67 | DI 8.11.1983
Marion stand am Fenster zum Hinterhof und schüttelte den Kopf. Sie trug BH und Unterhose. «Du hast den einfach laufenlassen.»
Otto setzte sich im Bett auf, nackt. «Das ist nicht mein Fachgebiet. Ich bin Mord.»
«Du bist Polizei.»
«Ja, und ich weiß, wie der Kerl arbeitet und wo er seine Sachen verkauft. Das ist mehr, als wir letzte Woche hatten.»
«Hast du es deinen Kollegen erzählt?»
«Von den Eigentumsdelikten? Nein.»
«Warum nicht?»
«Weiß nicht. Du hast mich gebeten, mir das mal anzusehen. Und das hab ich getan.»
«Ich wusste gar nicht, dass so etwas passiert in der DDR
«Oh, da könnte ich dir Geschichten erzählen.» Otto stand auf und kletterte in seine Unterhose. Dann stellte er sich hinter Marion und legte seine Arme um sie.
«Da», sagte Marion und zeigte auf ein mattes Fenster auf der anderen Seite des Hofes. «Manchmal hab ich den Eindruck, da ist jemand und guckt hier rein.»
«Aber du hast gesagt, da wohnt keiner.»
«Da wohnt auch keiner. Aber eben haben sich die Gardinen bewegt.»
«Der Wind?»
«Wie soll denn der Wind in die Wohnung kommen?»
«Offene Fenster? Offene Türen?»
«Aber du passt ja auf, wenn du hier reinkommst, oder?»
«Ja.» Otto schob seine Hand in die Unterhose von Marion. Marion zog sie wieder raus. «So, wie wir das verabredet haben. Immer durchs Nebenhaus, immer durch die kaputte Mauer.»
«Und du achtest immer darauf, dass dich keiner sieht?»
«Klar. Aber komplett verhindern kann man das ja nicht.»
«Hmhm.»
«Und ich komme ja auch nicht jeden Tag. Eher einmal die Woche. So sehr kann das ja nicht auffallen.»
«Und die Leute hier im Haus arbeiten ja auch alle.»
«Eben.»
«Was meinst du, macht der Bücherdieb?»
«Als Beruf?» Otto löste sich von Marion, zog sich weiter an.
«Ja. Jeder macht doch irgendwas.»
«Manche nicht.»
«Asoziale?»
«Leute wie der eben.»
«Und der lebt vom Bücherstehlen?»
«Auf jeden Fall verdient er damit Geld.»
«Und das Antiquariat? Das müssen die doch sehen, dass die Bücher neu sind.»
«Werden sie auch.» Otto war angezogen und betrachtete Marion, wie sie ihre Bluse inspizierte.
Sie fuhr mit einem Finger über eine Stelle, steckte ihn dann kurz in den Mund und rieb noch einmal darüber. Dann zog sie die Bluse an. «Und du machst da gar nichts?»
«Erst mal nichts. Ich guck mir den bestimmt noch mal an. Und überlege mir was.» Otto sah auf die Uhr. «Du, ich muss los.» Sie umarmten sich, und er verließ die Wohnung.