Wo wir stehen
Die Landwirtschaft hat ein ambivalentes Verhältnis zum Klimawandel. Zum einen ist sie laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) weltweit einer der Hauptverursacher von Treibhausgasen wie Methan und Lachgas.
79 Zum anderen ist die Landwirtschaft aber auch der vom Klimawandel am meisten direkt betroffene Sektor. Durch die Veränderungen der Wetterlagen kommt es zum Beispiel immer öfter zu einem Rückgang der Ernteerträge bis hin zum kompletten Ernteausfall.
Die internationale Menschenrechtsorganisation FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk (FIAN)
80 spricht davon, dass sich die Landwirtschaft aktuell in einem Teufelskreis befindet. Von der Industrie werden Wälder gerodet und Emissionen ausgestoßen, die den Klimawandel befeuern. Auf den verdichteten, erodierten und ausgelaugten Böden können unter diesen Umständen nicht ausreichend Pflanzen für die Nahrungsmittelherstellung wachsen, woraufhin immer mehr Flächen gerodet und noch intensiver bewirtschaftet werden.
Ursachen für klimawandelbedingte Ernteausfälle
Zu warmer Winter: Raps und Gerste müssen frieren, um zu keimen (Vernalisation = Kältereiz). Ist der Winter zu warm, wachsen die Pflanzen nicht.
Warmer Winter und später Frost: Bei warmen Temperaturen im Frühjahr treiben beispielsweise Apfel- oder Kirschblüten zu früh aus. Wenn es dann doch noch einmal friert, kommt es zu Schäden an den Blüten.
Kahlfröste: Wenn es im Winter schneit, isoliert die Schneedecke die darunterliegenden Pflanzen vor der Kälte. Derzeit häufen sich die Tage ohne Schnee und mit Temperaturen unter minus zehn Grad Celsius. In der Folge erfrieren viele Pflanzen.
Extreme Hitzetage: Wenn es im Frühjahr während der Getreideblüte zu heiß ist, führt das zu großen Schäden an Weizen und anderen Getreidesorten.
Dürre, Überschwemmungen und Unwetter mit Hagel: Die durch den Klimawandel nun häufiger auftretenden Phänomene verursachen große Schäden und Ernteausfälle.
Emissionen
Haupttreibhausgase Methan und Lachgas
Die klassischen Emissionen der Landwirtschaft sind hauptsächlich Methan und Lachgas, CO2 spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Methan entsteht bei der Verdauung im Magen von Rindern, Schafen und Ziegen. Vor allem durch häufiges Rülpsen stoßen die Tiere das Methan aus, wodurch es in die Atmosphäre gelangt und dort in etwa die 28-fach klimaschädliche Wirkung von CO2 entfaltet.
Lachgas ist pro Kilogram sogar 300-mal so klimaschädlich wie CO2 und entsteht zum Beispiel bei der Ausbringung von Stickstoffdünger auf die Felder. Des Weiteren gibt es Emissionen aus Landnutzungsänderungen, auf die im Kapitel »CO2-Senken« näher eingegangen wird.
Ackerbau und Viehzucht
Durch den Anbau von Pflanzen sowie die Tierhaltung wurden 2021 in Deutschland gut 56 Millionen Tonnen CO
2-Äquivalente (CO
2e) freigesetzt,
81, 82 das entspricht einem Anteil von circa acht Prozent an den Gesamtemissionen. Es gibt aber auch noch indirekte Klimaeffekte, die zum Beispiel durch die Umwandlung von Waldfläche in Ackerland entstehen. Rechnet man alle Nettoemissionen im Zusammenhang mit Landnutzungsänderungen sowie Nutzung von Acker und Grünland zusammen, betrugen die Emissionen der Landwirtschaft 2021 insgesamt 105 Millionen Tonnen CO
2e. Bezogen auf die Gesamtemissionen Deutschlands, macht das einen Anteil von rund 14 Prozent aus.
Lebensmittelproduktion und -verteilung
Nicht nur der Anbau von Obst und Gemüse und die Produktion von Milch und Fleisch verursachen Emissionen, sondern auch die Verarbeitung, Verteilung und vor allem die Entsorgung von daraus gewonnenen Lebensmitteln. Je mehr ein Produkt verarbeitet wird, desto mehr Energie, längere Transportwege und mehr Verpackung werden benötigt und somit auch mehr Treibhausgasemissionen verursacht.
Zudem ist eines der größten Probleme, dass immer noch zu viele Lebensmittel im Abfall landen.
