Egon sucht Rat

Nach dem Schulschlusskuckucksruf trödelte Egon langsam durch die Krumpfburg nach Hause. Woher sollte er so schnell eine gute Idee bekommen? Seife ausschütten, damit jemand ausrutscht? Das machten kleine Krumpflinge doch schon im Kindergarten … Und was für Bosheiten kannte er sonst noch? Keine. Egons Kopf schien plötzlich voller Zuckerwatte zu sein. Doch gerade als er am Garderobenständer zu seiner Gießkanne hinaufkletterte, hatte er einen Einfall. Egon ließ sich die runde Stange wieder hinunterrutschen und rannte geradewegs zur Bücherei.

In der runden Hutschachtel aus zerschlissener Pappe wurden all die Bücher gehortet, die kluge Krumpflinge jemals geschrieben hatten. Zurzeit waren es elf Stück. Da aber Oma Krumpfling vor Kurzem damit begonnen hatte, ihre Jugenderinnerungen zu notieren, würde es eines Tages sogar zwölf Bücher in der Bibliothek geben!

Diese Krumpflingbücher waren alle pfotengeschrieben und sehr kostbar. Deswegen konnten sie auch nicht ausgeliehen werden, sondern wurden von Fräulein Glemmer, einer recht hübschen Krumpflingsdame mit flauschigem Fell, bewacht. Wer etwas nachschlagen wollte, musste es vor ihren Glupschaugen in der Bibliothek machen. Als Egon durch das Eingangsloch kroch, saß Fräulein Glemmer gerade auf dem Boden, den Rücken an die dicke Geschichte der Krumpflinge gelehnt und lackierte sich die Krallen ihrer rechten Fußpfote rosa. Überrascht hob sie den Kopf.

„Na du? Was suchst du denn hier?“

„Schlechten Tag, Fräulein Glemmer“, begrüßte Egon sie möglichst unhöflich. Dann erklärte er eifrig: „Ich muss dringend mal in ein Buch schauen!“

„Aha“, sagte Fräulein Glemmer und begann in aller Ruhe die Krallen ihres linken Fußes zu lackieren. „Da bist du leider in der falschen Schachtel.“

„Wie bitte, hä?“, fragte Egon verunsichert. Um ihn herum standen und lagen doch lauter Bücher!

„Kleiner Scherz!“ Kichernd schraubte Fräulein Glemmer das Nagellackfläschchen zu und stand auf. „Welches Buch brauchst du denn? Die Teelöffel-Hockey-Regeln?“

„Nein. Das große Lexikon der fiesesten Tricks und Gemeinheiten“, antwortete Egon. „Wir haben nämlich morgen mündliche Prüfung in der Schule und da möchte ich für meinen Vortrag etwas nachschlagen.“

Fräulein Glemmer ließ sich wieder auf ihren runden Popo fallen. „Tja, dann bist du doch in der falschen Schachtel.“

„Hahaha, schon wieder ein guter Witz!“ Egon lachte höflich. „Den muss ich mir merken. Kann ich jetzt das Buch haben?“

Fräulein Glemmer klimperte geschmeichelt mit den Wimpern. Dann schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Nö, Kleiner, kannst du nicht. Gerade waren nämlich Oma Krumpfling und Schorschi da. Die Chefin hat sich eine Sondergenehmigung ausgestellt und für ihren Liebling ein Buch ausgeliehen. Und jetzt rate mal, welches.“

„Das Lexikon der fiesesten Tricks und Gemeinheiten vielleicht?“, fragte Egon unglücklich.

„Bingo. Bist ja nur fast so dämlich, wie du aussiehst.“

Die Bibliothekarin kniff Egon in den Fellbauch und lächelte lieblich.