würde ich vermeiden. Aber ich kann nicht. Ich kann nur versuchen, die beste Version von mir selbst zu sein und irgendwie zu hoffen, dass du das siehst.«

»Was ist, wenn ich dich gar nicht mehr mag?« Ich schlitzte die Lider. »Wenn ich dich schon lange nicht mehr fühle?« Ich musste das sagen. Wenn ich nämlich aufhörte, wütend zu sein, würden die Enttäuschung und Sehnsucht in mir hervorkriechen. Das konnte ich nicht riskieren.

Doch Gregor schaute mich so bestimmt aus seinen runden Augen an, dass mir für einen Moment die Luft wegblieb.

»Weißt du«, begann er. »Ich könnte jetzt auf cool und lässig tun und dir sagen: Das zwischen uns ist zu groß, um von mir allein gefühlt zu werden. Das müssen einfach zwei Personen fühlen. Im Grunde ist das allerdings bloß so ein ausgelutschter Spruch, der nur im ersten Moment ballert. Glaube ich trotzdem daran? Ja. Aber … Wenn du mich nicht mehr magst, dann magst du mich nicht mehr. Dann ist das okay. Dann akzeptiere ich das.«

Er verstummte. Hielt inne, um mir Raum zu geben. Gregor wollte, dass ich die Leere füllte, ihm zustimmte oder widersprach. Er wollte Klarheit und eine Antwort.

Ich hingegen schüttelte den Kopf. »Ich werde dir nicht sagen, dass ich dich mag.«

»Musst du auch nicht.« Er rückte mir erneut näher, so nah, dass seine Nasenspitze beinahe meine berührte. Gregor blinzelte und ich schwor, dass ich seine Energie spürte. Wie eine Aura umgab sie ihn, heißkalt und brennend. »Mir ist nichts hiervon egal«, flüsterte er und mein Herz raste rauf und runter. Alles mit Gregor war wie Achterbahnfahren. »Im Gegenteil«, sagte er und kam näher. »Im Gegenteil.«

Mein Herz fuhr einen Looping. Schuld daran war nicht die Art, wie er meine Augen und dann meine Lippen ansah. Es war dieses plötzliche Aufflackern in seinen Pupillen. Etwas, das so lange nicht mehr da gewesen war.

Ehrlichkeit.

Ehrlichkeit war für die Schwere in der Luft verantwortlich. Für die Enge in meinem Brustkorb. Für das Zittern in meinen Lippen, die nicht wussten, was sie sagen sollten.

»Lucy«, raunte er. Mein Name war kein Name. Mein Name war zwei Silben voller Wärme, voller Beben und drei Tonnen Gefühlen.

So. Viele. Verfluchte. Gefühle.

Hart krallte ich meine Nägel in den Rockstoff, weil ich es nicht mehr aushielt. Die Chemie zwischen Gregor und mir war atemberaubend. Nicht von dieser Welt. Anders, elektrisierend, allumfassend. Unter meinen Fingern kribbelte es. Ich wollte Gregor spüren und berühren.

»Ich halte das nicht aus«, sagte er.

Ich hörte keine Worte, nur Laute, die Vibration seiner Stimme und die Weichheit seiner Lippen. Blinzelnd starrte ich seinem wilden Blick entgegen, bevor er sich zeitlupenartig vorlehnte. Nervös und schüchtern zugleich, doch so weit, dass es zu weit war, weil sein Mund beinahe meinen streifte. Und als Gregors Lippen tatsächlich meine berührten – nur kurz, nur zart – war es zu viel. Gänsehaut explodierte auf jedem Zentimeter meiner Haut.

»Nicht«, flehte ich. »Küss mich nicht.«

»Scheiße«, fluchte er unendlich rau. »Tut mir leid.«

Schnell sprach ich weiter. »Eine Wahrheit für eine Wahrheit?«

Er überlegte kurz. Anschließend forderte er: »Sag mir deine Wahrheit, Lucy.«

Ohrenbetäubend echoten seine Worte in mir nach, bis ich nur noch Sag mir alles, Lucy verstand. Was für ein dämlicher Trick meines Gehirns.

