18

»Haben Sie einen von den Männern wiedererkannt? «, fragte Dany.

»Nein«, sagte Ella.

»Sie sahen aus wie Spezialisten«, sagte Dany. »Söldner oder Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma.«

Ella sagte nichts.

»Warum war die Wohnung so sauber?«, fragte Dany. »Nach allem, was sich da abgespielt hat? Das ganze Blut, das kaputte Aquarium – wie kommt es, dass heute Nachmittag nichts mehr davon zu sehen war?«

Ella sagte: »Einer der Polizisten, die mich verhört haben, meinte, die Techniker hätten keine Spuren gefunden, die meine Aussage bestätigen.«

»Sie müssen also am nächsten Tag zurückgekommen sein, um aufzuräumen und alle Hinweise auf ein Verbrechen aus der Welt zu schaffen.«

»Oder die Spurensicherung hat die Spuren nicht gesichert, sondern beseitigt und einen falschen Bericht erstellt.«

Dany sagte: »Wer so was anordnen kann, muss sehr weit oben stehen.«

Ella nickte. »Aber warum arbeitet jemand, der so weit oben steht, mit Mördern und Entführern zusammen?«

»Vielleicht wird er gezwungen«, sagte Dany, »erpresst? Oder er verspricht sich Vorteile davon. Er gehört nicht zu ihnen, aber er hilft ihnen, weil es ihm nützt.«

»Wobei?«, fragte Ella.

»Wer sind sie?«, fragte Dany. »Was suchen sie?«

»Warum sind sie bereit, dafür zu töten?«, fragte Ella.

»Sie haben Angst.«

»Wovor?«

Dany schwieg.

»Was immer es ist, sie haben es nicht gefunden, sonst hätten sie Max nicht getötet und wären nicht immer noch hinter mir her«, sagte Ella. »Sie denken, ich könnte es haben. Oder Mado hätte mir gesagt, wo es sich befindet.« Sie musste gegen ihre Müdigkeit ankämpfen. »Ist es vielleicht dieses Journal, von dem Mado eben auf dem Band gesprochen hat?«

»Ein Journal?«

»Ja. Sie hat am Nachmittag den Anruf erhalten und dabei gesagt, sie hätte jemandem von dem Journal erzählt! Und es gäbe eine Kopie davon.«

Dany zuckte mit den Schultern.

»Wer ist dieser – wie hieß er – Professor Forell?«, fragte Ella. »Einer ihrer Lehrer? Hat sie mit Ihnen darüber gesprochen, am Telefon?«

»Nein.«

»Könnte es dieses Journal sein, das die suchen?«, fragte Ella. »Dieses dauernde Was ist es? Wo ist es? Hat der Mann in der Wohnung das damit gemeint? Oder war es das, was sie Forell geben sollte? ›Er hat mir etwas für Sie gegeben‹, hat sie gesagt.«

Dany sah sie schweigend an.

»Mit wem hat Mado sonst noch telefoniert in den letzten Tagen?«, fragte Ella. »Woher wusste sie, dass sie in Gefahr war?«

Dany schwieg wieder ein paar Sekunden, dann sagte er: »Sie sind sehr mutig, wissen Sie das?«

»Nein«, sagte Ella, »bin ich nicht. Ich bin nur todmüde.«

Das Zimmer hatte ein Doppelbett, einen Schrank, einen Stuhl mit Armlehnen und einen Tisch, auf dem ein alter Röhrenfernseher festgeschraubt war. Die Rolltür des Schranks stand halb offen, und als Ella versuchte, sie zu schließen, glitt sie mit leisem Quietschen wieder in ihre alte Position zurück. Der Schrankboden war mit gelblichem Backpapier ausgelegt. An der Wand hing ein Kalender, der noch die letzte Juniwoche anzeigte, in der Mitte eines rosettenförmigen Wasserflecks auf der mit verblichenen Lilien und Lianen bedruckten Tapete. Die Vorhänge waren aus demselben Material wie die Überdecke des Betts, und der Blick aus dem holzgerahmten Fenster zeigte Kuppel und Turm einer Moschee, verborgen durch das Laub einer Kastanie.

