8.4 Künstlersozialkasse (KSK)
Seit 1983 sind die selbstständigen Künstler und Publizisten durch die Künstlersozialkasse (KSK) mit Sitz in Wilhelmshaven in den Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung einbezogen. Rechtsgrundlage ist das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG, nachzulesen unter www.gesetze-im-internet.de/ksvg). Ähnlich wie Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis zahlen Künstler die Hälfte der Beiträge selbst in die KSK ein, die andere Hälfte wird durch einen Zuschuss des Bundes und durch die Abgaben finanziert, die grundsätzlich derjenige zu zahlen hat, der künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch nimmt oder verwertet (sogenannte Verwerterabgabe).
In der KSK versichert sind sowohl zum Beispiel bei Verlagen oder Werbeagenturen angestellte Künstler und Publizisten als auch selbstständige Künstler und Publizisten, nicht jedoch gewerblich tätige Fotografen. Das KSVG definiert in § 2 den Künstler als denjenigen, der Musik, darstellende Kunst oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist nach dieser Vorschrift, wer Schriftsteller oder Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.
Seit einem Urteil des Bundessozialgerichts – BSG (Urteil vom 04.03.2004 – B 33 KR 17/03 R) ist allerdings der Werbefotograf grundsätzlich als Künstler anzusehen und damit Pflichtmitglied in der KSK, ohne Rücksicht darauf, dass er vorwiegend gewerblich tätig ist.
Die KSK ist eine Pflichtversicherung und hat die Aufgabe, für eine soziale Absicherung bei Krankheit und Pflegefall sowie für eine spätere Rente ihrer Versicherten aufzukommen. Sie entspricht damit der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung eines normalen Arbeitnehmers. Die Höhe der Beiträge ist abhängig von der Höhe der Einkünfte und den Unterhaltspflichten des Künstlers. Dabei wird aufgrund der unterschiedlichen monatlichen Einkünfte bei Künstlern das Jahreseinkommen zugrunde gelegt. Das Jahreseinkommen, das vom Fotografen an die KSK gemeldet werden muss, ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen künstlerischen Tätigkeit, also die Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, wie sich aus § 15 SGB IV in Verbindung mit § 4 Abs. 3 EStG ergibt. Den Wortlaut des Sozialgesetzbuches IV finden Sie im Internet unter www.gesetze-im-internet.de/sgb_4. (Seit 2007 ist die Deutsche Rentenversicherung für die Überwachung der Beitragszahlungen an die KSK zuständig.)
Nähere Auskunft über die Beitragshöhe können Sie der Website der KSK (www.kuenstlersozialkasse.de) entnehmen. Von dort können Sie auch die Anmeldevordrucke für die KSK herunterladen.
[ ! ] Pflichtmitglied in der KSK
Der künstlerisch tätige, selbstständige Fotograf ist Pflichtmitglied in der KSK. Der Werbefotograf ist ungeachtet der weiteren Ausgestaltung seiner Tätigkeit in jedem Fall ebenfalls Pflichtmitglied in der KSK.
Wie bereits angesprochen, muss jeder, der einen Fotografen beauftragt und/oder die Fotografien verwertet, zusätzlich zu dem an den Fotografen zu zahlenden Honorar eine Verwerterabgabe an die KSK entrichten, die sich im Jahr 2017 auf 4,8 % der Entgelte beläuft, die an den Fotografen gezahlt wurden. Bis zum 31.03. eines jeden Jahres muss der KSK auf einem Meldebogen mitgeteilt werden, welche Entgelte im vorangegangenen Kalenderjahr an selbstständige Künstler gezahlt wurden.
Als abgabepflichtige Unternehmen werden in § 24 KSVG insbesondere Verlage, Presseagenturen, Theater- und Konzertdirektionen, Rundfunk und Fernsehen, Hersteller von bespielten Bild- und Tonträgern, Galerien, Kunsthandel, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte genannt. Dies ist jedoch nur eine beispielhafte Aufzählung von Unternehmen, die typischerweise künstlerische Leistungen verwerten. Grundsätzlich zählen alle Unternehmen dazu, die durch Einsatz ihrer Organisation, besonderer Strukturen oder speziellen »Know-hows« den Absatz künstlerischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen. Aber auch Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben, gehören gemäß § 24 Abs. 2 KSVG zum Kreis der Abgabepflichtigen, sofern sie regelmäßig Aufträge an selbstständige Fotografen erteilen.
Im Künstlerkatalog der KSK findet man aus dem fotografischen Sektor u. a. folgende Berufe: Bildjournalist, Filmbildner, Filmemacher, Fotodesigner, Fotograf (künstlerisch) und Werbefotograf.
