KAPITEL 11

Mittwoch, 1. Oktober

Kurt ist schon im hell erleuchteten Dockside, ein paar Krüge und eine Flasche Wein auf dem Tisch, als Maxine auftaucht. Sie ist froh, ihn zu sehen und auch die Krüge, denn das bedeutet, dass noch weitere Mitglieder der Rebellion kommen. Sie ist dankbar für Gesellschaft.

Maxine trinkt selten zur Selbsttherapie, aber kaum, dass sie sich gesetzt hat, macht sie genau das. Sie konsumiert in kurzer Zeit zwei Pinot Noirs, obwohl sie weiß, dass sie sich morgen früh nicht gut fühlen wird.

Aber heute Abend spielt das keine Rolle, denn der Wein sorgt dafür, dass es ihr besser geht. Die Kombination aus Zucker und Alkohol hilft ihr, die widerstreitenden und nervenaufreibenden Emotionen zu bekämpfen, die in ihr auftauchen, seitdem sie Jared in die bizarre Welt von Ops gefolgt ist.

Als die anderen kommen und sich zu ihnen setzen, entwickelt sich eine fröhliche Stimmung. Tom und Brent arbeiten an ihren aufgeklappten Laptops, nachdem sie zuletzt große Fortschritte dabei gemacht haben, Data Hub auch in einer abgespeckten Umgebung zum Laufen zu bringen. Sie können nicht lange bleiben. Sie treffen sich am nächsten Morgen mit dem QA-Team in der Hoffnung, alles auf den Weg zu bringen, damit bald mit den Tests begonnen werden kann. Es sieht danach aus, als würden auch Purna und ihr Team später vorbeikommen.

Shannon hat ihre Notizen aus der Befragung der Phoenix-Teams zusammengefasst und insgesamt fast zehn Entwickler identifiziert, die die Ergebnisse der Rebellion nutzen wollen, um die Probleme zu lösen, mit denen sie täglich konfrontiert werden. Und das Projekt Umkehr gibt ihnen die Zeit dafür.

Maxine lächelt matt, während sie den Berichten der anderen zuhört. Schließlich füllt Kurt ein weiteres Mal die Gläser und wendet sich an Maxine. »Also, was gibt es Neues, Maxine?«

»Kurt, es ist ein einziger Schlamassel.« Sie fährt sich frustriert mit den Händen durch die Haare.

Maxine versucht, es zu erklären. Normalerweise ist sie äußerst wortgewandt und präzise, aber als sie sich jetzt selbst reden hört, kommt es ihr vor, als höre sie einer Verrückten zu.

Sie fängt noch einmal von vorne an und versucht zu beschreiben, wie sehr sie der heutige Nachmittag verstört hat. »Seit ich in mein Exil im Phoenix-Projekt verbannt wurde, habe ich Hunderte von Tickets geöffnet, um bestimmte Dinge zu erledigen. Ich habe den weiteren Weg dieser Tickets genau verfolgt. Viele von ihnen sind bei Ops gelandet, einige bei QA. Als ich dann zum Data-Hub-Team gekommen bin, habe ich weitere Tickets angelegt. Aber was wichtiger ist: Ich habe jetzt auch auf der anderen Seite dieser Tickets gearbeitet, um bei der Lösung von Problemen zu helfen. Aber um das zu schaffen, musste ich wiederum weitere Tickets öffnen. Es ist nur ein riesiger, endloser Teufelskreis, Kurt, von immer neuen und endlos weitergereichten Tickets. Wer hat uns das angetan?«, fragt sie schließlich.

Adam lächelt traurig. »Wir haben es uns selbst angetan. Vor langer Zeit war QA ein Teil der Entwicklungsabteilung, aber als ich dazukam, war QA schon unabhängig. Wir haben eine Reihe von Regeln dazu aufgestellt, wie wir uns von den Anliegen und Belangen von Dev abgrenzen müssen, um das Unternehmen vor all diesen verrückten und rücksichtslosen Entwicklern zu schützen. Jedes Jahr benutzten wir alles, was schiefging, als Ausrede, um immer neue Regeln zu schaffen, um ›die Entwickler verantwortungsbewusster zu machen‹, wodurch alles immer weiter verlangsamt wurde. Was mich an der Rebellion so begeistert, ist der Versuch, all das wieder rückgängig zu machen.«

