Albi gibt nach

Frau Artich begleitete ihre beiden Bertis bis zum Gartentor. Dort rückte sie ihrem Mann den Krawattenknoten gerade und reichte ihm Helm und Hosenklemme. Herr Artich spannte seine Aktentasche auf den Gepäckträger, küsste Frau und Sohn und radelte zufrieden davon.

Als Nächstes überreichte Rosalie Albi seinen Turnbeutel und ermahnte ihn wie jeden Morgen zum Abschied: „Denk daran. Wir …“

„… heißen Artich und sind artig!“, ergänzte Albi hastig den Leitspruch der Familie.

Er hatte es eilig loszukommen, denn er wollte schleunigst mit Egon sprechen. Doch das konnte er natürlich nicht, solange seine Mutter um ihn herumwuselte. Mit wehender Kapuze rannte Albi zum Nachbarhaus, wo er Sturm klingelte, damit Lulu schnell herauskam.

Flüsternd berichtete er seiner Freundin, wer sich überraschend in seinem Schulranzen eingenistet hatte. Kaum waren die beiden Kinder aus Rosalie Artichs Blickfeld, nahm Albi seine Schultasche von den Schultern und riss den Deckel auf. Dann fragte er streng: „Egon, was soll das? Warum hockst du in meinem Ranzen und bist nicht in der Krumpflingschule?“

Egon grinste breit.

„Ich möchte gerne einen gewissen Gottlieb Mauser kennenlernen und mal ein paar von meinen Tricks an diesem Affenaas ausprobieren. Freust du dich?“

„Nein!“, schimpfte Albi empört. „Du hast doch heute deine Prüfung!“ Er zog Egon am Schlawittelfell aus dem Ranzen und setzte ihn auf den Gehsteig.

„Lauf sofort zurück, dann schaffst du es vielleicht noch rechtzeitig. Dalli.“

Egon hörte an Albis Stimme, wie ernst es ihm war. Jetzt konnte nur eine kleine Notlüge helfen.

„Meine Schule fällt doch heute aus! Professor Honigschwamm hat sich den Magen verdorben … äh, zu viel Fliegenpilzsuppe. Und die Prüfung ist auf nächste Woche verschoben worden!“

Beim Schwindeln färbte sich vor Verlegenheit sein Nasenfell ein bisschen hellblau. Albi zögerte immer noch, doch Lulu zwinkerte Egon wissend zu. Sie ahnte natürlich, was Egon dazu bewegt hatte, den Unterricht zu schwänzen.

„Das ist doch prima!“, sagte sie. „Albi, du darfst Egon nicht nach Hause schicken. Mit seiner Hilfe könnten wir dem Blödbömmel endlich die Liveten lassen.“

„Wir könnten Götz möglicherweise wirklich die Leviten lesen“, überlegte Albi laut.

Tatsächlich fühlte er sich bei dem Gedanken, den kleinen Krumpfling bei sich zu haben, gleich ein bisschen stärker. Lulu nickte so heftig, dass ihre Zöpfe wippten.

„Also gut“, gab Albi schließlich nach. „Ausnahmsweise. Für einen Tag. Und nur, wenn sich Egon nicht zeigt. Schließlich hab ich schon genug Sorgen.“