Ermington Road. Fish wachte auf, als die Autos herangefahren kamen. Er lag da und lauschte angespannt. Drei, vermutete er, drei verschiedene Motorengeräusche. Die Motoren einige Sekunden zu lange im Leerlauf, als ob jemand nach der Hausnummer suchen würde. Dann wurden sie ausgeschaltet. Das leise Zuschlagen von Autotüren. Vier, zählte er. Flüsternde Stimmen. Das Quietschen des Tors. Zeit auf dem Wecker neben seinem Bett: 03:22.
Vicki neben ihm wisperte: »Ich hab’s auch gehört.« Beide waren nackt, klebrig vom Sex. »Erwartest du Besuch?«
»Immer.«
»Faszinierendes Leben, was du da führst.«
»Nicht wahr.« Fish stand auf und schlich ans Fenster. Durch den Spalt im Vorhang entdeckte er einige Gestalten: Zwei kamen auf dem Weg heran, eine befand sich in der Einfahrt und bog gerade um die Ecke hinters Haus, und die vierte lehnte an einem Auto und sah zu. Dünner, groß gewachsener Typ in einer glänzenden Dreivierteljacke, wahrscheinlich Leder. Der Wagen war eine Art SUV.
»Wie viele?« Vicki stand nun in einem Trainingsanzug hinter ihm.
Fish hielt zwei Finger seiner linken und einen seiner rechten Hand hoch, während er nach vorne und nach hinten zeigte.
Sie nickte. »Ich gehe nach hinten.« Sie holte die .32er aus ihrer Handtasche. Warf einen raschen Blick auf die Leute draußen. »Der Kerl am Auto vorne kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Bullen sehen immer irgendwie bekannt aus.« Fish nahm seine Shorts und ein T-Shirt vom Stuhl. Zog sich rasch an. Dann suchte er eine Taschenlampe und holte die Ruger P345 heraus, die er in der Schublade seines Nachttischs aufbewahrte. Kontrollierte das Magazin, lud durch. Was Fish an der Ruger mochte, war der leichte Abzug. War nicht sein Problem, falls er versehentlich einen Schusswechsel auslöste. Man sollte eben nicht im Dunkeln um sein Haus pirschen.
Er folgte Vicki aus dem Schlafzimmer. Beide schlichen barfuß durch den dunklen Gang. Er berührte sie am Arm. »Pass auf, okay?«
Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn stirnrunzelnd an. So nach dem Motto: Für wen hältst du mich eigentlich, Schwachkopf?
Beide hörten, wie ein Schlüssel in die Hintertür gesteckt wurde. Die Klinke quietschte.
»Ganz schön dreist, die Kerle«, flüsterte Vicki und schlich weiter.
Wird Zeit, ein besseres Schloss einzubauen, dachte Fish. Allerdings ein Glück für die dicken Riegel oben und unten.
Sagte: »Auf drei die Außenbeleuchtung.« Er wartete, bis Vicki bereit war, die Flutlichter für den hinteren Hof anzuschalten.
Ein Schlag, Schlag, Schlag an der Haustür.
Fish zählte leise: »Eins, zwei, Showtime!« Drückte den Schalter und blendete so die Männer auf der Stoep mit einer ziemlich hohen Wattzahl.
Hörte die verblüfften Rufe. Ein lautes Fluchen. Dann ein ziemlich schrilles »Schalten Sie die Flutlichter aus, Mr. Pescado!«
In der Küche sagte Vicki gerade zu dem Mann vor der Hintertür: »Ganz ruhig da draußen, mein Lieber. Sie wollen doch keine schicke Leiche werden.« Sie klang ruhig und entschlossen.
Von der Stoep rief eine weitere Stimme: »Polizei! Die Tür aufmachen!«
Das war nicht gerade überraschend. Die hohe Stimme klang wie die von Columbo. Auch das nicht weiter überraschend.
»Wäre ich nie drauf gekommen«, meinte Fish. »Schieben Sie Ihre Dienstmarke unter der Tür durch.«
»Öffnen Sie, Mr. Pescado.« Hämmer, hämmer, hämmer. Eine Faust an der Tür. »Machen Sie uns nicht wütend.«
»Zuerst die Dienstmarke. Sie müssen nicht gleich die Toten wecken.«
»Kommen Sie, Mr. Pescado. Maak oop, öffnen Sie, Pellie. Sie wissen, wer ich bin. Ich bin der Detective von heute Morgen.«
»Dienstmarke.«
»Wir können ein Brecheisen holen.«
»Na und. Dann werde ich Sie wegen Einbruchs anzeigen. Dienstmarke, Detective.«
Ein Papier wurde unter der Tür durchgeschoben. Fish hob es auf und schaltete die Taschenlampe ein.