»Wir können uns nicht küssen«, murmelte ich.

»Weil du nicht willst?«

»Nein.« Mühsam unterdrückte ich ein Schnauben. Schließlich wünschte ich mir, dass es so wäre. Doch ich wollte Gregor. Ich wollte ihn. So sehr. So unbedingt. »Weil es sonst echt wird«, verbesserte ich.

»Okay, dann bleibt es eben unecht.«

Ich wollte nachhaken, was er damit meinte, da stockte mir der Atem. Bestimmt verstärkte er seinen Griff in meinem Nacken. Mit einem Mal spürte ich seinen Atem nicht mehr auf meinem Gesicht, sondern warm an meinem Hals. Gregor hauchte mir federleichte Küsse auf die Haut. Ich wollte sie zählen, mir das alles genau einprägen, um es später zu analysieren, weil man das nun mal machte, wenn #overthinker wie für einen gemacht schien. Doch ich konnte nicht. Alles, was ich wahrnahm, war Gregors Mund.

Auf mir.

»Fuck«, sagte er unvermittelt, bevor er sich von mir löste. »Ist das überhaupt okay?«

Nein  – das war die richtige Antwort. Aber mein Körper schlug Wellen, sie bauten sich auf und brachten alles in mir zum Brausen.

Ich konnte nicht mehr denken.

Ich konnte nur noch fühlen.

Dann nahm ich einen letzten Atemzug und schmiss mich in die Flut. »Mach weiter«, flüsterte ich.

Gregor befeuchtete sich die Lippen. Mein Unterleib pochte. »Nope, sorry, das reicht nicht.«

»Was?« Keine Ahnung, wieso der Kloß in meinem Hals anschwoll, als er unvermittelt den Arm ausstreckte. Er legte die Hand an meinen Hals. An die Stelle unter meinem Kiefer, wo er Linien zog.

»Ich küss dich da«, sagte er und wanderte mit den Fingerspitzen zu der Stelle hinter meinem Ohr. »Und da.« Er berührte meinen Nacken. »Da auch.« Federleicht tastete er sich nach vorn, zu meinem Hals, der sich plötzlich unheimlich nackt anfühlte. Er umkreiste meinen Puls. »Hier ebenfalls.«

Mir wurde schwindelig, als seine Finger weiter nach unten schwebten. Ich hatte vergessen, dass es so sein konnte. Dass du dich innerlich verflüssigen und brennen und sterben und dabei gleichzeitig so sehr leben konntest.

»Und die küsse ich auch«, murmelte er und fuhr meine Schlüsselbeine nach, bevor er abrupt von mir abrückte. Von seinem Sessel aus sah er auf mich hinab. Ich erkannte die Gänsehaut an seinem eigenen Hals und das Verlangen in seinem Gesicht. Als sein Blick auf meinen traf, verdunkelte er sich. Sein Finger zuckte, ich konnte es sehen. Gregor hatte nicht gelogen.

Er hielt es nicht aus.

»Also.« Seine Stimme begann zu rauschen, als wären wir unter Wasser. »Willst du das?«

»Ich will es«, sagte ich. Und es kam überraschend. Mein Satz war explosiv wie eine Waffe. Er teilte Gregors Lippen, ohne dass Worte sie verließen. Weder er noch ich hatten mit meiner Antwort gerechnet. Doch ich schämte mich nicht für sie. Ich war Nur-Lucy von @thegirlnextdoor. Ich hielt meinen Vibrator in die Kamera und wurde dafür gehasst. Die Kommentare prallten nie an mir ab, ich war kein Fels in der Brandung. Ich war nicht kalt. Ich war emotional und zu viel und manchmal genau richtig. Hätte ich gekonnt, hätte ich für immer vom Dach meiner Altbauwohnung WEIBLICHE LUST EXISTIERT, IHR WICHSER in die Welt gebrüllt. Ich würde meine Lust annehmen. Selbst wenn sie immer dann aufkreuzte, wenn Gregor auftauchte.

