Als ich im Sommer 2022 gefragt wurde, ob ich mir nicht vorstellen könnte ein Buch übers Energiesparen zu schreiben, da war mein erster Gedanke: Gibt es nicht schon genug davon und braucht es wirklich noch ein weiteres? Ihr müsst nämlich wissen, ich sammle seit den 1990er Jahren alles, was mir zum Thema Energiesparen in die Finger kommt. In meiner Sammlung gibt es auch mehrere Dutzend Energiesparbücher. Nach einer kurzen Bedenkzeit bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass kaum ein Buch in meiner Sammlung von einem Energieberater oder einer Energieberaterin geschrieben wurde und wenn doch, sind die Inhalte genau so, wie man das von Technikern oder Ingenieurinnen gewohnt ist. Sie sind eben sehr technisch. Und sie sind voll mit irgendwelchen Zahlen, die man nur teilweise versteht, und wenn man sie verstanden hat, sind sie schon wieder veraltet.
Daher wusste ich schnell, wenn es noch ein zusätzliches Energiesparbuch geben soll, dann muss es sich von den anderen Büchern in meiner Sammlung unterscheiden. Klar darf die Technik eine Rolle spielen und klar darf auch mal eine Zahl genannt werden. Aber eines stand auch fest: Es soll kein Buch eines Ingenieurs für andere Ingenieure und Ingenieurinnen werden. Es sollte eher ein Buch für all die Menschen sein, die möglicherweise keine einschlägigen technischen Vorkenntnisse haben, aber dennoch nach einer Idee oder zukunftsfähigen Lösung für ihr Haus oder ihre Wohnung suchen. Daher ist dies ein Buch, das sich in erster Linie an Laien richtet. Wenn ihr also keine Ahnung habt, seid ihr hier genau richtig. Wer versehentlich doch Ahnung hat, darf dennoch weiterlesen.
Denn der Bedarf an Energiesparinformationen war selten so groß wie heute. Zwar sind schon 1969 Menschen zum Mond geflogen, aber hier auf der Erde leben wir zu einem Großteil in Häusern, die energetisch kaum besser sind als die Höhlen unserer steinzeitlichen Vorfahren. Einziger Unterschied: Wir haben heute Haustüren und elektrisches Licht. Zwischen den energetischen Höhlenwohnungen, in denen die meisten von uns unterkommen, und den energetisch besten Häusern liegt der Unterschied beim Energieverbrauch pro Quadratmeter bei Faktor zehn. Das bedeutet, dass wir in einem Haus mit hohem Verbrauch pro Quadratmeter so viel Heizenergie benötigen, dass wir damit in einem besseren Haus fünf bis zehn Quadratmeter warm bekämen. Für alle Menschen, die in einer solchen Höhle leben, kann sich das durchaus zu einem Problem entwickeln.
Das Desaster macht an der Haustüre nicht halt. Der hohe Wärmeenergieverbrauch von Gebäuden führte ganze Staaten in Mitteleuropa schleichend in Energieabhängigkeiten, die uns erst durch die aktuelle Gaskrise wieder so richtig bewusst wurden. Und dann ist da ja auch noch die Klimakrise, die alte Spielverderberin.
Energiekosten, Energieabhängigkeit, Klimaerwärmung – es hilft alles nichts, wir müssen uns mit unseren Gebäuden beschäftigen, damit warme Zimmer in Zukunft kein Luxusgut werden, damit wir als Staaten unabhängiger und Energiekrisen unwahrscheinlicher werden und damit unser Planet für unsere Häuser und ihre Bewohnerinnen und Bewohner, um die es hier vor allem geht, auch in Zukunft ein lebenswerter Ort bleibt.
Damit das funktionieren kann, muss man wissen, dass wir uns nicht mehr nur allein auf die Fachleute verlassen können. Bereits die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Bedarf an guten Informationen und Beratung stark zugenommen hat. Gleichzeitig sind die Expertinnen und Experten in Energieberatung und Handwerk kaum noch in der Lage, des Ansturms Herr zu werden. Ich gehe daher davon aus, dass ihr in Zukunft, viel mehr noch als in der Vergangenheit, Entscheidungen hinsichtlich eurer Wohnhäuser treffen müsst, ohne vorher mit jemandem mit Erfahrung und Expertise gesprochen zu haben. Die Frage, was ihr und in welcher Reihenfolge ihr es tun müsst, um euer Wohnhaus fit für die Zukunft zu machen, werdet ihr mit einer hohen Wahrscheinlichkeit selbst beantworten müssen. Denn wenn morgen die Heizung unerwartet kaputtgeht, ist kaum damit zu rechnen, dass ausreichend Zeit bleibt, um fünf Alternativen auf Machbarkeit und Zukunftsfähigkeit zu prüfen. In einem solchen Fall muss schnell entschieden werden, und schnelle, unter Zeitdruck getroffene Entscheidungen sind selten die bestmöglichen Entscheidungen.
