Was wir tun müssen
Was der Staat leisten muss
Kritische Gesellschaftsstimmen, Nichtregierungsorganisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen immer wieder, wie wichtig die Aufrechterhaltung einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist – sowohl für die Ernährungssicherung als auch den weltweiten Umweltschutz.
120 Traditionelle Anbaumethoden sind meist resilienter gegen Klimaveränderungen und Krisen und funktionieren nachhaltig im Einklang mit den lokalen Ökosystemen. Denn regenerative Herangehensweisen sind nichts Neues, sondern entstehen aus dem Wissen über jahrhundertelang praktizierte Methoden, bevor die industrielle Landwirtschaft das Ruder übernahm. Die deutsche Politik sollte deshalb zum einen die noch vorhandenen klein strukturierten Höfe (vor allem in Bayern und Baden-Württemberg) schützen und fördern. Zum anderen könnte durch gezielte Maßnahmen die Einfuhr von Waren aus kleinbäuerlichen Kooperativen vereinfacht werden, sodass hier Marktvorteile gegenüber Großkonzernen entstehen würden. Staatlich organisierte Entwicklungshilfen müssen die lokalen Märkte und Strukturen stützen und nicht ausschließlich die Interessen von Großkonzernen bedienen.
Die Landwirtschaft in der EU wird mit circa einem Drittel des EU-Haushalts gefördert.
121 Um die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU nachhaltiger zu gestalten, wurde 2022 ein Umbau der Förderstruktur angestoßen. Vielen ist die Säule »Umwelt« in der neuen Struktur aber noch zu wenig ausgeprägt. Deutschland hat in der Umsetzung und Verteilung der Gelder aus dem EU-Haushalt einengewissen Spielraum und kann Klimaanpassung, Bodenqualität und Wasserverbrauch als Grundlagen für die Verteilung von Subventionen setzen.
Um dem Landgrabbing vorzubeugen sowie Naturschutzvorgaben zu erreichen und kleinen Landwirten den Einstieg beziehungsweise Ausbau zu erleichtern, gibt es beispielsweise in Frankreich bereits einen guten Lösungsansatz: Lokale Organisationen haben ein Vorkaufsrecht und können dadurch steuern, an wen und zu welchem Zweck Land verkauft wird. So werden auch Flächen zum Erhalt des Naturschutzes reserviert. Außerdem gibt es strenge Preisspannen für Ackerland, die der Staat vorgibt.
122 Dadurch hat er strenge Regeln und viele Einflussmöglichkeiten geschaffen, die es Investoren sehr schwer und unattraktiv machen, in Land aus reinem Gewinnstreben zu investieren. Dadurch ist das Problem steigender Bodenpreise in Frankreich geringer als im Rest der EU.
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Einer der vielen Flächenkonflikte könnte relativ einfach durch Mehrfachnutzung gelöst werden. Beispielsweise kann man mit Agri-Photovoltaik Ackerflächen überschatten, um sie vor dem Austrocknen zu bewahren und gleichzeitig Energie zu erzeugen.
124 Expertinnen und Experten schätzen, dass man damit die Produktivität auf einigen Flächen um bis zu 90 Prozent erhöhen könnte.
125 Damit das gelingt, müsste der Staat die Voraussetzungen zur Förderung der Doppelnutzung schaffen.
Was Unternehmen tun können
Unternehmen, die entweder in der Landwirtschaft tätig sind oder landwirtschaftliche Produkte kaufen, können die Einhaltung und Durchsetzung anderer Standards (zum Beispiel regenerative Bewirtschaftung) fördern. Vor allem sollte beim Einkauf von Produkten auf die Herkunft beziehungsweise die Art des Anbaus geachtet werden. Zertifizierungen können zwar einen Anhaltspunkt bieten, sind manchmal aber auch irreführend. Deshalb sollte gerade bei großen Abnahmemengen ein direkter Kontakt zu den Erzeugerinnen und Erzeugern gesucht werden.
Regenerativ bewirtschaftete Flächen schneiden in wissenschaftlichen Studien bezüglich Wasserverbrauch, Ertrag, Resilienz und Bodenqualität regelmäßig gut ab. Hier gibt es jedoch noch keine anerkannten Standards oder Zertifizierungen.
Lebensmittel verarbeitende Betriebe könnten ihre Abfälle besser managen. So gibt es die Möglichkeit, landwirtschaftliche Abfälle in Biogasanlagen in Methan – also Biogas – umzuwandeln und dieses durch Zugabe von Methanol im zweiten Schritt zu Biodiesel zu verarbeiten. Wenn größere Mengen Lebensmittelabfälle anfallen, aber noch keine Ideen zum Recycling vorhanden sind, können sich Unternehmen außerdem bei einer von zahlreichen Initiativen registrieren, die die Abfälle Dritten zum Kauf anbieten: So benötigen Start-ups oder andere Unternehmen vielleicht genau das, was andere Firmen wegwerfen.