Vicki schaute über seine Schulter. »Was ist das?« Er hatte nicht gehört, dass sie zu ihm nach vorne gekommen war. Bei Vicki wusste man in letzter Zeit oft nicht mehr, wo sie war. Im übertragenen Sinn. Manchmal auch wortwörtlich. Fish hatte allerdings nichts dagegen. »Ein Durchsuchungsbefehl! Wofür zum Teufel?« Sie nahm ihm das Blatt aus den Händen.
»Sagen Sie ihm endlich, dass er öffnen soll, Lady«, meinte Columbo auf der anderen Seite der Tür.
»Wozu wollen Sie mein Pozzy durchsuchen? Verdammt noch mal, ich bin schließlich kein Drogendealer!«, gab Fish zurück. Dachte: Na ja, abgesehen von der Dagga-Lieferung unter dem Dielenboden im Gästezimmer. Das Gästezimmer diente ihm als Büro. Ein Raum mit alten Aktenschränken aus Metall und Plastikordnern, in denen sich das Leben und die Dramen fehlgeleiteter Politiker, ihrer missratenen Söhne, früherer Auftragskiller und jetziger Auftragskiller fanden sowie die geheime Geschichte eines Attentats und der Trauer der Witwe. Die Geschichte von Fish Pescado, Privatdetektiv. Der einzige ordentliche Raum im ganzen Haus. In diesen Akten gab es zudem eine Liste seiner Kräuterkunden, unter denen sich einige hochrangige Persönlichkeiten befanden.
Doch eine Namensliste war nur eine Namensliste. Die ließ sich leicht erklären. Weniger leicht zu erklären waren Flip Nels Handy und seine SIM-Karte, die noch auf dem Küchentisch lagen. Er drehte sich zu Vicki.
»Ich hab es«, sagte sie, während sie noch den Durchsuchungsbefehl durchlas. »Und die SIM-Karte. Beides in meiner Hosentasche.«
Fish seufzte erleichtert auf. »Hast du meine Gedanken gelesen?«
»Nicht so schwer.« Sie sagte es mit todernster Miene. Fish wusste nicht, wie er das verstehen sollte. Wieder wurde an die Haustür gehämmert. Diesmal offenbar mit dem Griff einer Pistole.
»Lassen Sie uns rein, Mr. Pescado. Sonst wird das böse für Sie enden, Chommie.«
»Mach besser auf«, sagte Vicki. »Das hier ist in Ordnung.« Schnalzte mit dem Fingernagel gegen das Papier. »Was ungewöhnlich ist.«
Fish fluchte. »Hat mir gerade noch gefehlt.« Er schob die Riegel zurück und sperrte die Tür auf. Auf der Stoep stand der kleine Columbo, neben ihm ein dickbäuchiger Mann in einem Anzug. Ohne Krawatte.
»Kriegen Sie die Überstunden bezahlt?«, wollte Fish wissen. »Ich hatte keine Ahnung, dass die Polizei so viel Geld zur Verfügung hat.«
»Sie stecken in großen Schwierigkeiten, Mr. Pescado. Verdammt großen Schwierigkeiten.« Columbo zeigte auf Vicki. »Wer ist das?«
»Seine Anwältin«, erwiderte Vicki, ehe Fish antworten konnte. »Ich werde die Durchsuchung überwachen.«
»Sie beide legen besser die Waffen weg, Lady. Wir wollen schließlich nicht, dass jemand zu Schaden kommt. Haben Sie dafür eine Genehmigung?«
»Natürlich.«
»Hallo!«, rief Fish und trat auf den Mann im Anzug zu. »Ich bin hier. Das ist mein Haus.«
»Am besten läuft alles über Ihre Anwältin«, meinte der Anzug. »So dass es ganz legal bleibt.« Er warf Vicki einen Blick zu. »Wollen Sie mich herumführen, Lady?« Vicki leitete ihn sogleich den Gang hinunter zu dem Zimmer, das Fish als Büro diente.
»Was soll das?«, fragte er Columbo. »Das hätte bis morgen früh warten können.«
»Sie sind in einer ausweglosen Situation, Chommie. Wir haben einiges über Sie rausgefunden.«
»Ach ja? Und was?«
Columbo ging Richtung Küche. Er warf Fish einen fragenden Blick zu.
