Immer noch voller Hochgefühl, dass sie mit dem Phoenix-Build so weit gekommen ist, springt Maxine für die fünfminütige Fahrt zum Dockside in ihr Auto und kommt gerade rechtzeitig zu Kurts geheimnisvollem Treffen.
Sie vermutet, dass der glänzende neue Lexus IS300 auf dem Parkplatz ihm gehört. Sie bezweifelt, dass es der Datsun 300 ist, neben dem sie geparkt hat. Es überrascht sie, dass das Treffen im Dockside stattfindet. Das ist keiner der üblichen Treffpunkte für Technologieleute, sondern eine seit Langem beliebte Location der Fabrikarbeiter.
Maxine hatte nachmittags einige Kollegen zu Kurt befragt. Drei Personen gaben ihr enthusiastisches Feedback und beschrieben ihn als kompetent und hilfsbereit. Eine Entwicklungsleiterin aus ihrer alten Gruppe nannte ihn eine der klügsten Personen in der gesamten IT des Unternehmens. Dagegen hatte ihr merkwürdigerweise einer der anderen alten Kollegen diese Nachricht geschrieben:
Kurt? Er ist nicht die hellste Kerze auf der Torte, und deshalb hängt er bei QA fest. Außerdem ist er ziemlich neugierig. Warum fragst du?
Das hat Maxine nur noch neugieriger gemacht. Was genau hat Kurt vor?Der Ordner, den er ihr gegeben hat, erspart ihr wahrscheinlich monatelanges Warten. Aber was treibt ihn an? Er hat eindeutig einige gute Kontakte, um an bestimmte Informationen zu kommen und Dinge in Gang zu setzen. Sie ist sich ziemlich sicher, dass er dazu keine Unternehmensressourcen missbraucht – und selbst wenn er es täte, warum sollte er ihr dann so gewonnene Informationen weitergeben?
Als sie durch die Tür kommt, steigt ihr sofort Hopfengeruch in die Nase. Sie ist seit Jahren nicht mehr hier gewesen. Und sie ist erleichtert, dass es viel sauberer und heller wirkt, als sie es in Erinnerung hat. Es liegt kein Sägemehl mehr auf dem Boden, und es ist geräumiger, als es von außen scheint.
Die Bar ist nur halb voll, aber es ist laut – vielleicht wegen des blitzeblank gekehrten Zementbodens.
Kurt sieht sie und winkt sie lächelnd zu einer Gruppe von Tischen auf der anderen Seite des Raums neben ein paar abgetrennten Nischen. »Hey, Leute, das ist Maxine, das neueste Mitglied der Rebellion, wie ich hoffe. Diejenige, von der ich euch erzählt habe. – Maxine, bei uns geht es ganz formlos zu, wir sind hier ja praktisch unter uns, wie du siehst …«
Sie erkennt sofort den missmutigen Entwickler wieder, der sie beim Phoenix-Status-Meeting hinsichtlich der Environments unterstützt hat, und ist erstaunt, als sie die zierliche Frau namens Shannon sieht, die heute Morgen mit John zusammen gekommen war. Dann ist da noch ein weiterer Mann Ende 30 und daneben jemand, der irgendwie fehl am Platz aussieht – ein Mittfünfziger in einem Bowlinghemd. Neben ihm sitzt Brent, den sie schon in der Sitzung zum Phoenix-Release gesehen hat. Er und Shannon sind die Jüngsten am Tisch.
Alle haben aufgeklappte Laptops vor sich. Plötzlich wünscht sie sich, sie hätte ihren eigenen mitgebracht – sie hatte sich in letzter Zeit abgewöhnt, ihn mit sich herumzuschleppen, weil sie so wenig zu tun hatte.
»Erinnerst du dich an Dave?«, fragt Kurt und zeigt auf den miesepetrig wirkenden Entwickler. »Er ist einer der Leiter des Dev-Teams. Er meckert oft, aber er meldet sich wahrscheinlich am deutlichsten zu Wort, wenn es um die Notwendigkeit geht, technische Schulden zu begleichen und unsere Architekturen, Plattformen und Praktiken zu modernisieren.«
Kurt lacht. »Dave ist so gut, weil er nie um Erlaubnis fragt!«
Nörgel-Dave prostet Maxine so gequält lächelnd zu, dass man den Eindruck hat, das Lächeln bereite ihm körperliche Schmerzen. Dann nimmt er einen Schluck von seinem Bier. Aus der Nähe sieht er älter aus als sie. »Die Regeln zu brechen, ist die einzige Möglichkeit, hier etwas zu erreichen«, grummelt er. »Ohne 20 Sitzungen bewegt sich nichts.« Nörgel-Dave macht eine Pause. »Das ist das größte Kompliment, das Kurt mir je gemacht hat. Du hast wahrscheinlich bemerkt, dass er innerhalb des Unternehmens quasi seinen eigenen Schwarzmarkt betreibt, oder?«
Kurt lacht, offensichtlich stört ihn diese Beschreibung nicht. »Ich versuche nur, anderen bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen. Wenn man mir irgendetwas vorwerfen kann, dann dass ich mich zu sehr um den Erfolg von Phoenix und sogar des gesamten Unternehmens sorge, als dass ich zulassen würde, dass die ganze Bürokratie es umbringt! Wenn das ein Verbrechen ist, bekenne ich mich schuldig! Es ist schade, dass wir niemals eine Medaille für unsere großartige Arbeit bekommen werden. Die Genugtuung, Menschen zu helfen, muss als Belohnung wohl reichen, stimmt’s?«
Alle stöhnen, und jemand von der gegenüberliegenden Seite des Tischs ruft: »Der war gut, Kurt.«
Kurt ignoriert das Geplänkel und zeigt auf den Mann in den späten Dreißigern, der ein lustiges Verkäufer-T-Shirt trägt. »Das ist Adam, einer meiner Test-Engineers. Aber lass dich nicht von seinem Titel täuschen – im Herzen ist er Entwickler und außerdem einer der besten Infrastrukturtypen, die ich je getroffen habe.