Die Bettdecke war zurückgeschlagen. Das Kopfkissen wirkte sauber, das Laken ebenso. Auch die Duschkabine, die Toilette und das angeschlagene Waschbecken im Badezimmer schienen frisch geputzt zu sein, und Ella dachte, wir hätten es schlimmer treffen können.

Es war das erste Hotel gewesen, das so ausgesehen hatte, als würde dort niemand nach ihnen suchen. Sie hatten das BMW Cabrio in der Nähe des Landwehrkanals in Kreuzberg stehen lassen, und danach waren sie eine Weile zu Fuß weitergegangen, ehe sie einen Nachtbus bestiegen hatten, der nach Treptow fuhr. Aber auf halber Strecke hatten sie es sich anders überlegt, waren ausgestiegen und wieder herumgelaufen, bis Ella kurz davorstand, sich einfach irgendwo an den Straßenrand zu setzen. Da hatten sie das Hotel entdeckt: nur zwei Sterne, aber jemand an der Rezeption, der öffnete, als sie die Klingel drückten.

Wir hätten es schlimmer treffen können. Ella saß auf einer Seite des Doppelbetts, Dany auf der anderen, und so hatten sie die ganze Zeit dagesessen, seit sie in das Zimmer gekommen waren. Jetzt ließ Ella sich einfach nach hinten kippen.

Dany rührte sich nicht. Er saß mit dem Rücken zu ihr im Dunkeln, und dann atmete er tief ein und aus und sagte: »Ich muss die ganze Zeit an Mado denken. Es war so schrecklich, sie so zu sehen. Wenn ich mir vorstelle, was sie vielleicht jetzt gerade …« Ein paar Sekunden vergingen, in denen er vor seinem inneren Auge etwas sah, was Ella sich nicht vorstellen mochte.

»Wie ist sie denn eigentlich?«, fragte Ella. »Stehen Sie sich nahe?«

»Früher standen wir uns sehr nahe«, sagte er, »als wir Kinder waren.«

»Wie war sie als Kind?«

Wieder schwieg er, schien sich die gemeinsame Kindheit erst wieder in Erinnerung rufen zu müssen. Dann sagte er: »Ich möchte nicht darüber reden. Es käme mir vor, als würde ich nicht mehr daran glauben, dass wir sie lebend wiederfinden.«

Ella dachte an Max, den sie in den letzten Stunden fast vergessen hatte, und sagte: »Wir brauchen Hilfe. Allein schaffen wir das nicht.«

Dany schwieg.

»Ein Anwalt«, sagte sie, aber vielleicht dachte sie es auch nur. Sie schlief ein, als sie noch glaubte, wach zu sein. In der winzigen Zeitspanne zwischen Wachsein und Schlaf durchzuckte sie plötzlich ein anderer Gedanke, der ihr jedoch im selben Moment wieder entglitt. Sie wusste nur, dass er beunruhigend war, vage und beunruhigend und dass er mit Dany zu tun hatte; mit etwas, das er getan oder nicht getan hatte.

Als sie wieder erwachte, hatte sie den Gedanken vergessen. Sie wusste nicht, wo sie war, und brauchte einen Augenblick, um sich zurechtzufinden. Dann fiel es ihr ein, und sofort kehrte auch die Angst zurück. Es war noch immer dunkel im Zimmer. Sie lag auf dem Rücken am Kopfende des Betts, so wie sie eingeschlafen war, beide Füße auf dem Boden. Ihr Rücken schmerzte, als hätte sich ein Nerv in ihrer Wirbelsäule verklemmt. Dany lag zusammengerollt am unteren Ende. Er atmete gleichmäßig, und eine seiner Hände lag so dicht neben ihrer, dass sie seine Wärme spüren konnte.

