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Verhandlungen
Richard lugte durch das Stabkamera-Tor und betrachtete Bills zurückgelehnte Gestalt.
»Du wirkst viel zu entspannt für einen inhaftierten Plünderer.«
Bill grinste. »Ich glaube nicht, dass ich in nächster Zukunft vor einem Erschießungskommando stehen werde. Was gibt es?«
»Erinnerst du dich noch an die Gangster aus dem Lagerhaus? Offenbar haben sie auf Outland überlebt. Sie haben Geiseln genommen und sind durch das Tor zur Erde hinübergewechselt.«
»Ach, verdammte Scheiße, hört das denn nie auf?«, erwiderte Bill. »Unternimmt deswegen irgendwer irgendetwas?«
»Monica ist hinter ihnen her. Bald wissen wir mehr.«
»Dann wird ihr Traum, jemanden zu erschießen, ja vielleicht endlich wahr.«
»Wahrscheinlich. Ich muss allerdings sagen, dass ich ein bisschen besorgt bin, Bill. Wir taumeln von einer Katastrophe zur nächsten. Es scheint, als wären wir nicht imstande, das Chaos in den Griff zu bekommen.«
Bill lachte laut auf. »Du klingst wie eine Figur aus Jurassic Park
Richard seufzte bloß.
»Okay, okay, ich weiß. Ich konzentriere mich ja schon. Ich glaube, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, mein Gespräch mit dem Lieutenant fortzusetzen. Hör mal, könntest du jemanden nach Bruchtal schicken, der mir eine große Packung von meinem Kaffee holt?«
Richard sah ihn verwirrt an. »Verarschst du mich?«
»Wir wollen diese Leute doch für unsere Sache gewinnen. Der Kaffee soll sowohl ein Friedensangebot als auch der Beweis sein, dass wir über Mittel verfügen, die sie nicht haben.«
Richard dachte einen Moment nach. »Okay.« Er drehte sich zu Charlie um. »Hol Bruchtal ans Funkgerät. Sage ihnen, sie sollen den Verrückten Al mit einer Packung Nabob herschicken. Und sie sollen ihm sagen, dass der Kaffee unversehrt hier ankommen muss. Sonst entziehen wir ihm die Motocross-Erlaubnis. Wieder einmal.«
Charlie nickte.
Während er das Funkgerät in die Hand nahm, drehte sich Richard wieder zu Bill um. »Und was haben wir jetzt vor?«
»Ich glaube, es wäre sehr gut für uns, die Garde in Bruchtal zu haben. Vielleicht könnten sie auch einschreiten, wenn sich die Arschgeigen gegen uns auflehnen.«
»Verstehe.«
Nicht lange danach näherte sich der Verrückte Al in einem Tempo, das selbst auf Asphalt halsbrecherisch gewesen wäre. In der Prärie sprang er von einer Bodenwelle zur nächsten und war öfter in der Luft als auf dem Boden. Das Motorrad landete abwechselnd auf dem Vorder- oder Hinterrad, doch Al stand felsenfest auf den Fußrasten.
Er trug seinen Beinamen »der Verrückte« aus gutem Grund. Auf der Erde war er ein Motocross-, Enduro-, Stunt- und Dirt-Bike-Fahrer gewesen und hatte sich generell auf alles gestürzt, was zwei Räder und einen Motor besaß. Außerdem war er der beste Mechaniker in Bruchtal. Daher tolerierten sie seine Schrullen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er alles reparierte, was er zerstörte.
Wenn etwas schnell transportiert werde musste, war er der Richtige für die Aufgabe.
Al kam mit Höchstgeschwindigkeit angebraust. Er zog die Vorderbremse und legte die letzten fünfzig Meter mit einem Front-Wheelie zurück, ehe er exakt vor der Gruppe zum Stehen kam. Schließlich drehte er sich noch ein letztes Mal in einem Halbkreis, bis er in die Richtung blickte, aus der er gekommen war.
»Wieso hat das so lange gedauert?«, fragte Richard.
Al händigte Richard grinsend seinen Rucksack aus und fuhr, eine riesige Staubwolke aufwirbelnd, wieder zurück.
Richard öffnete derweil den Rucksack und zog einen Folienbeutel mit Kaffee heraus. Auf sein Zeichen hin aktivierte Charlie das Zwei-Meter-Tor, Richard übergab Bill den Kaffee, und sie schlossen das Portal wieder.