85 | DO 1.12.1983
«Er ist erstickt.» Günter saß über seinen Zettel gebeugt und referierte. «Das wissen wir jedenfalls. Druckstellen an der Nase und über der unteren Gesichtshälfte. Und er ist ausgezogen worden», er sah kurz auf, «oder hat sich ausgezogen, bevor er gestorben ist.»
«Dann ist das also», Rolf redete in Günters Satz hinein, «was Sexuelles.»
«Du weißt so gut wie wir alle, dass wir dazu mehr brauchen.» Günter rückte seine Lesebrille zurecht und starrte über ihre Ränder hinweg Rolf an.
«Du weißt aber auch, dass wir mit dem, was wir haben, arbeiten müssen.» Rolf zog seine Mundwinkel kurz hoch.
«Ja, Rolf, danke», sagte Heinz und stand von seinem Platz auf. «Das haben wir ja gerade auch alles gehört. Wenn der Junge nicht die ganze Nacht da gelegen hat, dann muss er irgendwo die Nacht verbracht haben, angezogen oder nackt, freiwillig oder nicht. Nur wissen wir dazu eben gar nichts. Er ist zuletzt am Abend gesehen worden. Und da müssen wir weiter ansetzen. Vorschläge?», sagte er, stand auf und fing an, hinter seinem Schreibtisch auf und ab zu gehen.
Otto setzte sich auf. «Es ist so früh dunkel, halb fünf oder so, und da ist so viel Wald, der kann überall gewesen sein. Bei einem Freund … Na gut, dann hätte sich der gemeldet. In einem Garten oder einem Bungalow. Da gibt es ja ein paar. Und es wird ja auch erst nach halb acht morgens hell. Das ist eine lange Zeitspanne. Fünfzehn Stunden. Wir müssen da ansetzen, wo wir ihn zuletzt haben. Und das ist …»
«Wir müssen einfach weitersuchen.» Heinz blieb beim Reden stehen. «Das ist ein Junge. Der muss doch aufgefallen sein. Ein Kind verschwindet nicht.»
Aber gesehen hatte ihn auch niemand, den Jungen, dachte Otto. Oder nichts darüber erzählt.