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Aufbau und Abmarsch
Bill blieb stehen und streckte sich. »Ich werde alt.«
»Nein, du bist nur gierig. Wie hast du es bloß geschafft, während der letzten Wochen so viel Zeug zu kaufen?« Matt deutete auf die vollgepackten Paletten, die vor dem halb fertigen zweiten Schuppen standen.
Bill zeigte grinsend auf Monica, die mit dem Fernglas die Umgebung absuchte. »Ich hatte Hilfe.«
Monica ließ das Fernglas am Riemen um ihren Nacken baumeln. »Ich glaube, du verwechselt, wer wem geholfen hat.«
»Ja, ja, blabla. Warum schaust du eigentlich die ganze Zeit durch dieses Ding? Bei all dem Lärm, den der Bagger und der Gabelstapler veranstalten, sind vermutlich in einem Umkreis von mehreren Kilometern keine Raubtiere zu finden.«
»Die Tiere rennen davon. Die menschlichen Räuber werden dagegen von dem Geräusch angezogen.«
»Die Gangster? Du glaubst, dass sie immer noch irgendwo da draußen und am Leben sind?«
»Ich weiß es nicht, Bill. Aber wenn es so ist, will ich zuerst schießen.«
»Ernsthaft?« Matt verzog das Gesicht. »Dazu hätten sie knapp eine Woche lang auf Outland überleben und fast vom anderen Ende der Stadt hierherkommen müssen.«
»Ja, ich weiß. Aber lieber ein bisschen zu paranoid als nicht vorsichtig genug. «
Bill nickte und warf Matt einen Seitenblick zu. »Ja, das stimmt. Und wir können dich auch zwischendurch ablösen, wenn du möchtest.«
»Nein. Ich will euch beiden nicht den Spaß mit der Ausrüstung nehmen.« Monica grinste Bill an und richtete das Fernglas wieder auf den Horizont.
»Zurück an die Arbeit«, sagte Matt zu Bill, der immer noch Löcher in die Luft starrte. »Wir sind fast mit der Hütte fertig. Ich möchte die Sachen einräumen, bevor es dunkel wird.«
Das Funkgerät neben dem Tor quäkte, und Matt lief hin, um das Gespräch entgegenzunehmen. Nachdem er sich kurz mit jemandem ausgetauscht hatte, legte er es wieder weg und kehrte zurück.
»Das war Kevin. Es gibt ein Problem an der Uni.« Matt erzählte Bill und Monica, um was es ging.
»Mist, wir müssen versuchen, die Tiere zu retten«, sagte Bill.
»Und nicht nur, weil wir wunderbare, fürsorgliche Menschen sind«, fügte Monica hinzu. »Wenn wir lange in Outland bleiben müssen, können wir sie auch gut gebrauchen.«
»Hört mal«, sagte Matt, »ich habe eine Idee, wie wir das hinbekommen könnten.«
Das Schicksal der Tiere ging Erin nicht aus dem Kopf. Schließlich fiel ihr etwas ein. »Wie wäre es, wenn wir das Truck-Tor holen und die Tiere hinüberbringen?«
»Im Transporter?« Richard schüttelte den Kopf. »Für den Hin- und Rückweg würden wir ewig brauchen. Denk nur an die Herfahrt.«
Kevin kam zu ihnen und wedelte mit dem Funkgerät. »Ich glaube, wir können die Tiere retten. Ich habe mit den anderen beim Lagerhaus darüber gesprochen. Sie haben bereits fast alles auf die andere Seite gebracht, und Matt hat gesagt, er kann das Tor in seinem Pick-up herschaffen.«
»Na klar«, antwortete Richard. »Das Teil kann bei zugeschalteter Untersetzung sogar einen Steilhang hinauffahren. Und es verfügt über genügend Bodenfreiheit, um über das meiste Zeug, dem ich ausweichen musste, einfach hinwegzurollen. Er braucht vielleicht zwanzig Minuten, bis er hier ist.«
»Matt meinte zehn«, merkte Kevin an.
