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Reaktionen
»Das war unglaublich !« Bill hüpfte, immer noch dämlich grinsend, von einem Bein auf das andere.
»Ich glaube, ich muss mich übergeben«, sagte Kevin und rannte auf unsicheren Beinen zum Waschraum.
»Spar dir das, Bill«, sagte Richard. »Dabei hätten Menschen umkommen können.«
Monica funkelte Richard an. »Das wäre mir recht gewesen. Ich hätte gern den ersten Schuss abgegeben.«
»Verdammt, ich habe ein bisschen Angst vor dir.«
Erin lachte. »Nur ein bisschen? Du wirst noch lernen, sie zu fürchten, Richard.«
»Das sind meine Fans«, sagte Monica.
»Okay, diese Runde ging an uns«, sagte Matt. »Aber wir müssen immer noch einen neuen Standort finden und uns überlegen, wie wir diese Gangster zurückholen, ohne dabei erschossen zu werden. Ich wette, dass sie sich nicht einfach dankbar vom Acker machen werden.«
»Damit hast du nicht unrecht«, sagte Richard. »Wir müssen die Rückholaktion sehr sorgfältig planen. Aber das Sensibelchen scheint wirklich gut in solchen Dingen zu sein. Ich bin mir sicher, dass ihm etwas einfällt.«
Bill lachte. »Das sind meine Fans.«
»Treib es nicht zu weit.«
Danach herrschte nachdenkliches Schweigen, das unterbrochen wurde, als Kevin zurückkehrte, der nun ein klein bisschen weniger grün im Gesicht war .
»Ich finde auch, dass wir umziehen müssen«, sagte Erin. »Aber wie wäre es, wenn wir alles nach Deadwood schaffen?«
Richard schüttelte den Kopf. »Dafür haben wir keine Zeit. Wir müssen jetzt von hier weg, und außerdem brauchen wir immer noch einen Standort in Lincoln. In den Schuppen in Deadwood können wir ohnehin nicht alles unterbringen. Die waren nur als eine Art Zweigstelle gedacht.« Er begann, beim Reden auf und ab zu gehen. »Wir wissen nicht, ob jemand nach den Typen suchen wird, die uns gerade überfallen wollten. Aber bevor das passiert, müssen wir verschwunden sein. Sobald wir hier eine neue Basis eingerichtet haben, können wir unsere Zweitadresse in Deadwood weiter ausbauen.« Richard blickte auf. Niemand schien ihm widersprechen zu wollen.
»Hör mal, Richard«, sagte Bill. »Die Analyse-Firmen sind für uns bloß riskant, weil wir ihnen unverarbeitetes Gold bringen. Das ist so ungewöhnlich, dass wir damit Aufmerksamkeit erregen. Aber einige Goldverkäufer handeln sicher mit noch viel größeren Mengen. Nur dass deren Gold bereits veredelt ist. Also müssen wir unseres einfach selbst einschmelzen. Ich könnte ohne Weiteres einen kleinen Hochofen konstruieren.«
Matt sah Bill an und blickte sich dann im Lager um. »Warum nicht? Du machst doch eh fast alles selbst.«
Richard schnitt eine Grimasse. »Ich wünschte, daran hätten wir schon früher gedacht.«
Monica legte ihm die Hand auf den Arm. »Ach komm, mein Großer, sei nicht so hart zu dir selbst. Keiner von uns hat vorab an all diese Dinge gedacht. Schließlich gibt es keine Bedienungsanleitung für das, was wir hier tun.«
Richard lächelte sie an und wandte sich dann wieder zum Rest der Gruppe um. »Okay, dann machen wir mal weiter, damit wir weg sind, bevor noch mehr von denen hier antanzen.«
Der Umzug ging schneller über die Bühne als erhofft. Da in der Umgebung einige Lagerräume kurzfristig verfügbar waren, hatten sie die freie Auswahl, und der Transporter war wegen der List, die sie sich für die Eindringlinge ausgedacht hatten, ohnehin bereits halb beladen.
Das Team stand in der Mitte des neuen Lagerhauses, das deutlich größer war als ihr altes. Sie hatten die Hälfte eines Gebäudes gemietet, in dem es nicht nur alle nötigen Sanitärinstallationen und einen eigenen Stromanschluss für sie gab, sondern auch ein Sicherheitssystem, Kabelfernsehen und Wifi sowie eine Heizung und eine Klimaanlage. Alles, was sie in den beiden vorherigen Einheiten untergebracht hatten, passte hier mit Leichtigkeit hinein.