»Du kannst ihm für all die virtuellen Maschinen und vorgefertigten Container danken, die du bekommen hast – er hat sie alle aufgesetzt und gebaut. Und das ist nur ein Teil seiner Arbeit. Seine Hauptaufgabe besteht darin, das Gros der Legacy-Testsuite zu automatisieren, die wir von einem Outsourcer geerbt haben.«
Adam lächelt verlegen. »Eigentlich hat Brent die meiste Arbeit geleistet«, sagt er. »Er ist ein Ass in Sachen Infrastruktur. Wir arbeiten seit über einem Jahr gemeinsam daran, die Erstellung von Umgebungen zu automatisieren. Es ist ein steiniger Weg, zumal wir das abends und an den Wochenenden machen, weil es nicht offiziell sanktioniert ist. Trotz all der Sackgassen sind wir auf das Ergebnis ziemlich stolz.
Deine Aufzeichnungen zum Build-Prozess waren fantastisch, Maxine. Brent ist vor Freude fast gestorben, als er sie gelesen hat. Er hat seit Monaten versucht, all die Einzelteile zusammenzufügen«, schließt Adam.
Brent lächelt Maxine an. »Das war hervorragende Detektivarbeit, Maxine. Die Dokumentation all dieser Umgebungsvariablen war extrem hilfreich!«
»Lass uns wissen, ob du mit der Umgebung zurechtkommst«, fährt Adam fort. »Es ist so schwierig, auf normalem Weg etwas von Operations zu bekommen, also haben wir selbst genug Hardware zusammengekratzt, um einen Cluster zu bauen, der groß genug ist, um ein paar Teams zu unterstützen. Jetzt kann man bei Bedarf ein Environment erzeugen, ohne dass man erst ein Ticket öffnen muss.«
Maxine platzt heraus: »Wow, vielen Dank. Die Umgebung funktioniert! Der Build ist drei Stunden lang gelaufen, bis er wegen eines fehlenden Zertifikats abgebrochen wurde.«
»Super! Das ist fantastisch«, freut sich Brent.
»Woher kam denn die ganze Hardware, wenn nicht von Operations?«, fragt Maxine.
Adam schmunzelt. »Kurt hat da seine Quellen – hier ein bisschen, da ein bisschen, du weißt schon … Kurt sagt immer, dass wir besser nicht fragen, woher das Zeug kommt. Ich glaube, dass es eine Menge Leute gibt, die ganze Servercluster vermissen würden, wenn sie sich nur die Mühe machten, mal nachzusehen.«
Kurt mimt einen verletzten Gesichtsausdruck. »Das Horten von Servern ist ein großes Problem«, sagt er. »Weil es so lange dauert, bis Ops etwas rausrückt, verlangen die Leute immer viel mehr, als sie in Wirklichkeit brauchen. Und das wiederum macht die Arbeit von Ops schwieriger und verlängert die Vorlaufzeiten für alle anderen, was die Engpässe noch verschärft! Es ist wie in der alten Sowjetunion, wo man für alles Schlange stehen musste. Man könnte sagen, dass wir gewissermaßen einen Sekundärmarkt schaffen, um sicherzustellen, dass einige dieser ungenutzten Maschinen dort landen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Du weißt schon: um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen«, sagt er.
Nörgel-Dave murmelt: »Fang nicht damit an«, und rollt zu Kurts Vorlesung die Augen.
Adam fügt hinzu: »Aber Dave hat recht – Kurt betreibt einen Schwarzmarkt.«
»Ignorier die beiden einfach, Maxine«, fährt Kurt fort. »Als Nächstes am Tisch sitzt Shannon, eine Security Engineer, die an der Entwicklung automatischer Sicherheitswerkzeuge arbeitet. Davor war sie fast fünf Jahre im Data-Warehouse-Team. Derzeit arbeitet sie gemeinsam mit Brent, und die beiden experimentieren mit einigen Toolkits zum maschinellen Lernen und zur Datenvisualisierung. Sie versuchen, eine große Infrastruktur für Big Data aufzubauen, um den zu erwartenden Marketinginitiativen einen Schritt voraus zu sein. Du kennst sie vermutlich noch von den groß angelegten Red-Team-Einsätzen, die sie letztes Jahr durchgeführt hat.«
Maxine grinst. Deshalb kam sie ihr so bekannt vor. Sie erinnert sich definitiv daran – es war das erste Mal, dass sie das Ziel eines Penetrationstests war, bei dem alle Mittel erlaubt waren. Sie hatten versucht, Malware zu installieren, indem sie sich physischen Zugang zu den Produktionsstätten verschafft, E-Mails mit bösartigen Links verschickt und sich als Führungskräfte des Unternehmens und in einem Fall sogar als einen ihrer wichtigsten Lieferanten ausgegeben hatten.