Leise, um ihn nicht zu wecken, stand sie auf und ging ins Bad. Sie schloss erst die Tür, bevor sie Licht machte und sich auszog, um zu duschen. Sie versuchte die Milchglasscheibe der Duschkabine zuzuziehen, aber sie klemmte. Sie drehte den altmodischen Keramikknopf für das heiße Wasser auf. Der Strahl, der auf sie herabprasselte, war kalt. Sie schnappte nach Luft. Es dauerte eine Weile, bis das Wasser heiß wurde, und nach einer weiteren Weile war der Schmerz in ihrem Rücken verschwunden.

Sie wusch sich mit süßlich riechendem Duschgel aus einem Kunststoffspender an der Wand und blieb noch eine Weile mit geschlossenen Augen unter dem fließenden Wasser stehen, bevor sie die Kabine verließ. Sie trocknete sich das Haar mit einem der fadenscheinigen Frotteetücher von einem verchromten Handtuchhalter neben dem Waschbecken. Einen Föhn gab es nicht. Sie hatte sich gerade wieder angezogen, als sie Danys Stimme durch die geschlossene Tür hörte. Zuerst dachte sie, er rede mit ihr, doch dann erkannte sie, dass er Französisch sprach.

»Non … non, pas maintenant – demains … dans le bain … elle peut retourner chaque minute!«

Mehr verstand sie nicht, und sie war nicht einmal sicher, ob sie das richtig verstand. Nein … nein, nicht jetzt – morgen … im Bad … sie kann jede Minute zurückkommen! Sie öffnete die Tür einen Spalt. Er stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster. Unvermittelt beendete er das Gespräch, als hätte er gespürt, dass sie ihn beobachtete. Er nahm die Fernbedienung, die auf dem Fernseher lag, und schaltete ihn ein. Sie öffnete die Tür ganz. »Ich konnte nicht schlafen«, sagte sie. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt.«

Er zuckte mit den Schultern. »Und wenn schon, bald wird es hell.« Er setzte sich mit der Fernbedienung in der Hand auf die Bettkante, wechselte die Kanäle schnell hintereinander. Auf dem kleinen Bildschirm rollten alte Panzer in flackerndem Schwarz-Weiß über versteppte Hügel. Flugzeuge warfen schwarze Bombenteppiche ab, die weiß explodierten. Kriegsschiffe. Nackte Frauen. Gangsterrapper. Eine Talkrunde. Ein Nachrichtensprecher.

Der Sprecher saß vor einem Foto von mehreren Löschzügen der Feuerwehr, die aus einem Dutzend Schläuchen Wasserfontänen in ein nächtliches Flammeninferno spritzten. »Berlin«, sagte er. »Nach Erkenntnissen der Feuerwehr wurde das Großfeuer in der Berliner Diskothek in der vergangenen Woche wahrscheinlich von einem defekten Elektrokabel ausgelöst. Bei dem Brand kamen sechzehn Menschen ums Leben, siebenundachtzig wurden zum Teil schwer verletzt. Fremdverschulden schließen Polizei und Feuerwehr aus.«

Das Bild des Feuers wurde von einem Foto einer Euromünze abgelöst. »Die Eurokrise weitet sich aus«, sagte der Sprecher. »Nach Spanien hat nun auch Portugal die EU und den Internationalen Währungsfonds um einen Kredit von hundert Milliarden gebeten. Immer mehr Länder geraten in den Sog der Abwärtsspirale, die von Finanzwetten internationaler Hedgefonds – «

Dany schaltete weiter. Ein Gepard hetzte eine Gazelle durch hohes Steppengras. Noch mehr nackte Frauen. Sie spreizten die Beine oder Gesäßbacken, streichelten sich die Brüste, halb verborgen hinter anschwellenden bunten Telefonnummern. Ruf jetzt an! Zurück zu dem Geparden, der Talkrunde, den Rappern, den Kriegsschiffen, dem Nachrichtensprecher.