»Shit«, stöhnte Gregor. »Du machst mich so fertig.«

Ich hakte nicht nach. Es war mir egal. Ich wollte nur Gregors Lippen auf meiner Haut spüren. Und er würde sie mir geben. Als er sich unvermittelt erhob, hafteten meine Augen an seinem Körper, den langen Gliedern, seinen wuscheligen Locken. Ich liebte es, wie er sich bewegte, so selbstbewusst und schüchtern zugleich.

Ich liebte sein Zittern, seine Größe, die Rauheit seiner Stimme, als er auf wackeligen Beinen sprach: »Setz dich auf den Tisch, Lucy.«

Mir stockte der Atem. Ich hatte nicht gewusst, dass Gregor so war. So sein konnte. So fordernd, einnehmend und entschlossen.

So heiß.

Gregor war unglaublich heiß, wenn er mich mit diesem Fuck-Lucy-Blick beäugte und sich dabei die Finger knetete. Hart. Laut. Es knackte, während ich mir mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr.

Dann, ganz langsam, erhob ich mich, schob die Kiste zur Seite und setzte mich auf die Holzplatte. Herausfordernd hob ich eine Braue. »Du hast bitte vergessen«, sagte ich neckend. Ich wollte die Stimmung auflockern, denn sie war nicht zu ertragen. Zu dick. Gregor und ich könnten ersticken, glühend und berauscht an uns selbst.

Doch er ging nicht auf mich ein, sondern bloß auf mich zu. Schneller als ich Was machst du da? fragen konnte, krallte er die Hand in mein Haar. Sanft und bestimmt zugleich, er war ein Paradox auf zwei Beinen.

»Fuck, Lucy.«

Wieder sagte er es so, als wäre es ein Kompliment. Ich schloss die Augen, um das nicht zu vergessen. Genau wollte ich mir einprägen, wie sein Mund sich in diesem Moment unter meinen Kiefer legte. Warm und fest und so richtig. Er küsste meinen Hals, die Stelle hinter meinem Ohr, leckte über meinen Puls. Wie hypnotisiert ließ ich mich halb auf die Tischplatte sinken, die Ellbogen aufgestützt.

»Willst du das immer noch?«, wollte er wissen, während er die großen Hände neben meinem Körper aufstellte.

Ich nickte, als wäre ich nicht ich. »Küss meinen Hals. Aber nur den.«

»Damit es nicht echt ist?«

»Damit es nicht echt ist«, bestätigte ich.

Er fragte es zu leise, eine Spur zu verhöhnend. Ich hingegen bestätigte es so laut, dass ich es mir selbst glauben konnte. Doch Gregor drückte erneut seine Lippen auf meine Haut und ich wollte nicht mehr denken. Seine Hände fuhren meine Seiten entlang, fuhren Wellen nach, die er in einem anderen Leben gezogen hatte. Sekündlich fragte er:

»Willst du das?«

»Willst du das?«

»Willst du das?«

»Willst du das?«

Gregor war eine Schallplatte, sprunghaft und kaputt auf diese ästhetische Weise, in der Fans von Die geheime Geschichte zerfledderte Buchrücken schön fanden. Diese Erkenntnis war nicht neu. Doch je länger Gregor mich küsste, je heftiger sein Saugen und Lecken wurde, desto klarer wurde sie. Seine Hände bebten nicht auf diese sexy Art, sondern zitterten vor Nervosität. Langsam, wie ein unsicheres Hallo, spürte ich Gregors Finger über meiner Kleidung.

»Willst du das?«, fragte er erneut.

In dieser Sekunde war ich mutig. Ich schlug die Augen auf und sah ihn an. Mit einem Kloß im Hals stellte ich fest, dass ich seine Locken zerzaust hatte. Es war das Werk meiner Finger. Wussten sie denn nicht, dass das Körperkontakt war? Dass ich dadurch spüren konnte, wie die Gedanken hinter seiner heißen Stirn pulsierten?