Der ausschließlich gewerblich und nicht künstlerisch tätige Fotograf muss sich im Prinzip nicht bei der KSK anmelden. Es empfiehlt sich jedoch unbedingt, sich zunächst bei der KSK anzumelden, insbesondere dann, wenn man sich nicht ausschließlich gewerblich, sondern auch künstlerisch betätigt, was bei Fotografen keine Seltenheit sein dürfte. Denn die Grenzen zwischen gewerblicher und künstlerischer Tätigkeit sind in der Praxis häufig fließend, im Streitfall muss durch Gutachter entschieden werden, ob eine Versicherungspflicht in der KSK gegeben ist oder nicht.
Die große Gefahr besteht darin, dass Sie zu Nachzahlungen unter Umständen für mehrere Jahre herangezogen werden, wenn Sie sich nicht bei der KSK angemeldet haben, später jedoch festgestellt wird, dass Sie sich hätten anmelden müssen. Da der hälftige Beitrag, der quasi dem Arbeitgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, erst ab der Anmeldung bei der KSK gezahlt wird, hat eine fehlende oder verspätete Anmeldung gleichzeitig zur Folge, dass Sie nicht nur die hälftigen, sondern die vollen Beiträge nachentrichten müssen. Je nachdem, für welchen Zeitraum die Nachentrichtung der Beiträge zu erfolgen hat, kann leicht ein Jahreseinkommen oder mehr zusammenkommen, wenn man bedenkt, dass Sie als Fotograf in solchen Fällen pro Jahr knapp 20 % Ihres Jahresgewinns nachzahlen müssen.
[+] Unbedingt immer bei der KSK anmelden
Als selbstständiger Fotograf sollten Sie sich mit Aufnahme Ihrer Tätigkeit unbedingt zunächst bei der KSK anmelden und von der KSK eine Entscheidung darüber einholen, ob Sie dort pflichtversichert sind oder nicht. Melden Sie sich nicht an, können Sie Jahre später sehr leicht in die Situation geraten, für mehrere Jahre den vollen Beitrag zur KSK nachentrichten zu müssen. Werden Sie dann zur Nachzahlung herangezogen, gibt es für Sie keine Möglichkeit, dieser Zahlungsverpflichtung zu entgehen, günstigstenfalls können Sie eine Ratenzahlung erreichen.
Im Künstlerkatalog der KSK findet man neben den soeben genannten fotografischen Berufen auch den Visagisten. Dass auch der Visagist unter die Künstler fällt, wurde vom Bundessozialgericht im Jahr 2005 mit der Begründung entschieden, dass die damalige Klägerin, eine Visagistin, durch ihre Arbeit zum Gelingen des Fotoshootings (es ging um eine Werbeaufnahme) in entscheidender Weise beigetragen und durch ihre Arbeit das Kunstwerk maßgeblich mitgestaltet habe. Ohne ihre Mitwirkung könne der Fotograf das Objekt nicht so vorteilhaft in Szene setzen. Deshalb sei die Visagistin – wie der Werbefotograf – als Künstlerin gemäß § 2 KSVG anzusehen (Urteil vom 12.05.2005 – B 3 KR 39/04 R).
[ ! ] Visagisten sind Künstler
Die Rechtsprechung sieht Visagisten als Künstler an, da sie am Gelingen einer Aufnahme entscheidenden Anteil haben und einen eigenen künstlerischen Beitrag leisten. Sie unterliegen deshalb der Künstlersozialversicherung.
Damit ist deutlich geworden, dass auch der Fotograf, der einen Visagisten oder eine Visagistin engagiert, seinerseits Abgaben an die KSK in Höhe von derzeit 3,9 % des Entgeltes abführen muss, was – wie Sie gesehen haben – zusammen mit dem Zuschuss des Bundes gewissermaßen der Arbeitgeberanteil für die Visagistin ist. Diese Kosten muss er berücksichtigen, wenn er sein Honorar kalkuliert. Ob das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung in den nächsten Jahren weiter ausweitet und auch andere Personen, mit denen der Fotograf regelmäßig arbeitet, insbesondere Models, Beleuchtungsassistenten und ähnliche Berufe, als Künstler einstuft, bleibt abzuwarten, ist aber wohl eher nicht zu befürchten, da die KSK bestrebt ist, den Kreis der Pflichtversicherten möglichst klein zu halten. Auch die erwähnte Visagistin hat sich von sich aus in die KSK »eingeklagt«, weshalb es nicht zutreffend ist, wie man gelegentlich lesen kann, dass die KSK wegen knapper Kassen darum bemüht ist, möglichst viele Berufe in den Kreis der Pflichtversicherten einzubeziehen. Das Gegenteil ist der Fall.