Dwayne nickt. »Adam hat recht. In Operations haben wir auch selbst dafür gesorgt. Es begann aus den richtigen Gründen – wir haben Prozesse gemäß der IT Infrastructure Library eingeführt, um eine gewisse Ordnung zu schaffen, was auch unendlich viel besser war als das Chaos, das vorher geherrscht hatte. Bei Ops ist es besonders schlimm, weil wir so viele Spezialgebiete haben. Komplexe Arbeiten wie Deployments betreffen jeden dieser Bereiche. Wir haben Server, Datenbanken, Netzwerke, Firewalls und … Teufel auch, in den letzten zehn Jahren haben wir noch weitere Silos geschaffen, wie z. B. Storage, VLANs, Automatisierungsteams, Virtualisierung, hyperkonvergente Infrastruktur und wer weiß wie viele mehr.

Und für all diese modernen Technologie-Stacks brauchen wir Leute mit fundierten Kenntnissen in den Bereichen Container, Protokollierung, Sicherheitsmanagement, Datenpipelines und NoSQL-Datenbanken. Niemand kann in all dem ein Experte sein!«, berichtet Dwayne. »Wir brauchen also ein Ticketing-System, um diese komplexen Arbeitsabläufe zu bewältigen. Aber es passiert schnell, dass man den Zweck dieser ganzen Arbeit aus den Augen verliert. Deshalb ist die Rebellion so wichtig. Schaut nur, wie viele Menschen so spät noch arbeiten, um bei den Data-Hub-Aufgaben zu helfen.«

Alle um Maxine herum erheben ihre Gläser und rufen: »Hört, hört! Auf den Sturz der alten, mächtigen Ordnung!« Auch Maxine hebt ihr Glas, sagt aber nichts.

Sie hat oft gehört, dass die IT das Nervenzentrum einer Organisation sei, denn in den letzten 30 Jahren wurde fast jeder denkbare Geschäftsprozess durch IT-Systeme automatisiert. Aber aus welchen Gründen auch immer haben es Unternehmen zugelassen, dass ihr Nervensystem geschädigt wird, so wie bei Menschen etwa durch Multiple Sklerose der Informationsfluss innerhalb des Gehirns und zwischen Gehirn und Körper beeinträchtigt wird.

Maxine schenkt sich noch ein Glas ein, nimmt aber nur einen kleinen Schluck. Plötzlich fühlt sie sich nicht mehr ganz wohl. Es hat nichts mit ihrem Getränkekonsum zu tun. Sie hat sich definitiv irgendetwas eingefangen. Sie verabschiedet sich schnell von allen und bedankt sich für den geselligen Abend.

Als sie nach Hause kommt, umarmt sie ihren Mann, sagt ihren Kindern gute Nacht und ist froh, als sie nach dem Duschen endlich ins Bett kriechen kann.

Später in der Nacht beginnt Maxine unkontrolliert zu schwitzen, bevor sie Schüttelfrost und Zähneklappern bekommt, die wieder von Fieber abgelöst werden. Jetzt hat sie sich den gleichen Infekt zugezogen, der die Reihen ihrer Teamkollegen nach der Veröffentlichung von Phoenix dezimiert hat. In dieser Nacht hat sie schier endlose Träume davon, wie sie in einer Bürokratie gefangen ist, in der sie von einem Arbeitsplatz zum nächsten geschickt und immer wieder zum Warten gezwungen wird, immer neue Formulare ausfüllen soll, von einer Abteilung zur anderen geschoben wird, nur um wieder in einer weiteren Warteschlange festzuhängen, um weitere Formulare auszufüllen. Diese Formulare werden in riesige Lager verfrachtet, wo sie pulverisiert und in ein dampfendes, schmieriges Miasma aus kommagetrennten Textdateien verwandelt werden, gespickt mit zufälligen Byte-Order-Marks.

Sie sieht, wie sich diese herzlose Maschinerie der Bürokratie dreht, mit hilflosen Menschen, die zwischen unzähligen Zahnrädern eingeklemmt sind. Sie hört die hilflosen Schreie der Eingeschlossenen, bis sie verstummen, wenn alle Energie aus ihnen herausgesaugt wurde, nur um periodisch wiederbelebt zu werden, um Zeiterfassungsmasken auszufüllen.