83 Lebensmittelabfälle entstehen an jedem Punkt der Wertschöpfungskette, allein in Deutschland sind es rund zwölf Millionen Tonnen im Jahr.
84 Etwa die Hälfte aller Lebensmittelabfälle fallen in privaten Haushalten an. Weltweit wird circa ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen, was laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) jährlich circa 3.300 Millionen Tonnen CO
2e emittiert.
85 Zum Vergleich: Die Europäische Union (EU) emittiert insgesamt circa 3.500 Millionen Tonnen CO
2e pro Jahr.
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Der gesamte Lebensmittelsektor (einschließlich Landwirtschaft, Transport, Verpackung, Kühlung und Abfall) verursacht weltweit – nach Berechnungen der Nichtregierungsorganisation GRAIN und der Kleinbauernbewegung La Via Campesina – 44 bis 57 Prozent aller Treibhausgase.
87 Die Weltbank wiederum rechnet circa ein Drittel der weltweiten Emissionen der Landwirtschaft zu.
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Die gute Nachricht ist, dass in Deutschland seit 1990 die Emissionen aus der Landwirtschaft immerhin bereits um 22 Millionen Tonnen CO
2e gesunken sind.
89 Damit ist ein Großteil der für diesen Sektor gesetzten Ziele bereits erreicht – bis 2030 soll der Ausstoß deshalb nur noch um sieben Prozent (circa vier Millionen Tonnen CO
2e) reduziert werden.
90 Um aber die Emissionen in der Atmosphäre zu verringern, braucht es gerade für die Landwirtschaft noch weitere Konzepte. Die Lösung ist hier die Aufnahme von CO
2 aus der Atmosphäre durch Pflanzen (siehe hierzu das Kapitel
»CO2-Senken«).
Die Bedeutung des Bodens
Der Boden verfügt über viele Funktionen und ist das wichtigste Kapital der Landwirtschaft. Und er stellt die Basis für unsere Ernährung und unser Leben dar. Auch wenn es mittlerweile technisch möglich ist, Lebensmittel in Systemen komplett ohne Erde zu züchten, ist das doch sehr energieintensiv und derzeit keine Lösung für die gesamte Welt. Außerdem leben in einem gesunden Boden ähnliche Mikroorganismen wie in unserem Darm.
91 Frisches Gemüse von einem gesunden Boden zu essen, trägt somit auch zu unserer Gesundheit bei.
Ein gesunder Boden fördert zudem den Hochwasserschutz: Er kann eine große Menge Wasser aufnehmen, das dann ins Grundwasser versickert. Außerdem speichert er auch Wasser, um es in Zeiten von Dürre wieder an Pflanzen abgeben zu können. Wenn jedoch der Boden diese Funktion nicht erfüllen kann, weil er beispielsweise durch einen großen Parkplatz versiegelt ist, fließt das Wasser nur oberflächlich ab und trägt somit eher zu Überschwemmungen bei. Um die Folgen des Klimawandels abzumildern, sind gesunde Böden für die Landwirtschaft deshalb unabdingbar.
Des Weiteren verfügt ein gesunder Boden über eine gewisse Kapazität, Nähr- und Schadstoffe zu filtern, sodass trinkbares Grundwasser entstehen kann. Und er übernimmt die Regulierung des Nährstoffkreislaufs: Im Boden werden Nährstoffe zerlegt und umgewandelt, die dann wieder Pflanzen zur Verfügung stehen. Ohne gesunden Boden ist die Landwirtschaft gänzlich auf externe, sehr energieintensiv hergestellte Düngemittel angewiesen.
Nicht zuletzt ist unser Boden auch ein Ökosystem, in dem viele verschiedene (Kleinst-)Lebewesen wohnen: Eine Handvoll gesunder Erde enthält mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt.
92 Die Themen Wasserverfügbarkeit, Gesundheit und Nahrungsmittel hängen also genauso mit unserem Boden zusammen wie die Speicherung bzw. das Freiwerden von CO
2-Emissionen.
Das System der industriellen Landwirtschaft
Landwirtschaft weltweit
Die landwirtschaftlich genutzte Fläche auf der gesamten Erde beträgt circa 4.973 Millionen Hektar. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten Landfläche der Erde. Diese Fläche teilt sich auf in Ackerfläche, Weideland und Dauerkulturen (zum Beispiel Obstbäume oder Weinstöcke).