Bill ging mit einem zufriedenen Seufzer in die Küche und installierte seine große Kaffeemaschine. »Wenn es sein müsste, könnten wir hier auch wohnen. Ist euch aufgefallen, dass wir sogar eine Dusche haben?«
»Ja. Eine Dusche. Eine einzige.« Monica sah ihn vorwurfsvoll an. »Du kannst gern hier wohnen. Mir gefällt mein Apartment.«
Bill lachte und drehte sich zu Richard um. »Und wichtiger noch: ein Sicherheitssystem. Matt und ich werden es uns ansehen und, wenn nötig, ausbauen, damit wir alles im Blick haben.«
»Ich komme mir zwar blöd vor, wenn ich das sage«, antwortete Richard, »aber wir sollten auch auf Verfolger achten und nie allein losgehen, wenn wir geschäftlich unterwegs sind. Ich werde Bill deswegen nicht mehr Sensibelchen nennen, denn wie es scheint, ist paranoid genug ab jetzt die Parole. «
»Und lasst uns auf der anderen Seite die großen Schuppen aufstellen, okay?« Bill deutete auf die Paletten mit den Bauteilen. »Ich bin froh, dass wir nicht an unserem alten Standort damit angefangen haben, aber lasst es uns jetzt sofort tun. Ich glaube, dass wir weniger Sicherheitsaufwand betreiben müssen, wenn wir den Großteil unseres Inventars auf der anderen Seite aufbewahren. Und ich werde mir ein paar Sicherheits- und Backup-Systeme ausdenken.«
»Vergessen wir nicht etwas?«
Alle drehten sich zu Erin um.
»Die drei Gangster in dem Gartenschuppen. Entweder holen wir sie zurück oder wir lassen sie dort sterben.«
Bill und Kevin bereiteten die Portale vor. Alle anderen hielten AR-15-Gewehre im Anschlag. Schließich reckte Bill die Stabkamera in die Höhe und reichte sie Kevin.
Richard sah die anderen an. »Wir werden sie dazu bringen, ihre Pistolen durch das Stabkamera-Portal zu werfen. Sobald wir drei Stück hier drin haben, öffnen wir das große Tor und lassen sie raus. Dann begleiten wir sie aus dem Gebäude und vergewissern uns, dass sie auch wirklich davonfahren. Anschließend hauen wir ab und kehren nie wieder zurück. Fragen?«
Niemand hatte eine.
Richard zeigte auf das Tor, und Kevin aktivierte die Hardware.
Bill starrte ein paar Sekunden lang auf das Tablet. »Oh, oh.«
Richard fuhr zu ihm herum. »Könntest du dich bitte ein bisschen deutlicher ausdrücken?«
Bill drehte das Tablet so, dass auch die anderen es sehen konnten. Das Video zeigte einen Gartenschuppen, oder vielmehr die Trümmer eines solchen. Das Gebäude sah aus, als wäre es von einer Dampfwalze überrollt worden. »Keine Gangster.«
»Leichen?«
»Sekunde.« Bill wies Kevin an, wie er die Stabkamera bewegen sollte, während er selbst den Blick nicht vom Display wandte. Schließlich sah er zu Richard auf. »Keine Leichen.«
»Na toll«, sagte Erin. »Und was jetzt? Wenn sie abgehauen sind, könnten sie noch am Leben sein …«
»Und du meinst, wir sollten nach ihnen suchen? Nein, zum Teufel!« Monica schüttelte den Kopf. »So gern ich sie auch erschießen möchte, derart viel Aufwand sind sie nicht wert.«
Das ganze Team sah noch einen Moment lang auf das Display.
»Okay, wie wäre es damit?«, fragte Erin. »Wir basteln ein Hinweisschild. Darauf schreiben wir, dass wir jeden Tag um die Mittagszeit nach ihnen Ausschau halten werden. Wenn sie dann nicht da sein können, sollen sie eine Nachricht auf dem Schild hinterlassen. Wir befestigen einen Benzinstift mit einer Schnur daran.«
Richard seufzte. »Das klingt gut. Wenn sie noch leben, werden sie – wenn sie klug sind – zu dieser Stelle zurückkehren.« Richard seufzte. »Natürlich bringen wir uns selbst in Gefahr, wenn wir andauernd hierherkommen.«
Erin sah ihn mit erhobener Augenbraue an. »Ich glaube nicht, dass wir eine andere Wahl haben. Das ist eine rote Linie. Wenn wir sie im Stich lassen, sind wir Mörder.«