»Ja«, sagte ich.

Sein Griff festigte sich und ich liebte es, wie es sich anfühlte. Gehalten und gewollt zu werden, von Gregor, der ganz außer Atem war, bloß weil er mich geküsst hatte. Seine Augen waren wild, seine Lippen gerötet und geschwollen. Für einen Moment sah er mich an, als würde er sich fünfmal hintereinander von einer Klippe stürzen, bloß um mich eine Sekunde länger zu berühren.

Meine Finger entwickelten erneut ein Eigenleben, streckten sich aus und fuhren die markante Form seiner Brauen nach. Er stöhnte, obwohl es unschuldig war. Ich konnte ihm also etwas anhaben. Ich konnte etwas bewegen. Ich konnte ihn berühren.

Ich fühlte mich unendlich mächtig.

»Ich halte es nicht aus, Lu«, keuchte er. »Ich will dich. Ich will dich so sehr.«

Meine Brustwarzen drängten sich gegen die Körbchen. Mein Schritt pochte. Ich war so benebelt vor Erregung, dass ich meine Hand über seine legte. Wenn seine Haut gerade vierzig Grad gewesen war, waren es jetzt fünfundfünfzig. Das gab mir den Rest. Quälend langsam schob ich seine Hand in Richtung meines Rocks. Gregor sah zu, als wäre es ein Film. Sie glitten immer weiter nach unten, seine Männerhand mit den schlanken Fingern und durchschimmernden Adern unter meiner.

Er fluchte, weil wir am Saum meines Rocks ankamen. Weil wir dort verharrten und keiner von uns wusste, was zu weit war. Es war eine gefährliche Stelle. Eine, die uns in Versuchung brachte, übers Ziel hinausschießen zu wollen. Aber hatten wir das überhaupt, ein Ziel? Hatten wir unsere Wünsche und Träume und Happy Ends nicht in dem See ertränkt, in dem Gregor nie wirklich unterging? Eine seiner Hände lag auf meinem Oberschenkel, die andere umfasste meine Hüfte. Er war so weit von meinem Herzen entfernt wie die Sonne vom Mond. Kein Grund zur Sorge.

»Willst du?«, fragte er.

»Willst du nicht?«

Er schnaubte. »Keine Ahnung, ob es dir aufgefallen ist, aber ich will gerade alles mit dir.«

»Wie meinst du das?« Ich schluckte. »Willst du mich nur, weil du gerade in diesem Moment Lust hast?«

»Was?« Seine Augen weiteten sich auf Kometengröße. »Nein, natürlich nicht. Vergiss das gerade. Ich will die ganze Zeit alles mit dir.«

»Das hat die letzten Wochen nicht den Anschein gemacht.«

Gregor war fürchterlich gemein, als er sich nun näher beugte. So dicht, dass seine Nasenspitze beinahe wieder meine streifte. Gemein und gefährlich. »Ich habe dich nie nicht gewollt.« Gefährlich, gefährlich, gefährlich. »Vielleicht habe ich es nicht gezeigt. Weil ich dachte, es wäre so einfacher. Aber ich ertrage es nicht. Dann ist es eben schwierig. Dann sind wir eben wirklich kompliziert. Und wenn schon.«

»Ich bevorzuge komplex.« Heiser räusperte ich mich. »Komplex statt kompliziert. Das ist ein Unterschied. Und nicht abwertend.«

Wie in Zeitlupe verzogen sich seine Lippen zu einem Grinsen. Es aus dieser Nähe zu betrachten, war mein Untergang.

»Ja«, raunte er. »Lass uns das sein.« Wie er das sagte, so kratzig und verrucht, klang es wie etwas Erstrebenswertes. »Theoretisch könnte jeder jede Minute in diesen Raum platzen«, fuhr er in der gleichen Tonlage fort. »Wenn wir uns konzentrieren, hören wir sogar Schritte. Aber ich sterbe, Lucy, ich sterbe gerade wirklich, weil ich dich so berühren will.«

Meine Finger lagen immer noch über seinen, doch plötzlich übernahm er die Führung. Vorsichtig schob er sie nach oben. Ich hätte ihn aufhalten können, wann immer ich gewollt hätte. Er ließ mir die Oberhand. Aber mein Schritt zog schmerzhaft stark, als Gregor mich ansah.

