Kapitel 16

S eine Bemühungen, sich von der Politik und den Machenschaften, in die er von anderen Leuten gerne verwickelt wurde, fernzuhalten, hatten nicht sehr lange gehalten.

Männer, die klüger waren als er, hätten sich einfach geweigert, solche Aufträge auszuführen. Es war unwahrscheinlicher in einem Verlies getötet zu werden, als für die Adligen zu arbeiten. Diese wollten ihn nur als bequeme Lösung für ihre schmutzigen Geschäfte benutzen.

Es war reines Glück, dass er noch nicht umgekommen war und das hatte er vor allem Sera zu verdanken, da sie sich um ihn kümmerte. Sie hatte ihm nie verraten, wie sie ihn gefunden hatte, als er vergiftet worden war. Jedoch nahm er an, dass sie ein Kopfgeld, welches auf ihn ausgestellt war, entdeckt hatte und ihn sofort aufgesucht hatte.

Das Glück oder in diesem Fall seine guten Freunde hatten ihm das Leben gerettet. Es gibt keine Garantie, dass er jemals wieder so viel Glück haben wird.

Pferd schnaubte, schüttelte seinen Kopf und stampfte mit den Füßen. Also drehte Skharr sich zu ihm um. Er wusste, wann sein langjähriger Freund seine Aufmerksamkeit haben wollte und er konnte zumindest schauen, was der Hengst wollte.

»Brauchst du eine Pause?«, fragte er und tätschelte die Stirn des Tieres. Die einzige Antwort war ein weiteres Scharren auf dem Boden. Der Barbar betrachtete die fortdauernde Bewegung genau und kniff seine Augen zusammen.

»Was ist denn los?«, fragte Tryam, als er seine Pferde anhielt. »Benötigt dein Pferd eine Pause?«

»Nein, es ist etwas anderes.« Skharr ging in die Hocke und drückte seine Hand gegen die Erde. Sie war immer noch so hart wie in der Wüste, weshalb er die Vibrationen des Bodens wahrnehmen konnte. »Etwas … anderes.«

Es war ein Beben, aber nicht von der Art, die auf ein Erdbeben oder eine Lawine während ihres sanften Abstieges ins Tal hindeutete. Er drehte sich im Kreis und betrachtete aufmerksam ihre Umgebung.

Durch die Hitze der Oberfläche ging ein Dunstschleier auf und die Bewegung war fast nicht erkennbar. Ein dunkler Schatten verdeckte die tristen Grau- sowie Gelbtöne, die sie in den letzten Tagen umgeben hatten.

Jemand verfolgte sie. Er konnte gerade noch die Pferde ausmachen und es galoppierten mindestens fünfzehn an der Zahl auf sie zu.

»Ihr habt keine weiteren Freunde gebeten, sich uns anzuschließen, oder?«, fragte Skharr und versuchte weitere hilfreiche Details der Gruppe auszumachen.

»Nein. Warum?«

»Wer könnte das dann sein?« Er starrte den Jungen kurz an, bis dieser seine Worte begriff und ebenfalls seinen Blick auf den Schatten, der auf sie zukam, richtete.

Tryam schaute angestrengt mit zusammengekniffenen Augen durch den Dunst der Hitze und schirmte sie mit der Hand ab, während er versuchte, ihre Verfolger zu erkennen. »Ich würde sagen, die Elitetruppe, die mich töten wollten.«

»Ich würde sagen, das wollen sie immer noch.« Skharr schaute zu seinen Satteltaschen und nahm den ungespannten Bogen, den Köcher sowie ein paar Rüstungsteile, die er vermutlich brauchen würde, heraus.

»Was macht Ihr da?«

»Sie verlangsamen. Bleibt auf Eurem Pferd und reitet weiter. Haltet nicht an, bis Ihr Euer Ziel erreicht habt. Ich werde Euch die nötige Zeit verschaffen.«

»Wir sollten diese mörderischen Scheißkerle gemeinsam bekämpfen!«, forderte der Prinz.

