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Wir hatten uns allseitig darauf geeinigt, dass Edna und Miss Jones samstags immer etwas später kommen sollten. Lady Hardcastle legte jetzt, da wir auf dem Land wohnten, zwar keinen großen Wert mehr auf Geselligkeit, aber wir behaupteten immer noch, dass das späte Aufstehen ihr gestattete, nach den Kapriolen am Freitagabend auszuschlafen. Der wahre Grund bestand allerdings darin, dass Edna – die zusammen mit ihrem Mann Dan freitags im Dog and Duck ordentlich feierte – die Gelegenheit haben sollte, sich von ihren eigenen freitäglichen Kapriolen zu erholen.

Lady Hardcastle hatte vor einigen Jahren, als wir noch in London lebten, durch eine amerikanische Freundin Eggs Benedict kennengelernt, die sie hartnäckig die Frühstückswonnen nannte. In New York waren sie der letzte Schrei, versicherte sie uns. Die Hollandaise zuzubereiten war ziemlich langwierig, also machte ich sie nicht oft, aber ich freute mich doch so sehr über ihre Reaktion, dass ich die Mühe von Zeit zu Zeit auf mich nahm.

Auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht.

»Florence Armstrong, du kleines walisisches Wunder«, sagte sie, als ich das Tablett auf ihrem Schoß abstellte. »Ich hatte ja schon eine Ewigkeit keine Eggs Benedict mehr zum Frühstück. Heute gewinnst du den Preis für besondere Großartigkeit, die weit über deine Pflichten hinausgeht. Vielen Dank.«

Ich knickste übertrieben. »Gern geschehen, Mylady.«

»Aber was ist mit dir? Isst du nicht mit mir zusammen?«

»Ich habe unten nur etwas Toast gegessen. Ich wollte mir den Bauch nicht zu vollschlagen, für den Fall, dass Lady Bickle zum zweiten Frühstück groß auftischt.«

»Ach, jetzt fühle ich mich wie ein gefräßiges Schwein«, entgegnete sie. »Teil dir das mit mir, dann haben wir beide noch Platz für Marmeladenbrote und große Stücke Früchtekuchen.«

Es sah schon sehr gut aus, also nahm ich ihr Angebot an.

Als das Frühstück beendet war und ich abgeräumt hatte, war es Zeit für das Ankleideritual zu unserem Ausflug nach Clifton. Es war noch immer bitterkalt, also gab es keine Möglichkeit, unsere Vorbereitungen abzukürzen.

»Ich frage mich, ob Lady Bickle sehr auf die neueste Mode achtet«, sagte Lady Hardcastle, als ich ihr die schweren Stiefel band. »Oder ob sie vielleicht leichtgläubig ist. Meinst du, wir könnten sie davon überzeugen, dass unsere groben Bauernstiefel tatsächlich der letzte Pariser Chic sind?«

»Eine weniger riskante Strategie wäre es, eleganteres Schuhwerk einzupacken und bei unserer Ankunft die Schuhe zu wechseln«, schlug ich vor. »Ich bin zwar keine Expertin für Benimmregeln, aber ich bin mir nicht sicher, ob es als besonders höflich betrachtet wird, Unwissenheit und Einfalt bei seiner Gastgeberin anzunehmen.«

Sie seufzte. »Noch mehr Aufhebens. Na ja. Das ist wohl der Preis, den wir dafür zahlen, kommen und gehen zu können, wann wir wollen.«

Also machten wir uns schließlich mit unseren üblichen Schuhen in einer Tasche auf, die wir im Kasten hinter den Sitzen verstauten.

Wir brauchten eine knappe Stunde für die fünfzehn Meilen von Littleton Cotterell nach Clifton. Die Reise selbst verging ohne große Zwischenfälle. Nur ein Milchmann brüllte uns wütend etwas nach, als das Geräusch unseres Rover auf der Whiteladies Road sein Pferd scheuen ließ, aber an diese Art von Beleidigungen waren wir inzwischen gewöhnt. Lady Hardcastle lächelte nur und winkte ihm zu.

Auf der Queen’s Road bog ich am Stadtmuseum nach rechts ab und fuhr dann weiter zum Berkeley Square. Wir hielten neben den Stufen, die zum Berkeley Crescent hinaufführen.

»Wir liegen perfekt im Zeitplan«, sagte Lady Hardcastle. »Danke.«

Ich sprang aus dem Wagen und kramte die Tasche mit unseren Schuhen hervor.

»Sie wohnt in Nummer fünf«, erklärte Lady Hardcastle, und wir stiegen die Treppe hinauf bis zu einem gepflasterten Gehweg, der vor dem halbmondförmigen Ensemble aus georgianischen Stadthäusern mit Ziegelfassade angelegt war.

An der ersten Tür stand die Nummer sechs.

