Einunddreißig

City Bowl. Hinter der Straßenecke waren sie für den rufenden Mann nicht zu sehen. Die zwei Frauen rannten so schnell sie konnten, wobei sie sich am Rand hielten, um nicht in die Schusslinie zu geraten. Sie drehten sich nicht um, sondern steuerten auf die offenen Abhänge zu.

Der Mann blieb mitten auf der Straße stehen, riss seine Sturmhaube herunter und wischte sich mit einer Hand über das Gesicht. Er steckte Sturmhaube und Pistole ein. Warf einen Blick nach rechts in die leere Straße. Niemand zu sehen. Nicht einmal das Bellen eines Hundes war zu hören. Er begann den Frauen in einem lockeren Lauftempo zu folgen.

»Da. Da.« Krista Bishop zeigte auf einige Pinien. »Dorthin. Und dann hoch, immer nach oben.«

Sie führte die andere Frau durch das Pinienwäldchen und über das rutschige Bett aus Piniennadeln. Mehrmals musste sie nach hinten fassen, um Caitlyn Suarez festzuhalten, als diese das Gleichgewicht zu verlieren drohte.

Ihr verärgertes »Es geht schon, es geht schon« und das Wegschlagen der Hand.

Die Anhöhe war so steil, dass Krista es in ihren Oberschenkeln spürte.

Sie durchquerten eine kleine Schlucht und kletterten zwischen Felsen durch ein Dickicht. Der Stein kratzte über ihre Knöchel. Äste schlugen ihnen auf die Wangen. Hinter einem Baumstamm zerrte Krista Caitlyn Suarez in Deckung.

Die beiden hockten keuchend vor Anstrengung da. Caitlyns Gesicht war gerötet und die Stirn voller Schweißperlen. Sie holte tief Luft: »Nicht weit genug.« Wollte sich wieder erheben.

Krista packte sie an ihrer Jacke und hielt sie fest. »Nein. Sonst entdecken die uns.« Sie spürte, wie sich Caitlyn Suarez gegen ihren Griff wehrte. »Bleiben Sie unten.«

Durch die Zweige konnte sie den Mann auf der Straße sehen, der in ihre Richtung nach oben blickte. Er beugte sein Gesicht zu seiner Schulter und sagte etwas. Dann richtete er sich wieder auf und wanderte mit den Augen die Baumgrenze ab. Ihm würde keine ihrer Bewegungen entgehen.

Ihr Handy vibrierte. Eine SMS von Mart Velaze. Wo? Tippte den Straßennamen ein: Invermark Crescent. Wie lange?

Wieder beobachtete sie den Mann auf der Straße. Er war nicht weit von ihnen entfernt. Vielleicht sechzig Meter. In seinem Jumpsuit wirkte er hier völlig unpassend. Ihm gegenüber öffnete sich ein Tor, und ein Lexus glitt rückwärts heraus. Der Mann trat von der Straße, seine Aufmerksamkeit galt jetzt dem Fahrer. Er hob grüßend eine Hand. Der Fahrer wartete, bis sich das Tor automatisch wieder geschlossen hatte, winkte dem Mann zu und fuhr davon.

Würde er den Sicherheitsdienst des Viertels rufen oder seine private Sicherheitsfirma?

Wahrscheinlich.

Wie schnell würden sie da sein?

Nicht schnell genug.

Der weiße Transporter kam von links auf den Mann zugefahren.

Krista dachte: Wenn wir die Straße weitergelaufen wären, hätten wir ihn direkt getroffen. Diese gerissenen Kerle kannten den Straßenverlauf offenbar genau.

Sie sah, wie sich der Fahrer und sein Komplize unterhielten. Mit einer ausladenden Geste die Anhöhe hinaufzeigten. Ihre Stimmen waren zu leise, um bis zu ihnen herüberzudringen. Der Komplize trat vom Transporter weg und hob ein Fernglas.

Krista wich zurück.

»Fahren sie?« Caitlyn Suarez wirkte noch immer ziemlich atemlos.

Krista schüttelte den Kopf. Wieder schob sie die Blätter beiseite, um hinüberschauen zu können. Sie sah, wie der Wagen drehte und dann am Bordstein parkte. Der Komplize schob die Seitentür auf. Der Fahrer trat zu ihm, und die beiden Männer deuteten in Richtung der Schlucht.

»Sie kommen hierher«, erklärte Krista. Sie erhob sich hinter dem Baum. Auch Caitlyn Suarez wollte aufstehen.

»Bleiben Sie unten.«

»Und was genau haben Sie bitte schön vor?«

Krista atmete tief durch. »Sie erschießen.«