»Er weiß vermutlich nicht, wie unwegsam die Strecke ist. Sag ihm, er soll vorsichtig fahren und zwanzig Minuten einplanen. Was ist mit Bill und Monica?«
»Die bleiben auf Outland, um die Vorräte zu bewachen und die Schuppen fertigzustellen. Monica sagt, dass wir auf jeden Fall die Tore mitbringen sollen, weil sie sonst echt sauer wird.«
Erin lächelte. »Ich wäre auch sauer, wenn man mich auf der anderen Seite aussetzt. Kevin, sag Matt bitte, dass er losfahren soll. Ich organisiere hier alles.«
Ungefähr zwanzig Minuten später parkte Matt neben dem Transporter. Er stellte den Motor ab und stieg aus. »Hallo, Leute, was geht ab?«
»Matt, das hier ist Dick«, sagte Richard. »Er ist derjenige, der uns auf die Tiere aufmerksam gemacht hat. Erzähl am besten du, Dick.«
Dick zögerte kurz, doch dann gab er sich einen Ruck. »Okay, ich habe ein paar Landwirtschaftsstudenten in den Stall geschickt, um alles vorzubereiten. Wir werden auf den Pferden reiten und die Rinder und Schafe treiben. Die Vögel stecken wir in Käfige, die wir auf die Ladefläche des Pick-ups stellen. Die Schweine müssen wir auf der anderen Seite freilassen, da sie zu schwer zu treiben sind. Und schwer zu halten, wenn man keinen eingezäunten Pferch hat. Wir hoffen, dass sie nicht alle gefressen werden, bevor sie sich an die Wildnis anpassen. Vielleicht können wir später ein paar von ihnen wieder einfangen und eine neue Herde bilden. Ansonsten werden sie in ein paar Generationen verwildern. Das ist an sich nicht schlimm. Sie werden dann nur gefährlicher sein.«
Richard nickte. »Wir geben euch einen zusätzlichen Portal-Generator und ein Zwei-Meter-Tor, damit ihr beide Tore hinüberbringen könnt, wenn ihr hier fertig seid. Den Generator können wir euch leider nicht überlassen, da wir sonst selbst keinen haben. Ihr müsst also hoffen, dass entweder der Strom weiter funktioniert oder ihr in einem der Gebäude einen Generator findet.«
»Hier gibt es ein paar tragbare Modelle und einen großen auf einem Anhänger«, sagte Dick.
»Gut. Die schaffen wir rüber. Wenn ihr sie heute nicht mitnehmen könnt, decken wir sie auf Outland mit einer Plane zu. Erin ist sicher, dass hier alles den Bach runtergeht, bevor wir zurückkehren können. Deswegen muss alles, was wir retten wollen, heute auf die andere Seite gebracht werden. Ich habe noch etwas für euch.« Richard reichte Dick einen Kartonstapel. »Wenn Bill davon erfährt, wird er bestimmt ziemlich unleidig. Aber ihr könnt sie sicher gut brauchen.«
Dick las die Aufschrift »Nachtsichtgeräte« auf dem obersten Karton. »Wer ist Bill?«
Richard schüttelte den Kopf. »Fahr jetzt besser los.«
Dick reckte den Daumen in die Höhe und sah zu Matt hinüber. Der deutete auf die Beifahrerseite des Pick-ups und setzte sich hinter das Lenkrad. Ein paar Sekunden später fuhren sie los .
Während sie sich entfernten, drehte Richard sich zu Erin um. »Wie geht doch gleich der Spruch über Gott und die Pläne?«
»Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen«, zitierte Erin.
Richard hob anerkennend die Augenbrauen und seufzte. »Ich glaube, den Spruch lasse ich mir auf die Stirn tätowieren. Ich kann mir so etwas nicht merken.«
Während der Vorbereitungen hatte es viele Diskussionen über die richtige Strategie gegeben. Erin war beeindruckt, wie schnell die Studenten die Existenz eines Paralleluniversums akzeptiert hatten. Aber natürlich half es auch, dass sie es die ganze Zeit direkt vor Augen hatten.
Alle waren sich darin einig, dass sie das Tor immer wieder öffnen und nach Überlebenden Ausschau halten sollten. Doch ihre Hoffnungen waren gedämpft. Denn inzwischen war ihnen bewusst, dass die herabfallende Asche einem Todesurteil gleichkommen würde. Niemand wollte freiwillig durch aschebedeckte Straßen stapfen, doch nur so würden sie weitere Flüchtlinge aufspüren können. Sie mussten einfach hoffen, dass die meisten Menschen klug genug gewesen waren, frühzeitig das Weite zu suchen. Und dass die Straßen noch passierbar waren, denn morgen früh würden sie es sicher nicht mehr sein.