»Ich werde Bauherren nie verstehen«, seufzte sie. »Wer um alles in der Welt nummeriert einen Halbkreis aus sechs Häusern denn von rechts nach links? Verrückt.«

»Wahrscheinlich wollte man damit während der Napoleonischen Kriege französische Spione verwirren«, mutmaßte ich. »Sie konnten uns schließlich nicht überfallen, wenn sie nicht herausfanden, wo wir wohnten.«

Sie zog einmal kräftig an der Klingel von Nummer fünf, und bald darauf wurde die Tür von einem weißhaarigen Butler mit einem kleinen Silbertablett in der Hand geöffnet.

»Guten Tag«, sagte Lady Hardcastle und legte ihre Karte auf das Tablett. »Ich glaube, Lady Bickle erwartet uns.«

Der Butler warf einen kurzen Blick auf die Karte. »Ja, Lady Hardcastle, sie bittet darum, dass Sie im Salon auf sie warten.«

Dann trat er beiseite und ließ uns eintreten.

»Können wir vielleicht irgendwo unsere Schuhe wechseln?«, fragte sie.

Der Butler sah auf unsere derben Stiefel hinab. »Ja, Mylady«, erwiderte er nach einer kurzen Pause. »Bitte folgen Sie mir.«

Er nahm uns Mäntel, Mützen, Handschuhe und Brillen ab, dann führte er uns ins Schuhzimmer an der Rückseite des Hauses. Er wartete vor der Tür, während wir uns um unser Schuhwerk kümmerten, dann führte er uns zurück in den Salon. Als wir dort ankamen, wartete bereits eine schöne, elegant gekleidete Lady auf uns. Sie war ein gutes Stück jünger, als ich erwartet hatte, hielt sich aber mit einem Selbstvertrauen, das nicht recht zu ihrem Alter passen wollte. Auch sie war groß gewachsen. Warum waren alle nur so groß?

»Mylady«, sagte der Butler. »Lady Hardcastle ist hier.«

»Danke, Williams«, erwiderte die Lady. »Wir trinken den Tee hier im Salon, denke ich.«

Der Butler zog sich zurück.

Die Lady streckte ihre Hand aus. »Georgina Bickle«, stellte sie sich vor. »Aber nennen Sie mich Georgie. Das machen alle.«

Lady Hardcastle schüttelte ihr freundlich die Hand. »Emily«, sagte sie dann. »Und das ist Florence Armstrong.«

»Sehr erfreut«, erwiderte Lady Bickle. »Ich habe so viel über Sie beide gehört. Simeon Gosling hört gar nicht mehr auf, von Ihnen zu schwärmen.«

»Ich hoffe, Simeon hat nicht übertrieben«, sagte Lady Hardcastle. »Wir sind nicht annähernd so interessant, wie Sie vielleicht glauben.«

»Ich hoffe auch, dass er nicht übertrieben hat«, entgegnete Lady Bickle. »Ich wünsche mir so sehr, dass seine Geschichte darüber, wie er gefesselt in einer verlassenen Hütte festgehalten wurde, wahr ist. Und die Verfolgungsjagd in schwarzen Automobilen. Bei ihm hat das sehr glamourös und aufregend geklungen.«

»Ich bin sicher, dass er es in den leuchtendsten Farben ausgemalt hat«, erwiderte Lady Hardcastle, »aber nehmen Sie ihn nicht zu ernst. Im Grunde war das alles ziemlich banal und alltäglich.«

»Alltäglich war es vielleicht für Sie, aber wenn man die Frau eines Chirurgen ist … na ja … dann bekommt banal eine ganz neue, eigene Bedeutung. Nehmen Sie doch bitte beide Platz.«

Sie wies auf ein paar Stühle neben dem Kamin.

»Aber was ist denn mit Ihrer Arbeit für die Suffragetten?«, fragte Lady Hardcastle, nachdem wir uns gesetzt hatten. »Das klingt doch ziemlich interessant.«

»Oh, ist es auch. Und so wichtig, finden Sie nicht?«

»Unverzichtbar«, stimmte Lady Hardcastle zu.

»Was denken Sie darüber, Miss Armstrong?«

»Ich bin für gleiche Rechte für alle bei allem. Aber ich mache mir nicht allzu große Hoffnungen. Eine beträchtliche Anzahl an Männern darf noch nicht einmal wählen, also rechne ich mir keine allzu guten Chancen aus, selbst wenn das Parlament endlich aufwacht. Schließlich bin ich ja keine Gutsbesitzerin.«

Lady Bickle überlegte kurz. »Da haben Sie natürlich recht. Es gibt sogar in unseren eigenen Reihen viele, die finden, dass wir lieber für ein allgemeines Wahlrecht kämpfen sollten, nicht nur für das von Frauen. Aber ich kann nicht anders, als zu denken, dass es, sollten wir den Durchbruch für wenigstens einige Frauen schaffen, nicht lange dauern wird, bevor unsere Gesetzgeber einsehen, wie schwachsinnig es ist, irgendeinen erwachsenen Bürger – oder irgendeine Bürgerin – vom Wählen abzuhalten.«

»Das wäre gewiss ein Schritt in die richtige Richtung«, stimmte ich zu.