Zwar zog der Barbar in aller Ruhe seine Rüstung an, aber er warf seinem jungen Begleiter einen finsteren Blick zu. »Ihr habt für Euer Volk zu kämpfen. Ich sage Euch dies als Eure Wache und als Euer Freund. Setzt jetzt dieses Pferd in Bewegung oder ich binde Euren königlichen Arsch an den Sattel und tue es für Euch. Los!«

Tryam schüttelte den Kopf und war sichtlich angewidert. Jedoch wusste er, dass dies die richtige Entscheidung war. Der Junge war ein guter Kämpfer, aber er würde auch lernen müssen, seine Kämpfe zu wählen. Hätte es die Möglichkeit, das Verlies gemeinsam zu betreten, gegeben, hätte er einen Weg zum Zusammenbleiben gefunden.

Nach Lage der Dinge würde er das Vorhaben des jungen Mannes nicht für seine Sicherheit riskieren. Außerdem wollten sie Tryam töten und nicht ihn. Ihre Verfolger würden sicher nicht erwarten, dass er sich behauptet und allein gegen sie kämpft.

»Du fragst, wieso?«, fragte Skharr, der mit Pferd sprach. »Weil es verdammter Wahnsinn ist. Kein Mensch, der bei Verstand ist, würde sich so vielen in den Weg stellen … wie viele sind es? Fünfzehn Männer? Vielleicht auch mehr und dazu noch Eliten, welche die besten Kämpfer des Reiches sind. Es ist wahrlich wahnsinnig.«

Er zog seine Rüstung an und spannte schnell seinen neuen Bogen.

»Mach’ dir nicht die Mühe, es mir auszureden«, fuhr er fort, hob seine Waffen und musterte die Umgebung, um die beste Position zum Kämpfen zu finden. »Ich bin bekanntlich ein Wahnsinniger und niemand kann mich davon überzeugen, dass ich nicht überleben kann, wenn ich zahlenmäßig so weit unterlegen bin. Ich werde immer eine Möglichkeit finden, diese abscheulichen Bastarde zu töten, ehe sie mich töten.«

Pferd antwortete nicht. Der Barbar schaute seine anderen Waffen nachdenklich an und beschloss, dass er bereits alles hatte, was er zum Kämpfen brauchte. Sein Speer und Schild wären gegen die Männer auf den Pferden zwar nützlich, aber sie würden nicht lange standhalten. Wenn der Kampf näher rückte, würde Beweglichkeit seine beste Option sein.

»Du musst dich erst einmal verstecken«, murmelte er und klopfte dem Hengst auf den Hals. »Für dich ist in diesem Kampf kein Platz. Ich kann dich wohl auch nicht dazu überreden, zu Seras Hof zurückzukehren, falls ich schlussendlich nicht überleben sollte, oder?«

Er hatte keine Antwort erwartet und konnte nur lächeln. Pferd würde entscheiden, was er tun wollte und nach seinem Tod sich dorthin begeben, wo er wollte. Der Barbar bezweifelte, dass er viel trauern würde.

Wie erwartet entfernte sich das Tier und lief zu einem entfernt liegenden, grünen Fleck, wo es ruhig das Gras fraß. Es war nicht ganz außer Sichtweite, aber es hatte sich weit weg von dem vermeintlichen Kampfort positioniert.

Es würde ein interessanter Kampf werden.

Der Krieger hielt einen Pfeil in seiner Bogenhand und einen weiteren in seiner freien Hand. Er konzentrierte nun seine ganze Aufmerksamkeit auf die Kampfvorbereitung und schätzte die Entfernung der gegnerischen Pferde ab, als er drei weitere Pfeile vor sich in den Boden steckte. Sie waren so platziert, dass er sie zügig schnappen konnte, falls er die Zeit und richtigen Winkel hatte, so viele Feinde wie möglich zu treffen. Danach konzentrierte er sich wieder auf die Feinde, die voller Zielstrebigkeit immer weiter vorrückten.

