Kapitel 20

Die zehn größten Fehler von Lehrern im ersten Jahr

IN DIESEM KAPITEL

  • Fehler vermeiden, die den meisten neuen Lehrern passieren
  • Das Schuljahr in die richtigen Bahnen lenken
  • Einen Ruf als Profi aufbauen

Jeder macht Fehler. Kodak war der König der Fotografie und entwickelte sogar die erste Digitalkamera. Das Unternehmen war jedoch fest entschlossen, seine Energie auf physischen Film und Fotochemikalien zu konzentrieren. (»Was sollen die Leute denn machen? Sich Bilder auf Computern ansehen? Bitte!«)

Blockbuster Video, einst ein landesweiter Gigant, hatte die Möglichkeit, ein kleines Unternehmen namens Netflix aufzukaufen, das seinen Kunden DVDs per Post schickte. Als Netflix 50 Millionen Dollar verlangte, wurden sie von Blockbuster ausgelacht (»Die Leute müssen wegen der Filme zu Blockbuster kommen! Wie sollen sie sie denn sonst bekommen? Online? Ha!«) Heute gibt es Blockbuster nicht mehr, und Netflix ist mehr als das 600-Fache des vorgeschlagenen Übernahmepreises wert.

Als Lehrkraft im ersten Jahr werden Sie viele Fehler machen, aber hoffentlich wird keiner davon als Aufmacher auf einer Titelseite erscheinen. In diesem Kapitel informieren wir Sie über die zehn schwerwiegendsten Fehler, die Lehrkräfte im ersten Jahr machen und von denen sie sich am schwersten erholen.

Zu früh zu freundlich werden

Vielleicht möchten Sie einfach nur Sie selbst sein, die witzige, kluge, freundliche und aufmerksame Person, wie sie alle Ihre Freunde kennen und lieben. Es schmerzt Sie, dass Sie jemand sein müssen, der Sie in Wirklichkeit nicht sind: strenger, unnachgiebiger und ein bisschen militanter. Aber wenn Ihre Kinder wissen, dass Sie das Sagen haben, wird der Rest des Jahres viel glücklicher für Sie verlaufen.

Junge Eltern haben es schwer, wenn ihre Babys zum ersten Mal nach Hause kommen. Der Schlafmangel, die ständige Wachsamkeit und die endlose Kaskade voller Windeln reichen aus, um die Entscheidung, eine Familie zu gründen, infrage zu stellen. Doch sobald die Babys nachts durchschlafen, verblassen diese schwierigen Erinnerungen. Ihre Schüler werden bald dasselbe über Disziplin denken. Wenn Sie erst einmal die Kontrolle über Ihre Klasse haben und lockerer werden, werden alle bald Ihren weniger nachsichtigen Zwilling vergessen, der sich in den ersten Monaten an die Regeln gehalten hat.

Aus den falschen Gründen Lehrer werden

Auf dem Papier sieht ein Job als Lehrer wie ein Kinderspiel aus. Sie müssen nicht einmal acht Stunden am Tag arbeiten, und egal, was passiert, Sie haben im Sommer immer frei! In Wirklichkeit geht Ihr Arbeitstag aber weit über die Zeit hinaus, die Sie im Schulgebäude verbringen. Die Planung, die Benotung, die Stunden nach der Schule, die emotionalen und körperlichen Belastungen und die politischen Ärgernisse, die Sie ertragen müssen, summieren sich zu genauso viel Arbeit und Stress wie bei einem normalen Angestellten, wenn nicht sogar noch mehr – nur eben in einer höheren Konzentration. Auch wenn Sie gern unterrichten, ist es ein harter Job – der so viel Durchhaltevermögen erfordert, wie Sie sich kaum vorstellen können.

Unvorbereitet in die Schule kommen

Auch wenn es beruhigend ist, dass sich Ihr Tagesablauf so oft wiederholt, können Sie nie sicher sein, dass er so vorhersehbar ist, wie Sie es erwarten. Ständig kommen Kleinigkeiten dazwischen, und wenn Sie Ihre Unterrichtsentwürfe noch am selben Tag fertigstellen müssen, an dem Sie sie unterrichten, ist das die beste Voraussetzung für eine Katastrophe. Vergewissern Sie sich, dass Sie für den gesamten Schultag bestens vorbereitet sind, bevor Sie morgens das Haus verlassen. Da die Planung viel Zeit in Anspruch nimmt, vor allem für Klassen, die Sie noch nie unterrichtet haben, müssen andere Dinge (wie die Notengebung und das soziale Leben) manchmal bis zum Wochenende warten.