»Bitte, nur immer herein mit Ihnen«, sagte Fish. »Mi casa, su casa.«
Der Detective sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Mochten Sie den Film? Ich mag den. Ich hab ihn sogar auf DVD. Diese eine Szene, wo Jackson aus der Bibel zitiert? Ein Klassiker.« Er schaute aus dem Küchenfenster. »Okay, da ist also Ihr Bakkie. Das müssen wir auch durchsuchen. Nett eingerichtet haben Sie es sich hier. Bakkie, Boot, Haus. Eine Anwältin, die bei Ihnen übernachtet.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Sergeant?«
»Captain.« Der Mann drehte sich zu Fish um. »Setzen Sie sich doch, Mr. Pescado. Und erzählen Sie mir von Caitlyn Suarez.«
»Kann ich nicht.«
Columbo zog einen Stuhl heraus und setzte sich Fish gegenüber an den Tisch. Er hob den Deckel von dem Topf mit Sopa de Peixe. »Sie hat Sie als Privatdetektiv angeheuert. Sie kennen sie.«
»Genau.«
»Genau was?«
»Ich habe ihr gegenüber eine Schweigepflicht.«
»Vergessen Sie’s.« Er roch an den Suppenresten. »Ah, Fischeintopf. Riecht gut. Lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.«
»Ja, war gut.« Fish bot ihm nichts an.
»Portugiesischer Fischeintopf. Mein Großvater war Portugiese. Amado. Jorge Amado. Die Portos, was? Die sind überall hingekommen.« Columbo steckte seine Finger in die Suppe und fischte eine Garnele heraus. »Keine schlechte Größe. Wenn Sie dafür Geld haben, müssen Sie gut verdienen.« Er schob sich die Garnele in den Mund und kaute. »Saftig.« Tauchte noch mal in den Topf.
Fish drückte den Deckel auf den Topf und klemmte so seine Finger ein. »Warum bedienen Sie sich nicht einfach?«
Columbo starrte ihn an. »Mr. Pescado, wir wissen, dass Flip Nel die Akte Caitlyn Suarez aus dem Büro mitgenommen hat. Er muss sie Ihnen dort draußen auf dem Meer gezeigt haben. Etwas, was Sie dort gelesen haben, hat Ihnen panische Angst gemacht. Wir vermuten – das heißt, ich und die National Prosecuting Authority –, dass Sie die Akte bei sich haben.« Fish lockerte den Druck auf den Deckel, so dass der Detective seine Hand herausziehen konnte. »Was ist da draußen passiert, Mr. Pescado?« Jetzt wischte er seine Hand am Tischtuch ab. »Die National Prosecuting Authority würde das gerne wissen. Und ich auch.«
»Ich habe es Ihnen bereits erzählt«, entgegnete Fish. »Lesen Sie meine Aussage.« Er hörte, wie ein Motor angelassen wurde und ein Auto wegfuhr. Der vierte Mann machte sich bereits wieder auf den Weg.
»Was ist wirklich passiert? Erzählen Sie es uns. Wir werden es früher oder später eh rausfinden, wissen Sie.«
»Ich habe alles gesagt, was es zu sagen gibt. Flip Nel hat das Seil des Ankers um sein Bein geschlungen und ist dann ins Wasser gesprungen.« Fish wies mit dem Daumen zur Straße. »Wer war denn dieser Kerl? Der gerade weggefahren ist?«
Columbo schüttelte den Kopf. »Ein Kollege. Betrifft Sie nicht. Sie haben uns.« Er blickte zu dem Mann im Anzug und zu Vicki auf, die unter der Tür zur Küche standen.
»Sie haben keine schlechte Detektei hier am Laufen, Mr. Pescado«, stellte der Dickbäuchige fest. »Samt der Ausrüstung: Überwachungskameras, Richtmikrofone. Beeindruckend. Ihre Klienten wissen das offenbar zu schätzen.«
»Wer sind Sie?«, fragte Fish.
»Sagen wir, eine interessierte und betroffene dritte Partei. Wie ich bereits Ihrer Anwältin mitteilte, gehöre ich zur National Prosecuting Authority.«
»Er ist echt«, warf Vicki ein.