Sie schiebt Berge von Papier-Tickets Treppen hinauf durch Gänge voller Kabinen und andere Treppen wieder hinunter, zu einer ewigen Sisyphusarbeit verdammt als Strafe für den fehlgeschlagenen Gehaltsabrechnungslauf.

Als sie aufwacht, geht gerade die Sonne auf. Ihr Kissen ist schweißdurchtränkt. Ihre Nebenhöhlen und Lungen sind verstopft. Ihre Brust schmerzt vom starken Husten. Sie kann sich kaum noch bewegen.

Sie zwingt sich, aus dem Bett zu steigen und zu duschen. Der heiße Dampf fühlt sich gut an, aber als sie rauskommt, beginnt ein weiterer Zyklus von unkontrollierbarem Schwitzen und Schüttelfrost. Sie schlurft die Treppe hinunter, um ein bisschen Toast zu essen und etwas Wasser zu trinken, nur um dabei zu merken, wie sehr ihre Kehle schmerzt.

Ihr Mann sagt ihr, sie solle im Bett bleiben, er werde dafür sorgen, dass die Kinder pünktlich zur Schule kommen. Sie bedankt sich murmelnd. Sie schafft es halb die Treppe hinauf, bevor sie eine Pause machen muss. Schließlich fällt sie zurück ins Bett.

Obwohl sie kaum etwas auf dem Bildschirm ihres Handys erkennen kann, schickt sie allen eine Nachricht, dass sie nicht zur Arbeit kommt. Sie schläft ein und wird schlagartig wieder wach, als ihr einfällt, dass sie das Büro verlassen hat, ohne ihre Arbeitszeit erfasst zu haben. Aber sie fühlt sich zu schwach, um deswegen irgendetwas zu unternehmen. Schließlich schläft sie erneut ein und stöhnt, weil ihr alles wehtut.

Am nächsten Tag schafft sie es kaum aus dem Bett. Sie ist schwer angeschlagen und hat sich damit in die Gruppe derjenigen eingereiht, die aufgrund von Krankheit, Bürokratie oder weil sie im »Waiting Place« festhängen, daran gehindert werden, ihre Arbeit zu tun.

Auf der Suche nach Medikamenten gegen den Infekt wagt sie sich verzweifelt hinaus und läuft, eingehüllt in fünf Kleidungsschichten, in den Gängen eines Geschäfts herum. Damit ihre Familie nicht krank wird, besorgt sie sich einen Mundschutz – wie zu den Hochzeiten der Corona-Pandemie.

Am Freitagmittag geht es Maxine etwas besser, sodass sie endlich in der Lage ist, mehr als eine Stunde am Tag wach zu bleiben. Sie hat ihr Telefon seit fast zwei Tagen nicht angerührt und eigentlich kaum gesprochen, nur in gepressten, kurzen Silben mit ihrem Mann. Sie ist es leid, im Bett Romane zu lesen, geht nach unten und schreibt an Kurt und Purna:

Sind die Entwickler schon fertig mit dem Merge?

Innerhalb von Sekunden erhält Maxine eine Antwort von Kurt:

Hahahahaha! Tut mir leid, nein. Montag vielleicht. Aber der Data Hub und das Environment sind fast testbereit. QA beginnt wahrscheinlich heute Abend! Wenn du mehr wissen willst, ruf mich bitte an! Ich hoffe, dir geht es schon wieder besser.

Maxine wählt seine Nummer. Er begrüßt sie nicht einmal. »Brent und Tom haben ununterbrochen gearbeitet. Sie stehen kurz davor, dass der Data Hub in der neuen, begrenzteren Umgebung läuft. Alle Data-Hub-Entwickler arbeiten mit dem QA-Team zusammen, um gemeinsam automatisierte Tests zu schreiben. Adam und eine Reihe weiterer Entwickler leiten Programmierungsklassen an, und einige der QA-Leute schreiben Tests ohne fremde Hilfe. Du hast vielleicht schon gesehen, dass diese Tests in das Quellcode-Repo eingecheckt wurden. Und Shannon ebnet den Weg für Security«, berichtet Kurt. »Die Environment-Images werden automatisch täglich gepatcht und vielleicht bald auch die Anwendungsabhängigkeiten!«

Maxine versucht zu lächeln. Sie ist beeindruckt davon, wie viel die anderen während ihres Ausfalls erreicht haben. Sie schaut in den Chatkanal und sieht spannende Nachrichten über die Fortschritte, die sie machen. Sie freut sich, all die Code-Commits sowohl des Dev- als auch des QA-Teams zu sehen.

