Wo wir stehen

Energie ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Wie selbstverständlich schalten wir täglich das Licht an, freuen uns über eine warme Dusche, lassen Kaffee durch die Maschine laufen, lesen die Nachrichten auf unserem Smartphone, fahren mit dem Auto, dem E-Bike oder dem Zug zur Arbeit, bedienen dort Computer oder Maschinen ...
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Doch Strom kommt nicht einfach aus der Steckdose, sondern muss erst einmal erzeugt werden. Seit Beginn der Industrialisierung – mit der Patentierung der von James Watt verbesserten Dampfmaschine 1769 – geschieht dies hauptsächlich durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Dabei wird CO2 ausgestoßen, das in die Atmosphäre gelangt und den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt. Die schwerwiegende Folge ist: Die Erde erwärmt sich zunehmend – mit verheerenden Auswirkungen für Mensch, Natur, Umwelt und Klima. Die Förderung fossiler Energie ist damit die eigentliche Ursache des menschengemachten Klimawandels.
Deutschland ist heute für etwa zwei Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Das mag zwar wenig klingen, doch bedenkt man, dass Deutschland nur circa ein Prozent der Weltbevölkerung stellt, bedeutet das, dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch etwa doppelt so hoch ist wie der Weltdurchschnitt. Das gilt auch für den CO2-Fußabdruck, der mit circa zehn Tonnen CO2 pro Person ebenfalls das Doppelte des Weltdurchschnitts beträgt.
Hinzu kommt, dass die Jahre 2020 und 2021, energietechnisch gesehen, absolute Ausnahmejahre waren: Coronapandemie und Ausgangsbeschränkungen führten zu einer verstärkten Nutzung von Homeoffice, sinkenden Verkehrsaufkommen und Produktionsreduzierungen in der Industrie. Und da Fernreisen praktisch unmöglich waren, ging auch der Verbrauch an Flugbenzin signifikant zurück. Im Jahr 2022 mussten wir dann mit weiteren Folgen aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kämpfen, wie dem Stopp russischer Gasimporte, gestiegenen Energiepreisen und den damit verbundenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise.
Im Ergebnis ist der Gesamtenergieverbrauch Deutschlands im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um etwa fünf Prozent gesunken, vor allem durch den Rückgang des Erdgasverbrauchs um 14 Prozent. Allerdings wurde Gas insbesondere im Bereich der Stromerzeugung teilweise einfach durch andere Energieträger wie schmutzige Kohle ersetzt.1
Die gute Nachricht ist: Seit der Wiedervereinigung konnte Deutschland seinen Energieverbrauch um etwa 20 Prozent senken. Im Jahr 2022 haben wir insgesamt etwa 3.300 Terawattstunden Energie verbraucht – das ist etwa die 300-fache Menge an Energie, die das Kernkraftwerk Isar 2 pro Jahr in das deutsche Stromnetz einspeiste. Und auch im Vergleich zum Vorjahr ist der Energieverbrauch um rund fünf Prozent zurückgegangen, obwohl sich die Bevölkerungszahl – primär durch die geflüchteten Menschen aus der Ukraine – um etwa eine Million erhöht hat.

Woher kommt unsere Energie?

Der Begriff Energie stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie »wirkende Kraft«. Ohne sie stünde unsere gesamte Wirtschaft still und unser Alltag auch. Denn Energie ist nötig, um etwas in Bewegung zu setzen, zu beschleunigen, zu beleuchten oder zu erwärmen.
Die Sonne ist unsere älteste Energiequelle und war über Milliarden von Jahren die einzige Wärme- und Lichtquelle auf der Erde. Sie gehört neben Wind, Wasserkraft, Geothermie, Bio- und Meeresenergie (erneuerbaren Energien) sowie Kernkraft zu den nichtfossilen Energieträgern. Zusammen mit den fossilen Energieträgern (Erdöl, Erdgas, Braun- und Steinkohle) stellen diese heute die sogenannten Primärenergieträger dar. Auch fossile Energieträger stammen aus der Natur, denn sie sind über Millionen von Jahren unter bestimmten Bedingungen aus Biomasse, das heißt hauptsächlich aus verendeten Tieren und abgestorbenen Pflanzen entstanden.
Primärenergiemix in Deutschland
Obwohl wir uns in Deutschland bereits seit vielen Jahren um eine Energiewende bemühen, stammt der Großteil unserer Energie nach wie vor aus fossilen Energiequellen: 83 Prozent unseres Energieverbrauchs werden von fossilen Energieträgern produziert, mit der Folge, dass seit Beginn der Industrialisierung (in Deutschland ab Mitte des 19. Jahrhunderts) die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bereits um 50 Prozent gestiegen ist.2
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Mehr als ein Drittel der gesamten Energie beziehen wir dabei aus Erdöl, das wir mit einem Anteil von 98 Prozent3 fast vollständig aus dem Ausland importieren. Etwa die Hälfte davon wird als Benzin, Diesel oder Kerosin für den Verkehrssektor eingesetzt, während der Rest für die Wärmegewinnung (Heizöl) oder die Herstellung von chemischen Grundstoffen wie Petroleum oder Propylen verwendet wird.
Erdgas stellte im Jahr 2022 fast 24 Prozent der Energie zur Verfügung, die in Deutschland verbraucht wurde. Erdgas wird im Wesentlichen für die Bereitstellung von Wärme zum Beispiel in Heizungen und in der Industrie verwendet, aber auch für die Erzeugung von Strom in Gaskraftwerken.
Die drittwichtigste Energiequelle ist Kohle (Braunkohle und Steinkohle) mit einem Anteil von fast 20 Prozent. Der Großteil (ca. 90 Prozent) wird für die Herstellung elektrischer Energie verwendet.
Gut 17 Prozent unseres Energieverbrauchs stammten 2022 aus erneuerbaren Energien. Die größte Rolle spielt dabei mit einem Anteil von circa 50 Prozent die Biomasse und nicht – wie man vielleicht erwarten würde – Windkraft (28 Prozent) und Sonnenenergie (12 Prozent). Zur Biomasse zählen neben Biogas etwa auch Holzpellets und biologische Abfälle, die im Bereich der Wärmeerzeugung eingesetzt werden.
Primärenergieverbrauch in Deutschland 2022*
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In Deutschland machen fossile Energieträger – trotz jahrzehntelanger Anstrengungen in Richtung Energiewende – immer noch mehr als 83 % des gesamten Energieverbrauchs aus.