Skharr holte tief Luft und spannte den Bogen, als er den Pfeil gegen die Sehne legte. Während er gleichmäßig atmete, schätze er erneut die Entfernung ab und hielt seinen Blick auf die Eliten gerichtet, die weder langsamer geworden waren noch ihren ursprünglichen Kurs geändert hatten. Er wusste nicht, ob sie ihn bis jetzt noch nicht gesehen hatten. Vielleicht glaubten sie auch nicht, dass er ein so weit entferntes Ziel treffen konnte, da sie ihre Schilde noch nicht erhoben hatten.

»Das ist euer erster Fehler, ihr stinkenden Haufen dampfender Schweinescheiße.« Er atmete langsam aus und ließ den Pfeil los.

* * *

Es war wirklich kaum zu glauben. In nahezu zweihundert Schritten Entfernung stand der Barbar mit einem gewaltigen Kriegsbogen in der Hand. Er war zweifellos dazu entschlossen, dem Jungen genügend Zeit zu verschaffen, damit er weiter zum Verlies vordringen und seine Reise beenden konnte. Das konnte Ingold einfach nicht zulassen.

Jedoch blieb der Barbar trotz der Unmöglichkeit dieser Situation ruhig stehen und beobachtete, wie sie sich näherten.

Der Anführer der Eliten sah sich erneut um und hoffte, den Ort, an dem sich der Rest der Gruppe versteckten, zu finden. Er war sich sicher, dass es eine Falle war. Dutzende von Barbaren waren sicherlich irgendwo versteckt und bereit, sie anzugreifen, während der Riese als Ablenkung diente.

Etwas schoss pfeifend an ihm vorbei und ein abgewürgter Schrei ließ seine Aufmerksamkeit auf seine Männer fallen. Der Mann zu seiner Rechten wurde aus dem Sattel geschleudert, als der Pfeil mit Leichtigkeit durch dessen Kettenhemd sowie Gambeson schoss und auf der anderen Seite wieder herauskam.

Es war ein beeindruckender Schuss und auch ein unmöglicher, aber es blieb keine Zeit, sich zu fragen, wieso sie sich nicht geschützt hatten.

»Schilde!«, brüllte Ingold. »Nehmt eure Schilde hoch, ihr nutzlosen rattenfressenden Ziegenficker!«

Ein weiterer Mann stürzte aus dem Sattel und stöhnte, als er seine Brust, aus der ein Pfeil ragte, hielt. Sofort schnappte der Rest der Truppe die Schilde, die an ihren Sätteln hingen. Ein weiterer Pfeil traf ein, doch diesmal landete dieser auf Ingolds Schild.

Der Mann war ein talentierter Bogenschütze und seine rechte Hand konnte selbst die verdammten Götter zu Boden schleudern. Welche seiner Fähigkeiten würden sie noch zu Gesicht bekommen?

»Wir müssen diesem gottverdammten Gebirgsungeziefer ein Ende setzen!«, rief Ingold, als die Männer ihre Pferde anhielten. Sie brauchten einen Angriffsplan, um ihn zu töten, ehe der Barbar beschloss, auf die Reittiere zu schießen. Erst danach könnten sie sich um den Prinzen kümmern.

Er bestimmte eine Gruppe, die aus fünf der verbliebenen dreizehn Wachen bestand. »Ihr reitet dem Barbaren entgegen. Der Rest folgt mir.«

Zehn von ihnen könnten den Prinzen ohne große Schwierigkeiten töten. Der Junge war zwar ein guter Kämpfer, aber er besaß keine Fähigkeiten oder Erfahrungen, um gegen so viele Gegner, die sein Blut wollten, gleichzeitig kämpfen zu können.

Ingold forderte seine Begleiter mit einer Handbewegung zum Aufbruch auf und sah zu, wie die kleinere Gruppe einen Angriff auf den Barbaren vorbereitete.

