Kapitel 15

W as wisst Ihr noch über das Verlies?«

Tryams Blick fiel auf seinen Begleiter, während ihm bewusst wurde, dass er nur auf den Horizont, der nicht näherzukommen schien, gestarrt hatte.

»Was?«

»Ihr sagtet, man habe Euch gesagt, dass Ihr allein hineingehen müsstet. Hat man Euch noch andere wichtige Dinge gesagt oder nur, dass Ihr allein hineingehen müsst?«

Er hatte ein interessantes Gespräch mit der Königin geführt, während Skharr im Vorraum gewartet hatte. Jedoch hatte sie ihm keine großen Verlies-Weisheiten mitgeteilt. Zwar war sie im Gegensatz zu anderen ernsthaft um seine Sicherheit besorgt, aber er konnte nicht sagen, ob sie sich für den Fall, dass er erfolgreich war und überlebte, bei ihm beliebt machen wollte. Es könnte auch sein, dass sie ihm ohne einen weiteren Hintergedanken helfen wollte.

Die letztere Möglichkeit war leicht auszuschließen. Sie war eine Königin und sie handelte stets im Interesse ihres Volkes.

»Und? Gibt es irgendetwas über die verdammte, gottverlassene Höllengrube, das Ihr bereit seid zu teilen oder wollt ihr es für Euch behalten?«

»Sie hat mir neben der Bedeutung des Prüfungsnamens nichts wirklich Wertvolles erzählt. Ich nehme an, sie will mir nicht zu viel Unterstützung geben, falls ich fehlschlagen sollte. Der Hauptmann der Palastwache erwähnte jedoch später am Abend, was uns am Eingang erwarten würde. Er hatte mich absichtlich aufgesucht, obwohl ich nicht herausfinden konnte, ob er es mir freiwillig erzählte oder ob er dazu angewiesen worden war. Aber vielleicht kam diese Nachricht von der Königin und sie wollte, dass wir darauf vorbereitet sind.«

»Und Ihr erwähnt das erst jetzt?«

»Nun, ich dachte nicht, dass Ihr es ernst nehmen würdet. Alles in allem, jemand mit Eurer Erfahrung könnte …«

»Könnte was?«

»Ihr könnt nicht leugnen, dass Ihr Euch über Dinge lustig macht, die Ihr für lächerlich haltet.«

Skharr schaute ihn einen Moment lang scharf an und nickte. »Na gut. Aber falls uns Ungeheuer erwarten, sollten wir beide es wissen, meint Ihr nicht auch? Oder liege ich damit falsch?«

»Nein, Ihr irrt Euch nicht. Ihr seid lediglich ein tollwütiger Hund.«

Der Barbar lachte. »Na gut. Na gut. Aber genug Ablenkung. Was hat Euch der Mann oder auch vielleicht die Königin durch den Mann mitgeteilt?«

»Nun, da wären auch die Berichte der wenigen Überlebenden. Keiner hat den Pfad bisher vollendet, aber einige haben es gar nicht erst geschafft, ihn zu betreten. Ich nehme an, sie wussten, dass nur einer den Pfad betreten kann.«

»Aber draußen wartet etwas?«

Tryam nickte. »In der Tat. Zumindest besagte dies die Nachricht. Der Tod erwartete uns an der Tür des Verlieses.«

»Tod?«

»Ja.«

Sein Begleiter seufzte und schüttelte den Kopf. »Nun denn, welche Form des Todes ist es dieses Mal und kann ich sie mit Metall verwunden?«

Das entlockte dem jungen Prinzen ein Lachen, als er mit seinem Pferd näher zu ihm ritt. »Oh, natürlich. Ihr habt gegen einen Lich gekämpft. Der Tod muss für Euch lediglich eine Unannehmlichkeit sein.«

»Nein, entweder man kämpft gegen den Tod oder man flüchtet vor ihm. Ich habe gegen den Lich gekämpft, aber ich bin vor dem Dämon geflohen. Beide Gegner waren in meinen Augen sehr beeindruckende Verkörperungen des Todes.«

»Und was für eine Art von Tod würde ein Drache verkörpern? Die Art, vor der man wegläuft oder die man bekämpft?«

Skharr stoppte und ließ seinen Blick auf den jungen Prinzen fallen. »Das würde von der Art des Drachen abhängen. Allerdings kann es sich auch um eine Geschichte, mit der man die Leute fernhalten will, handeln. Wir werden sehen müssen, wie groß er ist.«