*3,2 % entfielen 2022 auf Kernenergie (Abschaltung April 2023), 1 % auf sonstige Energieträger.

Quelle: Bloom GmbH nach FNR/AGEB
Der Anteil der Kernenergie lag bereits 2022 nur noch bei drei Prozent, seit Abschalten der letzten drei Kernkraftwerke im April 2023 liegt er inzwischen bei null Prozent.4
Aber lassen wir uns nicht täuschen. Vergleicht man die Zahlen auf internationaler Ebene, liegt Deutschland mit einem Anteil von 17 Prozent an erneuerbaren Energien am gesamten Energiemix in Wahrheit nur leicht über dem weltweiten Durchschnitt von 13 Prozent. Der vermeintliche »Musterschüler der Energiewende« steht damit verhältnismäßig schlecht da. Tatsächlich ist hier der Spitzenreiter – wer hätte es gedacht – Brasilien mit einem Anteil von 48 Prozent des Endenergieverbrauchs, neben der Wasserkraft sind Wind und Solar dort die beiden Hauptquellen für erneuerbare Energien. Gefolgt von Indien mit 33 Prozent und Kanada mit 22 Prozent (Zahlen aus 2019).5
Stromerzeugung in Deutschland
Betrachtet man nur den Bereich der Stromerzeugung in Deutschland, sehen die Zahlen etwas erfreulicher aus. Hier liegen wir mit einem Anteil von über 40 Prozent erneuerbaren Energien deutlich über dem weltweiten Durchschnitt, der bei etwa 25 Prozent liegt. Doch auch hier ist noch viel Luft nach oben: Norwegen und Island schaffen es aufgrund günstiger Bedingungen sogar auf beachtenswerte 99 Prozent.6 Und: Deutschland ist bei der Stromerzeugung trotzdem nach wie vor stark von Kohle abhängig. Sechs (!) der zehn größten und schmutzigsten Kohlekraftwerke Europas stehen in Deutschland. Gerade die Erzeugung von Strom aus Braunkohle ist besonders klimaschädlich, da jede Kilowattstunde Strom, die aus Braunkohle gewonnen wird, mit über einem Kilogramm CO2 fast dreimal so hohe CO2-Emissionen verursacht wie eine Kilowattstunde, die aus Erdgas gewonnen wird. Das führt dazu, dass die durchschnittlichen Emissionen je Kilowattstunde erzeugten Stroms in Deutschland – unter Berücksichtigung aller vorgelagerten Emissionen wie Förderung, Verarbeitung und Transport der Kraftstoffe – immer noch bei fast 500 Gramm CO2 liegen.7

Wofür nutzen wir Energie?

Etwa 30 Prozent und damit der Großteil der Energie wird in privaten Haushalten für die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser verbraucht. Fast der gleiche Anteil (28 Prozent) entfällt auf den Bereich Verkehr, dicht gefolgt von der Industrie (26 Prozent). Mit 16 Prozent verbraucht das Gewerbe etwas weniger.8 Diese Verteilung schließt auch alle Primärenergiequellen mit ein, also etwa auch Erdgas, Heizöl und Kraftstoffe, die direkt für die Wärmeerzeugung und Mobilität genutzt, aber nicht »verstromt« werden. Betrachtet man nur den Stromverbrauch der einzelnen Sektoren, stehen Industrie und Gewerbe mit drei Viertel des Stromverbrauchs an der Spitze, während in privaten Haushalten nur etwa ein Viertel des Gesamtstroms bezogen wird. Der Verkehrssektor verbraucht derzeit nur etwa 28 Prozent, wegen der zunehmenden Verbreitung von Elektroautos ist hier jedoch zukünftig ein starker Anstieg zu erwarten.
Verbrauchermix
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Private Haushalte verbrauchen einen Großteil der Energie, dicht gefolgt vom Bereich Verkehr und der Industrie.

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/2_abb_eev-sektoren_2022-12-16.png
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