Lili Hart betrat den weitläufigen Garten und atmete den Duft von taubedecktem Gras ein. Weiter hinten, halb versteckt von einer Gruppe Bäume, stand die Scheune, die ihre Eltern in die Tierklinik Helfende Pfote umgewandelt hatten. Lili zog eine ärmellose Weste über ihr grün gestreiftes Kleid und hob den Eimer mit Salatblättern hoch, der neben der Hintertür auf sie wartete. Sie hängte sich den Henkel über den Arm und ging zu einem umzäunten Gehege. Darin stand in einer der Ecken eine Holzkiste.
„Frühstück!“, rief Lili.
Eine pinkfarbene Nase mit Schnurrhaaren, die lustig zuckten, tauchte aus einer der Öffnungen in der Kiste auf – dann noch eine. Kurz darauf hoppelten drei Kaninchen auf Lili zu. Zwei hatten verbundene Pfoten und das dritte ein bandagiertes Ohr.
Lili öffnete die Deckklappe des Geheges und schüttete die Salatblätter in ein Schälchen.
„Lasst es euch schmecken“, sagte sie. Ihr dunkles kinnlanges Haar fiel ihr ins Gesicht. Lili schob eine Strähne hinter ihr Ohr und beobachtete die Kaninchen, die am Salat knabberten. „Es geht ihnen schon viel besser“, dachte sie. „Bald können sie zurück in ihren Bau.“
Aus dem Augenwinkel nahm Lili eine Bewegung bei den Häusern auf der anderen Straßenseite wahr. Eine Tür hatte sich geöffnet und ein blondes Mädchen in Jeansshorts, Leggings und pinkfarbenem Kapuzenpulli kam heraus.
Lili lächelte. Es war Jessi Forester – ihre beste Freundin!
Jessi sah nach links, dann nach rechts und noch einmal nach links, um zu prüfen, ob die Straße frei war, dann rannte sie zu Lilis Gartentür. Sie grinste Lili an, die auf sie zukam.
„Unser erster Ferientag!“, sagte Jessi, als die Freundinnen sich zur Begrüßung umarmten. „Weißt du, warum diese Ferien ganz besonders schön werden? Weil wir jeden Tag in der Tierklinik helfen dürfen!“
So wie Lili liebte auch Jessi Tiere über alles und war sehr froh, dass sie gegenüber von Familie Hart wohnte.
Lili klatschte in die Hände. „Dann lass uns anfangen! Die Kaninchen habe ich schon gefüttert, aber die anderen Tiere brauchen auch noch ihr Frühstück.“
Die Mädchen liefen an dem kleinen Wäldchen vorbei, wo die verletzten Rehe wohnten. Ein Rehkitz hüpfte vergnügt auf drei Beinen herum. Sein viertes Bein war eingegipst.
„Gestern hat Papa sein Bein verarztet“, erklärte Lili. „Ich habe ihm dabei geholfen.“
„Gute Arbeit!“ Jessi klopfte auf ihre Hosentasche, in der ein kleiner Zeichenblock und ein Stift steckten. „Ich werde das Kleine später zeichnen.“
Sie betraten die Scheune, in der es nach frischem Heu und Sägespänen roch.
Frau Hart stand neben einer Kiste. „Da kommen ja meine Helfer. Genau zum richtigen Zeitpunkt!“, sagte sie und lächelte. Ihre Hose war in ein Paar schlammverschmierte Gummistiefel gestopft und ihre dunklen Haare hatte sie zu einem unordentlichen Knoten gebunden. „Könnt ihr die jungen Füchse für mich füttern?“, fragte sie. „Die armen Kleinen wurden ganz verlassen aufgefunden.“
Lili nahm sich ein Paar dicke Handschuhe und Jessi fischte in ihrer Hosentasche nach einem Haargummi, um ihre Locken zusammenzubinden. Jetzt waren sie bereit!