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Einmal begonnen, schien der Winter nicht wieder enden zu wollen.

Die Kälte war so unausweichlich wie der Tod. Schon im Sommer hatte sich auf unerklärliche Weise der Himmel verdunkelt. Die Ernte verdarb. Früh im Herbst waren die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gesunken. Eis und Schnee legten sich unheilvoll über das ganze Land und begruben Mensch und Natur unter sich. Ein schier ewiger Winterschlaf begann. Gott – so schien es – hatte die Menschen verlassen.

Im Hartung, dem ersten Monat des Jahreslaufs, wurden die Äpfel in den frostigen Vorratskammern schrumpelig und verfaulten. Dann gingen den Menschen die Vorräte aus, und das Vieh schrie vor Hunger in den Ställen. Die Eiseskälte lähmte auch noch vier Wochen später das ganze Land. Allmorgendlich blickten die Menschen aus ihren Fenstern und sahen: Nachts hatte es erneut geschneit, und der Winter trug wieder ein knitterfreies Kleid.

Mit bangem Hoffen und Gebeten wurde der Frühling erwartet. Doch nichts geschah. Wann würde es endlich tauen? Mit der Schmelze drohte auch die alljährliche Verdammnis, dass das Hochwasser die Städte an den deutschen Flüssen überflutete. Angesichts des schier ewigen Winters herrschte große Furcht vor der zu erwartenden Flut, dem Zorn Gottes.

Und so nahm ein gottloses Grauen die gebeutelten Menschen im Rheinland in seinen Bann. Ein Grauen, so schrecklich, dass es nirgends verzeichnet wurde.

Dies trug sich zu im Schmelzmond im Jahre des Herrn 1784. Auf ausgelassenes Maskentreiben folgte die schwerste Naturkatastrophe jener Menschenzeit.