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9. September
P syche.
Die menschliche Psyche ist mir fremd, obwohl sie einen Teil, sogar einen großen Teil meiner selbst bestimmt. Ich habe viel über sie gelesen, über sie nachgedacht und mich mit ihr auseinandergesetzt, aber am Ende kam ich immer zu demselben Resultat: Es ist das Extreme, was die Psyche antreibt, was sie wirklich fördert und am Ende widerstandsfähig macht.
Eigentlich schlafe ich schlecht, aber gestern nicht. Gestern habe ich geschlafen wie ein Baby. Ein herrliches Gefühl. Ich bin zwar spät ins Bett gegangen und jetzt ist es 8 Uhr morgens, doch ich fühle mich fit.
Ich bin im Bad, jeden Tag stehe ich um diese Uhrzeit auf, wenn nicht sogar früher.
Das letzte Mal, dass ich mehrere Stunden am Stück geschlafen habe, war, als ich den anderen von der Liste getilgt habe. Der Tod dieser elenden Kerle schenkt mir also innere Ruhe, warum sonst sollte ich so gut schlafen? Aber noch habe ich nicht die vollkommene Ruhe erreicht, noch ist mein Werk nicht vollbracht.
»Damian, ich brauch dich noch eine Weile«, sage ich zu meinem Spiegelbild. Ich sehe dort nicht mich, sondern Damian, der so ganz anders ist als ich. Er ist mutig, tapfer und hat vor niemandem Angst, auch nicht vor seinen eigenen Dämonen.
Die eigenen Dämonen sind schlimm.
Aber ich weiß, dass das, was Damian tut, das Richtige ist. Diese Männer haben es nicht anders verdient, sie belügen die Menschen und das aus einem einzigen Grund: Um ihren eigenen Vorteil daraus zu ziehen. Aber Damian wird dieser Verlogenheit ein Ende setzen.
Ich ziehe mich aus und gehe unter die Dusche. Ich dusche kalt, schon seit sehr langer Zeit halte ich das so, denn nur so spüre ich mich und vergesse nicht. Die Kälte erinnert mich daran, wie die Menschen wirklich sind.
Ich glaube, ich mag die Menschen nicht.
»Nein, ich hasse sie!«
Im Gegensatz zu vielen anderen dusche ich kurz. Nicht etwa, weil ich an die Umwelt denke, was derzeit ja sehr im Trend liegt, sondern weil ich keinen Grund darin sehe, länger zu duschen. Sauberer wird man dadurch auch nicht.
Ich steige aus der Dusche, trockne mich ab, mache mich fertig und ziehe mich an. Dann gehe ich in die Küche und setze einen Kaffee auf.
Ohne Kaffee kann man mich vergessen. Er ist meine Droge. Ich trinke gerne Kaffee und davon reichlich, manchmal bis zu zehn Tassen am Tag.
Der Duft des frischgemahlenen Kaffees erfüllt meine Nase und ich kann es kaum abwarten, dieses kostbare dunkle Gebräu zu trinken. Im Gegensatz zu vielen anderen esse ich selten etwas zum Frühstück, in diesem Moment würde ich auch keinen Bissen herunterbekommen. Nein, mir reichen zwei Tassen Kaffee morgens vollkommen aus.
Endlich ist der Kaffee fertig und ich fülle meinen Becher. Logisch, dass ich ihn schwarz trinke. Nicht weil Schwarz meine Lieblingsfarbe ist, das wäre albern, oder weil ich glaube, dass die Menschen eine schwarze Seele haben, so wie ich, sondern weil er mir schwarz am besten schmeckt. Manchmal sind die Dinge ganz einfach.
Ich setze mich an den Tisch, starte den Laptop, nehme wieder einen Schluck aus dem Becher und surfe durchs Internet. Mich interessieren vor allem die Onlineseiten der Nachrichtensender. Immerhin habe ich gestern einigen von ihnen geschrieben oder sie angerufen, um sie auf mein neuestes Meisterwerk aufmerksam zu machen.
Wobei, ein Meisterwerk war es nicht gerade. Der Hund wurde aus nächster Nähe erschossen.
Ich muss schmunzeln über die Narren von den Medien, die nach meinen Beweggründen suchen. Irgendwie gefällt es mir, dass sie über mich schreiben, ohne mich zu kennen, allerdings nicht, weil ich gerne im Rampenlicht stehe. So ein Mensch bin ich nicht. Das Rampenlicht hat mich nie gereizt, im Gegensatz zu den Widerlingen auf meiner Liste, sie genießen ihre Bekanntheit als Politiker. Ich spüre Genugtuung, weil ich die Öffentlichkeit an der Nase herumführe und die Medien glauben, dass sie mich kennen.
»Was für Dummköpfe!«
Auch wenn es mir manchmal in den Fingern juckt, ihnen die Wahrheit zu sagen, muss ich sie noch im Unklaren lassen, aber es wird der Tag kommen, da wird die ganze Welt die Wahrheit erfahren. Es wird auch der Tag sein, an dem ich mit einem großen Knall aus diesem verhassten Leben scheiden werde.