Der Blick des Kriegers lag weiterhin auf der größeren Gruppe und er hatte bereits einen weiteren Pfeil eingespannt und sofort abgefeuert.

Ein weiterer unmöglicher Schuss traf ein und der Anführer schüttelte seinen Kopf, als der Pfeil zwischen Helm und Schild einer Wache landete und in einem fast unnatürlichen Winkel durch ihre Kehle schoss.

Dies erzürnte ihn, aber er erinnerte sich daran, dass der Barbar bald tot sein würde. Also spielte es keine Rolle, woher er sein Geschick im Bogenschießen hatte.

* * *

Es war nur noch ein Pfeil übrig, bevor er weitere aus seinem Köcher nehmen musste. Allerdings würde dafür keine Zeit sein.

Sein Ziel war eine Truppe, die ihn mit ihrem Anführer umgehen wollten, gewesen. Die anderen Männer versuchten, der verwundeten Elite auszuweichen, während diese aus dem Sattel fiel und ihre Kehle hielt, um das Blut zu stoppen.

Skharr hatte für Tryam getan, was er konnte. Von diesem Moment an musste er um sein eigenes Überleben kämpfen.

Der letzte Pfeil wurde abgeschossen, aber dieses Mal hob das Ziel schnell seinen Schild und das Projektil bohrte sich tief in das Holz hinein.

Wenigstens besaßen sie keine Lanzen.

Der Krieger warf seinen Bogen zur Seite und schnappte sich den Speer, den die Zwerge für ihn angefertigt hatten. Er war nicht ganz so beeindruckend wie der, den er im Turm verwendet hatte. Jedoch wenn er sich fünf Männern auf Pferden stellen musste, würde es die beste Waffe, die er sich erhoffen konnte, sein.

Er ließ sich auf ein Knie fallen, spürte die Vibrationen der fünf näher kommenden Reitern in der Erde und richtete den Speer direkt auf das Pferd vor ihm.

Das Tier starrte ihn an und galoppierte in voller Geschwindigkeit auf ihn zu, bevor es plötzlich abbremste und panisch wieherte, als die Speerspitze in seiner Brust versank. Die Wunde war nicht tief genug, um es zu töten, aber das Manöver hatte es aufgehalten.

Skharr zog den Speer schnell zurück, bevor die Spitze abgebrochen werden konnte. Er hob seinen Schild, als zwei der Reiter an ihm vorbeiritten und ihre Säbel nach seinem Kopf schwangen.

Die Waffe zu seiner Linken streifte den Schild, aber die auf der anderen Seite schnitt oberflächlich zwischen seinem Helm und Schulterstück ein.

Es war ein guter Hieb gewesen. Der Krieger knurrte, als er sich aufrichtete, den Speer ergriff und ihn am Kopf des Pferdes, das immer noch vor ihm stand, vorbeiführte.

Das Manöver war nicht so einfach gewesen, wie er gedacht hatte. Jedoch gelang es ihm auf diese Weise den Speer durch die Brust des Reiters, der verzweifelt mit seinem Säbel nach ihm schlug, zu treiben.

Sein Gegner hatte keine Chance und er nutzte den Schwung des Speers, um die Elite aus dem Sattel zu heben. Das Pferd bäumte sich auf, blieb aber auf allen vieren, als Skharr den Mann hinunterzog und ihm seinen Speer so tief in die Brust stieß, bis er keinen Widerstand mehr spüren konnte.

Die anderen vier ritten schnell zurück und der Krieger nahm die Zügel des verwundeten Pferdes in die Hand.

»Hey, hey, Großer«, flüsterte er, um das Tier zu beruhigen, während er es zwischen sich und den anderen vier Männern, die ihre Reittiere zum Angriff antrieben, positionierte.