Maxine ist sich sicher, dass die Entwickler letztendlich für das Testen ihres eigenen Codes verantwortlich sein werden, wobei QA eine eher strategische Rolle übernehmen wird, die darin besteht, Coaching und Beratung anzubieten. Das bedeutet, dass die ganzen neu geschriebenen Tests automatisch bei jedem Code-Check-in laufen werden, sobald die zentralisierten Build- und Continuous-Integration-(CI-)Server den Betrieb aufnehmen. Sie sind ganz nah dran!

»Das ist großartig«, krächzt sie, wobei ihre Zähne so schmerzen, dass sie Kurt darauf vertröstet, dass sie sich nächste Woche sehen werden, und auflegt.

Maxine schleppt sich zurück ins Bett, schließt die Augen und denkt über das weitere Vorgehen nach. Wenn Ops zustimmen würde, könnten sie sogar die Deployments in die Data-Hub-Produktivumgebung automatisieren. Und obwohl ihr diese Vorstellung ziemlich gewagt erscheint, könnten sie vielleicht sogar die produktiven Data-Hub-Dienste von ihrem eigenen Cluster aus betreiben.

Das würde die Dinge für alle extrem vereinfachen, auch für Ops. Dadurch könnten sie beispielsweise ihre Änderungen sofort testen und bereitstellen, anstatt zwei Wochen auf den nächsten Testzyklus zu warten.

Die eigentliche Frage, wird Maxine klar, lautet aber, an welchen Features sie arbeiten sollen. Sie fragt sich, welche Data-Hub-Funktionen für das Unternehmen insgesamt am wichtigsten wären und auf welche Geschäftsbereiche sie sich konzentrieren sollten. Data Hub ist insofern einzigartig, als es sehr viele Bereiche von Parts Unlimited berührt, alle mit ihren eigenen Bedürfnissen und Prioritäten.

Sie versucht, wieder einzuschlafen, aber denkt immer wieder darüber nach, in welchem Bereich Data Hub den größten Mehrwert bewirkt. Neugierig geworden, setzt sie sich auf und öffnet ihren Laptop, um das Ticketing-System zu starten. Aber anstatt ein neues Ticket zu öffnen oder an einem Ticket von jemand anderem zu arbeiten, schaut sie sich einfach nur um. Das erste Mal, seit sie ins Exil verbannt wurde.

Mit ein paar Klicks schafft sie es, sich alle offenen Data-Hub-Tickets anzeigen zu lassen. Es gibt Hunderte, alle schön farblich gekennzeichnet, je nachdem, welche Geschäftsbereiche sie berühren. Sie erschrickt etwas, als sie sieht, wie viele dieser Tickets schon über ein Jahr alt sind. Kein Wunder, dass alle so frustriert sind. Sie fragt sich, welche Backlog-Features für die Firma am wichtigsten sind. Wobei die Antwort gar nicht so schwer ist. Steve predigt in den Townhall-Meetings immer wieder, was die obersten Prioritäten des Unternehmens sind. Er und Sarah wiederholen permanent, wie wichtig es ist, den Kunden zu helfen, damit ihre Autos funktionieren, und ihnen eine Möglichkeit zu bieten, das dazu benötigte Zubehör zu kaufen. Ist man damit erfolgreich, sollten sich dadurch der Umsatz pro Kunde, die durchschnittliche Bestellgröße und insgesamt Umsatz und Rentabilität erhöhen.

Unter diesem Gesichtspunkt blättert sie Seite um Seite durch. Es ist nicht einfach, anhand des Ticket-Betreffs oder auch des Inhalts zu erkennen, um welche Features es wirklich geht. Die Tickets lassen sich lang und breit über das Was und Wie aus, aber nicht über das Warum.

Maxine bemerkt schließlich einen Begriff, der immer wieder auftaucht: »Produkt-Promotions«.

Sie sieht einen Haufen Tickets im Zusammenhang mit einer Sommeraktion, in der ermäßigte Produktpakete für den Austausch von Batterien, Klimaanlagen und Wartungsarbeiten am Kühlsystem angeboten werden. Die Aktion wurde nie gestartet. Maxine seufzt. Da bereits Herbst ist, sind die mit einer solchen Kampagne verbundenen Chancen vertan.