Sie war davon sehr beeindruckt gewesen. Man braucht eine Menge Mumm, um diese Art von Überprüfungen durchzuführen, denkt sie. Maxine erinnert sich daran, dass ein Mitarbeiter gefeuert worden war, weil er einen solchen Test unternommen hatte und dabei einen Haufen Leute hatte schlecht aussehen lassen.
Shannon schaut von ihrem Laptop auf und sagt: »Schön, dich kennenzulernen, Maxine. Ich erinnere mich an deine Gruppe. Ihr wart in der ganzen Firma mit am besten vorbereitet. Ich war echt beeindruckt davon, dass jedem in deiner Abteilung klar war, dass man nicht auf Links in E-Mails klicken darf, egal wie offiziell sie auch aussehen. Da hat jemand alle hervorragend sensibilisiert.«
Maxine nickt respektvoll: »Ich freue mich auch, dich kennenzulernen, Shannon. Wir haben Wochen damit verbracht, all die Probleme zu beheben, die ihr gefunden habt. Gute Arbeit.«
Shannon blickt auf ihren Laptop und tippt etwas ein. Plötzlich schaut sie hoch und meint: »Übrigens, tut mir leid wegen dieser Episode mit John. Er ist ein ziemlicher Chauvi. Aber er ist halt mein Chef.«
Alle lachen, und mehrere imitieren Shannons Ausdruck von heute Morgen.
»Als Nächstes kommen wir zum bereits erwähnten Brent – er hat seine Finger in allem, was mit Infrastruktur zu tun hat«, fährt Kurt fort. »Egal was ans Stromnetz angeschlossen wird, Brent kennt sich wahrscheinlich damit aus. Netzwerke, Storage, Rechenpower, Datenbanken. Aber er kann nicht nur gut mit einem Schraubenzieher umgehen, er ist auch immer absolut on top, was Automatisierung angeht. Leider haben ihn alle auf Kurzwahl gespeichert, weil er in so vielem talentiert ist. Und er hat viel zu oft Pager-Dienst, was wir zu ändern versuchen.«
Brent zuckt nur mit den Schultern. Plötzlich flackert der Kamerablitz seines Telefons, und Benachrichtigungen überfluten seinen Bildschirm. Er schaut auf sein Smartphone und murmelt: »Verdammt, schon wieder irgendein Ausfall. Da muss ich mich wahrscheinlich sofort drum kümmern.« Er trinkt sein Bier aus und beginnt zu wählen.
»Ja, das ist ein echtes Problem«, bedauert Kurt, während Brent aufsteht. »Sein Arbeitsleben müsste unbedingt etwas gesünder gestaltet werden. Er ist brillant, aber weil die Leute alles Mögliche auf ihn abschieben, ist er jahrelang nicht ohne Pager in Urlaub gefahren …«
Er hält inne. »Kommen wir unterdessen zu Dwayne«, fährt Kurt fort und zeigt auf die älteste Person am Tisch – die nicht nur anders gekleidet ist als alle anderen, sondern auch eine andere Kategorie von Laptop vor sich stehen hat – ein Biest mit riesigem Bildschirm. »Er ist bei Ops leitender Engineer für Datenbanken und Storage und derjenige, der Brent mit zu uns in die Gruppe gebracht hat. Die beiden konspirieren ständig, um bessere Lösungen zur Verwaltung der Infrastruktur zu finden.«
Maxine grinst. Für die meisten Leute im Phoenix-Projekt sind die Kollegen der Ops-Zentrale lediglich die Menschen auf der anderen Seite eines Tickets. Das sind diejenigen, über die sich alle ständig beschweren. Aber es ist klar, dass Kurt und diese bunte Mannschaft eine andere Arbeitsweise haben, bei der die normalen organisatorischen Kommunikationswege informell umgangen werden.
Dwayne greift über den Tisch und streckt seine Hand aus. »Schön, dich kennenzulernen, Maxine.«
Er trägt ein echtes Bowlinghemd, auf dem seine Initialen »DM« aufgenäht sind, direkt neben einem verblassten Senffleck.
»Dwayne versucht seit Jahren, Automatisierungsinitiativen auf den Weg zu bringen, aber er und Brent werden immer wieder ausgebremst«, fährt Kurt fort. »Also haben sie Adam stattdessen geholfen, unsere eigene Infrastruktur aufzubauen. Er kennt fast jeden in Operations und bringt die Leute in der Regel dazu, alles für ihn zu tun. Wie Anfang dieser Woche, als für uns ein Firewall-Port zwischen zwei internen Netzwerken geöffnet werden musste. Das hat Dwayne ermöglicht.«
»Alles an einem einzigen Arbeitstag«, sagt Dwayne mit einem freundlichen Lächeln. »Aber um fair zu sein: Kurt ist der wirkliche Meister darin, das Unmögliche möglich zu machen … Ich lerne bloß von ihm!«
Maxine ist sich sicher, dass Dwayne übertreibt. Dwayne sieht aus, als sei er Mitte 50. Könnte er von einem jungen Kerl wie Kurt wirklich noch viel lernen?