Es war vielleicht nicht das Netteste, was er je einem Pferd angetan hatte, aber er würde es bei Pferd später wiedergutmachen. Er schaute hinter dem Sattel hervor und beobachtete, wie die vier einen Weg um das Tier herum suchten, damit sie angreifen konnten. Schließlich beschloss einer sein Reittier schräg zu positionieren, um sein Ziel hinter seinem neuen Schild erwischen zu können, während ein anderer von der anderen Seite das Gleiche versuchte.

Skharr kniff seine Augen zusammen und beobachtete aufmerksam die Situation. Er versteckte sich hinter dem verwundeten Tier, um den Mann, der ihn von hinten angreifen wollte, abzuwehren und richtete seinen Speer auf den Angreifer, der sich vor ihn befand.

Der Soldat zögerte und die beiden anderen schienen ebenfalls nicht zu wissen, was sie tun sollten. Er würde ihnen auch nicht die Zeit geben, eine Lösung zu finden. Stattdessen trat er hervor, warf den Speer in die Höhe und fing ihn mit einem Rückhandgriff auf, bevor er ihn nach vorn schleuderte.

Es war nicht sein bester Wurf gewesen, aber da sein Ziel nicht mit so einem Angriff gerechnet hatte, wurde kein Schild zum Abwehren hochgebracht. Die Klinge traf ihn mit einer gewaltigen Wucht an der Schulter und er wurde vom Pferd geschleudert. Der Barbar eilte zu der Stelle, an der er gelandet war und vor Schmerzen stöhnte.

Bevor der Mann aufblicken konnte, stand Skharr vor ihm und drückte mit seinem Stiefel auf dessen Hals, bis er spürte, wie die Knochen unter seiner Sohle brachen.

Als er nach seiner Waffe suchte, verzog er das Gesicht, da er feststellte, dass beim Aufprall die Speerspitze abgebrochen war.

»Verdammt«, fluchte er, zog sein Schwert aus der Scheide und senkte seinen Schild. Nun musste er sich an alles, was Sera ihn beigebracht hatte, erinnern.

Die Klingenmeisterin hatte ihm natürlich noch so viel mehr beizubringen, aber er hatte sich bereits einiges an Geschick angeeignet. Er wartete, als eine Elitewache von ihrem Pferd abstieg und nun in seine Richtung rannte, um mit seinem Säbel zuzuschlagen.

Der Krieger merkte sich, wo die beiden anderen Reiter standen. Diese suchten immer noch einen Weg, ihn risikolos zu erreichen.

Deswegen würde er genügend Zeit haben, sich um den auf ihn zukommenden Gegner zu kümmern.

Der Säbel kam auf seinen Hals zu. Blitzschnell senkte Skharr seine Klinge aus der hohen Deckung, um den Schlag zu parieren und drehte sein Schwert in die entgegengesetzte Richtung, um einen Gegenangriff zu versuchen. Die Klinge prallte gegen den Schild des Mannes.

Bevor die Elite einen zweiten Versuch starten konnte, drückte Skharr mit seinem Gewicht gegen den Mann, brachte ihn so aus dem Gleichgewicht und trat ihm hart gegen das Knie.

Durch ein lautes Knacken und einen Schrei wurde bestätigt, dass das Gelenk gebrochen war. Er schwang sein Schwert vorwärts und stieß es durch die Brust des Mannes, sodass es auf der anderen Seite wieder herauskam.

Das schmerzerfüllte Gesicht seines Gegners wurde ausdruckslos. Der Körper sackte zusammen, als der Barbar die stählerne Klinge aus der Brust zog.

Durch den Tod des Mannes wurde die Zahl seiner Gegner auf zwei verringert, aber sie saßen immer noch auf ihren Pferden. Die Tiere, die ihnen bisher im Weg standen, um einen effektiven Angriff auszuführen, hatten sich vom Kampf entfernt.