»Paris«, sagte der Sprecher. »Noch immer gibt es keine Spur im Fall des verschwundenen französischen Bankiers Raymond Lazare, der vor zwei Tagen – «

Dany wechselte erneut den Kanal. Bilder von einer Demonstration, arbeitslose Werftarbeiter in Wismar, nächtliche Tumulte in der Hamburger Hafenstraße, Molotowcocktails, vermummte Autonome, Spezialkräfte der Polizei, brennende Autos, Wasserwerfer. Max Jansen, lächelnd, im blauen Uniformhemd des Rettungsassistenten. Eine grell geschminkte Frau, die verschieden große Kupfertöpfe zum Verkauf anpries –

»Zurück!«, rief Ella.

Dany zappte zurück, aber da, wo eben Max Jansen gewesen war, sah man jetzt die Charité, und eine Männerstimme aus dem Off sagte, »wo Täterin und Opfer, die bis vor Kurzem eine Affäre unterhalten haben sollen, in der Nacht vor dem brutalen Mord zusammen Rettungseinsätze gefahren sind – «

»Das war Max«, sagte Ella. Wie hypnotisiert starrte sie auf den Bildschirm, auf dem jetzt sie selbst erschien, ein Foto, erst ein paar Jahre alt. Sie stand im weißen Kittel in der ersten Reihe eines Pulks streikender Klinikmitarbeiter, ihr Kopf war mit einem roten Kreis gekennzeichnet. Dazu sagte der Sprecher: »Die Internistin Ella Bach, einunddreißig, die auch im Zusammenhang mit dem mysteriösen Überfall auf die verschwundene französische Studentin Madeleine Schneider gesucht wird, ist seit der Tat auf der Flucht. Der junge Rettungsassistent Max Jansen war am Samstagmorgen – «

Wieder wurde das Foto von Max gezeigt, dann die Fassade des Hauses, in dem er gelebt hatte. Ein etwas größerer weißer Kreis bezeichnete sein Küchenfenster. Vor dem Haus parkten zwei Polizeiwagen und ein Rettungsfahrzeug, alle mit dramatisch blitzenden Blaulichtleisten. Eine Gruppe neugieriger Anwohner hatte sich in einem Halbkreis um den Eingang und die Einsatzfahrzeuge versammelt. Die Kamera schwenkte über die enge Straße zum Fernsehturm und weiter zu den erleuchteten Arkaden unter dem Bahnhof Hackescher Markt. Eine eingeblendete Schrift unten im Bild erklärte, dass es sich um die Wiederholung einer Nachrichtensendung vom vorigen Abend handelte.

Ella sank auf die Bettkante, ohne die Augen vom Bildschirm zu lösen. Sie hatte ein Gefühl, als hätte ihr jemand Schnee ins Gesicht gerieben. Mit beiden Händen fuhr sie sich durch das feuchte Haar, presste die Handballen gegen die Schläfen. Dany sah sie von der Seite an, mit halb geschlossenen Augen, als strahle sie ein gefährliches Licht aus, sei aber trotzdem von unwiderstehlicher Anziehungskraft. »Machen Sie das bitte aus«, sagte sie endlich.

Er schaltete den Fernseher aus, und nach einer Sekunde lag der Raum wieder im Halbdunkel. Nur das Licht aus dem Bad fiel durch den Türspalt auf die untere Hälfte des Betts. »Sie verlieren nicht viel Zeit«, sagte Ella. Sie ließ ihren Kopf los und legte die Hände in den Schoß, als gehörten sie nicht zu ihr. Es kam ihr vor, als gehörte immer weniger zu ihr oder veränderte sich auf eine Weise, dass sie es nicht mehr wiedererkannte. Warum hatte Max den Brief nicht abgeschickt? Sie sah sein Gesicht vor sich, nicht wie eben im Fernsehen, sondern wie man ein Gesicht sieht, wenn man plötzlich etwas Neues darin erkennt und im selben Moment begreift, dass man es für immer verloren hat.