93 Die weltweite Ackerfläche hat sich – vor allem durch Umwandlung von Primärwald – in den letzten Jahrzehnten stetig vergrößert. Seit 1999 hat sich dieser Trend jedoch sehr verlangsamt, sodass derzeit etwa elf Prozent der Landfläche für den Ackerbau genutzt werden.
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Die weltweite Landwirtschaft ist geprägt von Monokulturen. Dadurch können große Flächen mit Maschinen bewirtschaftet werden, und es werden weniger Arbeitskräfte benötigt. Gleichzeitig sind Pflanzen in Monokulturen viel anfälliger für Schädlinge, was den Einsatz von Pestiziden erfordert. Wird jedoch immer wieder dieselbe Pflanze angebaut, werden dem Boden auch immer dieselben Nährstoffe entzogen. Das führt dazu, dass diese Pflanze innerhalb kurzer Zeit nicht mehr wachsen kann. Deshalb wird im besten Fall eine Fruchtfolge etabliert, damit sich der Boden wieder erholen kann (eine typische Fruchtfolge in Deutschland ist beispielweise Raps - (Winter-)Weizen - Silomais - Sommergetreide).
95 Da in der industriellen Landwirtschaft die Fruchtfolgen jedoch sehr kurz sind, also dieselbe Kultur schnell wieder angebaut wird, werden die Nährstoffe zum Beispiel durch industriellen Dünger zugeführt.
Ein Drittel der gesamten Landfläche der Erde wird landwirtschaftlich genutzt
Durch die starke Abhängigkeit von Kunstdüngern und Pestiziden sind die Landwirtinnen und Landwirte wiederum auf den Einsatz und Import von fossilen Rohstoffen angewiesen.
96 In traditionellen Anbausystemen hingegen gibt es geschlossene Nährstoffkreisläufe, indem zum Beispiel durch Kompostierung der Abfälle die Nährstoffe wieder auf die Felder zurückgeführt werden.
Die FAO geht davon aus, dass 33 Prozent der globalen Ackerfläche für den Anbau von Viehfutter genutzt wird.
97 Folglich werden nur auf einem kleinen Teil der Flächen Pflanzen angebaut, die direkt zur menschlichen Ernährung beitragen.
Laut der Deutschen Welthungerhilfe hungerten 2021 bis zu 828 Millionen Menschen. Fast drei Viertel davon sind Kleinbäuerinnen und -bauern, die vorrangig für sich selbst Nahrung anbauen. Durch Naturkatastrophen, Kriege und Dürren werden ihre Ernten bedroht, und wegen der herrschenden Armut können sie es sich nicht leisten, Lebensmittel zuzukaufen.
Landwirtschaft in Deutschland
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Etwa die Hälfte der gesamten Fläche Deutschlands wird bewirtschaftet, das entspricht gut 17 Millionen Hektar, von denen etwa elf Prozent auf ökologischen Landbau entfallen. Die am häufigsten angebauten Kulturen sind Winterweizen, Silomais und Raps. Zwei Drittel aller Betriebe halten Nutztiere, gut 60 Prozent der Erlöse werden mit tierischen Produkten erwirtschaftet.
Flächennutzung – Bodenfläche nach Nutzungsarten 2020 in Prozent
Quelle: Nach dem Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS Nutzungsartenkatalog)., Statistisches Bundesamt, Fachserie 3 Reihe 5.1, BMEL
Ein Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wird exportiert. Deutschland ist damit weltweit viertgrößter Exporteur von Agrarerzeugnissen – obwohl es flächenmäßig nur an Stelle 62 steht.
99 Möglich ist dies nur durch eine sehr intensive Landnutzung und damit auch Ausbeutung der Bodenressourcen.
Die deutsche (und auch europäische) Landwirtschaft wird hochsubventioniert – ohne staatliche Hilfe könnten die wenigsten Betriebe wirtschaftlich arbeiten und überleben. Doch während zwischen 2010 und 2020 die Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe um circa zwölf Prozent auf 262.000 Betriebe sank, wuchs immerhin die Zahl der Ökobetriebe um über 60 Prozent auf gut 35.000 Betriebe an – das entspricht ca. 13 Prozent. Der Anteil soll sich noch weiter erhöhen: nach dem Ziel der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent.
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Auch die Zahl der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, geht stetig zurück. Die Folge ist eine Entwicklung hin zu immer mehr industrialisierter Landwirtschaft. So können heute eine Landwirtin oder ein Landwirt in Deutschland im Schnitt 142 Menschen ernähren, während es nach dem Zweiten Weltkrieg gerade einmal zehn Menschen waren.