Tryam nickte und runzelte die Stirn, während er versuchte, sich an all die Geschichten über Drachen, die er gehört hatte, zu erinnern. »Wenn er so groß wie ein Pferd ist?«

»Bekämpfen.«

»Größer?«

Der Barbar schüttelte den Kopf. »Ich habe noch nie welche, deren Körper größer als ein Pferd war, gesehen. Allerdings kann die Spannweite der Flügel beeindruckend groß sein.«

»Gibt es keine Drachen, die größer als ein Pferd sind?«

»Das habe ich nicht gesagt. Es gibt Gerüchte über einen schwarzen Drachen jenseits der Berge, nördlich von dem Ort, an dem der TodEsser-Clan sich niedergelassen hat. Es heißt, er könne einen ganzen Schlachtzug auf einmal verschlingen.«

Er kniff die Augen zusammen. »Ich dachte, Drachen töten ihre Feinde, indem sie Feuer speien.«

»Wahrscheinlich können sie das, aber wie alles andere auf dieser Welt müssen sie essen und ich bezweifle, dass verkohltes Fleisch schmeckt. Sie können ihr Feuer nur benutzen, wenn sie etwas töten wollen, ohne es zu fressen.«

Das ergab für den Prinzen Sinn, auch wenn dieser Aspekt in den meisten Geschichten, die er über die Bestien gehört hatte, ausgelassen worden war.

»Was ist mit dem schwarzen Drachen geschehen?«

»Darüber gibt es unterschiedliche Geschichten. Manche sagen, er wurde getötet. Andere glauben, dass der TodEsser-Clan sich mit ihm geeinigt hat, ihm die nördlichen Bergketten zu überlassen. Das ist die Legende, an die der Clan glaubt. Jedoch ist das wahrscheinlichste Szenario, dass der Clan geflohen ist, um nicht gefressen zu werden.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Clan wie die TodEsser vor irgendetwas davonläuft. Nicht einmal vor einem Drachen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Eure Leute stets standhaft bleiben und alles bekämpfen, was sie bedroht, ganz gleich welche Konsequenzen auf sie warten.«

»Wir vermeiden eigentlich jegliche Art von Konflikt. Wenn man es schafft sich in den Bergen besser als alle anderen zurechtzufinden, kann man sich seine Kämpfe selbst aussuchen. Man kann auf diese Weise, die Schwachen von oben ausschalten und jeden, der kämpfen will, belästigen, um das Aufeinandertreffen zu erleichtern.«

»Wenn Euer Clan aus so mächtigen Kriegern besteht, warum macht Ihr Euch überhaupt die Mühe? Warum greift Ihr nicht jeden, der sich Euch in den Weg stellt, an?«

»Ihr denkt wie jemand, der in einer Stadt lebt und einfach neue Truppen anheuern kann, wenn die anderen sterben. Normalerweise ist es in kleineren Clans der Fall, dass es nicht allzu viele Männer, die gefallene Krieger ersetzen können, gibt. Falls es doch genügend Männer geben sollte, sind diese oft noch jugendlich und noch nie in einem Kampf verwickelt worden. Alle taktischen Entscheidungen müssen mindestens so gut wie die von einem durchschnittlichen Jäger sein und niemand darf zulassen, dass die Beute den tödlichen Schlag macht.«

»Aber die Königin sagte, dass die Clans in der Wüste stets jeden möglichen Kampf gegen ihre Wachen aufsuchen. Manchmal ließen sie sogar von den Karawanen, die sie angriffen, ab, um die Wachen anzugreifen.«

Skharr schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht für die Wüsten-Clans sprechen, aber ich bezweifle es. Höchstwahrscheinlich wollten sie fliehen und als sie verfolgt wurden, haben sie beschlossen, in einer möglichst vorteilhaften Position zurückzuschlagen.«

Tryam trieb sein Pferd vorwärts. Sie konnten sehen, wie sich die wüstenhafte Umgebung um sie herum allmählich veränderte. Statt der harten, mit trockenem Staub bedeckten Erde gab es nun einige Stellen, an denen sich Erde befand und ein paar Büsche sowie trockene Gräser wuchsen. Das bedeutete, dass sie sich den Sümpfen, von denen er gehört hatte und in denen sich das Verlies befinden sollte, näherten.