Sie fragt sich, wie man nicht mehr relevante Features löschen kann. Es ist eine sehr reale kognitive und mentale Belastung, wenn man so viele unerfüllte Versprechen endlos mit in die Zukunft schleppt, weil jederzeit jemand fragen kann: »Wo ist mein Feature geblieben?«

Neugierig sucht sie nach »Winteraktion« und findet eine Reihe von Tickets. Sie ruft ein paar auf. Ein als erledigt markiertes Ticket betraf die Erstellung einer Artikelnummer für ein Bundle von Wischerblättern und Eiskratzern. Ein noch offenes Ticket bezieht sich darauf, für dieses Bundle einen Aktionspreis festzulegen.

Sie sieht ähnliche Muster bei Kombiangeboten für Winterreifen und Schneeketten, Schneeketten und Enteisungsmitteln und bei vielen anderen Bundles. Es gibt eine weitere Reihe von Tickets für eine »Thanksgiving-Aktion«. Jede dieser Kampagnen erfordert zwei Data-Hub-Deployments – eine zur Erstellung des neuen Produkts in der Produktdatenbank und eine weitere zur Erstellung spezieller Werbepreise in der Preisdatenbank.

Das bedeutet, dass es immer zwei Monate dauert, ein Sonderangebotsbundle anzulegen. Sie hat das Gefühl, auf einer heißen Spur zu sein, und verschafft sich einen Überblick über die anderen angeforderten Features in der Kategorie für Werbekampagnen. Eine erregt sofort ihre Aufmerksamkeit. Das Ticket wurde vor sieben Monaten erstellt, und der Betreff lautet: »In einem Schritt erstellen: Artikelnummer für neues Produktbundle und zugehörigen Aktionspreis«.

Beim Öffnen des Tickets liest Maxine, dass das Marketing die Möglichkeit haben wollte, neue Artikel vollständig selbst zu erstellen und zu bepreisen, also ohne Umweg über das Data-Hub-Team.

Ja! Genau wie ich gedacht hatte. In der Funktionsbeschreibung wird darauf hingewiesen, dass es beim aktuellen Vorgehen fast 90 Tage dauert, bis ein neu erstelltes Sonderangebot für die Kunden verfügbar ist.

Autorin des Tickets ist Maggie Lee, Senior Director of Products. Schlagartig vermutet Maxine, dass Data Hub für einen organisatorischen Engpass verantwortlich ist! Sie schreibt Kurt und Maggie eine E-Mail. Nach rund fünf Minuten ruft Kurt zurück.

Sie krächzt: »Hast du meine E-Mail gelesen?«

»Jepp«, bestätigt Kurt. »Ich habe die Links überprüft, die du mir geschickt hast. Das ist definitiv interessant. Während deiner Krankschreibung habe ich versucht, herauszufinden, wer unsere wichtigsten Kunden sind. Und ich bin auch auf der Suche nach Schwergewichten in der Firma, die uns etwas Deckung geben können, wenn wir Data Hub aus Phoenix herauslösen. Immer wieder ist dabei Maggies Name aufgetaucht.

Sie arbeitet für Sarah, und alle Product Owner für In-Store- und E-Commerce berichten an sie«, fährt Kurt fort. »Ich schicke dir das Organigramm, das ich gefunden habe. Ich habe mich bereits mit ihrer Assistentin getroffen, und ein Treffen mit Maggie ist bereits angesetzt.«

»Fantastisch, Kurt!«, freut sich Maxine, aber beim Versuch zu lächeln stöhnt sie vor Schmerz. Sie freut sich darauf, wieder arbeiten zu gehen – sobald sie gesund ist.

Stöhnend legt sie auf, kriecht wieder ins Bett und schläft ein.

Am Montag ist Maxine zurück bei der Arbeit und diskutiert in einem Konferenzraum mit Dwayne, Tom und Kurt über den Data Hub. Auf dem Monitor an der Stirnseite des Raums zeigt Tom den Desktop seines Laptops. »Wir haben das ganze Wochenende daran gearbeitet, um sicher zu sein, dass es stabil genug ist, um es wirklich vorzeigen zu können. Meine Güte, bin ich aufgeregt. Die Data-Hub-Umgebung läuft jetzt komplett in einem Docker-Image, sodass sie wirklich jeder benutzen kann. Dafür haben Brent und ich die Arbeit nutzen können, die Maxine vor ihrer Erkrankung geleistet hat. Vielen Dank, Maxine!