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Probleme der Landwirtschaft
»Agriculture is the main driver of environmental degradation in Europe«
102 (Die Landwirtschaft ist die Hauptursache für die Umweltzerstörung in Europa), lautete eine Artikelüberschrift im Magazin
People and Nature – das betrifft nicht nur die Emissionen und den Klimawandel, sondern fast alle Aspekte unserer Umwelt.
Bodendegradation
Falsche Bodenbearbeitung führt zur Verschlechterung der Bodenqualität. Das fiel in den letzten 70 Jahren nicht besonders auf, weil Kunstdünger den Verlust über eine gewisse Zeitspanne ausgleichen können. Mittlerweile haben Erosion, Verdichtung durch schwere Landmaschinen und das Fehlen von organischem Material aber teilweise zu sehr ausgelaugten Böden mit gestörter Struktur (Bodengefüge) geführt. Weltweit gehen somit jedes Jahr circa zehn Millionen Hektar Ackerboden verloren.
103 Das wiederum betrifft direkt die Nahrungsmittelproduktion und führt zur Abholzung von Wäldern, um die verlorenen Flächen durch Umwandlung von Wald in Ackerland auszugleichen.
Flächenverbrauch
Die Bodendegradation sorgt also direkt für einen höheren Flächenverbrauch – und das, obwohl es ohnehin schon einen Konflikt um die sinnvolle Verteilung der verfügbaren Fläche gibt. Die Nutzungsmöglichkeiten von Ackerland müssen gegeneinander abgewogen werden, wodurch Flächenkonkurrenz, also der sogenannte »Teller – Trog – Tank«-Konflikt entsteht: Wir brauchen Nahrungsmittel in Form von Getreide und Gemüse, gleichzeitig aber auch Tierfutter, um unseren Bedarf an tierischen Produkten zu decken.
Der Flächenbedarf für die Produktion von Proteinen aus tierischer Herkunft ist circa sechs- bis siebzehnmal so hoch
104 wie der für pflanzliches Protein. Darüber hinaus sollen vermehrt Biokraftstoffe sowie biobasierte Rohstoffe hergestellt werden, um die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zum Beispiel für Plastik zu lösen (Stichwort Bioökonomie).
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Der Konflikt um die Flächen führt dazu, dass Ackerland weltweit immer mehr in den Fokus von Investoren und Spekulanten gerät. Seit der Finanzkrise 2008/09 suchen Investoren nach »sicheren« Anlagen und treiben so die Grundstückspreise weltweit nach oben. Das zeigt sich nicht nur in den Ländern des globalen Südens, wo unter dem Stichwort »Landgrabbing« der Ausverkauf der landwirtschaftlichen Flächen an ausländische Konzerne gemeint ist, sondern auch in Europa und in Deutschland: Durch die rasant steigenden Preise können sich Landwirtinnen und Landwirte neue Flächen kaum noch leisten. Für viele sind außerdem die hohen Pachtgebühren ein Grund, ihren Betrieb aufzugeben. Sie wünschen sich deshalb Beschränkungen, an wen Land verkauft werden darf.
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Biodiversität und Zerstörung der Ökosysteme
Die Landwirtschaft ist der größte Verursacher des Biodiversitätsverlusts.
107 Von den 28.000 Spezies, die vor dem Aussterben stehen, gehen 24.000 auf das Konto der Landwirtschaft. Denn durch den Einsatz von Pestiziden werden nicht nur die »Schädlinge«, sondern alle Insekten in ihrer Lebensgrundlage beeinträchtigt oder sogar vernichtet – und damit auch die natürlichen Fressfeinde der meisten sogenannten Schädlinge. In großen Monokulturen leben deshalb viel weniger Tiere und Insekten als in natürlichen oder naturnahen, gesunden Ökosystemen.
Die Bedrohung der Artenvielfalt ist dabei nicht nur ein Thema für Tierschützer, sondern wirkt sich direkt auf unsere Nahrungsmittelproduktion aus:
108 Insekten sorgen für die Bestäubung vieler unserer Kulturpflanzen. Außerdem werden Nähr- und Botenstoffe natürlicherweise durch Pilze im Boden transportiert. Da Letztere aber durch Bodenbearbeitung und Fungizide beeinträchtigt werden, bleibt dieser Vorgang aus, und die Pflanzen werden anfälliger für Krankheiten.
