Kapitel

Lucy

ÜBERSCHWEMMEN

1. Flut
2. schlafen mit ihm

Selbst Puzzeln war spektakulär mit ihm.

Obwohl wir Nieten darin waren. Immerhin hatten wir kaum mehr geschafft, als die Randteile herauszusuchen.

Wir hockten einander gegenüber. Über uns brannte gelbes Licht und vor uns befand sich nichts als Pink. In meinen Ohren dröhnte das Hörbuch zu dem Spicy-TikTok-Roman, den Gregor sich meinetwegen gekauft hatte. Dabei pulsierte es in meinem Schritt.

Sag mir, was du willst, hauchte er an meinem Nacken.

Eine Gänsehaut breitete sich von meinem Haaransatz über meinen gesamten Körper aus.

Du weißt, was, wimmerte ich.

Gregor begann unruhig, auf den Oberschenkeln umherzurutschen.

Sprich es aus.

Meine Kehle war staubtrocken.

Deinen Schwanz. In mir.

Ruckartig erhob sich Gregor von seinem Stuhl. Auf wackligen Beinen stolperte er zur Spüle und ließ sich Leitungswasser in ein Glas. Seine Finger bebten. »Fuck«, fluchte er.

»Ähm?« Zögerlich ließ ich das Puzzleteil fallen, das ich kurz zuvor genommen hatte, und stand ebenfalls auf. »Alles okay bei dir?« Ich trat auf ihn zu und wollte ihn berühren, wollte ihm sagen, wie gut ich mich mit ihm fühlte. Dass ich ihn so sehr mochte, so verliebt in ihn war, dass ich es ein zweites Mal riskierte, ihn nie wieder zu kennen. Doch ich traute mich nicht, weil seine drahtigen Schultern derart verspannt wirkten.

Er stellte das Glas in seiner Hand ab und schien nicht einmal zu bemerken, wie das Wasser überschwappte, weil es derselbe Moment war, in dem unsere Blicke sich trafen.

Seine Pupillen waren riesig und glasig, überzogen von dieser schimmernden Schicht, die ihn jedes Mal aufs Neue verriet. Ich fühlte, was Gregor fühlte, weil er so heftig fühlte.

»Ich halte es nicht mehr aus«, murmelte er heiser.

Gott, allein dieser kratzige Stimmton. Was er mit mir anstellte, während die Hörbuchsprecherin im Hintergrund von Vögeln im Stehen sprach. Es war Mittwoch. Mitternacht. In Deutschland. Draußen schlief die Welt, hier drinnen waren wir allerdings hellwach.

»Das«, stellte er klar und deutete von sich zu mir. »Ich halte Abstand nicht aus, wenn ich darüber nachdenke, dass du mich genauso sehr wollen könntest wie ich dich. Und ich weiß, dass …«

»Ich will dich sehr, Gregor.«

Da. Ich hatte es gesagt. Ich hatte Angst vor so vielem, insbesondere davor, was dieser Satz zwischen uns verändern könnte. Aber nicht, als Gregor jetzt mein Gesicht in seine Hände nahm. Zärtlich umrahmte er meine Wangen. Ich spürte den Puls unter seinen Fingerspitzen. Sein Herz. Ich spürte, wie es schlug und pochte und pulsierte.

»Sag das noch mal«, verlangte er.

Langsam streifte ich mit meinen Lippen seine. »Ich will dich so sehr.«

Es waren bloß Worte. Schlicht. Simpel. Schon tausendmal ausgesprochen und in Liebesromanen viel zu oft verwendet. Doch sie stimmten. Vielleicht musste Liebe nicht brandneu und besonders sein.

Vielleicht musste sie einfach nur echt sein.

Und als Gregor mich unvermittelt umdrehte, war verflucht noch mal alles echt. Mein Körper, sein Körper, mein Herzschlag, seine Hände. Wir waren so echt, dass es wehtat, wehtat auf die beste Weise dieser Welt.