»Würdet Ihr gegen einen solchen Drachen kämpfen?«, fragte er und kehrte zu seinem ursprünglichen Thema zurück. »Einen schwarzen Drachen?«

»Wie soll ich gegen so einen Drachen kämpfen?«, fragte der Barbar. »Man bräuchte irgendeine Art von Magie, um überhaupt über einen Sieg gegen einen Drachen nachzudenken. Jedoch ist es das Beste, solch einer Kreatur ihr Stück Land zu überlassen. Falls es wirklich existiert, versteht sich. Dann gibt es noch die Wyrmer, welche die Zwerge seit Jahrhunderten plagen und die sich tief in die Berge eingraben. Den Legenden der Zwerge zufolge seien sie die Drachen, obwohl sie nicht fliegen können und keine Beine haben. Sie können angeblich auch Feuer spucken, aber sind wesentlich größer als die geflügelten Biester, die ich bisher gesehen habe, da sie nicht fliegen müssen.«

»Was denkt Ihr darüber?«

»Worüber?«

»Darüber, ob Wyrmer Drachen sind oder nicht.«

Skharr blickte den Jungen genervt an. »Es ist mir ziemlich egal, wie man sie nennt. Ich bin nur froh, dass ich noch nie einer schleimgefüllten Ausgeburt von Janus’ haariger Arschritze begegnet bin.«

Ihr Gespräch endete, als sie sich einem kleinen Wüstenkamm näherten, der leicht anstieg, bevor er steil abfiel und die vor ihnen liegende Landschaft präsentierte.

Es war nahezu atemberaubend. Drei Flüsse, die wahrscheinlich aus nahe gelegenen Oasen stammten, mündeten in dasselbe Tal. Dort floss mehr Wasser hinein als heraus. Die Wasserwege strömten langsamer und schlängelten sich durch das Tal, ehe sie in der Ferne zusammenflossen und einen Sumpf, der sich über Hunderte von Kilometern erstreckte, bildeten.

»Es ist nur schwer zu akzeptieren, dass so viel Wasser so nahe an einer Wüste liegt«, flüsterte Tryam und brachte sein Pferd zum Stehen, während er das Szenerio musterte. »Was glaubt Ihr, warum sich so viele in der Wüste und nicht hier niedergelassen haben?«

Skharr trug einen nachdenklichen Ausdruck im Gesicht und es war klar, dass er dasselbe, was sein Begleiter einen Moment zuvor festgestellt hatte, bemerkte. Nirgendwo im Tal gab es Häuser oder Niederlassungen. Man hätte erwarten können, dass sich in den üppigen Graslandschaften ein paar Landwirte angesiedelt hätten. Jedoch schien es, als sei das gesamte Gebiet völlig und vielleicht auch absichtlich gemieden worden.

Falls jemand im Sumpfgebiet lebte, hatte er sich außerhalb des üblichen Blickfeldes niedergelassen.

»Das muss an dem Verlies liegen«, murmelte der Barbar und drehte sich um, um Pferd am Hals zu tätscheln und ihn zu beruhigen, da dieser mit den Füßen stampfte und schnaubte. »Ich erinnere mich, dass einige dieser magischen Orte eine Wirkung auf die Welt um sie herum haben. Manchmal vertreiben sie die Menschen direkt mit ihrer Magie, ein andermal tun sie es indirekt.«

»Indirekt?«

Der Ausdruck, welcher der Krieger beim Anblick des Tals besaß, war nur schwer zu lesen. »Ja. Die Kreaturen und Pflanzen werden so beeinflusst, dass sie aggressiv auf Menschen, die sich ihnen nähern, reagieren. Vermutlich war das ein Plan, um die Erbauer der Verliese zu schützen und Menschen fernzuhalten.«

»Nun, wir müssen weiterreisen. Wir können nur vorwärtsgehen.« Tryam klopfte seinem Pferd auf die Flanke und zerrte das Packpferd hinter sich her, als er den Abstieg von der Wüste in das Tal begann.

Fast augenblicklich konnte er die Temperaturänderung spüren. Eigentlich hatte er gedacht, die Luft würde sich mit dem Verlassen der Wüste abkühlen, aber irgendwie wurde es immer heißer. Es dauerte nicht lange, bis sie die drückende Hitze auf ihrer Haut spürten und es ungemütlich wurde.

