3.3    Bewegen in der Shell

Wir haben die Shell bereits als wichtigen Bestandteil der Unix-Philosophie vorgestellt und sind auch in den Beispielen bisher auf Befehle eingegangen. Im Folgenden wollen wir, um den Anspruch dieses Kapitels zu erfüllen, kurz die Grundlagen des Arbeitens in der Shell vorstellen. In Ihrer grafischen Oberfläche können Sie eine Shell bspw. über Programme wie iTerm oder Terminal starten.

3.3.1    Der Prompt

Die Eingabeaufforderung der Shell besteht nicht nur aus einem blinkenden Cursor für die Eingabe, sondern auch noch aus dem Prompt. Dieser gibt meist den Kontext der Arbeit durch die Anzeige des Rechner- und Benutzernamens sowie des Arbeitsverzeichnisses wieder. Allerdings kann jeder Benutzer seinen Prompt auch personalisieren und sogar farbig gestalten.

$
user@host$
user@host:/home/user$
#
/root#

Listing 3.5     Beispielprompts

Dass Informationen wie der Rechner- und Benutzername angezeigt werden, hilft vor allem beim Arbeiten auf verschiedenen Rechnern im Netzwerk. Das Arbeitsverzeichnis hilft dabei, den Ausgangspunkt relativer Pfade zu bestimmen.

3.3.2    Absolute und relative Pfade

Unix-Systeme kennen keine Laufwerke und sprechen alle Speichermedien über den VFS-Layer und einen Verzeichnisbaum an. So ergeben sich zwei verschiedene Arten, Dateien und Verzeichnisse zu referenzieren.

Bei der Angabe eines absoluten Pfades wird der Dateiname immer von der Wurzel / des Dateisystems aus angegeben.

Dies kann jedoch zu recht langen Eingaben und redundanten Angaben führen, falls ein Benutzer bzw. eine Benutzerin hauptsächlich in einem bestimmten Verzeichnis arbeitet. Daher besitzt jeder Prozess – und damit natürlich auch jede Shell – mit dem aktuellen Arbeitsverzeichnis einen Kontext. Von diesem Verzeichnis aus kann man Verzeichnis- oder Dateinamen auch relativ angeben.

Erst so wird es möglich, zum Beispiel einen Texteditor mit text.txt als Argument aufzurufen, anstatt sich über den Pfad /home/user/text.txt auf die Datei zu beziehen.

Ein relativer Pfad beginnt nicht mit der Wurzel des Dateisystems, sondern wird relativ zum aktuellen Arbeitsverzeichnis des Prozesses interpretiert, indem das Arbeitsverzeichnis implizit vor den relativen Pfad gesetzt und das Ergebnis schließlich als absoluter Pfad gelesen wird.

3.3.3    pwd

Sollte der Prompt einer Shell einmal weniger aussagekräftig sein, so können Sie sich das Arbeitsverzeichnis auch mit dem pwd-Befehl anzeigen lassen. Die Abkürzung steht für print working directory.

$ pwd
/home/jploetner

Listing 3.6     Arbeitsverzeichnis mit pwd ausgeben

Ein neuer Prozess entsteht unter Unix stets als Kopie eines bereits bestehenden Prozesses. Als Kopie erbt er alle Eigenschaften wie eben auch das Arbeitsverzeichnis.

3.3.4    cd

Natürlich kann das Arbeitsverzeichnis der Shell auch durch einen bestimmten Befehl gewechselt werden. Der cd-Befehl ist die Abkürzung für change directory und erwartet eine Pfadangabe als Argument. Diese kann selbstverständlich wieder relativ oder absolut gemacht werden, wobei man zwei Spezialfälle relativer Pfade unterscheidet:

Am Beispiel von cd kann man auch sehr gut sehen, dass Shellbefehle in der Regel im Erfolgsfall keine Meldung ausgeben. Das Kommando erledigt nur seine Aufgabe, und wenn diese zur Zufriedenheit des Benutzers bzw. der Benutzerin ausgeführt werden konnte, muss es dies nicht extra kundtun. Etwas anderes gilt natürlich im Fehlerfall, also wenn man beispielsweise mit cd in ein nicht existierendes Verzeichnis wechseln will:

$ cd swendzel
-bash: cd: swendzel: No such file or directory

Listing 3.9     Ein fehlgeschlagener cd-Aufruf

Was dieses -bash in der obigen Ausgabe bedeutet, erläutern wir in Kapitel 4, wo wir den Unterschied zwischen Programmen und Shell-Builtins erklären.