Liebe Leserin, lieber Leser ...
»Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.« Mit diesem Zitat von Karl Valentin möchten mein Co-Autor Dr. Christian Reisinger und ich Ihnen ganz fest versprechen, Sie nicht noch ein weiteres Mal über die Ursachen und Folgen des Klimawandels aufklären zu wollen. Darüber haben renommierte Wissenschaftler, Experten, Politiker und Aktivisten in den letzten 50 Jahren schon sehr viel geschrieben, insbesondere seit Erscheinen des Berichts an den Club of Rome mit dem Titel Die Grenzen des Wachstums im Jahr 1972. Es gibt kaum ein aktuelles Themenfeld, zu dem so viel Wissen und Evidenz existiert wie zum menschengemachten Klimawandel. Wir wissen, dass wir handeln müssen, wir erleben und kennen die Folgen, und doch tun wir im Verhältnis zu dem, was wir tun müssten, viel zu wenig.
Aber warum ist das so? Die Verhaltensforschung nennt dieses weitverbreitete Phänomen der Lücke, die zwischen Wissen und Handeln klafft, Knowing-Doing-Gap. Und genau dieses Paradoxon hat uns angetrieben, das Buch Klimakurve kriegen zu schreiben.
Unsere Gesellschaft befindet sich in einem permanenten Krisenmodus, und es scheint immer schwieriger zu werden, dieses Knowing-Doing-Gap zu schließen und endlich ins Handeln zu kommen. Vielleicht sind wir von der enormen Größe der Aufgaben schlicht überfordert. Eingeschüchtert verharren wir reglos wie das Kaninchen vor der Schlange. Anders ausgedrückt: Wir befinden uns in einer Veränderungskrise, die viele Themen umfasst – Klima, Krieg, Energie, Wasserknappheit, Wetterextreme bis hin zu Inflation und einer Wirtschaft im Sinkflug. Das Problem ist: Die Menschen mögen keine Veränderungen und Krisen schon gleich gar nicht. Wie bringen wir also das Kaninchen, das reglos auf die Schlange starrt, endlich dazu, sich zu bewegen und in die richtige Richtung zu laufen? Wie können wir das Knowing-Doing-Gap überwinden? Zur Beantwortung dieser Fragen wollen wir mit Klimakurve kriegen einen Beitrag leisten. Und zwar aus der Praxis für die Praxis.
Dr. Christian Reisinger und ich kommen aus der mittelständischen Wirtschaft und beschäftigen uns seit vielen Jahren damit, Geschäftsmodelle nachhaltig zu transformieren. Wir haben lernen müssen, mit bürokratischen Hürden und regulatorischem Chaos umzugehen sowie festgefahrene Überzeugungsbarrieren zu überwinden. Im eigenen Betrieb und in der Beratung anderer Unternehmen.
Auf Basis dieser Erfahrungen wollen wir Sie alle – egal, ob Sie für Ihr Unternehmen oder privat Entscheidungen treffen – mit unserem Buch ermutigen und einladen, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Betrachten wir die Herausforderungen also nicht aus dem Problemblickwinkel, sondern aus der Möglichkeitenperspektive. Nutzen wir dabei zuallererst die Hebel, die uns heute schon zur Verfügung stehen. Sie werden erstaunt sein, wozu wir allein damit schon jetzt gemeinsam in der Lage sind.
Wir haben die Kapitel entsprechend dem Bundes-Klimaschutzgesetz in die darin enthaltenen fünf Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr sowie Ernährung und Landwirtschaft gegliedert. Da jedoch die alleinige Einsparung von CO2 nicht ausreichen wird, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, haben wir noch ein sechstes Kapitel ergänzt: CO2-Senken. Hier geht es um Möglichkeiten und Technologien, wie wir CO2 wieder aus der Atmosphäre entnehmen und dauerhaft speichern können. Wir beschreiben in jedem Kapitel des Buches nicht nur, wie der aktuelle Stand der Dinge ist, wir zeigen auch auf, welche Ziele angegangen werden müssen, was wir als Privatpersonen und als Unternehmen aktiv tun können und wie viel das jeweilige Handeln zur Reduktion von Treibhausgasen beiträgt. Es geht nicht um Aktionismus, sondern um Wirkung.
Aus unserer Praxiserfahrung heraus sind wir von dem Paretoprinzip überzeugt. Dieses besagt, dass wir mit 20 Prozent des Aufwands bereits 80 Prozent eines Ziels erreichen können – natürlich mit den richtigen Prioritäten. Das gilt auch für das Thema Klimaneutralität: Wenn jede und jeder Einzelne nur jeweils 20 Prozent Aufwand investieren würde, wären bereits 80 Prozent der Strecke zum Ziel geschafft. Es ist ein bisschen so wie beim Hürdenlauf: Es geht nur Hürde für Hürde. Aber Sie werden merken, es geht. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir in unserer Gesellschaft viel mehr Zustimmung, Handlungs- und Veränderungsbereitschaft hätten, wenn wir uns den Netto-Null-Emissionen im Jahr 2045 in kleineren Etappen mit realistischen Teilzielen nähern würden.
Wenn wir es zudem schaffen, gemeinsam eine Dynamik zu entwickeln und Etappe für Etappe mehr Zustimmung und Mitstreiter zu gewinnen, rückt das Ziel in greifbare Nähe.
Wir wünschen Ihnen viel Inspiration beim Lesen und hoffentlich die eine oder andere neue Erkenntnis.
Ihr Peter Blenke