Ich spürte ihn hinter mir. Wie er seine Finger bestimmt zu meiner Taille wandern ließ, während er mit der anderen meinen Zopf anhob und den Mund auf die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr presste. Ich spürte seine Nasenspitze in meinem Nacken. Seine Hand an meinem Oberarm, als er mir den Pullover mitsamt den BH-Trägern nach unten schob und begann, sich an meiner Haut entlangzulecken. Mir entfuhr ein Keuchen, weil seine Berührungen so dringlich waren. Als würde er sterben, wenn er mich jetzt nicht berühren könnte.

Diesmal ballte er keine Faust in meinen Shirtstoff. Stattdessen ließ er die großen Hände über meinen Rücken und Arm wandern. Hektisch, schnell. Er krallte die Finger in mein Haar, während er mich fieberhaft küsste. Dabei löste sich mein Zopf, der Gummi fiel zu Boden. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht laut aufzustöhnen. Ich spürte seine Fingernägel heiß an meiner Kopfhaut, während er sich dichter an mich presste. Ganz genau konnte ich uns dabei in der Fensterscheibe beobachten.

Oh Gott.

Jetzt spürte ich seine Erektion pulsierend an meinem Hintern. Er schabte über mein Ohr, biss leicht zu, schabte weiter. Ich konnte nicht anders, als mich an ihm zu reiben.

Es war so gut.

Als Gregor dann endlich seine Lippen auf meine presste, fühlte ich mich so gewollt. So mächtig, weil er mich tatsächlich genauso wollte, wie ich war.

»Mmmh«, stöhnte er.

Meine Knie wurden weich. Mmmh. Er umkreiste meine Nippel über dem Shirt. Mmmh. Sein Schoß presste sich bestimmter gegen meinen Hintern. Mmmh. Seine Hände wurden immer heißer. Mmmh. Seine Zunge auf meiner Haut. Mmmh. Sein bestimmter Griff in meinem Haar. Mmmmh. Sein Atem dicht an meinem Ohr.

»Setz dich auf den Tisch.« Seine Stimme klang so verdammt belegt. »Lass mich dich noch mal lecken. Diesmal richtig. Willst du?«

Mit pochendem Unterleib drehte ich mich um. Gregors Locken waren zerzaust, die Haut gerötet. Sein gesamter Körper vibrierte, weil er meinen so sehr wollte.

Es war das beste Gefühl auf der Welt.

»Ich will mich nicht auf den Tisch setzen«, murmelte ich mutig. »Ich will in dein Bett. Mit dir.«

»Lu.« Mein Name war kein Name. Mein Name war gleichzeitig ein Stöhnen und eine Warnung und ein Flehen und eine Frage. »Bist du dir sicher?«

Dutzende Flecken überzogen seinen Hals, während die Erektion sich deutlich gegen seinen Hosenstall presste. Gregor wollte mich, Gregor wollte Sex. Doch auch sein Adamsapfel ploppte hervor. Irgendwie nervös.

»Sicher«, sagte ich und da veränderte sich unsere Energie.

Ich war diejenige, die ihn an der Hand nahm. Ich zog ihn zu einer Tür, von der ich annahm, dass sich dahinter sein Schlafzimmer befand – und ich hatte recht. Ich knipste nur das kleine Nachttischlicht an. Ich dirigierte ihn so auf das Bett, dass sein Kopf sanft gegen das Headboard fiel. Ich setzte mich auf seinen Schoß, spreizte die Beine, spürte ihn hart unter mir und begann mich an ihm zu reiben.

»Was soll ich tun?«

Seine Atemlosigkeit feuerte mich an. Ich bewegte mich noch heftiger auf ihm, spürte, wie das Blut in meinen Adern rauschte.

»Saug an meinem Hals«, erklärte ich.

Sofort spürte ich seine große Hand in meinem Nacken. Langsam leckte er sich an meinem Hals hinab, während sein Griff sich verstärkte. Es konnte kein Zufall sein, dass ich genau dann stöhnte, als er keuchte. Eine Ewigkeit lang küssten wir uns so. Unser Kuss hatte einen Anfang, aber kein Ende. Es war die beste Art, die hungrigste, die gierigste, bis es nicht mehr reichte. Sein Shirt musste aus. Ich musste Haut spüren. Gregor fühlen und nie wieder damit aufhören.

Gott, ich hatte noch nie so viel Lust gehabt.