Insbesondere bei der Außer-Haus-Verpflegung entstehen rund 17 Prozent aller Lebensmittelabfälle in Deutschland.
126 Restaurants und Cateringbetriebe könnten ihre Abfälle aber auch, statt sie in den kommunalen Müll zu entsorgen, einem speziellen Aufbereitungsunternehmen übergeben.
Letztendlich ist aber das Wichtigste, die eigenen Prozesse so umzustrukturieren, dass Abfälle erst gar nicht entstehen. Restaurants und Cateringbetriebe könnten neue Rezepte ausprobieren oder kreieren, die Karottengrün, Radieschenblätter oder andere essbare Pflanzenteile integrieren, die normalerweise weggeworfen werden. Auch wenn Gemüse nicht mehr ganz so frisch ist, können daraus trotzdem noch Soßen oder Fermente gemacht werden, die ganz neue Geschmackserlebnisse ermöglichen. Des Weiteren können ungenutzte Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, oft noch verwendet werden. Auf
www.zugutfuerdietonne.de zum Beispiel gibt es umfangreiche Informationen zu Rezeptideen und auch Best-Practice-Beispielen von Unternehmen und Initiativen, die sich des Themas angenommen haben. Außerdem gibt es Plattformen auf denen sich Unternehmen über nachhaltige Bewirtung austauschen und zertifizieren lassen können.
Wenn in Deutschland alle Lebensmittelabfälle reduziert würden, die durch Verarbeitung und Handel entstehen, könnte man jährlich fast vier Millionen Tonnen CO
2e einsparen. Eine Reduktion der Lebensmittelabfälle hätte auch zur Folge, dass die zum Anbau nötige landwirtschaftliche Fläche um vier Millionen Hektar reduziert werden könnte
127 bzw. dass auf derselben Fläche Nahrungsmittel für mehr Menschen angebaut werden könnten.
Um Wasserkonflikten vorzubeugen und sie zu lösen, wäre eine Umstellung auf Pflanzen denkbar, die weniger Wasser verbrauchen und weniger Treibhausgase emittieren. Für die meisten Regionen der Welt wird ein Rückgang der Getreideproduktion prognostiziert. Sinnvoll wäre daher, sich frühzeitig nach Alternativen umzusehen. Hirse zum Beispiel ist eine sehr genügsame Pflanze, die auch mit Trockenheit gut zurechtkommt.
128 Man könnte Weizen, Reis und Mais zumindest teilweise durch Hirse ersetzen, um gesunde und nachhaltige Nahrungsmittel zu erzeugen.
Nährstoffkreislauf zwischen Produzent und Konsument
Recyceltes Abwasser, etwa aus Kläranlagen, kann zur Bewässerung in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Eine weitere Möglichkeit, Wasser effizient zu nutzen, wäre das Recycling von Abwasser, also die Nutzung von behandeltem Abwasser (zum Beispiel aus Kläranlagen) zur Bewässerung in der Landwirtschaft.
129 Das hätte gleich mehrere Vorteile: Im Abwasser sind zahlreiche Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat enthalten, die für das Pflanzwachstum wichtig sind. So könnte man zum einen Nährstoffkreisläufe ein Stück weit schließen und zum anderen die Ausbeutung unserer Grundwasserressourcen verringern. Durch entsprechende Vorkehrungen und eine Vorreinigung des Abwassers kann sichergestellt werden, dass keine Schadstoffe oder Bakterien auf den Feldern landen und damit Pflanzen zum Verzehr oder zur Weiterverarbeitung geeignet sind.
Was private Haushalte tun können
Ernährung umstellen
Rindfleisch, Milchprodukte und Shrimps (aus Farmen) haben die höchsten Treibhausgasemissionen,
130 wohingegen pflanzliche Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Getreideprodukte und Hülsenfrüchte weniger Energie, Wasser und Fläche benötigen und dadurch einen geringeren ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Besonders für tierische Proteine sollten Alternativen gefunden werden, da Proteine zu einer gesunden Ernährung dazugehören. Tofu und Nüsse wären hier gute Alternativen. Bemerkenswert ist auch, dass durch eine vegane Ernährung die für den Ackerbau benötigte Fläche um 75 Prozent reduziert werden könnte.
131 Eine weitere Alternative wären Insekten, die bei gleichem Proteingehalt nur circa ein Prozent der Emissionen
132 von Fleischprodukten emittieren und so eine Einsparung von circa 340 bis 400 Kilogramm CO
2e pro Person ermöglichen würden. Außerdem würden sie auch weniger Wasser und Flächen benötigen.
