Achtundfünfzig

Plein Street. Energieministerium. Dr. Ato Molapo stellte einen Anruf zum Staatssekretär durch. Sagte: »Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass das Geschäft ohne Komplikationen abgeschlossen werden konnte. Alles ist in bester Ordnung.«

»Welches Geschäft? Das mit der Frau oder unser privater Deal?«

»Unser privater Deal, Genosse Staatssekretär.«

»Das höre ich gern. Und die Frau? Wir sollten sie inzwischen in Gewahrsam haben. Ich habe Ihnen klipp und klar erklärt, dass Sie mich erst anrufen sollen, wenn sie im Gefängnis sitzt. Wenn Sie sie mit eigenen Augen hinter Gittern sehen. Was sagt Moosa?«

»Heute Morgen meinte er, es würde noch ein paar Stunden dauern, Genosse Staatssekretär. Aber seitdem kann ich ihn nicht mehr erreichen. Immer nur seine Voicemail.«

»Finden Sie ihn, Molapo. Sie sind in Kapstadt, finden Sie ihn. Und dann berichten Sie mir, was los ist. Die Russen wollen sie haben, und wir haben sie ihnen zugesagt. So lautet unser Versprechen. Soll Ihre Nachricht jetzt bedeuten, dass der Präsident sein Versprechen nicht halten kann? Das darf nicht sein, Molapo. Moosa muss sie wieder in unsere Hände bringen.«

»Ich werde es ihm mitteilen, Genosse Staatssekretär.«

»Gut. Nun zu der anderen Sache – dem privaten Deal. Wie ist da die Lage?«

»Unsere Männer sind in der Deponie, und ich habe mit meinem Kollegen gesprochen. Wie gesagt, es wurde alles erfolgreich abgeholt.«

»Sie klingen erleichtert, Genosse Molapo.«

Ato Molapo atmete aus. »Ehrlich gesagt, bin ich das auch.«

»Das überrascht mich. Ich habe nichts anderes als ein positives Ergebnis erwartet. Ich vertraue Ihnen ganz und gar, Genosse Molapo. Ihnen – und nicht Moosa – gilt meine Hochachtung. Nun erzählen Sie mir aber, wie viel letztlich übergeben wurde.«

»Zehn Kilo. Für einen ersten Versuch gilt das als genügend, um die Qualität des Produkts zu zeigen. Beim nächsten Mal können wir mehr anbieten.«

»Ausgezeichnet. Haben Sie einen Beleg des Zahlungseingangs?«

»Ja. Die erste Zahlung ist eingetroffen.«

»Dann hoffen wir, dass es die erste von vielen sein wird. Hoffen wir, dass es einen Markt für unser Produkt gibt. Eine der Früchte der Geschichte, die wir nun ernten können, Genosse Direktor. Ein Erbe aus leidvollen Zeiten. Wir sollten uns bei den Generälen der Apartheid bedanken, denn wir profitieren nun von ihren Ängsten und Sorgen. Ihre Nuklearwaffen sind heute unser Handelsgut. Wie passend. Wie überaus ironisch. Finden Sie nicht?«

»Sehr ironisch, Genosse Staatssekretär.«

»Zurück zu ernsteren Angelegenheiten. Damit ich ruhig schlafen kann: Wie lange dauert es noch, ehe sie das Land verlassen, diese Kuriere?«

»Mein Kollege ist die ganze Zeit bei ihnen. Er hält mich auf dem Laufenden.«

»Das beantwortet nicht meine Frage, Molapo. Sie haben doch sicher einen Zeitplan?«

»Heute Nacht transportieren sie das Material nach Johannesburg. Sobald unsere Freunde es endgültig übernommen haben, erfolgt die Restzahlung. Zu diesem Zeitpunkt wird sich mein Kollege auch verabschiedet haben.«

»Und wie erfolgt der Transport?«

»Mit dem Auto.«

»Sie hätten ein Flugzeug organisieren sollen.«

»Das hätte zu viel Dokumentation erfordert, Genosse Staatssekretär. Das bedeutet Flugpläne, Luftverkehrskontrollprotokolle und Radaraufzeichnungen. In einem Auto fallen sie nicht weiter auf.«

»Das stimmt, aber es dauert auch viel länger. Die Amerikaner sind bereits unzufrieden, Molapo. Sie vermuten, dass etwas unbemerkt über die Bühne gehen soll. Ebenso die Israelis. Die Amerikaner haben mir erklärt, dass sie einen Terroralarm auslösen werden.«

»Aber, Genosse Staatssekretär! Das geht nicht. Sie können das nicht in unserem Land tun. Genosse Staatssekretär, das ist garantiert unzulässig.«

»Doch, das können sie tun. Sie haben es auch schon früher gemacht. Was ich aber nicht verstehe, Molapo: Woher wissen die überhaupt davon? Dieses Kapstadt – es gibt da so viele Geheimnisse und so viele Plaudertaschen, die sich damit eine goldene Nase verdienen. Eine Stadt der Betrüger. Der Verräter. Alle sitzen in Cafés, trinken Cappuccino und reden, als wären Worte pures Geld. Ja, Molapo, ich weiß über Ihre Kaffeeplaudereien mit Moosa Bescheid. In dem Feinkostladen Giovanni, wie mir mitgeteilt wurde. Vielleicht wissen auch die Amerikaner Bescheid. Sie haben ihre Augen und Ohren in allen Cafés.«

»Unmöglich, Genosse Staatssekretär.«

»Jedenfalls müssen Sie aufpassen, Molapo. In Kapstadt steht alles zum Verkauf. Vor allem bloße Worte. Ich sage es noch einmal: Unser privater Deal freut mich, aber ich mache mir Sorgen – große Sorgen –, dass diese Suarez immer noch auf freiem Fuß ist. Richten Sie Moosa aus, dass er sie finden soll, oder er verliert seine Stelle.«

Dr. Ato Molapo legte auf. Saß an seinem Schreibtisch und lauschte den Geräuschen der Staubsauger, die durch die Büros gezogen wurden. Die Stimmen der Reinigungskräfte.

Er fühlte sich klebrig. Der Schweiß der Halbwahrheiten und der Lügen. Der Schweiß der Angst. Angst vor dem Geheimdienst. Was hatte Wainwright von dieser Frau erzählt, die erschossen worden war? Eine Agentin, die ihn zu Hause aufgesucht hatte. Dr. Ato Molapo schloss die Augen. Atmete mehrmals tief durch.

Sein Handy klingelte. Gogol Moosa.

»Wo haben Sie gesteckt? Warum haben Sie mich nicht zurückgerufen?« Er merkte, dass er brüllte, denn eine Putzfrau starrte ihn durch die Glastür hindurch an. Er bedeutete ihr zu verschwinden.

»Ich habe keine guten Nachrichten, Ato. Die Frau ist verschwunden.«