Wasserkonflikte
In der Landwirtschaft wird das meiste Süßwasser verbraucht. Weltweit rechnet man mit circa 70 Prozent des Gesamtverbrauchs. Mit steigender
109 Tendenz, da durch den Klimawandel und damit einhergehender Wasserknappheit und Dürre immer mehr Flächen bewässert werden müssen. Folglich wird der Grundwasserspiegel weiter sinken, und die Konflikte um die Nutzung des Grundwassers als Trinkwasser werden sich verschärfen.
Laut Bundesregierung macht die Landwirtschaft in Deutschland nur zwei Prozent des Wasserverbrauchs aus. Diese Angabe ist jedoch nicht besonders zuverlässig, da nicht jede Nutzung erfasst wird. In Dänemark zum Beispiel werden 50 Prozent des Wassers in der Landwirtschaft verwendet – EU-weit sind es angeblich 25 Prozent.
110 Bereits heute gibt es in einigen Regionen Deutschlands wegen Wasserknappheit Konflikte zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern, Landwirtinnen und Landwirten sowie Wasserbehörden.
Im Extremfall kann übermäßige Bewässerung sogar zu Wüstenbildung führen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Aralsee in Zentralasien – einst der viertgrößte Binnensee der Welt.
111 Ab den 1960er-Jahren wurden für den Baumwollanbau große Mengen Wasser aus seinen Zuflüssen entnommen. Das führte zu einem Rückgang des Wasservolumens um 90 Prozent. Die übrig gebliebene Wassermenge war so stark versalzen dass Fische und andere Lebewesen verendeten.
Fleisch und hochverarbeitete Fleischprodukte
Der Konsum von tierischen Produkten (auch Milch und Käse) verursacht mehrere Probleme. Neben dem hohen Flächenverbrauch gehört die Tierhaltung selbst dazu, die als Hauptgrund für die Abholzung der Amazonasgebiete gilt: Die Flächen werden für den Anbau von Sojabohnen benötigt, die anschließend zu Viehfutter verarbeitet werden, das im Übrigen auch oft nach Deutschland exportiert wird. Die von den Sojabohnen ausgelaugten Böden wiederum werden anschließend zu Weideflächen für die Fleischproduktion umgewandelt.
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Des Weiteren stammt ein Großteil der weltweiten Methanemissionen aus der Verdauung von Rindern, in Deutschland macht das mit 27 Millionen Tonnen CO2e fast die Hälfte der Emissionen aus der Landwirtschaft aus.
Im Übrigen hat die Ernährung mit tierischen Produkten nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch die menschliche Gesundheit wird durch übermäßigen Fleischkonsum beeinträchtigt: Besonders der Verzehr von verarbeiteten Fleischprodukten – insbesondere Wurst – führt zu einem erhöhten Risiko für Herz- und Krebserkrankungen, Diabetes und Schlaganfälle.
113 Generell sind hochverarbeitete Lebensmittel also nicht nur emissionsintensiv, sondern auch ungesund.
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Hunger und Lebensmittelabfälle
Landwirtschaftliche Flächen sind begrenzt und Effizienzsteigerungen nur bis zu einem gewissen Grad möglich, weshalb bei ständig wachsender Bevölkerung immer wieder die Frage im Raum steht, wie zukünftig alle Menschen ernährt werden können. Da die Erträge in der Biolandwirtschaft tendenziell geringer sind, geht der Chemie- und Pharmakonzern Bayer davon aus, dass zur Deckung des Lebensmittelbedarfs rein mit biologischen Produkten 27 Prozent mehr Ackerfläche nötig wären. Durch regenerative Methoden könnte der Unterschied in den Erträgen jedoch fast ausgeglichen werden.
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Außerdem landen – wie schon beschrieben – 30 Prozent der Lebensmittel im Müll statt auf unseren Tellern. Würden Verbraucher bewusster einkaufen und Lebensmittelgroßkonzerne eine transparente und ökologische Produktion gewährleisten, wäre die Ernährung der Weltbevölkerung auch mit ökologisch produzierten Lebensmitteln und den heute verfügbaren Flächen gesichert – sogar ohne eine großflächige Umstellung unserer Ernährung. Aber laut FIAN wird Hunger vor allem durch politische Ursachen und fehlenden Zugang zu Nahrung verursacht und kann somit nicht mit rein technischen Maßnahmen (wie Produktivitätssteigerungen) bekämpft werden.
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