Zahlreiche Studenten baten darum, ihre Verwandten retten zu dürfen. Als klar wurde, dass es nicht ging, weil es einfach zu viele waren, liefen einige davon. Entweder hatten sie ihre Meinung geändert oder hofften, mit ihren Liebsten wieder zurück zu sein, bevor sich das Tor schloss.
Schließlich waren sie an der Uni fertig. Alle, die sich bei ihnen gemeldet hatten, waren nach Outland hinübergegangen. Als die erste Asche fiel und eine halbe Stunde lang kein neuer Flüchtling mehr aufgetaucht war, beschloss Erin, es gut sein zu lassen. Sie brachten noch die letzten Vorräte und das Feuerholz durch das Portal und schalteten es dann aus.
Alles in allem hatten sie ein bisschen mehr als zweihundertfünfzig Menschen mitgenommen, hauptsächlich Studenten, aber auch ein paar versprengte Dozenten und zwei Sicherheitsleute, die sich nach wie vor auf dem Campus aufgehalten hatten.
Die beiden Letztgenannten, Fred Mack und Anson Rutherford, waren pensionierte Polizisten, die nach eigenem Bekunden als Sicherheitsleute arbeiteten, um ihrem tödlich langweiligen Ruhestand zu entgehen. »Mein ganzes Berufsleben lang war immer was los, dann kam die Pension, und – bumm – plötzlich saß ich acht Stunden am Tag vorm Fernseher«, erklärte Fred. »Ich hab’s nicht gepackt. Der Sicherheitsdienst ist ein lässiger Job. Es springt ein bisschen Taschengeld dabei heraus, und wir müssen nichts Komplizierteres tun, als unsere Pausen so zu legen, dass wir frischen Kaffee bekommen.«
Anson lächelte zustimmend. »Das ist das erste Mal, dass bei dieser Arbeit etwas Aufregendes passiert.« Während er sich umsah, verging ihm das Lächeln. »Ich will ehrlich sein, Mrs. Savard. Ich glaube nicht, dass einer von diesen jungen Leuten über die nächsten vierundzwanzig Stunden hinausgedacht hat. Sie sind angespannt und aufgeregt, vielleicht ein bisschen gestresst, aber sie betrachten das Ganze als eine Art Alarmübung, nicht mehr als eine vorübergehende Unannehmlichkeit. Wie bei einer Bombendrohung. Wenn sie überhaupt darüber nachdenken, gehen sie bestimmt davon aus, in ein oder zwei Tagen wieder zu Hause zu sein. Oder im Wohnheim. Aber so wird es nicht kommen, oder? «
Erin zögerte und schüttelte dann den Kopf. »Diese Katastrophe wird mindestens ein paar Wochen andauern. Sofern es nur ein kleiner Ausbruch war. Im schlimmsten Fall könnte der Großteil der USA auf Jahre hinaus unbewohnbar sein. Bei den früheren Eruptionen erstreckte sich die Aschewolke zwischen dem südlichen Manitoba, Niederkalifornien und Louisiana. Und ich glaube, dass diese größer ausfallen könnte. Es ist gut möglich, dass zumindest ein paar dieser Menschen ihre Familien nie mehr wiedersehen werden.«
Die Vorbereitungen hatten viel länger gedauert als erwartet, und so wurde es dunkel, bevor sie aufbrechen konnten. Erin wusste, dass die Vorstellung, derart viele Flüchtlinge im Finsteren durch die Wildnis zu führen, grotesk war. Und wer das wollte, würde es sich nach Sonnenuntergang sicher anders überlegen. Moderne Stadtbewohner machten sich keine Vorstellung davon, wie finster es nachts unter einem Himmel war, der nicht von künstlichen Lichtquellen angestrahlt wurde.
Außerdem trugen die Flüchtlinge der Jahreszeit entsprechend Sommerkleidung, die für die kühlere Nachtluft auf Outland absolut ungeeignet war.
Erin schlug Fred vor, dass er und Anson die Führung übernehmen sollten, aber Fred schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall, meine Liebe. Du machst das gut. Die Kids hören auf dich. Alte Säcke wie uns blenden die einfach aus. Aber wir unterstützen dich, wo wir können.«
Sie wies die beiden an, in der Nacht für Sicherheit zu sorgen. Fred und Anson besprachen sich ungefähr dreißig Sekunden lang, dann machten sie sich ans Werk. Sie bildeten einen Kreis aus acht Lagerfeuern und teilten das mitgenommene Brennmaterial zwischen ihnen auf. Ein paar Leute sollten darauf achten, dass sie nicht zu hell brannten, da höhere Flammen zu viel Holz verschlingen, aber keinen Vorteil bringen würden.