Es lag in Skharrs Händen, wie der Kampf enden würde und er würde sich auch nie auf einen Kampf einlassen, wenn dieser nicht zu seinen Bedingungen stattfand. Er hielt sein Schwert ein wenig fester, während die beiden Männer kurz Blicke austauschten. Ihr Verhalten deutete darauf hin, dass sie nach einem Ausweg aus dem Kampf, der ihre Ehre bewahren würde, suchten.

Jedoch erkannten sie bald, dass sie nicht an ihm vorbeikommen würden. Skharr holte tief Luft und richtete seinen Blick auf die Pferde, welche die Unsicherheit ihrer Reiter spüren konnten. Die Tiere tänzelten unruhig zur Seite, kamen aber wieder in Position, als stark an den Zügeln gezogen wurde.

Dies ist eine verzweifelte Situation. Er hatte keine Pferde, die ihn schützten und keinen Speer, mit dem er sie aufhalten konnte. Demnach musste er trotz dieser Schwierigkeiten einen Weg zum Erfolg finden.

Er rammte sein Schwert in die Erde und ging auf die beiden Eliten zu. Sie wichen instinktiv vor dem Mann zurück, der trotz der verschwindend geringen Chancen ohne Waffe auf sie zukam.

Einer von ihnen kam zu Sinnen und trieb sein Pferd in den Galopp. Der andere brauchte einen Moment, um seinen Mut zu fassen, bevor er sein Pferd in Bewegung setzte und sich dem Angriff seines Kameraden anschloss.

Der Krieger rannte auf den Mann, der sich zuerst bewegt hatte, zu.

* * *

Dem jungen Prinzen gefiel es nicht, Skharr allein zurückzulassen, nur damit er die Männer aufhalten konnte. Es war nicht ehrenvoll, jemanden sterben zu lassen, damit er eine bessere Überlebenschance bekam. Der Mann schien zu denken, dass sein Leben weniger wichtig sei und das war etwas, was ihm nicht gefiel.

Allerdings hatte er auch nicht vor, anzuhalten und zuzulassen, dass sein Gefährte dieses Opfer umsonst brachte. Er würde das Verlies betreten und siegreich wieder herauskommen müssen, damit der Mann ihn grinsend und mit höhnischen Kommentaren empfangen konnte.

Seine Pferde bewegten sich schnell und verschafften ihn auf diese Weise einen Vorsprung gegenüber den Pferden hinter ihm. Er weigerte sich, nach hinten zu schauen, da er sich nicht der Realität stellen wollte. Stattdessen blickte er entschlossen nach vorn und schlüpfte in eine Schlucht, die wahrscheinlich Jahre zuvor durch starke Regenfälle entstanden war und ihn einen Weg in das Tal bieten könnte.

Sofort fand er, was er gesucht hatte. Da die Schlucht über einen Hang verfügte, bot sie einen oberen sowie unteren Weg und der untere Pfad war von oben nicht leicht zu sehen. Das hatte zwar gewisse Vorteile, war aber für die Pferde, die langsam, aber stetig vorankamen, ziemlich schwierig zu bestreiten.

In die Felsen waren Öffnungen, die wie Tunnel aussahen und das Sonnenlicht hereinließen, geschnitten worden.

»Brrr, ruhig«, flüsterte er, hielt seine Pferde an und musterte mit zusammengekniffenen Augen seine Umgebung. Der Halbtunnel hatte sich zu einer größeren Aushöhlung geöffnet und durch ein Loch darüber drang Sonnenlicht ein.

Das Licht beleuchtete ein Nest, das zweifellos von etwas Großem bewohnt wurde. Dieses große Etwas hatte eindeutig Appetit auf Menschen, da Haufen von Knochen um das Nest herum verstreut waren.

»Scheiße«, flüsterte er und versuchte, seine Stimme leise zu halten, während er von seinem Pferd abstieg und hastig nach seiner Waffe griff.