»Oh Gott«, fluchte ich, als seine Hand unter meinen Rock schlüpfte.

Ich spürte die Rauheit seiner Nägel an meiner Strumpfhose. Wie warm seine Fingerspitzen sich an meiner Leiste anfühlten. Wie sie erneut Stromschläge verteilten. Ich konnte nicht anders, musste mich ihm leicht entgegenwiegen, brauchte Druck, Reibung, Gregor. Er spürte es, mein Entgegenkommen.

Mein Verlangen.

Gregor lächelte, aber es war kein halbes, kein selbstgefälliges Lächeln. Beide Mundwinkel hob er an, gerade und schön. »Willst du es?«, fragte er ein letztes Mal.

Ich schloss die Augen, spürte in meinen Körper hinein. Vor meinen Lidern explodierten grelle Farben, Blautöne, Türkis, Knalllila.

»Berühr mich, Gregor«, forderte ich.

Er stöhnte, als gäbe es ihm den Rest. Und vielleicht war es wirklich so, denn sein Mund presste sich in Rekordgeschwindigkeit auf meinen Hals. Er küsste mich und diesmal war es nicht mehr sanft. Etwas hatte sich verändert. Es war rauer und heftiger. Er presste seinen Daumen auf meine empfindlichste Stelle und ich biss mir auf die Zunge. Langsam zog er enge Kreise. Kreis um Kreis um Kreis. Mit jedem Abschluss spreizten meine Beine sich weiter.

Ich keuchte, als er mich hinter dem Ohr küsste.

»Sag mir, was du gut findest«, raunte er. »Ich will es wissen. Ich will von allem wissen, was dir gefällt.«

»So ist es ziemlich gut«, murmelte ich.

Er küsste sich meinen Nacken entlang, sein Daumen kreiste dabei weiter über meinem Slip. Es war süchtig machend. Die Reibung, Gregors Atem auf meiner Haut. Wie er meine Vulvalippen über dem Stoff leicht auseinanderzog, um meinen Kitzler noch besser reiben zu können.

»Gregor«, stöhnte ich leise und wanderte mit meinen Händen seinen Rücken hinauf.

Es war heiß. Er machte mich heiß. Er massierte mich zwischen den Beinen so heiß. Ich hatte so unendlich viel Lust, war ein ganzer Körper davon. Ich wollte, dass er meine Brüste umfasste. Dass er sich unter meinen Slip stahl und meine Feuchtigkeit darin verteilte. Und ich wollte ihn anfassen. Ich wollte herausfinden, ob er hart war. Ich wollte die Schwere seines Gewichts, den Druck seines Körpers. Sein Schritt an meinem, während er die Stirn atemlos gegen meine lehnte. Ich wollte wissen, wie es sich jetzt mit ihm anfühlte.

Im Grunde war es simpel. Im Grunde hatte ich mich selbst verarscht. Ich hatte keine Lust. Ich hatte Lust auf Gregor.

Also knickte ich doch ein. Mit einem Kloß im Hals hob ich meine Hand an. Ich schmiegte sie an sein Gesicht, spürte, wie heftig sein Kiefer arbeitete, und wanderte dann in Richtung seines Munds. Ich umrundete die Form, als wäre sie wichtig. Mein Zeigefinger hing an seinen Lippen, während sein Daumen meinen Kitzler massierte. Ich stöhnte ein bisschen. Er keuchte. Und es war mehr als zwanzigjährige Wildheit und Lust.

Das erkannte ich an dem glasig schimmernden Film, der sich auf seine Pupillen gelegt hatte.

Er war schlimm.