Vor dem Nachdenken reagieren

Die Zeiten der Kurzschlussreaktionen sind vorbei. Als Profi müssen Sie sich von der traditionellen »Aktion-Reaktion«-Abfolge trennen. Wenn Sie mit einer potenziell explosiven Situation konfrontiert werden (eine, die Sie dazu bringt, schreien zu wollen, bis die Vene in Ihrem Kopf hervortritt und Ihre Augen wulstig werden), ist es am besten, Ihre Augen zu schließen, tief durchzuatmen und den auslösenden Schüler aus dem Raum zu schicken, bis Sie ein paar Minuten Zeit hatten, Ihre Wutinstinkte zu unterdrücken. Versuchen Sie, Ihr Leben im »Aktion-Denken-Reaktion«-Modus zu leben, damit der Fokus im Nachhinein auf dem Kind liegt, das sich daneben benommen hat, und nicht auf Ihrer schlechten Reaktion auf die Situation.

Keinen Rückzieher machen, wenn man im Unrecht ist

Unser letzter Tipp war, nachzudenken, bevor Sie reagieren, aber das wird Ihnen nicht immer gelingen. Wenn Sie einen öffentlichen Fehler machen, müssen Sie sich auch öffentlich entschuldigen. Sie sind nicht perfekt (glauben Sie mir, Ihre Kinder wissen das bereits), also tun Sie nicht so. Seien Sie authentisch, seien Sie transparent und seien Sie ehrlich. »Als Amie gestern eine unflätige Bemerkung machte, verlor ich die Beherrschung. Obwohl Amies Verhalten nicht angemessen war, war auch meine Reaktion nicht angemessen, also möchte ich mich bei ihr vor allen entschuldigen, weil ich sie auch vor allen angeschrien habe. Das ist nicht die Art und Weise, wie ich möchte, dass wir miteinander kommunizieren. Wenn du mit den Dingen im Unterricht unzufrieden bist, darfst du diese Gefühle haben, aber ich werde besser darauf reagieren, wenn du nach dem Unterricht mit mir unter vier Augen sprichst. Lass uns also heute neu anfangen und gemeinsam vorwärtsgehen.«

Den Blick in den Spiegel vernachlässigen

Eigentlich sollte es in dieser Liste um schwerwiegende Fehler gehen, aber wir wollen auch einen einbauen, der nicht ganz so schwerwiegend ist. Schauen Sie in den Spiegel, bevor Sie zur Schule gehen, und nachdem Sie die Toilette benutzt haben! Achten Sie vor allem auf potenziell störende Dinge wie riesige Pickel, Reißverschlüsse, die offen sind, und Hemden, die falsch zugeknöpft sind.

Ich weiß noch, wie der örtliche Fernsehsender NBC in unsere Schule kam, um eine Lehrerin zu interviewen, die einen besonderen medizinischen Notfall erlitten hatte. Die Produzenten erkundeten die Schule und sahen sich alle Klassenzimmer an, um einen geeigneten Interview-Ort zu finden. Sie entschieden sich für mein Zimmer, und ich glaube, das lag daran, dass alle meine Pflanzen und Dekorationen so schön waren. An dem Tag, an dem die Dreharbeiten stattfanden, trug ich ein hübsches Kleid mit hübschen Schuhen, um die Fernsehproduzenten und die Herzchirurgen zu treffen, die alle in meinem Zimmer saßen. Außerdem trug ich an diesem Tag etwas, das ich meinen »Gummipopo« nenne – eine kleine Silikonprothese, die an meinen Unterhosen befestigt ist, und die dafür sorgt, dass der Saum meines Kleides dort bleibt, wo er sein soll. Frauen, die dies lesen, werden wissen, wovon ich spreche.

Jedenfalls beschloss ich, auf die Toilette zu gehen, um mich vor den Gesprächen frisch zu machen, aber ich nahm mir nicht genug Zeit, um mich im Spiegel zu betrachten, bevor ich zurück in mein Zimmer ging. Ungefähr auf halbem Weg durch den Flur hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Ich spürte zu viel Wind an meinen Oberschenkeln, aber ich schob den Gedanken beiseite. Trotzdem fühlte sich etwas nicht richtig an. Ich spürte ein seltsames Zischen hinter mir, und ich konnte nicht herausfinden, was es war. Als ich um die Ecke zu meinem Zimmer ging, dämmerte es mir. Der gesamte hintere Teil meines Kleides steckte in meinem Gummipopo. Mit einer Hand winkte ich dem Herzchirurgen, der in der Tür meines Klassenzimmers stand, und mit der anderen Hand zog ich mein Kleid aus der Unterwäsche. Ein erhebender Moment!