»Wunderbar. Ach, und da ist auch Williams. Sie kommen gerade rechtzeitig. Wir sind schon Gefahr gelaufen, in einen trägen Zustand von behaglicher Einmütigkeit zu verfallen. Aber jetzt kommen Sie mit dem Tee, und nichts erhitzt die Gemüter von Engländerinnen rascher als die Frage, wie man Tee eingießt.«

Der Butler stellte das Tablett auf dem niedrigen Tisch vor dem Feuer ab. Neben der Teekanne, Tassen, Untertassen und dem Milchkännchen gab es darauf auch noch eine Auswahl an appetitlichen Sandwiches und außerordentlich hübschen Küchlein. Falls diese nicht von einem professionellen Pâtissier hergestellt worden waren, hatten die Bickles tatsächlich eine sehr fähige Köchin.

Williams zog sich, ohne ein einziges Wort gesprochen zu haben, wieder zurück.

»Nun gut«, sagte Lady Bickle. »Mutter hat stets darauf bestanden, dass die Milch zuerst eingegossen werden muss, aber das erscheint mir doch eine eher altmodische Vorgehensweise zu sein. Ich bevorzuge jedenfalls, die Milch zuletzt hinzuzufügen. Haben Sie denn eine Meinung dazu, Emily?«

»Ich fürchte, dass ich in den letzten zwanzig Jahren so oft zwischen geselligen Zeiten und solchen, in denen ich mich aus der Gesellschaft zurückgezogen habe, hin und her gewechselt habe, dass ich nicht mehr ganz auf dem Laufenden bin. Ich kann Ihnen allerdings versichern, dass die Reihenfolge einen Einfluss auf den Geschmack hat, wenn Ihnen das wichtig ist.«

Lady Bickle wirkte beeindruckt. »Tatsächlich? Das hätte ich nicht gedacht. Wie denn?«

»Wenn Sie zuerst die Milch einschenken, wird die Milch durch den hinzugefügten Tee langsam aufgewärmt, sodass man weniger Gefahr läuft, sich zu verbrühen. Außerdem nimmt sie aus Gründen, mit denen wir uns nicht aufhalten müssen, gleichmäßiger die Tannine im Tee auf. Wenn Sie hingegen die Milch zuletzt hinzufügen, wärmt sie sich rasch auf, weil sie mit einer ganzen Tasse heißem Tee in Berührung kommt, sodass man sich leichter verbrüht und es außerdem unwahrscheinlich ist, dass sie ebenso gleichmäßig mit den Tanninen reagiert. Das Ergebnis unterscheidet sich nur ganz leicht im Geschmack, aber ich kannte eine Frau, die in zehn von zehn Fällen den Unterschied herausschmecken konnte.«

»Donnerwetter«, staunte Lady Bickle. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so eine Wissenschaft ist. Aber Simeon hat mir schon verraten, dass Sie sich mit den Wissenschaften gut auskennen.«

Lady Hardcastle lachte freundlich. »Man schnappt hier und da etwas auf.«

»Nach allem, was ich gehört habe, geht es doch weit darüber hinaus. Ich hoffe wirklich, dass Sie uns helfen können.«

»Das hoffe ich auch. Bitte erzählen Sie uns doch jetzt, was Sie über den Fall Ihrer Freundin wissen.«

Während wir Sandwiches aßen (weitaus leichter verdaulich als die des alten Joe, aber nicht ganz so sättigend) und Tee tranken (wobei wir abwechselnd die Milch zuerst und zuletzt eingossen, als Teil von Lady Hardcastles improvisiertem Experiment – ich selbst war nicht in der Lage, einen Unterschied herauszuschmecken), erklärte uns Lady Bickle die Einzelheiten des Falls.

»Ich nehme an, Sie haben den Zeitungsartikel gelesen«, fing Lady Bickle an.

»Haben wir«, bestätigte Lady Hardcastle. »Er stand in der Freitagsausgabe der Bristol News

»Ganz recht. Er umreißt die Ereignisse zwar einigermaßen zutreffend, erzählt aber – wie es bei Zeitungsartikeln oft der Fall ist – nicht die ganze Geschichte. Stattdessen rückt er ziemlich erwartbar die WSPU in ein eher negatives Licht.«

»Die scheinen Sie da nicht so gern zu mögen, nicht wahr?«

»Überhaupt nicht. Überhaupt nicht.«

»Darf ich eine Frage stellen?«, warf ich ein.

