E s werden zwei richtig angenehme Wochen. Tagsüber machen Vincent, Magdalena und ihre Kinder Familienurlaub, aber abends sitzen wir oft zusammen. Entweder bei mir oder bei ihnen vor dem Mobilheim. Meistens dann, wenn die Kinder einfach nur platt sind. Nach zwei Wochen gebe ich zu, dass ich zwei weitere neue Freunde gefunden habe. Vincent ist mehr als in Ordnung, und ich habe viel mit ihm geredet. Wenn sich Lentje abends verabschiedet hat, da sie ja am Morgen wieder in der Praxis arbeiten musste, bin ich ein paar Mal sitzen geblieben. Er hat mich auch auf seine direkte Art gefragt, warum ich nicht arbeite.
»Bist du etwa nicht mit Frieda bekannt? Und sag nicht, dass Lentje dir nichts erzählt hat.«
»Frieda kenne ich nicht. Aber ja, Lentje hat ein wenig geplaudert, aber nicht so viel, wie du vielleicht vermutest. Also?«
Wir gehen wie gesagt in diesen Tagen erst spät in der Nacht auseinander, und Vincent weiß im Prinzip alles von mir. Auch Magdalena ist unglaublich nett. Sie hat Temperament und Feuer. Ich bin mir sicher, dass es bei den beiden nicht langweilig wird.
Die zwei Wochen verfliegen nur so, und am Freitag, dem letzten Tag des Urlaubs von Vincent und seiner Familie, zudem dem letzten Arbeitstag von Lentje, die die Praxis nun für zwei Wochen schließt, lade ich alle ein. Zu mir in die Kate, auch Leon und Leevke und Leeve mit Tanja. Ich habe mich mit Ole heimlich besprochen, und er hat mir frischen Fisch geliefert. Dazu habe ich bei einem neuen Laden in Wittdün, der vegetarische Köstlichkeiten zaubert und bei dem ich seit einigen Wochen Stammgast bin, eingekauft. Oliven, eingelegter Ziegenkäse, gefüllte Tomaten und gegrilltes Gemüse. Wunderbare, duftende Kräuteröle und Brotaufstriche. Dazu frisches Fladenbrot von Heike. Das Wetter spielt mit, und ich freue mich, dass alle zugesagt haben und hoffe dass alle guten Appetit mitbringen. Die Stimmung ist entsprechend locker. Lentje ist jedoch seltsamerweise etwas in sich gekehrt. Ich hoffe, sie bekommt nicht wieder Migräne. Das wäre kein schöner Start in die kommenden Urlaubstage. Als sie in die Küche geht, folge ich ihr.
»Alles gut bei dir? Du bist so still.«
»Ja, Matthys, natürlich. Ich bin nur etwas müde.« Ich nehme sie in den Arm und murmle ihr zu.
»In den kommenden zwei Wochen werde ich dich verwöhnen.« Sie lächelt zwar, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieses Lachen nicht bis zu ihren Augen reicht. Auch wenn ich lieber weiter mit ihr gesprochen hätte, habe ich Gäste, und deshalb löse ich mich von ihr, wenn auch sehr ungern. Im Nachhinein muss ich sagen, warum habe ich das nicht getan? Sie ist es, die wichtig ist. Meine Gäste hätten es verstanden. Aber hinterher ist man ja immer schlauer.
Vincent und Magdalena fahren gegen zehn Uhr am Abend zum Campingplatz. Die Jungs sind müde, und er muss morgen nach Hause fahren. Wir verabschieden uns, und ich hoffe wirklich, dass ich ihn bald wiedersehe und sage ihm das auch.
»Nicht mehr eifersüchtig?«
»War ich nie.«
»Du Lügner! Lentje hat es mir verraten.«
»Was?«
»Dass du den Platz markieren musstest.«
»Hat sie nicht!« Er kichert los, und ich bemerke, dass ich voll in die Falle getappt bin.
»Ich wusste es. Was habe ich dir gesagt, Magdalena?« Diese meint nur.
»Du sollst ihn nicht ärgern.«
»Ach komm, er ist ein großer Junge und kann das vertragen.« Ich schüttle nur den Kopf. Magdalena fällt mir in die Arme.
»Bis ganz bald mal wieder. Du hast ja etwas mehr freie Zeit. Gut, da sind die Tiere, aber komm uns doch mal besuchen. Leeve würde deine Alpakas sicherlich mitversorgen, wenn du im Gegenzug seine Esel mal übernimmst. Wie gesagt, unser Gästezimmer beinhaltet ein großes Bett.«
»Mache ich, versprochen.«
»Und bring gefälligst Lentje mit.« Leise flüstere ich nur für ihre Ohren.
»Auch das.« Danach verschwinden die Vier. Auch Leon und Leeve gehen nach einem weiteren Glas Wein, und mit ihnen gehen auch Leon und Tanja. Lentje hilft mir beim Aufräumen, und danach will sie gehen, was ich eigentlich nicht möchte. Doch irgendwie ... klammern ist bei ihr nicht gut, deshalb sage ich zu ihr.
»Ich laufe noch mit rüber.« Am Strandkorb bleiben wir kurz stehen. Jugendliche haben ein großes Feuer entzündet, und sie sitzen im Kreis darum. Heute ist es erstaunlich windstill, und es herrscht eine tolle Stimmung am Strand. Auch die Musik ist angenehm. Deshalb ziehe ich Lentje in den Strandkorb, und sie lässt es zu. Sie schmiegt sich an mich, und doch ... irgendetwas stimmt nicht.
»Freust du dich auf die freien Tage?«
»Hm.«
»Lentje, ich habe dich das heute schon einmal gefragt. Was ist denn los? Habe ich etwas falsch gemacht? Dich irgendwie beleidigt oder ...«
»Nichts, ich ... ich bin einfach müde.« Sie löst sich von mir und verabschiedet sich. Als ich aufstehen will, deutet sie mir an, sitzenzubleiben.
»Bleib. Ich ... ich muss etwas nachdenken.« Erneut kann ich nicht anders, als sie zu fragen.
»Lentje, ist wirklich alles in Ordnung?«
»Hm.« Dass dies keine allzu befriedigende Antwort ist, dürfte klar sein, doch ich kann sie ja nicht zwingen, mir etwas zu sagen. Stunden später denke ich nur: »Warum habe ich sie nicht gezwungen, mir zu sagen, was los ist? Trauert sie etwa Vincent nach?«