»Wow. Und wer war das gerade, Mr. Echt? Der Mann, der eben weggefahren ist?«
Der dickbäuchige Mann im Anzug lachte. »Sie haben Köpfchen, Mr. Pescado. Sie haben offenbar Köpfchen. Nicht nur ein blonder Surfer. Allmählich verstehe ich, warum Sie so beliebt sind. Zu Ihrer Information: Das war mein Kollege. Auch von der National Prosecuting Authority. Fälle, die von derart großem Interesse sind …«
»Großes Interesse?« Fish schob seinen Stuhl zurück und stand langsam auf. Ihm gegenüber erhob sich zugleich Columbo. »Welchen Bären wollen Sie mir hier aufbinden? Ein Polizist, der sich das Leben nimmt, soll von großem Interesse sein? Kommen Sie. Polizisten blasen sich doch täglich das Hirn raus.«
Der NPA-Mann hob beide Hände und winkte ab. »Ist schon in Ordnung, Leute. Entspannt euch. Entspannt euch bitte. Kein Grund zur Aufregung. Wissen Sie, Mr. Pescado, es geht nicht nur um Flip Nel. Nicht mehr nur um ihn. Das tat es vielleicht ursprünglich einmal, aber inzwischen ist die Situation eskaliert. Es wurde zu einem Fall von großem Interesse. Jetzt haben wir ein Problem mit dieser Caitlyn Suarez, und wir brauchen Informationen.«
»Um drei Uhr morgens? Führen Sie bei ihr auch eine Razzia durch?«
»Eine Razzia? Wir sind keine Eindringlinge. Wir befinden uns in einer Situation, die Eile erfordert. Und wir haben gehofft, dass Sie uns dabei helfen können.«
»Mit einem Durchsuchungsbefehl?«
»Wir haben uns nur vorbereitet. Tut mir leid. Lassen Sie uns noch mal von vorne anfangen. Bitte, Mr. Pescado – asseblief. Wir müssen mit Miss Suarez sprechen.«
»Ach. Wollen Sie mir damit sagen, dass sie verschwunden ist? Nicht mehr auf dem Radar?«
Eine Pause. Dann zögerlich: »Ja, sie hat ihre legalen Vereinbarungen mit uns gebrochen. Wir wissen nicht, wo sie ist.«
Fish dachte nach, wobei er die Stuhllehne packte. Entweder war sie untergetaucht. Oder man hatte sie geschnappt. Und umgebracht. Sie hatte den Eindruck gehabt, unter Beobachtung zu stehen, und war darüber beunruhigt gewesen. Beunruhigt, dass es auf der Straße passieren konnte, vor ihrem Büro. Zu Hause hatte sie sich sicher gefühlt. In ihrer Gated Community. Mit nächtlichen Patrouillen. Und Überwachungskameras. Und der Schwimmerin. Er sagte: »Vielleicht ist sie tot.«
Der Mann von der NPA antwortete nicht. Auch Columbo schwieg.
»Grundgütiger, wie um alles in der Welt soll sie von diesem bewachten Anwesen verschwinden? Mit diesen ganzen Kameras, die auf jedem verdammten Pfosten und Baum hängen. Die sind doch überall. Dort kann man nicht mal hinter einem Busch pinkeln, ohne dass das auf einem Video von Stonehurst zu sehen wäre.« Fish ließ die Stuhllehne los und trat einen Schritt zurück. »Ihr Leute. Ihr seid echt solche Heuchler. Das wisst ihr, nicht wahr? Warum seid ihr wirklich hier? Warum belästigt ihr mich wirklich? He, rückt endlich raus damit. Wenn ihr nicht könnt, dann voetsak. Suka! Verzieht euch.«
Der NPA-Mann hielt die Augen auf Fish gerichtet, bis dieser ihn ansah. Nach einem Moment wandte sich der Kerl zu Vicki. »Vielleicht könnten Sie mir noch die anderen Zimmer zeigen?«
Fish bemerkte Vickis Blick, ihre Warnung, dass er sich abregen solle.
»Nicht schlecht, Mr. Pescado«, meinte Columbo. »Sie reizen offenbar gerne Schlangen.« Er grinste ihn an. Stand einfach da, die Hände in seinem blauen Anorak vergraben. »Etwas an Ihnen ist nicht lekker, Chommie, nicht ganz koscher.« Er beugte sich zum Aschenbecher hinunter, um daran zu riechen. »Hatten Sie gestern Abend einen Joint? Stinkt nach Dagga.« Er trat zum Mülleimer und schob die Gemüseabfälle, die Garnelen- und Muschelschalen sowie die Fischhaut und die Gräten beiseite.
Fish erinnerte sich daran, dass sie nach dem Abendessen noch einen kleinen Joint zusammen geraucht und die Kippe dann im Aschenbecher gelassen hatten. Vicki musste ihn weggeräumt haben. Wie immer einen Schritt voraus. Gott im Himmel sei Dank. Allerdings gab es noch den Vorrat in seinem Nachttischchen.