Die Pferde spürten sie ebenfalls. Pferd schnaubte und wieherte leise, als er es weiter vorwärtsbrachte.

»Sei endlich ruhig«, schnauzte Skharr, während seine Hand immer noch auf Pferds Stirn lag, um ihn zu beruhigen. »Wir wollen keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen.«

»Ich kann die Laute meines Pferds nicht kontrollieren«, erwiderte der Prinz genervt.

»Ich habe nicht mit Euch gesprochen.«

* * *

Orks. Er war angewidert und dachte darüber nach, was Orks in der Nähe von Städten vorhatten.

Ingold verzog das Gesicht, als er ein Tuch aus seiner Tasche holte und das dunkle Blut von seiner Klinge säuberte. Er hatte das Tuch so oft gewaschen, aber die Blutflecken gingen nie ganz heraus. Deshalb würden ein paar weitere Flecken keinen großen Unterschied machen. Er blickte auf und nickte, da seine Männer den letzten Überlebenden einen tödlichen Schlag versetzt hatten.

Es war beunruhigend, die stinkenden Goblinschweine so weit von ihrer Heimat anzutreffen. Ihre Heimat befand sich in der gebirgigen Wüste, in der es lediglich ein großes Dünenmeer gab. Es war bekannt, dass eine Erlaubnis der Orkstämme erforderlich war, um diese Wüste zu durchqueren. Diese Einwilligung hielt Angriffe der Orks ab und falls Karawanen den westlichen Rand des Kontinents erreichen wollten, benötigte sie ihre Hilfe.

Angesichts der besorgniserregenden Tatsache, dass sie aus den Bergen gekommen waren, um Leute in der Einöde anzugreifen, waren sie vermutlich aus ihrer Heimat vertrieben worden.

Außerdem kämpften sie an der Seite von Goblins, was ebenso beunruhigend war. Allerdings bereitete ihm dies nicht die meisten Sorgen.

»Hauptmann!«

Ingold sah von seinem Schwert auf und steckte das Tuch in seinen Beutel, bevor er sich seinen Männern zuwandte.

Die letzten Orks waren nun so gut wie tot und anscheinend hatten ihre Waffen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Da sie keine Rüstung getragen hatten, schien der Kampf erleichtert worden zu sein. Es waren fünfzehn Orks sowie zehn Goblins und somit insgesamt fünfundzwanzig Feinde gewesen. Die tollwütigen und kleinen Kreaturen hatten zwei seiner Männer getötet, bevor sie überhaupt den Angriff bemerkt hatten. Interessanterweise war der Kampf nach den beiden Todesfällen relativ einfach verlaufen. Seine Männer hatten mit den verbliebenen Goblins kurzen Prozess gemacht und waren von ihren Pferden abgesprungen, um die Orks anzugreifen.

Die beiden verstorbenen Eliten wurden in ihre Umhänge gewickelt. Ihre engsten Kameraden streuten eine Handvoll Sand über sie und sprachen ein paar Worte zum Gedenken an ihre vergangenen Siege.

Diese Geste kostete wertvolle Zeit, da sie auf diese Weise von der Verfolgung abgehalten wurden und ihre Opfer ungehindert davonkommen konnten. Obwohl er ihre Konzentration auf ihre Aufgabe haben wollte, wusste er wohl, dass das Unterbrechen der kleinen Zeremonie sich negativ auf die Moral der Männer auswirken würde.

»Möchtet Ihr ein paar Worte sagen, Hauptmann?«, fragte eine der überlebenden Wachen und sie schien bereit zum Aufbrechen zu sein, nachdem er seinen Teil gesagt hatte.

Das war ein willkommener Gedanke und Ingold ging zu den beiden toten Männern. Die Goblins hatten die Männer mit ihren Klauen, Zähnen und ein paar improvisierten Waffen angegriffen und ihnen fast die Köpfe abgerissen. Dennoch benutzten die Bestien ihre Waffen nicht ganz so geschickt wie ihre Ork-Meister.