Fahrig nestelte ich am Saum seines Shirts. »Kann ich dich ausziehen?«, flüsterte ich.

Abrupt hielt er in unserem Kuss inne, bevor er sich ein Stück von mir löste.

»Was?« Ich leckte mir über die Lippen, anschließend grinste ich. »Dachtest du, du bist der Einzige, der auf Konsens steht?«

Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Mein Herz fühlte sich so weit und leicht an, als wäre ich schwerelos unter Wasser.

»Ja«, raunte er und seine Stimme klang nach purem Sex. »Du darfst mich ausziehen.«

Meine Finger kribbelten, als ich ihm das Shirt über den Kopf stülpte. Gregor glühte, war so heiß, dass ich es nicht aushielt. Und er musste dasselbe denken, denn sofort zog er mich wieder zu sich. Er küsste mich. Direkt und mit Zunge, es war hart und heftig und dazwischen so unendlich zärtlich.

Ich ertastete seinen Hosenbund, öffnete den Gürtel und den Knopf, bevor Gregor sich die Jeans von den Beinen strampelte. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, in seiner engen Boxershorts pochte es groß und dringlich.

Gregor war nicht aufgepumpt. Gregor war heiß und schön und genau richtig, dass ich nicht wusste, wohin mit mir, als er den Arm plötzlich ausstreckte und seinen Daumen auf meinen Mund presste. Meine Lippen teilten sich, ich saugte an seiner Daumenspitze. Ich verglühe , dachte ich, als Gregor stöhnte, laut und hemmungslos, allein von dieser Berührung.

»Jetzt du«, sagte er. »Darf ich dich ausziehen?«

Alles in mir schrie JA, JA, JA , doch ich brachte nur ein Nicken zustande. Und Gregor, dieser Idiot, nahm sich Zeit. Langsam – quälend, quälend langsam – streifte er mir Pullover und Shirt vom Körper, bis wir beide in Unterwäsche voreinander lagen.

»Den auch«, flüsterte er und öffnete meinen BH.

Kurz war da dieser Drang, die Arme vor meinem Oberkörper zu verschränken. Meine Brüste waren garantiert nicht gleich groß. Was, wenn es ihm auffiel? Würde er es komisch finden? Es machte mich unsicher. Denn ja, ich hatte Lust, aber ich war immer noch ich. Ich nahm mich immer selbst mit, ganz egal, bei wem und mit wem ich schlief.

Doch Gregor presste seinen Mund so schnell auf meine Brustwarzen, dass ich nicht mehr darüber nachdenken wollte. Wen interessierte das schon? Dann waren meine Brüste eben nicht identisch. Vielleicht waren meine Beine stoppelig. Vielleicht wirkte mein Bauch in dieser Position unvorteilhaft.

Es war egal.

So was von egal, weil Gregor sich durch seine Boxershorts an mir rieb und meine Beine sich spreizten. Es war ein schneller und unkontrollierter Rhythmus. Keine Bewegungen, nur Stöße. So sehr wollten wir uns.

Ich setzte mich auf – auf ihn – spürte seine Spitze direkt an meiner empfindlichsten Stelle und dachte: Ich könnte allein davon kommen.

»Gregor?«

»Lucy?« Seine Hände ruhten auf meinen Hüften, die ich auf und ab bewegte.

»Ich will … also ich …« Ich konnte nicht zu Ende sprechen, weil er mich ansah, seinen Daumen dabei gegen meine Klitoris presste und mich kurz vergessen ließ, wie man atmete. »Ich halte das nicht aus«, stöhnte ich.

»Ich auch nicht. Aber …« Er schüttelte den Kopf, während sein Daumen mich weiter in den Wahnsinn trieb. »Ich hab keine Kondome.«

»Kein Problem.« Ich wog mich gegen seine Hand, während er unter mir immer härter wurde. »Ich hab eins.«

»Wo?«

»Im Portemonnaie.« Meine Lider fielen automatisch zu, weil er den Druck verstärkte. »In diesen spicy Büchern von früher hatte immer nur der Typ ein Kondom in seinem Portemonnaie, die Frau nie. Es ist daher meine Art von Rebellion.«

Unter mir vibrierte es. Gregor lachte, doch es verklang schnell, weil ich mich über ihn beugte und ihn küsste und küsste und küsste, bis meine Beine zitterten. Erst dann erhob ich mich und tappte hastig zu meinem Jutebeutel. Keine Minute später stand ich wieder in seinem Türrahmen. Gregor lag auf dem Rücken, sextrunken und wunderschön, mit der Hand in seiner Boxershorts, weil er es wirklich nicht aushielt.