»Sie sind ein ganz ein Schlauer, Mr. Fish Pescado. Aber solche ganz Schlauen kriegen immer irgendwann eins auf die Nase. Verstehen Sie?« Der Detective wischte sich erneut die Hände an dem Tischtuch ab. »Will sagen, dass Sie uns anschwindeln. Meiner Meinung nach ist etwas anderes da draußen passiert, während Sie mit Flip Nel beim Angeln waren. Wenn Sie klug sind, erzählen Sie mir davon, ehe ich es selbst herausfinde. Denn wenn ich das tue, stecken Sie echt tief in der Kak.«
Fish, der gerade zu Columbo treten und ihm erneut die Meinung sagen wollte, hielt inne. Er hörte ein Rascheln in seinem Hintergarten.
»Mister Fish, helfen Sie mir. Mister Fish, Hilfe. Retten Sie mich, retten Sie mich.« Janet klang außer sich. Ihre Schreie wurden schriller. »Mister Fish, Hilfe!« Dann ein weiterer lauter Schrei.
Fish eilte zur Küchentür, entriegelte sie und trat nach draußen, um festzustellen, dass Janet mit einem riesigen Polizisten rang. Er brüllte ihn an, die Frau loszulassen. Der Constable wich zurück. An Columbo und Fish vorbeiredend, sagte er: »Diese Bergie hat in dem Stuhl geschlafen. Ich habe sie gerade erst entdeckt.«
Columbo lachte. »Was haben Sie hier? Ein Obdachlosenheim, Mr. Pescado? Sehr christlich von Ihnen. Sehr Ubuntu.« Er trat zur Seite, als sich der NPA-Jurist und Vicki wieder zu ihnen gesellten. »Sie sollten für sie einen Bedienstetentrakt bauen. Ag, Schande über Sie, Mann, wo ist Ihr Herz, sie im Freien schlafen zu lassen?«
»Sie«, brüllte Janet und zeigte auf Columbo. »Ich kenne Sie. Die anderen nennen Sie Klein-Hitler! Passen Sie bloß auf, dass Sie nicht mal ne Speiche reingerammt bekommen. Mitten rein!« Sie stach mit ihrem Finger in die Luft, als wäre er eine Fahrradspeiche.
»Es reicht«, sagte Columbo. »Halt den Rand.« Er schlenderte zu dem Bakkie hinüber. »Ich schaue hier noch nach, und dann gehen wir.« Er öffnete die Beifahrertür des Isuzu und benutzte sein Handy als Taschenlampe, um das Innere des Wagens auszuleuchten. Gab Vicki ein Zeichen über seine Schulter hinweg, um zu ihm zu treten. »Schauen Sie sich das an.«
Vicki entdeckte eine Akte, die auf dem Sitz lag – eine braune Akte mit dem Namen Caitlyn Suarez.
»Was ist es?«, fragte Fish.
»Ich glaube, wir sollten uns jetzt mal ernsthaft unterhalten, Mr. Pescado«, meinte der Anzugmann von der NPA und fasste in die Fahrerkabine, um die Akte herauszuholen. »In unseren Räumlichkeiten.«
»Verhaften Sie mich?« Fish trat zur offenen Tür des Bakkie.
»Müssen wir. Ich bin sicher, Misss Kahn wird mir zustimmen. Es ist in diesem Fall das Beste, genau nach dem Gesetz vorzugehen.«
»Ich habe diese Akte noch nie gesehen.«
Columbo schnaubte höhnisch. »Das sagen alle, Mr. Pescado.«
Vicki streckte die Hand nach der Akte aus. »Kann ich da reinschauen? Wie lautet die Anklage?«
Der NPA-Mann lächelte, ohne ihr die Akte zu geben. »Ag, das hat noch Zeit. Uns bleiben achtundvierzig Stunden, um uns etwas zu überlegen.«
»Na, großartig.« Fish sah Vicki an. »Dürfen die das?«
Sie nickte. Sagte zu den Beamten: »Wenn Sie ihn befragen, muss ich dabei sein.«
»Befragen ist ein hartes Wort, Miss Kahn. Wir nennen es lieber ein Gespräch. Eine Art Diskussion.«
»Wie auch immer Sie es nennen: Ich werde dabei sein.«
»Wenn ich Sie wäre, Mr. Pescado«, meinte Columbo grinsend, »würde ich mich warm anziehen. In den Zellen kann es angeblich ziemlich frisch werden.«