Schlimm, weil er meine Kehle dazu brachte, sich zuzuschnüren. Weil ich Gregor ansah. Und er nicht wegsah. Weil da etwas in seinem Blick schimmerte, das überquoll. Gefühle, hätte man behauptet und es hätte gestimmt. Da lagen eine Million Gefühle in seinem Blick. Für mich.

Meine Atmung ging schneller. Ich durfte nicht nachdenken, musste das zwischen uns genießen, weil es gleich vorbei war, weil ich dann …

»Komm«, sagte er.

»W…was?«

»Ich will, dass du kommst. Ich …« Das verräterische Zögern verriet ihn. Er musste geahnt haben, was ich dachte. Doch Gregor war jetzt zweiundzwanzig. Ein Gentleman, nicht egoistisch, einer von den selbstlosen Typen, die Ich will, dass du kommst sagten.

Es war leider erregend. Gott, es war so erregend, als er seine Stirn von meiner löste und mich dennoch keine Sekunde aus den Augen ließ. Plötzlich ging er auf die Knie, nahm seine Hand von meiner Mitte und packte mich an den Hüften. Anschließend zog er mich mit einem bestimmten Zug näher zur Tischkante.

»Ich lecke dich über dem Slip«, sagte er kratzig. »Okay?«

Ich ließ es mir nicht im öffentlichen Raum machen. Nope, tat ich einfach nicht. Doch Gregors Lippen standen leicht geöffnet und sein Blick schimmerte immer noch.

Ich konnte nicht Nein sagen.

Ich wollte nicht Nein sagen.

»Ich will es«, sagte ich. Ich will dich.

Mehr brauchte Gregor nicht. Hastig schob er meinen Rock nach oben, bevor er meine Beine noch weiter auseinanderdrückte. Skandalös, verboten, so unendlich erregend. Mit pulsierendem Herzschlag beobachtete ich, wie Gregor zwischen meinen Beinen versank. Dann spürte ich seinen Mund genau da und …

»Oh. Mein. Gott.«

Er saugte über meinem Slip. Es war schrecklich, dass der Stoff da war, aber gleichzeitig machte er es noch heißer. Ich legte den Kopf in den Nacken, krallte die Hände in seine Locken. Automatisch drängte ich mich ihm entgegen. Gregor war ein Magnet und ich wollte die Spannung, die Reibung, das harte Aufeinanderstoßen. Und er musste es auch wollen. Denn seine Nägel bohrten sich heftiger in meine Hüften, während er mich über der Unterwäsche leckte. Ich spürte seine Zungenspitze, warf den Kopf in den Nacken, doch zog Gregors Gesicht noch weiter zwischen meine Beine. Ich könnte so kommen , dachte ich. Ich könnte wirklich, wirklich, wirklich kommen.

Gregor musste es spüren, denn er löste sich von mir. Mit geschwollenen Lippen drückte er den Daumen wieder auf meine empfindlichste Stelle. Es machte mich so an. Unkontrolliert wog ich mich gegen seinen Handrücken. Ich vögelte seinen Daumen. Ich, Lucy, vögelte Gregors Daumen.

Dann sagte er es noch einmal. »Komm«, flüsterte er kratzig. »Ich will es sehen. Du bist so heiß. Komm. Bitte. Bitte, ich explodiere, wenn du nicht kommst.«

Er rieb mich weiter und weiter und weiter und weiter. Es war allerdings nicht sein Daumen, der mich zum Höhepunkt brachte. Aus flatternden Lidern sah ich zu ihm hinab. Ich begegnete seinem Blick und alles in mir wurde eng.

Der Schimmer.

Dieser verfluchte, verräterische Schimmer.

Es war also die Art, wie er mich ansah, die mich endgültig in den Abgrund stürzte.

In einen Abgrund voller Gefühle.

Ich wollte etwas sagen, doch brachte kein Wort hervor.

»Ich weiß«, murmelte er rau. »Ich weiß , Lucy.«

Als er seine Lippen dann zu diesem schiefen Grinsen verzog, war es fast entschuldigend.