* * *

Die Kampfgeräusche hinter ihnen hielten weiterhin an. Für Ingold bestand kein Zweifel daran, dass der barbarische Riese die Absicht hatte, seinen Tod für seine Mörder so kostspielig wie möglich zu machen. Viele der Männer würden in dem Kampf sterben, aber im Großen und Ganzen war das nicht von Bedeutung.

Er konnte sehen, wie der Prinz in das Tal ritt. Er schmunzelte bei dem Gedanken, dass der Prinz weg von ihnen und zu den Schluchten, welche sich durch das Tal zogen und zu den Sümpfen dahinter ritt. Bevor er das Verlies fand, würden sie ihn finden, den überheblichen kleinen Bastard ausweiden und seinen Leichnam den Monstern der Sümpfe überlassen.

Als sie auf ihrer Verfolgungsjagd eine Schlucht erreichten, befahl er seinen Männern in einer Reihe zu reiten und das Tempo der Gruppe musste langsamer werden, als sie in die enge Schlucht eintraten. Sie konnten den Pfad einfach entlang gehen, da ihr Anführer sie zuversichtlich vorwärts führte und sich auf die gut sichtbaren Hufspuren konzentrierte.

Die Eliten schauten sich um und Ingold tat dies ebenso, da er auch neugierig war. Sein Bauchgefühl und jeder seiner Instinkte warnte ihn jedoch, dass es eine Falle zu sein schien. Wenn es jemals einen Ort gab, an dem sie von den Barbaren angegriffen werden konnten, dann war es dieser. Jede Wache griff nach ihrer Waffe und war bereit für einen Kampf.

Der Boden bebte und die Pferde blieben von selbst stehen und murrten misstrauisch.

Die Zeiten, in denen er die Instinkte seines Reittieres ignorierte, waren schon längst vorbei. Das Tier war für den Kampf trainiert sowie völlig furchtlos. Also wusste er, dass er genauso besorgt wie sein Pferd sein musste.

Er spähte aufmerksam den Pfad hinunter und versuchte herauszufinden, wovor ihn sein Reittier warnen wollte.

Plötzlich begann es in der ganzen Gegend nach Rauch und Schwefel zu riechen und sein Herz pochte laut in seiner Brust. Es war ein beängstigendes Gefühl und weckte Erinnerungen an das letzte Mal, als er diesen Gestank gerochen hatte.

Sein Blick wanderte nach oben. Als er eine Bewegung wahrnahm, erkannte er auch, dass rund um den Pfad Tunnel geritzt waren.

Das schwache Licht, welches von oben hereinkam, fiel auf dunkle Schuppen und große, von Flammen umhüllte Augen starrten ihn an.

Ingolds Kehle fühlte sich an, als wäre eine Hand darum gelegt worden. Er wollte schreien, aber alles, was er herauspressen konnte, war ein ersticktes Flüstern.

»Drache!«

* * *

Kein Mensch, der bei vollem Verstand war, würde so etwas tun. Der Gesichtsausdruck des Reiters äußerte sowohl Ungläubigkeit als auch Gewissheit darüber, dass sein Ziel die Sinnlosigkeit dieses Vorhabens erkennen würde.

Das Pferd beobachtete den Barbaren misstrauisch und wurde langsamer, als ob es sich von dem anstürmenden Verrückten entfernen wollen. Es drehte seinen Kopf weg, als er so schnell wie möglich näherkam.

Sie prallten mit so viel Kraft aufeinander, dass Skharr die Luft aus den Lungen gestoßen wurde. Die ganze Kraft des Schlachtrosses drückte auf ihn und drängte ihn zurück. Jedoch streckte er trotz dessen seine Hand am Zaum, schlang seine Finger darum und drehte den Kopf des Tieres. Das Pferd kämpfte dagegen an und er musste seine ganze körperliche und geistige Kraft aufwenden, um das Biest festzuhalten. Allmählich gab das Tier auf, drehte sich um und versuchte, sich von ihm zu entfernen.