Kurt hat sich in seinem Stuhl zurückgelehnt, die Arme weit ausgebreitet. »Maxine, wie du den Code des Phoenix-Builds geknackt hast, hat uns alle beeindruckt. Wir bewundern deine technischen und sozialen Fähigkeiten, mit denen du fast alle Teile der benötigten Umgebung erfolgreich zusammenklauben konntest, wozu unglaubliche Beharrlichkeit, Fokussierung und die Bereitschaft, niemals ein Nein als Antwort zu akzeptieren, unerlässlich sind!«
Irritiert schaut sich Maxine um, aber tatsächlich nicken ihr alle zu, ernsthaft beeindruckt von ihrer Arbeit. Kurt fährt fort: »Wir laden dich ein, Teil des inneren Kreises der ›Rebellion‹ zu werden. Wir rekrutieren die besten und klügsten Engineers des Unternehmens, wir trainieren, und wir bereiten uns im Geheimen auf den richtigen Zeitpunkt vor, das Imperium zu stürzen – die alte, mächtige und ungerechte Ordnung, die definitiv überwunden werden muss.«
Alle kichern. Nörgel-Dave hebt sein Glas und ruft lachend: »Auf den Sturz des Imperiums!«
Verblüfft schaut sich Maxine am Tisch um. Da sitzen Menschen, die in Dev, QA, Security und Ops arbeiten – eine höchst unübliche Zusammenstellung von Personal, das normalerweise eher wenig Kontakte pflegt, geschweige denn zusammenarbeitet. Dann sieht sie, dass jeder ein kleines Abzeichen der Rebellen-Allianz aus Star Wars auf seinen Laptop geklebt hat, das in den Filmen die X-Wing-Piloten auf ihren Helmen tragen. Sie schmunzelt über diese subtilen, subversiven Embleme ihrer Solidarität.
Als Kurt sieht, dass Maxine das allgemeine Anstoßen nur mit leerer Hand andeutet, springt er auf. »Was möchtest du trinken?«
»Einen Pinot Noir, bitte.«
Kurt nickt und geht Richtung Bar, aber kaum hat er drei Schritte gemacht, kommt ein großer und etwas übergewichtiger Mann mit grauen Haaren auf ihn zu und umarmt ihn kräftig. Mit lauter und ausgelassener Stimme begrüßt er ihn: »Kurt! Schön, Sie wiederzusehen, mein junger Freund. Was hätten Sie gerne?«
Angesichts der Aufmerksamkeit, die Kurts Gruppe vom Barpersonal bekommt, vermutet Maxine, dass sie sich hier öfter treffen. Sie grinst. Zum ersten Mal seit ihrem Wechsel zum Phoenix-Projekt fühlt sie sich in der Gesellschaft von Gleichgesinnten.
»Wer seid ihr? Warum seid ihr alle hier? Worum geht es euch?«, fragt sie schnell, während Kurt an der Bar steht.
Alle lachen. Dwayne antwortet: »Wie du weißt, wird bei uns an allen Ecken und Enden Kumquat eingesetzt, mit dem ich hier quasi aufgewachsen bin. Ich würde uns gern auf MySQL und Open-Source-Datenbanken migrieren, wo immer wir können, denn ich bin es leid, dass wir einem rücksichtslosen Anbieter jedes Jahr Millionen von Dollar in den Rachen werfen. Wir wollen herausfinden, wie wir uns davon wegentwickeln können.«
Er wendet sich an alle: »Andere Unternehmen haben das schon getan. Ich denke, dass jeder, der immer noch Gebühren für die Wartung von Kumquat-Datenbanken zahlt, einfach zu blöd ist, auf eine Alternativlösung zu migrieren.«
Maxine nickt zustimmend. »Klug gedacht! In meiner alten Gruppe haben wir damit Millionen von Dollar eingespart, die wir jetzt für Innovationen und andere Dinge ausgeben können, die für unser Unternehmen nützlich sind. Und es hat Spaß gemacht. Aber warum dieser Kreuzzug für Open-Source-Software?«
»Ich erkläre dir, warum«, antwortet Adam. »In den fünf Jahren, in denen ich im operativen Bereich tätig war, hatte ich ein Team, das regelmäßig um zwei Uhr morgens Pager-Alarme bekam für eine bestimmte Middleware, die bei uns lief. Fast immer lag es an deren Datenbanktreiber. Und ich war derjenige, der einen Treiber-Patch generieren musste! Aber alle paar Monate gingen die Probleme wieder los, denn immer dann, wenn der Anbieter seine Patches eingespielt hatte, stellte sich heraus, dass sie meine Korrekturen nicht in ihren Code integriert hatten. Und da standen wir schon wieder alle um zwei Uhr morgens auf und durften wieder von vorne anfangen.«
Maxine ist beeindruckt. Adam hat ebenfalls ein mächtiges Kung Fu. Und alle anderen hier auch.
