hat Zähne und lacht, lacht so lange, bis ihm die Zähne ausfallen. Wie Tränen tropfen sie in den dunklen Teich, werden plötzlich selbst zu kleinen Schwänen, die sich vollsaugen und größer werden, wie Schwämme.
Jemand kommt rein, macht das Licht an, sagt etwas, macht das Licht wieder aus, mir ist kalt, ich schwitze.
Der Schwan kriecht unter meine Bettdecke, verliert all seine Federn, windet sich nackt und stoppelig neben mir. Ich hebe die Decke an, die Federn schweben durch den Raum, werden immer mehr, wie ein dichter Nebel, bis ich nichts mehr sehe.
Jemand sitzt auf meiner Bettkante, hält mir eine Flasche hin, sagt, dass ich was trinken muss, fragt, ob ich Hunger habe.
Der Teich ist größer, ist über die Ufer getreten, hat die Straße überschwemmt. Auf der anderen Seite steht ein kleiner Junge, bleibt da einfach stehen, als das Wasser an ihm hochsteigt, winkt nur, und ich winke zurück.
*
immer wieder ist sie hochgeschreckt, immer wieder aus dem gleichen Traum, in unterschiedlichen Varianten. Mal stand sie am Ufer der Peene, stieß ihre Mutter und Lotte ins Wasser, warf Steine hinterher, bis sie untergingen. Dann wieder war sie selbst im Fluss, griff die beiden an den Knöcheln und zog sie hinein, ging mit ihnen gemeinsam unter, bis auf den schlammigen Grund. Zuletzt hörte sie ihre Mutter um Hilfe rufen, so laut, dass sie nach dem Aufwachen Minuten brauchte, um zu verstehen, dass alles nur ein Traum gewesen war. Da ist sie dann aufgestanden, obwohl es draußen noch dunkel war, ist in die Küche gegangen, hat sich einen Tee gemacht und einen Joghurt gegessen, damit ihr nicht schwindelig wird. Jetzt räumt sie den Wäscheschrank aus, während es draußen allmählich hell wird. Sie will sich nicht lang damit aufhalten, muss sowieso alles weg, schließlich darf sie nichts davon mitbringen. Sie nimmt die Wäsche stapelweise heraus und stopft sie in den blauen Sack, ohne sie noch einmal anzusehen. Erst als sie ganz unten das weiße Leinentischtuch findet, hält sie einen Augenblick inne. Ihre Mutter hatte es ins Fenster gehängt, nachdem auch die Sprengungen der zweiten und der dritten Brücke in der ganzen Stadt zu hören gewesen waren. Sie erinnert sich noch genau, wie sie in den Vorgarten gelaufen ist, um es von außen zu sehen. Strahlend weiß hob es sich von der schmutzigen Fassade ab.
Sie legt das Tischtuch als Letztes in den Sack, schnürt ihn zu. Sie wird es nicht vermissen, hat es ohnehin nie benutzt. Es schien ihr immer falsch, darauf einzudecken und Essen zu servieren, in Kauf zu nehmen, dass es Flecken bekommen könnte. Sie will den Sack anheben, um ihn nach unten zu tragen, doch er ist schwerer als gedacht. Sicher könnte sie ihn einfach stehen lassen, Steffan bitten, ihr zu helfen, aber sie will das jetzt gleich erledigen, hat entschieden, dass die Wäsche nicht an den Entrümpler gehen soll. Mit dem Fuß schiebt sie den Sack bis an die Treppe, dann stößt sie ihn hinunter, sieht zu, wie er laut raschelnd bis ganz nach unten fällt. Als sie ihm folgt, geht sie langsam, setzt immer erst beide Füße auf eine Stufe, bevor sie die nächste nimmt.
Sie zerrt den Sack bis nach vorne zur Mülltonne, die Luft draußen ist kalt und klar, es wird ein sonniger Tag werden. Drüben fällt die Haustür ins Schloss, die Mutter geht zu ihrem Auto, unter dem offenen Mantel trägt sie ihre Schwesternkleidung. Sie hat das Mädchen schon seit Tagen nicht gesehen, und das Fahrrad steht auch nicht vorne am Zaun, sie fragt sich, was das zu bedeuten hat. Gerne würde sie sich erkundigen, ein paar freundliche Worte wechseln, auch um das klamme Gefühl loszuwerden, das die Nacht bei ihr hinterlassen hat. Aber die Nachbarin nickt nur kurz, dann steigt sie in ihr Auto, hat es offenbar eilig. Sie geht rein, macht das Radio an gegen die Stille. Ein Anrufer ist in der Leitung, will die 1240 Euro gewinnen, die es gibt, wenn man das Geräusch richtig rät, das sie ständig einspielen. »Das Herausziehen eines Schnürsenkels aus der Metallöse«, tippt er und klingt dabei so sicher, als hätte er längst gewonnen. »Leider, leider falsch«, sagt die Moderatorin und leitet über zum Wetter.