»Natürlich dürfen Sie. Aus der Zeitung habe ich entnommen, dass Sie ein wichtiger Teil des Teams sind … Ach, na Donnerwetter. Im einen Atemzug ziehe ich die Verlässlichkeit der Presse in Zweifel und ziehe sie im nächsten als eine wertvolle Informationsquelle heran. Die Dinge sind eben nie so eindeutig, wie wir gerne glauben wollen, nicht wahr?« Sie machte eine kurze Pause und starrte geistesabwesend zur Decke. »Tut mir leid, Sie wollten mich etwas fragen?«

»Ja, Mylady. Ich wollte mich nur von vornherein erkundigen: Bevorzugen Sie als Bezeichnung WSPU oder Suffragetten?«

»Oh, das ist eine interessante Frage. Als dieser Kerl in der Daily Mail den Begriff vor ein paar Jahren geprägt hat, hat uns das schon ein bisschen geärgert. Ich meine, die Absicht war schließlich, uns damit herabzuwürdigen, es aussehen zu lassen, als wären wir ein Schwarm dummer Gänse, die Politik spielen wollten. Aber wissen Sie was? Inzwischen haben wir uns den Ausdruck so ziemlich zu eigen gemacht. Er unterscheidet uns von den übrigen Stimmrechtsbewegungen und verleiht uns einen etwas … jugendlicheren und … wie sagt man gleich? Dynamischeren? Ja, dynamisch, das gefällt mir. Er verleiht uns einen dynamischeren Klang, finden Sie nicht? Wir Frauen in der Bristoler Gruppe sind auf jeden Fall Suffragetten.«

»Danke. Ich wollte nur vermeiden, jemanden zu beleidigen, indem ich den falschen Ausdruck benutze.«

»Das hätte Ihnen niemand übel genommen. Wir sind froh, dass Sie eingewilligt haben, uns zu helfen. Sie willigen doch ein, oder?«

»Wir hören uns jedenfalls gern erst einmal alles an«, sagte Lady Hardcastle ausweichend.

»Aber natürlich, natürlich«, erwiderte Lady Bickle. »Ich überstürze es schon wieder, wie üblich. Wie viel wissen Sie denn über uns?«

»Eigentlich nur, was wir in der Zeitung gelesen haben. Wir waren auch bei ein paar Versammlungen, nicht wahr?«

Ich nickte.

»Sie wissen also, dass wir in letzter Zeit ein wenig Getöse veranstaltet haben. Gesittete Versammlungen abzuhalten und höfliche Briefe an Abgeordnete zu schreiben bringt einen ja nicht weiter – darum haben wir uns überhaupt erst von der allgemeinen Stimmrechtsbewegung abgespalten. Manchmal muss man eben eine kleine Szene machen. Wir sind anderen immer gern auf die Nerven gegangen, wissen Sie, haben uns verhaften lassen, so etwas in der Art. Aber das schien sie nicht weiter zu interessieren, also haben wir vor ein paar Jahren mit Sachbeschädigungen angefangen.«

»Sie haben Fensterscheiben eingeschlagen«, präzisierte ich.

»Genau das. Mehr nicht. Niemand sollte verletzt werden, das war eine eiserne Regel. Und nur Fenster sollten beschädigt werden. Eine lästige Unannehmlichkeit und ein bisschen zusätzliche Arbeit für die Glaser, aber nichts allzu Ernstes.«

»Keine Brandstiftung?«, hakte Lady Hardcastle nach.

»Ach, du liebe Güte, nein. Nichts derart Drastisches. Also, wo war ich? Ach ja. Als Mr. Asquith die Wahl angesetzt hat, hat Mrs. Pankhurst entschieden, dass die WSPU für die Dauer der Wahl sämtliche gewalttätigen Aktionen einstellen sollte. Wir wollten unsere ganze Kraft in herkömmliche Formen des Kampfs stecken, wissen Sie? Das Fenstereinschlagen und dergleichen sollte aufhören. Wenigstens vorerst. Wir waren alle der Meinung, dass das bei Weitem die beste Methode wäre, unsere Forderungen durchzusetzen, schon damit wir niemanden gegen uns aufbringen. Und daran haben wir uns auch gewissenhaft gehalten.«

»Sie haben überhaupt nichts dergleichen getan?«, hakte Lady Hardcastle nach, die sich inzwischen, wie mir auffiel, Notizen machte.

»Gar nichts«, bestätigte Lady Bickle. »Das ist also unser Ausgangspunkt. Keine der Bristoler Suffragetten hat seit dem Beginn des Wahlkampfs auch nur frustriert mit dem Fuß aufgestampft und schon gar keine Fensterscheibe zertrümmert. Und kein Mitglied der WSPU hat jemals irgendwo einen Laden in Brand gesteckt. Niemals.«

»Was ist also …«, Lady Hardcastle blätterte ein paar Seiten in ihrem Notizbuch zurück, »… Dienstagnacht passiert?«

»Nun, das ist eben genau das, was Sie für uns herausfinden sollen. Das Geschäft ist abgebrannt, und dieser arme Journalist kam dabei ums Leben, aber nichts davon hatte etwas mit uns zu tun.«

»Ihre Schriften sind in der Nähe aufgefunden worden. Ist das nicht die Art, wie Sie sich normalerweise zu einer Aktion bekennen? Verantwortung dafür übernehmen?«

»Doch, ist es«, bestätigte Lady Bickle. »Die Leute sollen ja wissen, dass wir es waren. Sie sollen erfahren, wie wütend wir sind.«