Nörgel-Dave runzelt die Stirn. »Ich bin seit fast fünf Jahren bei Parts Unlimited, und ich kann nicht glauben, wie Bürokraten und Regelhengste die Macht übernommen haben. Man kann nichts tun, ohne vorher eine Reihe von Steuerungskomitees und Architekten zu überzeugen oder einen Haufen Formulare auszufüllen oder mit drei oder vier verschiedenen Teams zu arbeiten, die aber alle ihre eigenen Prioritäten haben. Alles wird von einem Ausschuss geregelt. Niemand kann Entscheidungen treffen, und die Umsetzung selbst der kleinsten Dinge scheint einen umfassenden Konsens zu erfordern. Für fast alles muss ich zwei Ebenen nach oben, zwei Teams nach links oder rechts und zwei Ebenen nach unten gehen, nur um mit einem Engineer-Kollegen zu sprechen!
»Der Apparat!«, ruft Adam, und alle lachen.
Dwayne mischt sich ein. »In Ops müssen wir oft den umgekehrten Weg gehen – nach oben, zur Seite und nach unten und dann wieder nach oben, zur Seite und nach unten, bevor zwei Engineers endlich zusammenfinden, um gemeinsam etwas umzusetzen.«
»Wie schön waren doch früher die Zeiten, in denen Entwickler noch unkompliziert und schnell etwas für andere erschaffen konnten, denen wirklich etwas daran liegt«, wirft Nörgel-Dave ein. »Ich möchte Produkte entwickeln und warten, die langfristig eingesetzt werden, anstatt bloß das nächste ›Feature des Tages‹ auszuliefern und all diese technischen Schulden herumzuschleppen.«
Nörgel-Dave hat einen richtigen Lauf. »Dieses Unternehmen wird von einem Haufen von Führungskräften geleitet, die keine Ahnung von Technologie haben, und von Projektmanagern, die von uns verlangen, dass wir uns an eine Unmenge obskurer Prozesse halten. Der Nächste, der von mir ein Product Requirements Document haben will, bekommt von mir was zu hören!«
»Ein PRD!«, rufen alle lachend. Maxine runzelt die Stirn. Solche Dokumente haben vor Jahrzehnten Sinn ergeben, als man eine schriftliche Begründung wollte, bevor man in einem Entwicklungsprozess vielleicht eine Menge Arbeitszeit verschwendet hätte. Aber heutzutage kann man die meisten Features in der gleichen Zeit entwerfen, die man zum Ausfüllen auch nur einer Seite eines PRD braucht. Ein kleines Team kann heutzutage Dinge basteln, für die früher Hunderte von Entwicklern nötig gewesen wären.
Kurt setzt sich neben Maxine und gibt ihr ein Glas Rotwein. »Wir sind ein bisschen wie die Redshirts in Star Trek, die die eigentliche Arbeit erledigen.«
»Genau dasselbe habe ich vorhin auch gedacht«, sagt Maxine und lächelt.
»Nicht wahr? Du hast aus erster Hand erlebt, in welcher Realitätsblase sich die Brückenoffiziere bewegen«, sagt Kurt. »Sie wissen genau, wie wichtig das Phoenix-Projekt ist, und hätten uns dennoch auf dem Weg dorthin organisatorisch nicht schlechter aufstellen können. Sie haben die IT ausgelagert, sie wieder zurück ins Unternehmen geholt, erneut einen Teilbereich oder zwei ausgelagert, wieder alles hin- und hergeschoben … In vielen Bereichen sind wir immer noch so strukturiert, als seien wir ausgelagert, und nichts darf getan werden ohne die Erlaubnis von drei oder vier Managementebenen.«
»Kurt hat recht«, stimmt Nörgel-Dave zu. »Wir sind nur eine weitere Kostenstelle, kleine Rädchen in einer großen Maschine, die leicht in irgendeine Ecke der Welt ausgelagert werden kann. Wir gelten als ersetzbar und fungibel.«
»Und genau deshalb bin ich hier, Maxine«, sagt Shannon. »Wir könnten ein Technologieunternehmen von Weltklasseniveau mit einer echten Engineering-Kultur sein. So könnten wir als Unternehmen überleben und für unsere Kunden innovativ werden. Mein Traum wäre es, dass sich jeder als Hüter von Unternehmensdaten versteht. Das ist nicht nur die Aufgabe einer einzelnen Abteilung.«
»Steve hat im Townhall-Meeting darüber gesprochen, wie uns die E-Commerce-Giganten in die Quere kommen und dass wir mit ihnen konkurrieren müssen«, fährt sie fort. »Aber wir können nur gewinnen, wenn wir innovativ sind und unsere Kunden wirklich verstehen, was wir wiederum nur erreichen, wenn wir den Umgang mit Big Data meistern. Ich glaube, dass in solchen Möglichkeiten die eigentliche Zukunft des Unternehmens liegt.«
Alle jubeln und heben ihre Gläser.
Nachdem alle miteinander angestoßen haben, wendet sich Dwayne an Kurt: »Also, wie ist das Treffen mit deinem Chef verlaufen? Du hast erzählt, dass du William vorschlagen wolltest, ein automatisiertes Testsystem als Pilotprojekt zu finanzieren.«
Alle lehnen sich aufmerksam nach vorne.
»Ja, ich dachte wirklich, er würde sich darauf einlassen. Ich hatte schriftliche Befürwortungen von zwei Dev-Managern und einem Product Owner, die die Idee großartig fanden. In einer stand diese wunderbare Zeile: ›Ohne automatisiertes Testen benötigen wir umso mehr Geld, je mehr Code wir schreiben.‹ Ha! Ich dachte wirklich, das würde William Angst machen!« Maxine spürt, wie die Stimmung am Tisch in den Keller geht.
