77 | SO , 20.11.1983
«Um diese Jahreszeit sieht das halt anders aus», sagte Otto. Sie saßen zu fünft im Lada, hatten gerade Saalfeld hinter sich gelassen und fuhren auf Schwarza zu. Es war kaum vier Uhr, aber fast schon dunkel, und es nieselte. «Ihr müsst euch das jetzt alles mal im Sommer und bei gutem Wetter vorstellen.»
Der Bungalow am Hohenwarte-Stausee, den sie sich angesehen hatten, war aus Holz und ganz gut in Schuss. Zwei etwas enge Schlafzimmer gab es, vor allem die Kinder würden zusammenrücken müssen, dafür war der Raum mit Küche und Sitzecke recht groß. Und von der Terrasse hatte man einen schönen Blick auf einen Arm des Stausees. Otto hatte schon bessere Hütten gesehen, aber nicht viele.
Birgit wandte sich zu den Kindern um. «Wenn wir da einen Bungalow haben, können wir am Wochenende hin, und ihr könnt am Wasser spielen. Und ich koche euch was Leckeres.»
«Das muss natürlich mit Mamas und Papas Arbeitszeit zusammenpassen», sagte sie noch.
«Ja … Und es ist ganz schön weit weg», sagte Otto, als ein Trabant vor ihnen am Bahnhof von Schwarza abrupt bremste. Er brachte den Lada zum Stehen und blickte dann zur Seite. Hier waren diese Kerle eingestiegen. Sechs Wochen war das schon her. Aber ein paar Dinge wusste er jetzt über sie. Über einen von ihnen jedenfalls. Was hatte er noch sagen wollen? Ah, der Bungalow. «Das sind fast hundert Kilometer bis zum Stausee.»
Als die Straße wieder frei war, beschleunigte er den Wagen schneller als sonst. Er bemerkte Birgits Blick und ging mit dem Fuß wieder vom Gas. Die Kinder, klar.
«Und wir können dann im Sommer auch mal eine Woche oder zwei dableiben», sagte Birgit noch. «Da können wir Urlaub machen und müssen gar nicht zurück nach Hause.»
«Wenn wir beide Urlaub haben», sagte Otto und bemerkte, dass er doch wieder über der erlaubten Geschwindigkeit fuhr. Es war nicht viel los auf der Landstraße hinter Rudolstadt. Und er hatte gerade einen Plan gefasst. Dafür musste er seine Familie rechtzeitig zu Hause abliefern. Birgit hatte sich nach hinten gebeugt und war mit den Kindern beschäftigt, also beschleunigte er noch etwas. Eine Viertelstunde etwa, und sie wären zu Hause. Dann hat er noch genug Zeit, um zurückzufahren. Der erste der Züge, die in Saalfeld starteten, sollte kurz nach 17 Uhr in Schwarza halten. Das sollte er schaffen.