»Hinterlassen Sie neben Flugblättern auch Bekennerschreiben?«

»Manchmal. Wenn wir erklären müssen, warum wir uns ein bestimmtes Ziel ausgesucht haben.«

»Aber diese …«, Lady Hardcastle warf noch einmal einen Blick in ihr Notizbuch, »… Elizabeth Worrel ist es bestimmt nicht gewesen?«

»Lizzie Worrel. Nein.«

»Kann es nicht sein, dass sie auf eigene Faust gehandelt hat?«

»Sie ist wirklich außerordentlich loyal«, erwiderte Lady Bickle. »Niemand kann natürlich wissen, was im Kopf einer Person vorgeht, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie, selbst wenn sie den Kopf verloren und sich entschieden hätte, einen Laden abzubrennen, über dem jemand schlief, nicht uns die Schuld in die Schuhe geschoben hätte. Sie hätte die WSPU nie mit sich ins Verderben gerissen.«

»Können Sie sich vorstellen, dass sie den Kopf verloren hat?«

»Ehrlich gesagt nein.«

»Wie gut kennen Sie sie?«

»So gut, wie ich die anderen meiner Suffragetten-Kolleginnen kenne. Wir sind nicht wirklich eine Familie, aber wir halten zusammen. Wir vertrauen einander. Das müssen wir auch.«

»Hat sie ein Alibi?«, fragte ich.

»Oh, na alle Achtung«, sagte Lady Bickle. »Ein Alibi. Genau wie in den Detektivgeschichten, nicht wahr. Indizien und Alibis. Ich bin mir nicht sicher, ob sie eins hat. Sie beharrt darauf, dass sie zu Hause in Redland war, als das Feuer ausgebrochen ist, aber es gibt niemanden, der das bezeugen könnte.«

»Unschuldige Menschen haben selten Alibis parat«, warf Lady Hardcastle ein. »Gibt es irgendwelche Beweise gegen sie?«

»Soweit ich weiß, nicht. Wenigstens hat die Polizei nichts dergleichen gesagt.«

»Woher haben Sie denn Ihre Informationen?«, fragte Lady Hardcastle weiter.

»Von Lizzie selbst. Natürlich habe ich sie sofort besucht. Und ich war bei der gerichtlichen Anhörung.«

»Ich nehme an, sie hat einen Rechtsbeistand?«

»Wir haben sie mit einem ausgestattet. Es gibt in der Stadt ein paar Anwälte, die unserer Sache wohlwollend gegenüberstehen, und einer von ihnen hat sofort einem Prozessanwalt das Mandat übertragen. Leider hat ihr das nichts genutzt. Wir hatten gehofft, sie auf Kaution freizubekommen, aber wie Sie in der Zeitung gelesen haben, ist sie bis zum Beginn des Verfahrens im Gefängnis von Horfield.«

Lady Hardcastle trank noch einen Schluck Tee und überlegte kurz. Sie blätterte ihr Notizbuch durch, bevor sie wieder zu Lady Bickle aufblickte.

»Ihre Argumente dafür, warum Lizzie Worrel es nicht gewesen sein kann, klingen überzeugend«, sagte sie dann. »Die WSPU hat vorher noch nie Brandstiftung begangen und sich sowieso zu einem vorübergehenden Waffenstillstand verpflichtet. Lizzie beschreiben Sie als eine loyale Suffragette, die niemals Anweisungen missachten würde. Und Sie beharren darauf, dass sie so etwas nie eigenmächtig durchführen würde.«

»Darauf würde ich meine Juwelen verwetten«, erwiderte Lady Bickle ernst.

»Natürlich wird uns nichts davon vor einem Schwurgericht helfen. Sie könnten den Geschworenen zwar deutlich machen, warum Lizzie es nicht gewesen sein soll, aber wir müssen in der Lage sein zu zeigen, dass sie es nicht gewesen sein kann

»Das stand auch in der Stellungnahme unseres Anwalts. Ich glaube nicht, dass er ein Verfechter des allgemeinen Stimmrechts ist, aber er ist von Berufs wegen dazu verpflichtet, Lizzie zu verteidigen, und er ist sich nicht sicher, ob er sehr viel tun kann. Ohne ein solides Alibi ist es ziemlich schwierig zu beweisen, dass eine Person etwas nicht getan hat, auch wenn deren Freundinnen darauf bestehen, dass es unwahrscheinlich ist, sagt er.«

»Wohl wahr«, entgegnete Lady Hardcastle. »Wie ich es sehe, bestünde unsere Aufgabe also darin, ihre Unschuld zu beweisen, indem wir herausfinden, wer das Geschäft tatsächlich niedergebrannt und dabei Mr. Bakersfield getötet hat.«

»Brookfield, Mylady«, korrigierte ich sie reflexhaft.