»Spann uns nicht auf die Folter, Kurt. Was hat er gesagt?«, fragt Dwayne. »›Guter Mann, ich will Ihnen etwas erklären‹«, sagt Kurt in einer schockierend guten Imitation von William. »›Sie sind jung. Sie verstehen offensichtlich nicht, wie dieses Spiel funktioniert. Wir sind QA. Wir schützen die Organisation vor Entwicklern. Ihr Vorschlag klingt für mich, als ob Sie sich zu oft mit ihnen herumgetrieben haben. Trauen Sie ihnen nicht. Freunden Sie sich nicht mit ihnen an. Wenn Sie Entwicklern den kleinen Finger reichen, nehmen sie die ganze Hand.‹«
Maxine lacht über Kurts verblüffend gute Parodie.
»›Guter Mann, Sie sind ein ziemlich begabter QA-Manager mit einem Budget von einer halben Million Dollar.‹« Kurt ist jetzt voll drin. »›Wenn Sie Ihre Arbeit gut machen, können Sie – wie ich – bald drei Millionen verantworten. Und wenn ich meine Arbeit gut mache, dann werde ich befördert und verwalte ein Budget von 20 Millionen Dollar. Wenn Sie die Qualitätssicherung automatisieren, schrumpft Ihr Budget, anstatt zu wachsen. Ich möchte das nicht direkt als dumm bezeichnen, aber ich glaube, Sie verstehen nicht, wie dieses Spiel funktioniert.‹«
Maxine lacht, gemeinsam mit den anderen. Sie ist sich sicher, dass Kurt übertreibt. »William benimmt sich wie ein Gewerkschaftsführer, nicht wie ein Wirtschaftsboss«, sagt Shannon. »Gewerkschafter kümmern sich nur darum, dass die Einnahmen aus den Gewerkschaftsbeiträgen steigen, aber nicht darum, was für das Unternehmen richtig ist. Genauso läuft es auch in Ops und sogar in Infosec.«
Dwaynes Blick verfinstert sich. »Glaub mir, in Ops ist es noch viel, viel schlimmer. Immerhin wird die Entwicklung als Profitcenter betrachtet. In Ops sind wir bloß eine Kostenstelle. Die einzige Möglichkeit, Infrastruktur zu finanzieren, sind neue Projekte. Wenn du keine neue Finanzierungsquelle findest, bist du am Arsch. Und wenn du nicht dein gesamtes Budget ausgibst, ist nächstes Jahr dein Geld weg.«
»Ah, ja, das Projektfinanzierungsmodell … ein weiteres großes Problem bei Parts Unlimited«, bestätigt Kurt, während alle zustimmend stöhnen.
»Und was hast du jetzt vor, Kurt?«, fragt Dwayne.
»Keine Sorge, Dwayne. Ich habe einen anderen Plan«, sagt Kurt selbstbewusst. »Wir werden uns bedeckt halten und einfach weitermachen, also nach neuen potenziellen internen Kunden und nach Kandidaten für unsere Gruppe suchen. Wir halten unsere Augen und Ohren offen für alle Gelegenheiten, um ins Spiel zu kommen.«
»Oh, was für ein geiler Plan, Kurt«, bemerkt Dwayne und rollt mit den Augen. »Wir hängen in einer Bar herum, jammern und trinken Bier. Brillant.«
Dwayne lehnt sich zu Maxine hinüber und erklärt: »So verrückt ist es eigentlich nicht. Es ist wie in diesem Film Brazil, in dem der angebliche Staatsfeind Nummer eins, Archibald Tuttle, ein selbstständiger Klimaanlagenspezialist, immer einspringt, weil der zentrale Kundendienst nie dazu kommt. Wir sind sozusagen Archibald Tuttle. Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, anderen zu helfen. Das ist eine hervorragende Methode, Freundschaften zu schließen und potenzielle neue Rekruten für die Rebellion zu finden.«
»Was?«, fragt sie ungläubig. »Das kann doch nicht funktionieren, oder?«
»Nun, so bist du doch auch zu uns gekommen, stimmt’s?«, antwortet Dwayne mit breitem Lächeln. »Ich probiere es auf alle möglichen Arten«, fährt Kurt fort. »Ich überlege sogar, William zu fragen, ob ich mich mit ihm und seinem Chef Chris treffen kann. Ich würde William erklären, dass es für mich wirklich wichtig ist, dass auch Chris meinen Vorschlag hört und dass ich ihn dabeihaben möchte.«
Wow, denkt Maxine. Das ist ziemlich mutig, vielleicht clever – und wahrscheinlich tödlich.
»Ich halte euch auf dem Laufenden«, sagt Kurt. »Okay, wer hat neue Informationen oder Erkenntnisse mitgebracht?«
Shannon informiert alle über eine gerade entstehende Datenanalysegruppe im Marketing, mit der sie zusammenarbeitet, und darüber, wie sie versucht, ein Treffen zwischen ihnen und Kurt zu arrangieren. »Sie arbeiten an einer Reihe von Projekten, um die Konversionsrate in der Kundenwerbung zu erhöhen, und, Menschenskind, sie brauchen wirklich Hilfe. Sie arbeiten nicht mal mit Versionskontrolle! Sie kämpfen mit grundlegenden Problemen im Data Engineering und versuchen immer noch, von den Data-Warehouse-Leuten die benötigten Infos zu bekommen«, sagt sie, sichtlich mitgenommen von den Schwierigkeiten der Gruppe. Kurt öffnet schnell ein Organigramm auf seinem Laptop.