Es wird geschätzt, dass weltweit circa drei Milliarden Tonnen CO2e jährlich nur durch den Transport von Nahrungsmitteln emittiert werden. Importierte Lebensmittel stoßen dabei circa elfmal so viel Treibhausgase aus wie heimische Ware. Würden wir also nur die Lebensmittel importieren, die nicht bei uns wachsen (zum Beispiel Kaffee und Kakao), könnten wir pro Person und Jahr circa 75 Kilogramm CO2e einsparen. Wenn man jedoch regionale Fleischprodukte durch importierte pflanzliche Produkte ersetzt (also z. B. importierten Tofu), dann hat das normalerweise eine positive Wirkung auf die CO2-Bilanz.
Eine weitere Möglichkeit, CO
2 einzusparen, ist der Konsum von frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln. Neben positiven Auswirkungen auf die Gesundheit hat eine Ernährung mit Selbstzubereitetem auch eine bessere Klimabilanz – sofern hier nicht vermehrt auf Fleischprodukte zurückgegriffen wird.
133 Zum Beispiel verursacht ein (Fertig-)Sandwich im Durchschnitt doppelt so hohe Treibhausgasemissionen wie ein selbstgemachtes Brot mit denselben Zutaten.
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Bei biologisch und regenerativ arbeitenden regionalen
135 Betrieben einkaufen
Eine Person nimmt im Jahr durchschnittlich 679 Kilogramm Nahrung zu sich – davon sind ca. 87 Kilogramm Fleisch. Wenn alle Nahrungsmittel biologisch angebaut würden, ergäbe sich daraus ein Einsparpotenzial von circa 490 kg CO2 pro Person und Jahr. Besonders bei Fleischprodukten sollte genauer hingeschaut werden. Denn biologisch erzeugtes, aber importiertes Fleisch kann einen höheren Fußabdruck mit sich bringen – zum einen durch den Transport, vor allem aber, wenn Waldflächen für das Weideland gerodet werden mussten.
Regenerative Anbaumethoden führen unter anderem zu einer Kohlenstoffspeicherung im Boden und damit zu einer positiven Klimabilanz. Allerdings ist dieser Zusammenhang bei Weitem nicht so gut nachgewiesen wie die positiven Wirkungen auf Wasserqualität, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und Ero-sionseindämmung.
Konzepte wie Urban Gardening oder solidarische Landwirtschaft können dafür sorgen, dass unsere Nahrung regionaler produziert wird und negative soziale Folgen – wie eine mögliche Ausbeutung von Erntehelferinnen und Erntehelfern – vermieden werden.
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Treibhausgasemissionen pro 100 g Protein
Lebensmittelabfälle vermeiden
Etwa die Hälfte der Lebensmittelabfälle (6,5 Millionen Tonnen) entsteht in privaten Haushalten. Das entspricht etwa 78 Kilogramm pro Kopf im Jahr. Um diese enorme Menge zu reduzieren, sollten wir nur so viel einkaufen, wie wir wirklich essen können. Wer doch einmal zu viel eingekauft hat, kann vorkochen, einfrieren oder einmachen. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass das meiste Gemüse vollständig inklusive Stumpf und Stiel verwendet werden kann, sodass Abfälle eigentlich gar nicht entstehen müssten.
Eine weitere gute Möglichkeit, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, besteht darin, sich in Foodsharing-Projekten zu engagieren: Um zu verhindern, dass im Lebensmittelgroß- und -einzelhandel übrig gebliebene Lebensmittel auf dem Müll landen, holen sogenannte Lebensmittelretter die Lebensmittel direkt in den Betrieben ab und verteilen sie unter sich oder an bedürftige Menschen.
CO2-Ausstoß durch Ernährung
Quelle: Bloom GmbH 2023
Gleich loslegen!
Tipps für dich und mich
regionale, saisonale und biologische Produkte kaufen
die Angebote von Hofläden und Wochenmärkten nutzen
eigenes Gemüse auf Fensterbank, Balkon oder im Garten anbauen
Fleischkonsum einschränken und Molkereiprodukte aus Weidehaltung kaufen
Obst und Gemüse nicht wegen kleiner Schönheitsfehler wegwerfen
weniger Fertigprodukte kaufen und auf aufwendig verpackte Produkte verzichten
bei Foodsharing-Initiativen mitmachen
mengenbewusst einkaufen, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden
Tipps für Unternehmen
Klimafreundliche Kantine/Betriebsküche schaffen:
nur nachhaltige Lebensmittel anbieten
regionale und saisonale Lebensmittel beziehen
weniger Fleisch- und Milchprodukte anbieten
energieeffiziente Küchengeräte benutzen
Landwirtschaftliche/Lebensmittel verarbeitende Unternehmen:
Lieferanten und Verbraucherinnen für regenerative Landwirtschaft sensibilisieren
wo machbar, auf Pflanzen umstellen, die resistent gegen Trockenheit und Klimaeinflüsse sind
tierische Produkte, wo möglich, ersetzen