»Den auch. Aber nur so können wir ihre Unschuld beweisen: indem wir den wahren Schuldigen ausfindig machen.«

»Und, werden Sie das tun?«, fragte Lady Bickle. »Ach, bitte, sagen Sie zu. Die Polizei untersucht den Fall nicht länger – sie haben ihre Brandstifterin gefasst. Ich will ja nicht zu dramatisch klingen, aber Sie sind alles, was noch zwischen Lizzie Worrel und dem Galgen steht.«

»Nun, wenn Sie es so ausdrücken«, sagte Lady Hardcastle lächelnd.

»Wir bestreiten natürlich all Ihre Unkosten. Die WSPU hat zwar nicht viel Geld, aber ich werde Sie persönlich bezahlen, wenn es nötig ist.«

Lady Hardcastle warf mir einen nach Bestätigung suchenden Blick zu. Ich nickte unmerklich, und sie sagte: »In Ordnung, wir untersuchen das für Sie. Und bitte machen Sie sich um Geld keine Sorgen. Betrachten Sie es als unseren Beitrag für die gute Sache.«

»Ach, vielen Dank«, erwiderte Lady Bickle. »Vielen herzlichen Dank. Die anderen Frauen werden sich darüber sehr freuen. Sie müssen mitkommen, damit ich sie Ihnen vorstellen kann. Haben Sie noch irgendwelche Termine? Oder können Sie mit zum Laden kommen?«

»Wir haben den ganzen restlichen Tag frei. Ist es weit?«

»Buchstäblich um die Ecke. Ich sage Williams, er soll unsere Mäntel holen.«

Dann ging sie zur Glocke neben dem Kamin und klingelte nach dem Butler.

Als Lady Bickle »buchstäblich um die Ecke« gesagt hatte, hatte ich mit einem zwanzigminütigen verschlungenen Spaziergang durch die Straßen von Clifton gerechnet, während dem ich über den Text meiner künftigen Vorlesung über den korrekten Gebrauch des Wortes »buchstäblich« sinnieren könnte.

Gut, dass ich nichts gesagt hatte.

Als wir zur Tür hinaustraten, wandten wir uns nach rechts, stiegen die Treppe hinunter und bogen dann nach links auf den Berkeley Square ab. Wir gingen an unserem kleinen Rover vorbei und weiter in die Richtung, aus der wir gekommen waren, die Queen’s Road hinunter. Hier kamen wir dann an die erste richtige Ecke. Wir bogen rechts ab. Wir kamen bei J. B. Hamilton vorbei. Vor uns konnte ich die Anmeldestelle der Great Western Railway erkennen, dann noch ein Geschäft, das einer Florence Griffiths gehörte. Was für ein fantastischer Name. Wir hielten zwischen Hamilton’s und dem Great-Western-Railroad-Büro an.

»Da wären wir«, sagte Lady Bickle fröhlich. »Nummer siebenunddreißig. Unser eigener kleiner Laden.«

Sie hatte recht. Die Auslage im Schaufenster bestand aus »Stimmrecht für Frauen«-Postern, die mit Bändern in den Farben der WSPU geschmückt waren: Grün, Weiß und Violett. An der Tür hing ein Plan, auf dem die Zeiten für die Treffen und Veranstaltungen verzeichnet waren. Das hier war ganz offenbar das Hauptquartier des Bristoler Ortsvereins der WSPU, und es lag in der Tat »buchstäblich um die Ecke«.

»Kommen Sie rein, dann stelle ich Ihnen die anderen Frauen vor«, forderte sie uns auf.

Wir folgten ihr nach drinnen.

Es war ein kleiner Laden mit einem Tresen auf der rechten Seite und einer Tür dahinter. An den Wänden standen Regale mit Broschüren, Falt- und Flugblättern. In einem Zeitungsständer steckten mehrere Exemplare der Suffragetten-Zeitung Stimmrecht für Frauen. Neben dem Tresen stand eine Schneiderpuppe im obligatorischen weißen Kleid der Organisation, verziert mit einer grün-weiß-violetten Schärpe sowie mit Ansteckern und Bändern in denselben Farben. Ein Ständer neben ihr enthielt Schals und Broschen sowie – zu meiner leichten Verblüffung – eine kleine Notiz, auf der stand, dass man am Tresen nach Strumpfbändern und Unterwäsche fragen solle.

Die Frau hinter dem Tresen blickte auf, als wir eintraten, und kam dann dahinter hervor, um uns zu begrüßen. Sie war ganz in Weiß gekleidet, ein wenig älter und deutlich weniger beängstigend gut aussehend als Lady Bickle. Erfreut stellte ich außerdem fest, dass sie von deutlich vernünftigerer Körpergröße war. Allerdings hatte ihr Erscheinungsbild etwas Fades an sich, sodass es einem schwerfiel, sie überhaupt zu bemerken, als ob der Blick die ganze Zeit an ihr abglitte, um sich stattdessen auf etwas Interessanteres zu richten. Sie war wie zu einer Demonstration der Suffragetten gekleidet. Sogar ihre Schuhe waren weiß und reich verziert mit einem hübschen Blumenmuster. Sie waren wirklich chic und bei Weitem das Interessanteste an ihr.

Sie lächelte uns flüchtig an.