Er fragt sie: »Ein weiteres Datenanalyseprojekt? Wer finanziert es? Wie viel Budget haben sie? Wer leitet die Gruppe?« Während sie weiterspricht, macht er sich Notizen.
Als er an der Reihe ist, teilt Dwayne mit: »Ich habe schlechte Nachrichten. Der geplante Phoenix-Launch hat jeden in Ops auf dem falschen Fuß erwischt – bis letzte Woche hatte ihn niemand auf dem Radar. Es war kein Budget dafür vorgesehen. Alle sind auf der Suche nach ausreichenden Rechen- und Speicherreserven. Das ist der fetteste Launch seit fast 20 Jahren – und von nichts, was wir brauchen, ist genug da. Es ist wirklich schlimm.«
»Heilige Scheiße«, kommentiert Adam.
»Jepp«, bestätigt Dwayne. »Ich habe seit Monaten versucht, die anderen zu warnen, aber niemand hat sich drum gekümmert. Nun, jetzt tun sie es, und jeder stellt alles andere hintenan, um den Phoenix-Launch zu unterstützen. Heute habe ich gehört, wie jemand versucht hat, mit dem Beschaffungswesen zu verhandeln, damit sie die Regeln brechen und außerhalb des jährlichen Bestellvorgangs ordern dürfen.«
Selbst in der Krise bleiben Erbsenzähler Erbsenzähler, denkt sich Maxine. »Alle bemühen sich immer noch darum, Umgebungen für das Release morgen vorzubereiten«, sagt Dwayne. »Niemand hat bisher irgendwelche Build-Spezifikationen, über die sich Dev und Ops einig wären. Ich habe ihnen die gegeben, die wir zusammengestellt haben, und alle haben sich draufgestürzt und sofort begonnen, sie zu benutzen. Aber trotzdem wird dieses Release ziemlich deutlich in die Hose gehen.«
»Ich glaube, du hast recht«, sagt Maxine. »Obwohl ich mich damit ziemlich gut auskenne, habe ich trotzdem fast eine Woche gebraucht, bis zum ersten Mal ein Build lief. Ohne die Umgebung, die Kurt mir besorgt hat, stünde ich immer noch am Anfang. Da es das Release-Team erst seit heute gibt und der Launch schon morgen sein soll, stecken sie echt in Schwierigkeiten.«
Kurt lehnt sich mit ernstem Blick nach vorne. »Erzähl mir mehr.«
Plötzlich wird Maxine klar, warum sie eingeladen wurde und dass Kurt definitiv kein Dummkopf ist.
In den nächsten 20 Minuten beschreibt Maxine ihre Erfahrungen, wobei sie per Handy auf ihr Arbeitstagebuch zugreift. Sie ärgert sich wieder, dass sie ihren Laptop zu Hause gelassen hat. Alle machen sich Notizen, insbesondere Brent nach seiner Rückkehr. Er und Adam beschießen sie mit Fragen, als sei sie eine gefangene Geheimagentin, die von der CIA vernommen wird. Alle wollen wissen, wie sie es geschafft hat, das Phoenix-Puzzle schneller zusammenzusetzen als jeder vor ihr. Sie stellen viele Fragen darüber, mit wem sie gesprochen hat, in welchen Teams ihre Kontakte sitzen, wo sie festgesteckt hat und so weiter.
»Das ist wirklich beeindruckend, Maxine«, findet Nörgel-Dave. »Vor Jahren habe ich einen Build-Server zusammengestellt, der in meinem Team im täglichen Einsatz war. Aber damals gab es nur zwei Phoenix-Teams, jetzt sind es über 20. Das Build-Team ist völlig überfordert und bestückt mit Leuten, die – ich muss es leider so sagen – nicht genug Erfahrung haben, um als Anwendungsentwickler zu arbeiten.«
Adam wirft ein: »Wir sind ganz nah dran. Ich glaube, es fehlt nur noch ein einziges signiertes Zertifikat für die Zahlungsabwicklung.«
»Er hat recht«, sagt Brent. »Maxine, kannst du mir die Build-Logs zeigen? Ich wette, wir können diese Zertifikate selbst erstellen – sie wären zwar nicht wirklich gültig, aber für eine Dev- oder Testumgebung würde es reichen.
Maxine flucht, während sie ihren Laptop vor sich sieht, der zu Hause auf ihrem Schreibtisch steht. »Ich kann sie euch gleich morgen früh zeigen«, seufzt sie.
»Das ist großartig, Leute. Wir brauchen also noch: eine Automatisierung für die Bereitstellung von Umgebungen und die Ausführung von Code-Builds«, sagt Kurt und zählt dabei an den Fingern ab. »Wir brauchen eine Möglichkeit, Tests zu automatisieren, und einen Prozess, um diese Builds in die Produktivumgebung zu deployen. Wir brauchen Builds, damit die Entwickler endlich ihre Arbeit machen können.
