Niemand kam ihr zu Hilfe.
Ganz im Gegenteil. Im vollen, lauten Las Vegas fiel ein brüllendes Kind keinem auf.
Der Mann in den schwarzen Klamotten, der sein Gesicht hinter einer Sonnenbrille und unter einer Baseballkappe verbarg, lächelte.
Da näherten sich Schritte. Jemand rannte auf sie zu. Es waren Poppis Freunde.
„Ich habe richtig gehört. Auf meine Ohren ist Verlass!“, stellte Dominik zufrieden fest.
„Poppi, wir kommen!“, rief Lilo.
Sie versetzten dem Mann zwei schmerzhafte Tritte gegen das Schienbein. Axel kniff ihn kräftig in den Arm, woraufhin dieser Poppi losließ. Die Knickerbocker packten das jüngste Mitglied der Bande und zogen es fort.
„Schnell weg! Der ist gefährlich. Ich hätte nie gedacht, dass er so durchdreht!“, keuchte Lilo.
Sie rannten durch den Park, um im Gewühl des Smaragdpalastes unterzutauchen. Zwischen den vielen Spielautomaten konnten sie bestimmt verschwinden. Der Mann in der dunklen Jacke folgte ihnen. Er rief etwas, das sie aber im allgemeinen Lärm nicht verstehen konnten.
„Ist er das?“, rief Axel Lilo im Laufen zu.
Seine Freundin hatte plötzlich große Zweifel.
Nein, Lilo hatte sich geirrt.
Das wurde ihr jetzt klar. Sie war der Meinung gewesen, dass Winni in Wirklichkeit ein Gauner war. Der Brief im Wagen war nämlich an ihn adressiert gewesen.
Sein Vater hatte ihm geschrieben und ihn gebeten, schnellstens zu kommen. Er müsste ihm etwas Wichtiges anvertrauen und fürchtete, dass dazu nur noch wenig Zeit bliebe. Seine Krankheit hätte sich in den vergangenen Wochen verschlimmert, und er hätte nur noch wenige Tage zu leben.
Niemand anderer als Winni war also Axel in der Nacht entgegengekommen. Er hatte den Knickerbocker bestimmt gesehen.
Doch der Mann in der dunklen Kleidung wirkte nicht wie Winni. Wer aber war es dann?
Der Verfolger ließ sich nicht abschütteln und blieb der Bande dicht auf den Fersen.
„Mir nach!“, kommandierte Dominik. Die Rennerei war nicht seine Sache. Er war ganz außer Atem und schwitzte schrecklich. Er riss eine Metalltür auf. Einige munter schwatzende Leute kamen ihm entgegen. Sie grüßten ihn und er grüßte zurück.
„Wohin gehst du?“, wollte Lilo wissen. Der Typ in den dunklen Kleidern rückte näher.
„Frag nicht!“, keuchte Dominik.
Sie liefen einen langen Betongang entlang, und Dominik öffnete die nächste Tür. Der Unbekannte folgte ihnen.
Sie standen vor einem hohen Gerüst aus Metallstangen. Mehrere Leitern führten hinauf.
„Was soll das?“, brüllte Lilo.
Dominik gab keine Erklärung ab, sondern kletterte voran. „Dicht bei mir bleiben!“, rief er über die Schulter.
Ihr Verfolger gab noch immer nicht auf. Er hetzte ihnen weiter nach.
Die vier hatten das Ende des Gerüsts erreicht und bemerkten verwundert, dass sie auf einem Berg standen. Vor ihnen lag ein sanfter Abhang, der irgendwo in der Dunkelheit endete. Wenige Lichter beleuchteten den Hügel.
Dominik lief weiter, die anderen folgten ihm.
„Hier stehen bleiben, nicht bewegen!“, kommandierte Dominik und verschwand.
Der Mann in den dunklen Kleidern grinste. Mit schnellen Schritten kam er auf die drei Knickerbocker zu.
„Dominik, was soll das?“, rief Lilo.
Keine Antwort. Ihr Freund war verschwunden.
Der Typ mit der Sonnenbrille streckte die Hände nach den drei Junior-Detektiven aus.
„Dominik!!!! Der hat uns gleich!“, kreischte Poppi.
Noch immer keine Antwort.
Der Mann war nur noch drei Schritte entfernt. Axel, Lilo und Poppi wichen ängstlich zurück.
Plötzlich zuckte ein greller Blitz auf. Der Mann stieß einen erschrockenen Schrei aus und war plötzlich verschwunden.
Im Boden klaffte eine Falltür, die ihn offensichtlich geschluckt hatte.
Sekunden später wurde er am Fuß des Berges mit einem Feuerball in die Höhe geschleudert. Er landete hart auf dem Boden und blieb auf dem Rücken liegen.
Dominik kam hinter einem Baum aus Pappe hervor und rieb sich die Hände: „Los, nehmt ihm die Brille und die Kappe ab. Schnell!“
Er hatte ihren Verfolger auf den Zaubertrick gelockt und diesen ausgelöst.
Lilo stürzte sich auf den geschockten Mann und riss ihm Brille und Kappe vom Kopf.