Auf diese besonderen Herausforderungen möchte ich mit diesem Buch reagieren. Es soll euch befähigen, gute Entscheidungen für eure Häuser und Wohnungen zu treffen, indem ich versuche, euch ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie Gebäude funktionieren. Ich möchte, dass ihr versteht, was eine hoher und was ein niedriger Verbrauch ist und wie ihr euer eigenes Haus oder eure Wohnung entsprechend einordnen könnt. Ich werde zeigen, wie und wo die Wärme in Gebäuden verloren geht und welche Möglichkeiten ihr habt, die Wärmeverluste zu reduzieren. Und klar, ich werde auch mit einigen Energiesparmythen aufräumen.
Was ihr in diesem Buch vermissen werdet, sind Aufforderungen oder Appelle. Ich setze für jeden Menschen, der dieses Buch bis an diese Stelle gelesen hat, voraus, dass eine zusätzliche Motivation von meiner Seite nicht erforderlich ist. Für euch Motivierte hält dieses Buch Informationen bereit, die es euch ermöglichen, brauchbare Entscheidung für die Zukunft eurer Immobilie zu treffen – und das auch, wenn ihr diese nicht selbst besitzt. Auch dann könnt ihr mit dem hier erworbenen Wissen viel bewirken.
Dabei verzichte ich weitgehend darauf, konkrete Zahlen für Kosten oder Wirtschaftlichkeit zu nennen. Das hat einen einfachen Grund. Diejenigen, die in den vergangenen 20 Jahren eine Energieberatung in Anspruch genommen haben und nur die damals als wirtschaftlich geltenden Maßnahmen umgesetzt haben, werden sich heute in den Allerwertesten beißen. Die über fast 40 Jahre annähernd konstanten und erstaunlich stabilen Brennstoffkosten haben uns glauben lassen, es werde immer so bleiben. So haben Wirtschaftlichkeitsberechnungen in der Vergangenheit Abertausende Maßnahmen verhindert, die heute höchst wirtschaftlich wären. Dumm nur für die Betroffenen, dass ein nachträgliches Ausbessern dieser Fehlentscheidungen erst nach Jahrzehnten wieder möglich ist. Wenn jemand vor zwei Jahren eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Energiesparmaßnahme erstellt hätte, wäre diese heute wertlos. Die Halbwertszeit von Wirtschaftlichkeitsberechnungen ähnelt denen von Myonen (kosmische Elementarteilchen, die eine Lebensdauer von wenigen Mikrosekunden haben). Im Vergleich dazu erreichen Eintagsfliegen ein biblisches Alter.
Fakt ist, jede Maßnahme, mit der wir unsere Energieabhängigkeit reduzieren, ist eine höchst lohnende. Es gilt daher nicht auf Basis von irgendwelchen heutigen Zahlenannahmen eine theoretische Wirtschaftlichkeit der Zukunft zu ermitteln. Sinnvoller ist es zu verstehen, wie ein Haus funktioniert, wie man die großen energetischen Probleme erkennt und wie man geeignete Energiesparmaßnahmen definiert und entsprechend priorisiert. Wer so vorgeht, wird immer und automatisch die wirtschaftlichsten Maßnahmen voranstellen und das bestmögliche und wirtschaftlichste Ergebnis erzielen.
Ich werde euch nach Kräften nur sehr selten mit Zahlen und komplizierter Fachterminologie quälen. Ganz ohne Fachbegriffe wird es aber nicht gehen. Manchmal werden neue Begriffe direkt im Text erläutert, manchmal aber auch nicht. Daher gibt es für die schlimmsten Fachbegriffe ein kleines Lexikon (Glossar) am Ende des Buchs. Immer dann, wenn ein Fachbegriff aus dem Glossar im Text das erste Mal verwendet wird, ist dieser kursiv geschrieben. Damit habt ihr die Möglichkeit, bei Bedarf im Glossar nochmal nachzuschauen, wenn ihr ein Wort noch nicht kennt oder nicht versteht.
In den jeweiligen Kapiteln findet ihr außerdem regelmäßig QR-Codes. Diese verlinken zu diversen Energiesparvideos auf meinem Kanal ENERGIESPARKOMMISSAR. Geht es im Buch zum Beispiel um das Thema Tauwasser und Schimmel, findet man den Link zum thematisch passenden Video als QR-Code direkt auf den entsprechenden Seiten. Die Videos gehen dabei etwas weiter in die Tiefe, als es mir im Buch wegen der Themenfülle möglich war. Die Filmbeiträge sind eine wertvolle Ergänzung und Unterstützung einiger im Buch behandelter Themen. Wenn ihr die Videos noch nicht kennt, solltet ihr natürlich auf jeden Fall mal auf meinem Kanal vorbeischauen. Es gibt Leute, die sagen es lohnt sich.
Schluss mit dem Gebabbel.
Los geht’s.
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Energiesparkommissar