Dany sagte: »Ich habe gerade einen Freund in Paris angerufen, einen Anwalt, der viel mit der Polizei zu tun hat – «

»Es ist mitten in der Nacht.«

»Dafür ist ein Freund da.«

Es ist mitten in der Nacht, und ich habe nur einen Freund, den ich anrufen kann, nur Anni. »Darf ich kurz Ihr Handy benutzen?«

Dany reichte ihr sein Handy. Sie griff danach, aber er hatte es noch nicht losgelassen. Ihre Hände berührten sich, und eigentlich hätte sie jetzt ihre Hand zurückziehen können oder er seine, nur dass sie das nicht taten. Sie berührten sich, und dann hielten sie einander fest, und gleich darauf küssten sie sich. Sie spürte seine Lippen, seine Zunge, die Hitze, die sein Körper ausstrahlte, während sie sich noch kühl vorkam, kühl und feucht. Sie lachte und schluckte Tränen, bevor sie sich erneut gegeneinanderpressten, voller Hast und Gier. Wieder die harten Lippen, die fordernde Zunge. Ihre Fingernägel gruben sich in den Stoff seines Hemdes, suchten die Haut. Sie schloss seinen Kopf in ihre Arme, drückte ihn an sich, dann von sich weg, wortlos, ungeduldig. Drückte ihn aufs Bett.

Er lag halb unter ihr. Sie spürte, wie ihr Herz einen Ruck tat, es schien sich zu öffnen und im nächsten Moment schnappte es wieder zu, und sie dachte, mit dem Herz hat das nichts zu tun. Sie ließ sich auf ihn sinken, zerrte an seinem Hemd, versuchte seine Gürtelschnalle zu öffnen und wartete auf seine Hände, sehnte ihre Berührung herbei. Lass mich vergessen, wer ich bin, warum ich hier bin, verwandle mich. Sie wollte schnell dorthin kommen, wo sie nicht mehr dachte, nicht mehr fragte, wo sie nichts als Hände und Haut war, nur noch keuchender Atem, rasende Gefühle, die kamen und gingen, ohne dass sie etwas dazutat.

Sie umklammerte ihn mit Armen und Beinen, warf sich herum. Er riss ihre Bluse auf, kein BH, fand ihre Brustwarzen und nahm sie in den Mund, dann sacht zwischen die Zähne, während seine Zunge sie streichelte. Sie erstarrte, ein süßer Schmerz durchfuhr sie bis hinunter zwischen die Beine. Einen Moment lang dachte sie, gleich werde ich ohnmächtig, ein unerträglich starkes Gefühl, das letzte, das sie bewusst wahrnahm, denn endlich wurde sie sich selbst fremd, fiel in das heiße, anschwellende Dunkel, in dem es sie nicht mehr gab.

Danach lag sie unter ihm, spürte aber sein Gewicht kaum, weil sie nur langsam in ihren Körper zurückkehrte. Sein Atem strich über ihren Hals, erst schnell, dann ruhiger, tiefer, während an den Rändern ihrer Wahrnehmung Müdigkeit heranflog. Ihr Herz schlug dicht an seinem, und sie empfand Zärtlichkeit für ihn, das war alles.

»Ella«, sagte er, und bevor er weitersprechen konnte, brachte sie ihn zum Schweigen, mit leichtem Kopfschütteln. »Es hat nichts zu bedeuten«, sagte sie. »Es ist bloß die Nacht.«

»Gut«, sagte er nach einer Weile, »warum nicht? Schieben wir es auf die Nacht.« Er richtete sich auf, rollte zur Seite, lag neben ihr auf dem Rücken. »Oder die Einsamkeit.«

Oder die Angst, dachte sie.

Auf einmal fiel ihr der beunruhigende Gedanke wieder ein, der ihr vor dem Einschlafen entglitten war, und jetzt bekam sie ihn zu fassen. Er hat ihren Namen nicht genannt, dachte sie. Gestern Nachmittag, als Dany sich Zutritt zum Penthouse verschafft hatte, war er durch die ganze Wohnung gegangen, ohne einmal nach seiner Schwester zu rufen.

Er konnte doch nicht wissen, dass sie nicht da war, nicht, wenn er mir die Wahrheit gesagt hat.

Warum hatte er nicht gerufen: »Mado! Mado?! Bist du da?«