Wer ist also bereit, einen Teil seiner Freizeit zu opfern, um Maxine bei den Phoenix-Builds zu helfen?«, fragt Kurt. Zur Überraschung von Maxine schießen alle Hände hoch.
»Maxine, wärst du bereit und in der Lage, diesen Einsatz mithilfe eines oder aller dieser willigen und talentierten Freiwilligen zu leiten?«, fragt Kurt sie.
Maxine ist überwältigt von der plötzlichen Unterstützung all dieser Menschen. Noch letzte Woche konnte sie von niemandem Hilfe bekommen und dachte darüber nach, sich anderswo zu bewerben. Plötzlich ist sie ein bisschen unsicher.
Sie nimmt sich einen Moment Zeit, um sich zu sammeln, und antwortet: »Ja, das würde ich gerne tun. Ich danke euch allen. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.«
Maxine ist aufgeregt. Sie ist wirklich erstaunt darüber, was diese Gruppe geleistet hat und dass sie ausgewählt wurde, um zu helfen. Ich habe endlich meinen Tribe gefunden, denkt sie. Und genau darum geht es in einem effektiven Netzwerk – eine Gruppe motivierter Menschen zu formen, um ein großes Problem zu lösen, selbst wenn das Team auf keinem offiziellen Organigramm auftaucht.
Ich bin ziemlich sicher, dass ich in dieser Gruppe mehr lernen und erreichen werde als durch ein Mittagessen mit Sarah, denkt sie. Sie fragt sich, ob sie kleingeistig oder gehässig ist. Und sie fragt sich immer noch, ob sie diese Einladung annehmen oder einfach warten soll, bis Sarah sie vergessen hat.
»Hervorragend! Gebt mir Bescheid, wenn ich euch irgendwie helfen kann«, lässt Kurt die Gruppe wissen. In Richtung Maxine ergänzt er: »Wir versuchen, uns jede Woche zu treffen. Wir haben normalerweise nur zwei Tagesordnungspunkte. Erstens geht es um Informationen darüber, wer Hilfe braucht und wer möglicherweise andere Personen rekrutieren kann. Danach tauschen wir uns in der Regel über Dinge aus, die wir in letzter Zeit gelernt haben, oder über neue Technologien, die unserer Meinung nach bei Parts Unlimited etwas verändern könnten. Ich schlage vor, dass wir einen dritten Tagesordnungspunkt hinzufügen, um den Fortschritt bei den Phoenix-Builds zu diskutieren, okay?«
Alle nicken.
Kurt schaut auf die Uhr. »Leute, noch eine Sache, bevor wir uns vertagen. Ich möchte ein Wettspiel starten, in dem es darum geht, wann genau das Release-Team Phoenix erfolgreich in Produktion gebracht haben wird.«
Die optimistischste Wette kommt von Nörgel-Dave, der auf Samstagmorgen um zwei Uhr tippt, also neun Stunden nach Beginn der Bereitstellung. Die meisten gewetteten Zeitpunkte liegen zwischen drei und neun Uhr früh, wobei Maxine auf sechs Uhr morgens tippt: »Schließlich«, so sagt sie, »müssen die Point-of-Sale-Systeme in den Läden am Samstagmorgen bis acht Uhr gestartet sein.«
Zur Überraschung aller wettet Dwayne auf Sonntagabend: »Ihr habt keine Ahnung, wie unvorbereitet wir wirklich auf dieses Release sind – es wird in die Geschichtsbücher eingehen.«
Von: Alan Perez (Operating Partner, Wayne-Yokohama Equity Partners)
An: Dick Landry (CFO, Parts Unlimited), Sarah Moulton (SVP of Retail Operations)
Cc: Steve Masters (CEO, Parts Unlimited),
Bob Strauss (Chairman, Parts Unlimited)
Datum: 11. September, 15:15
Betreff: Maximierung des Shareholder Value **VERTRAULICH**
Sarah und Dick,
vielen Dank für den Anruf heute und dafür, dass Sie mich über die Strategie und das Phoenix-Projekt unterrichtet haben. Ich stimme zu, dass heutzutage für das Überleben aller Einzelhandelsunternehmen eine Omnichannel-Strategie erforderlich ist, insbesondere angesichts der Bedrohung durch E-Commerce. Und Produkte aus eigener Herstellung bei niedrigen Verkaufskosten absetzen zu können, ist faszinierend.
Ich bin jedoch besorgt darüber, wie viel Geld Sie in den letzten drei Jahren aus der Produktion (20 Millionen Dollar) abgezweigt haben, um es in den Einzelhandelsbereich zu investieren, jedoch ohne offensichtlichen Ertrag. Es stellt sich die Frage, welche Rendite man hätte erzielen können, wenn man diese Geldmittel an anderer Stelle investiert oder einfach an die Aktionäre zurückgegeben hätte. Mit Stand heute wäre selbst Lottospielen wirtschaftlich sinnvoller gewesen.
Geschichten über Innovation und Omnichannel zu hören, ist nett, aber das Board braucht mehr als irgendwelche Geschichten und PowerPoint-Folien.
Viel Glück mit dem Phoenix-Release morgen. Ich weiß, wie viel davon abhängt.
– Alan