Es kommt noch schlimmer

Egon war verzweifelt. Eine mündliche Prüfung. Morgen schon! Wie sollte er sich in so kurzer Zeit einen gemeinen Trick ausdenken? Und ihn dann auch noch persönlich vorstellen, vor allen Schülern und Professor Honigschwamm und, was das Schlimmste war, auch vor Oma Krumpfling! Die Sippenchefin tat doch sowieso nichts lieber, als ihn auszuschimpfen. Dazu würde sie morgen bestimmt wieder die Gelegenheit erhalten. Denn Egon war nun einmal nicht so hinterhältig wie die anderen Krumpflinge – selbst wenn er sich richtig anstrengte. Er musste sich nämlich immer gleich vorstellen, wie sich derjenige fühlte, den er gerade austrickste. Und dann bekam er ganz viel Mitleid.

Mitgefühl und Anteilnahme sind ja sehr wichtig, damit Menschen glücklich zusammenleben können, aber für Krumpflinge sind das eher hinderliche Gefühle. Kein Wunder also, dass Egon so verzweifelt war!

Kuckuck! Kuckuck! Der schnabellose Kuckuck schoss aus seinem Uhrengehäuse und kündigte die Pause an. Egon wollte hinter seinen Mitschülern nach draußen schleichen. Aber Professor Honigschwamm rief ihn zurück.

„Heda, Egon! Ich muss mit dir sprechen, unter vier Glupschaugen. Mit dir sprechen.“

Egon trottete also zum Lehrerpult, auf dem sich Professor Honigschwamm mit einer Tasse Krumpftee bereits gemütlich eingerollt hatte.

Krumpftee wurde aus Menschenschimpfwörtern gebrüht, die Oma Krumpfling durch die Wasserleitungen von oben aus der Villa Artich absaugte und dann zu Teekrümeln zerstampfte. Alle Krumpflinge waren ganz wild auf das köstliche Getränk!

Neben dem Lehrer wartete außerdem ein schimmliger Semmelknödel darauf, verspeist zu werden. Bei dem leckeren Duft, der ihm entgegenwaberte, lief Egon das Wasser im Maul zusammen.

„Ja, Herr Professor, was gibt’s denn?“, fragte er schüchtern.

Professor Honigschwamm pikte den Knödel auf einen Zahnstocher und hielt ihn Egon vor die Schnauze.

„Magst du ein Stückchen, magst du?“

Egon bekam von Oma Krumpfling meistens nur sehr kleine Portionen von Krumpftee und Knödeln zugeteilt und wollte sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen. Sofort riss er sein breites Maul auf.

„Njam …“

Doch genau in dem Moment, als er ein großes Stück aus dem Knödel herausbeißen wollte, zog ihm Professor Honigschwamm die Leckerei wieder weg. Und stopfte sie sich selbst in den Mund.

„Oh.“ Egons Maul klappte zu.

„Hahaha, höhö! Du müsstest mal dein Gesicht sehen, dein Gesicht!“

Professor Honigschwamm verschüttete die halbe Tasse Krumpftee auf seinen Bademantel, so sehr musste er lachen.

„Weißt du, genau das ist dein Problem. Genau das“, erklärte er, als er sich wieder beruhigt hatte. „Wenn du nicht schleunigst lernst, andere hereinzulegen und unverschämt zu sein, dann wirst du auch morgen wieder eine Eins mit Stern kassieren.“

Egons Glupschaugen füllten sich bei dieser Drohung mit Tränen. Die Eins mit Stern war die schlechteste Note, die ein Krumpflingschüler bekommen konnte.

„Aber … ich … ich … bemühe mich doch“, stammelte er schließlich. „Diesmal werde ich die Prüfung gut machen, bestimmt!“ Und weil Professor Honigschwamm gar so ungläubig schaute, behauptete er: „Ich weiß sogar schon, was für einen Trick ich vorstellen werde!“

Das war natürlich geschwindelt.

„Na, das wollen wir hoffen. Ansonsten wirst du nämlich durchfallen. Und dann musst du das Schuljahr wiederholen, das Schuljahr.“

Professor Honigschwamm blickte besorgt in seine Teetasse und drückte sie dann Egon in die Pfote. Diesmal machte er sich keinen Spaß mit Egon. Aber da war dem kleinen Krumpfling sogar die Lust auf einen Schluck Krumpftee vergangen.