»Ihr habt in diesem Leben gut gekämpft«, sagte er leise und senkte den Kopf. »Kämpft abermals gut und bringt dem Kaiser in eurem nächsten Leben ebenfalls Ehre, meine Brüder. Eure Taten werden nicht vergessen.«

Die Eliten nickten zustimmend, als er eine Handvoll Sand nahm und ihn über ihre Körper rieseln ließ. Er hatte gehofft, diesen Auftrag ohne Verluste zu überstehen, aber er hatte bisher schon schlimmere Situationen überstanden. Er musste nur überleben, dann würde er wahrscheinlich einen Posten als Kommandant einnehmen, sobald Rivar tot war oder abgedankt hatte.

Um dies zu vollbringen, benötigte er die Unterstützung der Eliten. Er würde scheitern, wenn die Männer glaubten, dass er ihnen auf dem Schlachtfeld nicht den Rücken freihielt. Er wollte nicht zulassen, dass sie über den Erfolg oder Misserfolg seines Vorhabens entschieden.

Weitere Männer sagten noch schnell ein paar ehrende Worte und stiegen wieder auf ihre Pferde. Ingold war entschlossen, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Der Junge und seine Gruppe konnten nicht mehr weit entfernt sein und er würde sie nicht entkommen lassen.

Es war ein harter Ritt gewesen und die Temperatur begann sich zu verändern. Ihre Haut klebte wegen der starken Hitze, was bedeutete, dass sie den trockeneren Bereich der Wüste hinter sich gelassen hatten und sich den Sümpfen näherten. Die Hitze war sehr verunsichernd und er wusste, dass ihnen die Zeit davonlief.

Als sie schließlich den Kamm eines kleinen Abhangs erreichten, hielten sie an, um ihre Umgebung zu betrachten. Der Anführer der Elite nahm ein Fernglas aus seiner Satteltasche und spähte den Weg, den sie entlanggingen, hinunter. Er hoffte, dass er ihre Beute wenigstens sehen konnte. Die Befürchtung, dass die Barbaren den Prinzen über nur ihnen bekannte Wege führten, war durchaus berechtigt. Falls ihre Verfolgung fehlschlug, blieb ihnen nichts anderes übrig, als außerhalb des Verlieses auf sie zu warten. Darauf freute sich keiner von ihnen.

»Endlich«, flüsterte er und lehnte sich im Sattel nach vorn, als er in der Ferne sich bewegende Dinge erblickte.

Die drei größeren Umrisse der Pferde waren am einfachsten zu identifizieren, aber etwas anderes lief neben ihnen her. Anscheinend lief jemand zu Fuß neben einem der Tiere und merkwürdigerweise wurde auch nur eines der drei Pferde geritten.

Er konnte nicht erkennen, wer auf dem Pferd saß, aber die schiere Größe des Mannes, der zu Fuß ging, gab sofort dessen Identität preis.

»Sind sie das?«, fragte einer der Soldaten.

Ingold nickte. »Ja, es sei denn, du kennst noch jemanden auf der Welt, der so groß ist, aber … ich dachte, es wären noch mehr Männer.«

»Noch mehr Männer, mein Herr?«

Er schüttelte den Kopf, verstaute das Fernglas und pfiff, um die Aufmerksamkeit seiner Elitesoldaten auf sich zu ziehen. »Wir haben unsere Beute gefunden. Sie bewegen sich schnell, aber wir werden sie einholen. Schont weder die Pferde noch euch selbst. Nun reitet los!«

Mit diesen Worten stieß er seine Fersen in die Flanken seines Reittieres und zog die Zügel fester, als er es in den Galopp trieb. Die Truppen ritten hinter ihm in Formation und waren bereit für einen Kampf.

Er wusste, dass diese Formation auch notwendig war. Es war unwahrscheinlich, dass es nur die beiden Männer waren, weshalb die Freunde des Barbaren in der Nähe versteckt sein mussten. Sie mussten darauf vorbereitet sein, mit allen fertig zu werden und es war nicht abzusehen, wann weitere Feinde aus dem Hinterhalt kommen würden.

Seine Hand ruhte auf dem Säbel an seiner Hüfte. Er wartete auf alles, was sich ihnen nähern würde, während sein Pferd vorwärts ritt. Das Tier konnte besser als er sehen und würde den Prinzen und seine riesige Leibwache im Auge behalten können.

Erneut wurde er ein wenig ungeduldig. Es war an der Zeit, diesem arroganten Heuchler ein für alle Mal zu erledigen. Dann würde er diesen höllischen Fleck, der Wüste genannt wird, für immer hinter sich lassen können.