4.11    Der endlose Streit um die Bildersuche von Google

Seit Jahren befassen sich die Gerichte in Deutschland mit der Frage, ob die Bildersuchfunktion von Google rechtmäßig ist oder einen Verstoß gegen das Urheberrecht der jeweiligen Inhaber der Bildrechte darstellt. Die Rechtslage ist kompliziert und auch nach Jahren noch nicht endgültig geklärt.

4.11.1    Erstes Urteil zu den Vorschaubildern in der Bildersuche

Zunächst hatte sich der BGH im Jahr 2010 mit der Frage zu befassen, ob Google rechtswidrig handle und deswegen in Anspruch genommen werden könne, weil in der Google-Suchmaschine Vorschaubilder (sogenannte Thumbnails) von urheberrechtlich geschützten Werken gezeigt würden (Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 69/08).

[zB]  Eine Künstlerin hatte dagegen geklagt, dass bei Eingabe ihres Namens in der Google-Suchmaschine eine Abbildung ihrer Kunstwerke als Vorschaubild angezeigt wurde. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass dies nicht rechtswidrig sei. Begründet wurde das damit, dass zwar die Darstellung der Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuche einen Eingriff in das Urheberrecht darstelle (§ 19a UrhG – Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, siehe Kapitel 1, »Urheberrecht«), dass jedoch Google, indem die Klägerin den Inhalt ihrer Website für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht habe, davon ausgehen durfte, dass die Klägerin damit einverstanden gewesen sei, dass ihre Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine gezeigt würden. Anderenfalls hätte die Klägerin die Möglichkeit nutzen können, die Abbildungen ihrer Werke durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.

4.11.2    Zweites Urteil zu den Vorschaubildern in der Bildersuche

In einem zweiten Urteil vom 19.10.2011 (I ZR 140/10) hat der BGH seinen Rechtsstandpunkt nochmals bestätigt und nahm ebenfalls eine Einwilligung des Urhebers an, durch die ein Urheberrechtsverstoß nicht gegeben sei.

Zwar war der Sachverhalt insoweit anders, als das Bild nicht durch den Kläger selbst, sondern durch andere Website-Betreiber eingestellt worden war, ohne dass der Urheber hierin eingewilligt hatte. Insoweit verwies der BGH jedoch darauf, dass dem Urheber rechtliche Möglichkeiten zustünden, gegen den Website-Betreiber vorzugehen, der das Bild ohne Einwilligung des Urhebers ins Netz gestellt hatte.

4.11.3    Neue Bildersuchfunktion

2013 wurde eine neue Bildersuchfunktion von Google eingeführt, zunächst allerdings nur in den USA. Die neue Bilderseite ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur sogenannte Thumbnails mit geringer Auflösung, sondern Bilder mit hoher Auflösung gezeigt werden und man nicht mehr durch Klick auf das Vorschaubild über die Quellseite gehen muss, um die Bilder im Großformat anschauen zu können. Allerdings war diese Funktion in Deutschland zunächst nur auf mobilen Endgeräten nutzbar und auch nur begrenzt verfügbar.

Hiergegen erhob der Fotografenverband Freelens im Jahr 2013 Klage beim LG Hamburg, das nach mehrjährigem Prozess im August 2016 sein Urteil fällte (Urteil vom 03.08.2016 – 308 O 96/13). Nach Auffassung von Freelens hat Google mit der neuen Bildersuche den vom BGH eingeräumten Spielraum überschritten. Denn neben der Größe der Bilder käme es auf die Präsentation an, und die neue Bildersuche führe dazu, dass man nun über die Thumbnails nicht mehr die Originalseiten aufrufen muss, sondern die Bilder direkt anklicken könne, die damit nicht mehr im Kontext zu Texten und Bildunterschriften stünden, was die Urheberrechte der jeweiligen Fotografen verletze. Damit – so der Vorsitzende von Freelens, Roland Geisheimer – würde Google die Fotografen dreist zu reinen Content-Lieferanten degradieren, wodurch Googles Bildersuche eine Missachtung der Autorenrechte darstelle.

Das Landgericht Hamburg, das sich allein mit der Nutzung der Bildersuche auf mobilen Endgeräten befasst hat, hat schließlich entschieden, dass die mobile Bildersuchmaschine von Google nicht gegen das deutsche Urheberrecht verstoße. Außerdem stellte das LG fest, dass allein die Änderung der Bildgröße für die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliege, nicht zur Beurteilung ausreiche und die Auflösung auf mobilen Endgeräten im Gegensatz zu der Darstellung auf einem normalen Computermonitor vergleichsweise gering sei.

4.11.4    Neue Bildersuchfunktion jetzt auch in Deutschland

Seit Anfang Februar 2017 ist die neue Bildersuche mit den Bildern in hoher Auflösung auch in Deutschland ohne Einschränkung verfügbar. Daraufhin hat Freelens mit Unterstützung mehrerer anderer Fotoverbände Google zunächst angeschrieben und zu einer Rückkehr zu den Vorschaubildern aufgefordert. Nachdem Google hierauf nicht reagiert hat, wurde am 24.03.2017 von Freelens eine weitere Klage gegen Google vor dem Landgericht Hamburg erhoben, und zwar im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten, wie bereits in der im Jahr 2013 erhobenen Klage.

In einer im Internet veröffentlichten Pressemitteilung des Fotoverbandes Freelens vom 29.03.2017 (unter www.sportjournalist.de/VDS-Nachrichten/Meldungen/;2147-Klage_gegen_Google, abgerufen am 05.05.2017) heißt es hierzu u. a.:

»(…) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es maximal zulässig, im Internet auffindbare Fotos durch Suchmaschinen in Thumbnailgröße zu zeigen, wenn beim Anklicken eines Fotos auf die Website weitergeleitet wird, auf der das Originalfoto veröffentlicht ist.

Diese Vorgaben werden durch Google nicht eingehalten. Vielmehr werden Aufnahmen beim Anklicken in großer Auflösung gezeigt, ohne direkt auf die Ursprungswebsite weiterzuleiten. Außerdem bietet Google dem Nutzer die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Pfeilen, ähnlich einer Slideshow, durch alle gefundenen Bilder zu klicken. Die Aufnahmen des Fotografen werden nicht mehr vorrangig zum Auffinden der Quelle und des Urhebers, sondern ohne seine Genehmigung zur Veröffentlichung und Präsentation im Internet genutzt.

(…)«

Unter Berufung auf seinen Justitiar spricht Freelens in der Erklärung weiter von einer Kollision mit der Schutzfunktion des deutschen Urheberrechts und der dazu ergangenen aktuellen Rechtsprechung. Freelens geht deshalb davon aus, dass diese Art von Fotonutzung durch Google von den zuständigen Gerichten untersagt werden wird.

Dieser erneute Rechtsstreit bezüglich der Bildersuche von Google dürfte sich wohl wiederum längere Zeit hinziehen und mit großer Wahrscheinlichkeit letztinstanzlich erneut vom BGH entschieden werden, der sich mit der Frage der hochauflösenden Bilder in der Bildersuche bislang noch nicht zu beschäftigen hatte. Das Ergebnis bleibt abzuwarten und soll hier nicht prognostiziert werden, wenngleich es sicherlich gute Argumente dafür gibt, letztlich der Argumentation von Freelens zu folgen.