»Die Feuer sind zum Schutz und nicht als Wärmequelle gedacht«, erklärte Erin den Studenten. »Wir wollen damit die Raubtiere fernhalten. Also kommt nicht auf die glorreiche Idee, euch außerhalb des Feuerrings aufzuhalten, wenn ihr nicht als Mitternachtshappen enden möchtet. Nehmt euch ein Beispiel an den Kaiserpinguinen und drängt euch dicht zusammen, damit euch schön warm wird. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Schüchternheit. Wir müssen auch Wachen aufstellen. Alle, die schon mal eine Waffe bedient haben, sollen sich melden. Für jede Zwei-Stunden-Schicht brauchen wir acht Freiwillige. Fred und Anson werden sich um die Details kümmern.« Sie deutete auf die beiden, die knapp vor ihr salutierten und sich gleich wieder an die Arbeit machten.
Nach einer weiteren Stunde war alles zu jedermanns Zufriedenheit organisiert. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits stockdunkel. Die ersten acht Wächter bezogen mit ihren Gewehren Posten, während sich der Rest der Gruppe auf Decken und Planen legte und auf dem harten Boden zu schlafen versuchte.
Die nächtliche Tierwelt auf Outland war auf ihre eigene Weise genauso laut wie die Tagschicht. Die Biomasse dieses unberührten wilden Planeten war erheblich größer als das, was die Menschen von der Erde übrig gelassen hatten. Einmal stand eine gequälte Seele mitten in der Nacht auf und brüllte aus Leibeskräften: »Haltet endlich die verdammte Klappe!« Dafür erntete er gelöstes Gelächter von den anderen, das jedoch nach ein paar Sekunden schon wieder verstummte .
Ein paarmal fielen Schüsse, aber es passierte nichts Schlimmes, und keiner der Menschen kam ums Leben. Richtig knapp wurde es nur einmal, als eine große Raubkatze versuchte, unbemerkt an einem dösenden Wächter vorbeizuschleichen. Der Mann feuerte, gerade noch rechtzeitig vom Schrei eines schlaflosen Campers geweckt, einen Schuss ab. Die Schrotladung verfehlte ihr Ziel zwar, aber die Katze rannte, um ungefähr zwei Leben und einen stinkenden Haufen erleichtert, in die Dunkelheit davon.
Nach ein paar weiteren Vorfällen dieser Art erkannten die Raubtiere, dass sie anderswo leichter an eine Mahlzeit kommen würden, und die Attacken ließen nach. Doch der Geräuschpegel blieb die ganze Nacht unverändert. Diejenigen, die gar keinen Schlaf fanden, berichteten den anderen am nächsten Tag, dass der nächtliche Radau nahtlos in die morgendlichen Vogelschreie überging.
Als sich die ausgekühlten, übermüdeten und verspannten Flüchtlinge an ihrem ersten Morgen auf Outland langsam vom Boden erhoben, wurden sie gleich mit einer harten Realität konfrontiert: Es gab keinen Kaffee.
Diese Erkenntnis führte fast zu einer Meuterei. Da es nach dieser beängstigenden, schlaflosen Nacht nicht einmal ein Frühstück gab, fanden einige, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, auf der anderen Seite zu bleiben.
Als sie die Klagen hörte, wies Erin Richard und Kevin an, das Tor zu öffnen.
Sobald es aktiviert war, wehte eine Staubwolke durch die Öffnung, und ein Haufen Asche fiel heraus. Er stammte aus einer graubraunen, halbmeterhohen Schicht, die drüben alles bedeckte. In Sichtweite war mindestens ein Gebäude unter der Last zusammengebrochen .
Erin starrte die Asche schockiert an. »Das ist nicht gut«, flüsterte sie Richard zu. »Das weist meiner Meinung nach eindeutig auf einen Supervulkan hin.« Doch sie riss sich zügig wieder zusammen, holte tief Luft und drehte sich zu den anderen um. »Ich habe euch von den Krankheiten erzählt, die von der Asche verursacht werden. Damit werde ich euch nicht noch einmal langweilen. Ich habe euch auch gesagt, dass wir mit eingestürzten Gebäuden, dem Verlust des Stromnetzes, kaputten Maschinen und verkürzten Pflanzenwachstumsphasen rechnen müssen. Das ist keine Theorie, sondern die aktuelle Realität. Jeder, der will, kann dorthin zurückkehren, aber es wäre sehr dumm. Und diese Rettungsaktion wird nicht von irgendeiner weit entfernten staatlichen Stelle geleitet, sondern von uns, und zwar von uns allen. Wir hören uns sehr gerne jeden vernünftigen Verbesserungsvorschlag an. Schließlich machen wir das auch alles zum ersten Mal. Also gut, wer will zurück? Das ist eure Chance.« Sie zeigte auf das Tor.