Schließlich fand der Barbar wieder sein Gleichgewicht und riss es mit einem weiteren kraftvollen Ruck mit sich zu Boden und in den Weg des Pferdes, das von der anderen Seite her auf ihn zurannte.

Beide Kreaturen prallten gegeneinander und fielen schwer zu Boden. Er beugte sich über eines der Pferde, um nach der Wache, die unter dem Tier begraben war und sich befreien wollte, zu greifen.

Er hatte nur einen kurzen Moment dafür Zeit, also griff er schnell nach dem Kopf des Mannes und riss ihn hart herum, bis er ein Knacken hörte. Das Tier versuchte, wieder auf die Beine zu kommen und als er von ihm abließ, wirbelte es eine Staubwolke um sie herum auf.

Durch den Staub hindurch entdeckte er die letzte Elite, die sich wieder aufgerappelt hatte und nun um sich herum nach ihrem hingefallenen Schwert suchte.

Sein Blick verweilte auf Skharr und beide Männer starrten sich einen Moment lang an, ehe sie sich bewegten. Der Mann versuchte, seine Waffe zu finden und der Barbar wollte ihn erreichen, bevor er sie finden konnte.

Jedoch konnte er in der Staubwolke etwas Stählernes aufblitzen sehen und er verzog das Gesicht, als eine Wunde an seinem Arm geöffnet wurde. Trotz des plötzlichen Schmerzes behielt er sein Momentum und die beiden Kämpfer fielen hin, wobei erneut Staub aufgewirbelt wurde. Während er noch im Sand lag, streckte der Krieger seine Hand aus und ergriff die Hand des Mannes, um ihn daran zu hindern, den Säbel erneut zu schwingen. Mit der anderen Hand riss er seinem Gegner den Helm vom Kopf, ehe er mit seiner Faust den Kiefer des Elitesoldaten traf. Mit einem langen, gekeuchten Atemzug stieß er sich auf die Beine.

Der Mann war benommen, war aber noch zum Kämpfen bereit. Skharr ging auf ihn zu und schlug ihm seine Fäuste ins Gesicht. Warmes Blut bespritzte seine Arme, seine Brust und sein Gesicht. Er bemerkte nicht, dass er am Schreien war, bis er nach unten blickte und sah, dass der Schädel des Mannes fast vollkommen zerstört war.

Es waren lediglich nur noch Schädelteile, Eingeweide und Blut, welches auch seine Hände bedeckte, sichtbar. Er holte tief Luft, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und kam langsam wieder zur Ruhe, während er das Resultat des Kampfes betrachtete. Die Pferde liefen nun davon, da sie vermutlich dem Kampf entkommen wollten, obwohl sich der Staub um ihn herum größtenteils gelegt hatte.

Nein, das ist es nicht. Nach einem Moment des Nachdenkens kniff er seine Augen in plötzlicher Besorgnis zusammen. Sie flüchteten nicht vor dem Kampf. Etwas anderes trieb sie fort.

Ein tiefes Brüllen durchdrang die Stille und klang wie Donner unter der Erde, als es an ihm vorbeizog.

»Oh … gottverdammte Scheiße. Möge dein Schwanz schrumpfen und zehntausend Aasläuse deine Genitalien befallen, Janus, du koboldfickendes, schlechtes Beispiel für einen Gott. Nein, verdammt noch mal nein.« Skharr knurrte, während er eilig seine Waffen aufsammelte. Die Pfeile, die er abgeschossen hatte und den zerbrochenen Speer ließ er liegen. Er nahm aber den Rest auf, als Pferd auf ihn zutrabte und laut wieherte.

Der Hengst wollte helfen. Natürlich wollte er das.

Er wollte das Tier verscheuchen. »Nein! Weg hier!«

Das Pferd schnaubte, blieb aber stehen, als der Barbar begann, in die Richtung des Prinzen zu rennen.

Er würde auf keinen Fall zulassen, dass das Tier in einen Kampf mit einem Drachen verwickelt wurde.