Sich von den Kollegen distanzieren

Ein Gerücht, das wir immer wieder von angehenden Lehrern und Lehramtsstudenten hörten: »Geh nicht ins Lehrerzimmer, denn dort treiben sich böse Lehrer herum, die nach Seelen zum Verschlingen suchen. Ich möchte nicht abstumpfen, also meide ich den Aufenthaltsraum ganz und gar.« Dieser Ratschlag kursierte, als wir noch Lehrer in der Ausbildung waren, und hat sich in aller Stille zu einer allgegenwärtigen Weisheit entwickelt.

Vergessen Sie nicht, dass ein erfolgreicher Mitarbeiter in jedem Unternehmen auch mit seinen Kollegen auskommen muss. Unterrichten ist ein Teamsport. Verbringen Sie auf jeden Fall einige Zeit im Lehrerzimmer – fühlen Sie sich aber nicht gezwungen, sich an Klatsch und Tratsch zu beteiligen. Versuchen Sie, das Gespräch subtil in eine positivere Richtung zu lenken, wenn Sie können. Wenn Sie erst einmal wissen, wer in Ihrer Schule wer ist, können Sie Ihre Zeit besser einteilen und sich mit den Optimisten statt mit den Pessimisten treffen.

Handeln wie Ihre Kinder

Ihre Aufgabe ist es, die Kinder an Ihren Reifegrad heranzuführen und nicht, selbst auf den ihren zurückzufallen. Natürlich wollen Sie eine Beziehung zu Ihren Schülern aufbauen, aber das kommt mit der Zeit von selbst – es sollte nicht Ihr oberstes Ziel sein. Wenn Ihre Schüler zu sehr das Gefühl haben, Sie seien einer von ihnen, werden sie Sie auslachen, wenn Sie versuchen, sich durchzusetzen.

Hier ist ein guter Test, um herauszufinden, ob Sie als professioneller Erwachsener oder nur als »einer aus der Clique« auftreten: Würden sich Ihre Schüler unwohl fühlen, wenn sie Sie beim Vornamen nennen? Wenn ja, dann haben Sie die immaterielle Trennung hergestellt, die für eine gute Klassenleitung erforderlich ist.

Selbst nicht tun, was man predigt

Achten Sie auf Doppelmoral. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie einen Lehrer hätten, der sehr sarkastisch ist und Sie gern neckt, aber wenn Sie versuchen, ihn zu necken, Sie wegen »Respektlosigkeit« und »Ungehorsam« ins Direktorat schickt? Wenn Sie austeilen, sollten Sie auch bereit sein, von Ihren Schülern einzustecken. Wenn Sie versuchen, die Aufmerksamkeit eines Schülers zu erregen, indem Sie ihm einen Filzstift zuwerfen (was nie eine gute Idee ist), sollten Sie darauf gefasst sein, dass dieser zurückgeschleudert wird. Im Grunde genommen sollten Sie im Unterricht nichts tun, wofür Sie einen Schüler bestrafen würden.

Vergessen, dass Kinder nur Kinder sind

Ganz gleich, wie gut Ihre Beziehung zu Ihren Schülern ist und wie lange Sie gebraucht haben, um ein gutes Verhältnis zu Ihren Klassen aufzubauen, Kinder können verletzend sein. Sie werden nach einem schrecklichen Arbeitstag nach Hause fahren und sich fragen, ob Sie Ihre Schüler erreichen. »Wie können sie sich so schlecht benehmen, wo ich mich doch so sehr bemühe, den Unterricht interessant und lustig zu gestalten«, werden Sie sich fragen. »Wird es von jetzt an nur noch schlimmer werden?«

Sie arbeiten nicht mit Erwachsenen, und egal, wie gut Sie als Lehrer sind, an manchen Tagen benehmen sich die Kinder einfach wie Idioten. Die meiste Zeit halten Erwachsene inne und denken über die Auswirkungen und Konsequenzen ihres Handelns nach. Kinder tun das nicht. Egal, wie viele gute Fortschritte Sie gemacht haben, vergessen Sie nie, dass es immer noch Kinder sind, die ab und zu ein wenig Mist bauen werden.