»Georgie!«, rief sie. »Wir haben uns schon gefragt, wann du vorbeikommen würdest. Sind sie das?«

»Das sind sie, ja«, bestätigte Lady Bickle. »Lady Hardcastle, darf ich Ihnen Miss Beatrice Challenger vorstellen, Betreiberin unseres bescheidenen Geschäfts und ein ganz und gar famoses Mädchen. Beattie, das hier ist Emily, Lady Hardcastle.«

»Sehr erfreut«, sagten beide gleichzeitig.

»Und bitte, Miss Armstrong … Ach, zum Kuckuck, das ist doch alles nur albern und förmlich. Florence Armstrong, Beattie Challenger. Miss Armstrong ist Lady Hardcastles Kammerzofe und rechte Hand.«

Wir beteuerten gleichzeitig, wie entzückt wir seien.

»Wo ist denn Marisol?«, fragte Lady Bickle.

»Oben, wo sie die Aktenschränke anschreit«, entgegnete Miss Challenger.

»Marisol Rojas ist unser chilenischer Hitzkopf«, erklärte Lady Bickle. »Jedes Unternehmen braucht so jemanden. Sie ist erschreckend gut organisiert und eine absolute Alleskönnerin, wenn es um Papierkram geht, aber sie hat die kürzeste Lunte von sämtlichen Menschen, denen ich jemals begegnet bin. Eigentlich ist sie ein Schatz, aber sie scheint die ganze Welt und alles darin frustrierend zu finden. Kommen Sie mit rauf, dann stelle ich sie Ihnen vor.«

Sie drehte sich um und führte uns durch die Tür hinter dem Tresen, doch als sie nach dem Türknauf greifen wollte, wurde er ihr aus der Hand gerissen. Eine dunkelhaarige Frau mit dunkler Haut und wütendem Blick stand in der Tür. Als sie uns alle erblickte, hellte ihr Gesicht sich auf.

»Oh, tut mir leid«, sagte sie mit einem starken spanischen Akzent. »Ich wusste nicht, dass wir Gäste haben.«

»Bitte, machen Sie sich wegen uns keine Umstände«, erwiderte Lady Hardcastle auf Spanisch. »Wir sind alle Freundinnen. Wir sind hier, um dabei zu helfen, Lizzie Worrels Unschuld zu beweisen.«

»Ah«, sagte der kleine Neuankömmling und fuhr dann in seiner Muttersprache fort: »Sie müssen Lady Hardcastle sein. Georgie hat uns erzählt, dass sie Sie um Hilfe bitten wollte. Ich bin Marisol Rojas. Danke fürs Kommen. Das arme Ding braucht sämtliche Hilfe, die es kriegen kann.«

»Ich kann zwar nichts versprechen, aber wir geben unser Bestes.«

»Ihr Spanisch ist ausgezeichnet«, lobte Marisol.

»Man tut, was man kann«, erwiderte Lady Hardcastle nun wieder auf Englisch.

»Wir werden auf euch beide aufpassen müssen, wenn ihr den ganzen Tag auf Ausländisch quasselt«, sagte Miss Challenger.

Lady Hardcastle runzelte die Stirn, sagte aber nichts.

»Ich bin beeindruckt«, schaltete Lady Bickle sich ein. »Mein Französisch ist ganz passabel, aber ich hatte nie die Gelegenheit, weitere Fremdsprachen zu lernen. Sprechen Sie denn noch andere Sprachen?«

»Eine oder zwei«, erwiderte Lady Hardcastle. »Das gehört gewissermaßen dazu, wenn man die Gattin eines Diplomaten ist.«

»Ich wette, Sie sind einfach bescheiden. Habe ich recht, Miss Armstrong?«

»Ein bisschen«, entgegnete ich. »Meines Wissens kann sie sich ganz ordentlich auf Französisch, Spanisch, Deutsch, Italienisch, Mandarin, Hindi … und Latein unterhalten.«

»Und auf Altgriechisch«, fügte Lady Hardcastle hinzu.

»Das hatte ich ganz vergessen.«

»Und Shanghai-Chinesisch.«

»Ach ja, das auch noch«, stimmte ich zu. »Sie kommen auch in Ungarisch und Serbokroatisch einigermaßen zurecht.«

»Ein bisschen Russisch habe ich auch aufgeschnappt, als wir in Moskau waren.«

»Sie ist stärker, als sie aussieht«, schloss ich.

Miss Challenger und Señorita Rojas blickten uns nur verständnislos an, aber Lady Bickle kicherte.

»Sehr komisch«, sagte sie. »Aber ich bin sogar noch beeindruckter als zuvor. Das ist eine ziemliche Liste.«

»Lassen Sie Armstrong nicht so einfach davonkommen«, warf Lady Hardcastle ein. »Sie verfügt über eine ebenso beeindruckende Liste und kann außerdem noch Walisisch sprechen. Wenigstens glaube ich das. Vielleicht räuspert sie sich auch nur.«

Über diese Verunglimpfung der Muttersprache meiner Mutter beschwerte ich mich unflätig auf Walisisch.