Ich musste ihn küssen. Jetzt sofort und für immer.

In Rekordgeschwindigkeit kletterte ich auf seinen Schoß. Jetzt war ich diejenige, die unter seine Unterwäsche schlüpfte. Ich griff nach seiner Erektion, packte sie aus, streichelte Gregor so lange auf und ab, bis sein Kiefer zuckte.

»Lucy?«, fragte er irgendwann. »Bist du dir wirklich sicher?«

»Sicher.«

Ich hatte das Wort kaum ausgesprochen, da nestelte er schon an seiner Boxershorts. Ich tat es ihm gleich und zog mir den schwarzen Slip aus. Anschließend waren wir nackt. Splitterfasernackt. Herznackt. Nackter als nackt, als Gregor sich das Kondom überstülpte und dabei nur mich ansah.

»Komm her«, raunte er und streckte die Hand nach mir aus, doch ich schüttelte den Kopf.

»Was ist mit dir?«, flüsterte ich. »Bist du dir auch sicher?«

»Ja«, sagte er und lächelte dabei. Für eine Millisekunde war da nur sein Lächeln. »Ich bin mir sicher.«

In einer geschmeidigen Bewegung umfasste er mein Handgelenk und strich mir über die Haut. Heiß drang seine Zunge in meinen Mund, während er die Hände zwischen meine Beine wandern ließ und meine Feuchtigkeit überall verteilte. Ich umfasste seine Erektion und führte sie zu mir. Dann krallten seine Nägel sich in meine Haut, während ich tiefer und tiefer und tiefer sank. Bis er ganz in mir war.

Seine Augen waren glasig. Ich war nass. Mein Herz drohte auf die sanfteste Art der Welt zu ertrinken. Und es war der intensivste Moment meines Lebens.

Dann begann ich mich zu bewegen, hielt mich nicht zurück, war hart und schnell und heftig von Anfang an, weil wir genau das waren. Wir waren nicht langsam. Wir waren nie langsam gewesen. Wir vögelten wild und hemmungslos, sein Daumen zwischen meinen Beinen und er tief in mir drin. Die Art, wie wir einander immer näher zogen, Spuren mit unseren Nägeln hinterließen, schwerelos waren und gleichzeitig so schwer miteinander atmeten.

Ich wollte nicht, dass es vorbeiging.

»Ich will nicht, dass es vorbeigeht«, keuchte Gregor, bevor er sich aus mir zurückzog und wir die Position wechselten.

Wir machten es von hinten, Missionar, ich auf ihm und wieder von vorn. Bis ich nicht mehr konnte und stöhnte und dachte, ich würde in all meine Einzelteile zerbersten. Ich hatte mich schon mal so gefühlt, immer dann, wenn ich es mir selbst machte und keine Hemmungen hatte.

Ich hatte das noch nie mit jemand anderem gekonnt.

»Lucy«, stöhnte Gregor, während unsere Haut wieder und wieder und wieder aneinanderklatschte.

Es war hart, vielleicht zu hart für ein zweites erstes Mal miteinander schlafen, doch es war mir egal, denn kurz bevor ich kam, zog Gregor mich zu sich. Er stieß von unten, wobei unsere Blicke sich ineinander verhakten und seine Augen glänzend schimmerten. In ihnen lagen Gefühle über Gefühle, die alle dieselben drei magischen Worte sagten.

Ich dich auch , dachte ich. Ich dich auch, ich dich auch, ich dich auch.

»Ich …«, setzte ich an, aber kam nicht weiter.

»Ich weiß«, murmelte Gregor wieder zärtlich und hielt meinen Blick, wie er meine Hüften hielt. »Ich weiß, Lucy.«

Und dann überschwemmte es mich.