8.

Als Gustav endlich nach Hause fand, war Gerlinde verschwunden. Auf dem Küchentisch lag ein Notizzettel: »Lieber Gustav, ich bin vorausgefahren. Bis bald? Deine Gerlinde.«

Gustav war wie vor den Kopf geschlagen. Er durchsuchte das Haus nach einer ausführlicheren Nachricht, einem Indiz oder einem Beweis. Tatsächlich waren zwei Koffer verschwunden, der halbe Kleiderschrank war leer, den Schmuck hatte sie auch mitgenommen.

Gustav ging zur Bar und goss sich einen Cognac ein. »Verdammt!«, schrie er. Er schleuderte das Glas gegen die Scheibe, die den Salon vom Garten trennte. Die Scheibe hielt stand, das Glas zersplitterte, der Cognac rann von der Scheibe auf den Teppich. »Das ist eine Gemeinheit!«, tobte Gustav. Er meinte nicht Gerlindes Verhalten, sondern die Tatsache, dass ihm dieses Verhalten ausgerechnet jetzt begegnete, wo er sich besonders großartig fühlte. Und er meinte den Widerstand der Scheibe, die ihm zeigte, wie leicht ein Gefühl der Großartigkeit zu vernichten war. Eine schöne Weile lang war ihm weinerlich zumute.

Dann durchsuchte er noch einmal die ganze Wohnung nach einem Hinweis, wo sich Gerlinde aufhalten könnte. Er fand nichts, und weil er sich weder an die Telefonnummern noch an die Namen oder Adressen ihrer drei Freundinnen erinnerte, wurde ihm plötzlich klar, dass Gerlindes Handlung etwas Bedrohliches hatte. Noch fehlte sie ihm nicht, und noch konnte er sich einreden, dass sie bei ihren Freundinnen weilte und mit ihnen über ihn sprach und dabei schon langsam ans Heimkommen dachte. Der Gedanke, dass sie wirklich weg sein könnte und er in aller Zukunft ohne sie würde auskommen müssen, war noch nicht bis zu seinem Herzen vorgedrungen.

Dennoch: zum ersten Mal in zwanzig Jahren Ehe war er allein. Und er war nicht allein, weil er allein sein wollte, sondern weil er allein sein musste.

Er ging mit dem Eindruck zu Bett, eine schwere Niederlage erlitten zu haben. Er konnte diese Niederlage nicht genau bezeichnen, doch er ahnte, dass sie nicht nur in Gerlindes Fortsein bestand. Er fluchte still vor sich hin. Aber noch bevor er wegdämmerte, dachte er: Soll Gerlinde ruhig ihren Kopf durchsetzen, ich werde mich mit Meer beschäftigen.