»Sehen Sie, was ich meine?«, sagte Lady Hardcastle. »Entweder hat sie gerade etwas furchtbar Unhöfliches gesagt, oder sie hat eine leichte Bronchitis. Ich würde auf unhöflich tippen, aber man kann sich da nie sicher sein.«

»Sie kennen mich einfach zu gut«, antwortete ich.

Miss Challenger sah dem Geplänkel missbilligend zu.

»Darf ich aus Ihrem Besuch schließen, dass Sie eingewilligt haben, uns zu helfen, Mylady?«, fragte sie dann.

»Wir haben jedenfalls eingewilligt, es zu versuchen«, erwiderte Lady Hardcastle. »Ich fürchte, dass unser Vermögen als Schnüfflerinnen von der Presse ein wenig übertrieben dargestellt worden sein könnte, aber wir tun unser Bestes, oder, Armstrong?«

»Das tun wir«, pflichtete ich ihr bei. »Arbeitet Miss Worrel denn auch hier im Laden?«

»Ja«, erwiderte Miss Challenger. »Wir haben sechs Tage die Woche geöffnet – natürlich schließen wir Mittwoch den halben Tag. Wir versuchen sicherzustellen, dass immer jeweils zwei von uns hier sind, sodass Lizzie, Marisol und ich den Laden öffnen können und dabei immer noch genug Zeit für andere Angelegenheiten rund um die Women’s Social and Political Union bleibt.«

»Viel Arbeit, wo Miss Worrel jetzt weg ist«, vermutete Lady Hardcastle. »Kann denn eines der anderen Mitglieder aushelfen?«

»Das ist das Problem mit einer Freiwilligenorganisation wie der unseren«, erklärte Lady Bickle. »Fast jede von uns hat noch andere Verpflichtungen. Bis jetzt hatten wir ziemliches Glück, dass wir vier so viel Zeit übrig hatten. Ich lege natürlich immer ein paar zusätzliche Stunden ein, wenn ich kann. Ein oder zwei langweilige Komitees kommen in der Zwischenzeit auch ohne mich aus, und bei Lady Hoopers Bridge-Runde am Dienstagnachmittag fehle ich vielleicht mal schmerzlich, aber manche Dinge sind eben wichtiger. Und was wir hier tun, gehört zu diesen Dingen.«

»Meinen Sie, Sie können sie uns zurückbringen?«, fragte Miss Challenger.

»Ich kann wirklich noch keine Versprechungen machen«, antwortete Lady Hardcastle. »Aber wir haben einen guten Freund bei der Kriminalpolizei von Bristol. Inspektor Sunderland sollte uns ein bisschen helfen können.«

»Ich würde dafür Lizzies Leben nicht riskieren«, entgegnete Miss Challenger. »Die Polizei hat sämtliche Beweise, die sie braucht, und sie haben uns dort ohne Umschweife gesagt, dass sie kein Personal darauf verschwenden werden, nach einem anderen Täter zu suchen.«

»Vielleicht«, erwiderte Lady Hardcastle. »Aber fragen schadet ja nicht. Er ist etwas weniger engstirnig als der durchschnittliche Polizist. Außerdem haben wir einen Kontakt bei den Bristol News

»Haben wir?«, fragte ich. »Sie meinen doch nicht etwa …?«

»Dinah Caudle, doch.« Dann wandte sie sich an die anderen. »Wir haben bei der ganzen Angelegenheit mit der Filmvorführung im letzten Jahr eine ziemlich unverfrorene Journalistin kennengelernt. Es wäre gelogen zu behaupten, dass wir befreundet sind …«

Bei diesen Worten zog ich die Augenbrauen hoch – ich hätte gelogen, wenn ich behauptet hätte, dass ich Dinah Caudle nicht am liebsten eine runterhauen würde.

»… aber ich denke, sie ist die Art von ehrgeiziger junger Frau, die die Chance ergreifen würde, eine große ›Die Polizei hat sich getäuscht, aber die Bristol News haben die Wahrheit herausgefunden‹-Geschichte an die Öffentlichkeit zu bringen. Wir müssen es nur geschickt anstellen.«

»Nun, wir sind sehr dankbar für alles, was Sie unternehmen können«, sagte Lady Bickle. »Möchten Sie vielleicht noch eine Tasse Tee?«

»Danke«, antwortete Lady Hardcastle, »aber ich glaube, ich würde lieber gleich loslegen. Das Eisen schmieden, solange es heiß ist, und so weiter. Jeder Tag, den die arme Lizzie Worrel im Gefängnis verbringen muss, ist doch ein verlorener Tag ihres kostbaren Lebens. Gibt es im Laden zufällig ein Telefon? Wenn Sie mir erlauben würden, Inspektor Sunderland anzurufen, können wir uns vielleicht gleich mit ihm treffen.«

Lady Bickle führte Lady Hardcastle durch die geheimnisvolle Tür. Ich lächelte Miss Challenger an und fragte sie nach der »Unterwäsche«.