In die Umstehenden kam Bewegung, weil alle einen Blick durch die Öffnung werfen wollten, doch keiner nahm ihr Angebot an.
Danach waren deutlich weniger Beschwerden zu hören. Mit ihrem Eingeständnis, dass sie mit einer Situation wie dieser keine Erfahrung habe und auch über kein Spezialwissen verfüge, hatte Erin die Flüchtlinge erstaunlicherweise abgeholt.
Jemand rief: »Und wohin gehen wir jetzt?«
»Wir haben Vorräte, die wir von einem Lagerhaus in der Stadt auf diese Seite geschafft haben. Zu Fuß dauert es von der Uni bis dorthin ungefähr eine Dreiviertelstunde. Die Entfernung ist hier dieselbe, nur dass es keine Bürgersteige, aber dafür Raubtiere gibt. Deswegen ist man wohl ein bisschen länger unterwegs. «
»Können wir zurückkehren, wenn keine Asche mehr fällt?«
»Na klar, solange ihr kein Essen oder Wasser braucht. Die andere Seite ist am Ende. Dort gibt es kein sauberes Wasser mehr, keinen Strom und keine Essenslieferdienste. Ich kann mich natürlich auch täuschen, und alle dürfen jederzeit hinübergehen und selbst nachsehen. Wahrscheinlich werden wir das sogar regelmäßig tun, um unsere Vorräte aufzustocken. Aber seid euch bitte darüber im Klaren, dass dies hier im Vergleich zu unserer alten Heimat ein echtes Paradies ist.«
»Gibt es in dem Vorratslager auch Kaffee?«, rief jemand von weiter hinten.
»Das will ich doch sehr hoffen, sonst flippe ich nämlich aus.«
In der Menge erhob sich Gelächter, und jemand fragte: »Wo geht’s lang?«
Erin bedeutete Kevin und Richard, das Tor auszuschalten. Die Krise war abgewendet. Sie studierte die Karte und ihren Kompass, dann wies sie mit ausgestrecktem Finger den Weg. Fred und Anson teilten die Studenten in mehrere Gruppen auf. Dabei stellten sie auch eine Vorhut zusammen, deren Mitglieder den Flüchtlingstreck beschützen sollten.
Richard schlängelte sich zu Erin durch. »Und was bedeutet es für uns, dass es eine Supervulkan-Eruption war?«
»Je mehr Asche, desto mehr Umweltschäden und zerstörte Infrastruktur, und das erschwert der FEMA und den anderen Rettungsorganisationen die Arbeit. Dadurch wird es in jeder Hinsicht schlimmer. Ich hatte auf eine normale Eruption gehofft. Dann hätten wir nach ungefähr einer Woche auf unsere Seite zurückkehren können. Aber bei so viel Asche geht das nicht. Wir werden möglicherweise eine ganze Weile hierbleiben müssen. «
»Was ist mit dem Viehtrieb?«
»Sie sind, wenn man von den irdischen Distanzen ausgeht, ungefähr anderthalb Kilometer von uns entfernt und werden eine Weile bis hierher brauchen. Sie müssen nur dem Chaos folgen, das wir unterwegs hinterlassen.«
»Ja, ein paar hundert Fußgänger treten auf jeden Fall einen gut sichtbaren Pfad aus.«
»Sie werden voraussichtlich einen halben Tag nach uns im Lager-Camp eintreffen«, sagte Erin. »Trotz allem, was Landwirtschaftsstudenten über Pferde und Rinder wissen, bezweifle ich, dass irgendwer von ihnen schon mal an einem echten Viehtrieb teilgenommen hat. Wenn Bill hier wäre, würden ihm bestimmt einige Filme einfallen …«
»Dann können wir ja froh sein, dass er nicht hier ist.«
Erin schenkte ihm ein müdes Lächeln, und sie schlossen sich den Marschierenden an.