Anstatt wochenlang auf den Zugang zu einer der wenigen QA-Umgebungen zu warten, kann man jetzt einfach dieses Docker-Image auf dem eigenen Laptop ausführen. Der Download dauert ein paar Minuten, aber der Start ist in ein paar Sekunden geschafft. Es ist unglaublich …«, sagt Tom und tippt etwas in ein Terminalfenster. »Mit Brents Hilfe habe ich diese Umgebungen mit unserem CI-Server verlinkt, sodass man damit Data-Hub-Tests durchführen kann. Wir sind endlich im Build- und Testgeschäft! Wir verwenden es gemeinsam mit QA, um die vier Features zu testen, die wir seit dem letzten Release fertiggestellt haben.«

Mit Blick auf Maxine sagt er: »Wir haben genug Kapazität auf unserem CI-Server für alle, die ihn nutzen möchten. Ohne deine großartige Vorarbeit hätten wir das niemals geschafft, Maxine.«

Tom lächelt und schüttelt den Kopf. »Wir wollten so etwas schon seit Jahren machen, aber wir hatten nie die Zeit dafür. Ich freue mich riesig, weil die Data-Hub-Entwickler ihre Zeit jetzt viel effektiver einsetzen können. Alle können produktiver sein – und viel schneller entwickeln und testen. Und falls ein Wunder geschieht, können wir neue Features vielleicht sogar schneller in die Produktion bringen.«

Kurt jubelt und reckt die Fäuste in die Luft. »Wenn das nicht mal eine erstaunliche Erfolgsgeschichte ist! Jetzt können wir den anderen endlich zu zeigen, dass wir Wertvolles beisteuern können.«

Maxine ist beeindruckt. Das ist eine großartige Leistung, und sie ist stolz darauf, dass Brent und Tom, die sie erst vor wenigen Wochen kennengelernt hat, auch ohne sie so viel geschafft haben.

Kurt runzelt die Stirn. »Ehrlicherweise muss ich das, was ich gerade gesagt habe, etwas relativieren. Es ist zwar eine Erfolgsgeschichte für Dev und QA. Aber es gibt immer noch eine Menge verärgerte Stakeholder, die auf ihre benötigten Features warten. Wie bekommen wir diese Features in die Produktivumgebung?«

»Das ist eine ganz andere Sache«, sagt Dwayne, schüttelt den Kopf und trommelt mit den Fingern auf den Tisch. »Maxine hat recht. Es ist seit Langem üblich, Entwickler ihren Code nicht selbst in Produktion deployen zu lassen. Es gibt ganze Institutionen, deren einziger Zweck darin besteht, das zu verhindern.«

»Wer ist die mächtigste Opposition?«, fragt Kurt.

»Security, ganz bestimmt«, antwortet Dwayne. »Sie werden eine Sicherheitsüberprüfung des Codes durchführen wollen, bevor er in Produktion geht – das ist die unternehmensweite Regel. Und auch Operations wird nicht wirklich scharf darauf sein. Und, ganz nebenbei, es gibt eine Menge Leute, die durch nachteilige Veränderungen am Code bereits einmal ganz schön in die Bredouille geraten sind und nicht so wahnsinnig von einem solchen Vorschlag begeistert sein werden. Also, was ich damit letztlich sagen will: Alle sind dagegen, dass Entwickler direkt in die Produktivumgebung bereitstellen dürfen«, sagt er mit einem humorlosen Lächeln.

Maxine nickt. »Security ist mit Data Hub bereits gut vertraut. Es ist ja nicht so, dass wir ihnen eine völlig neue Anwendung aufs Auge drücken. Wir wollen ja bloß, dass sie Data Hub getrennt von Phoenix behandeln und überprüfen.«

»Wir sollten uns mit ihnen treffen. Das Schlimmste, was sie sagen können, ist Nein, und es ist ja nicht so, als hätten wir das nicht schon früher gehört, oder?«, schlägt Kurt vor. »Abgesehen von Security, wie bekommen wir eine offizielle Genehmigung von Operations?«

Dwayne seufzt und zögert etwas mit seiner Antwort. Schließlich sagt er: »Wir müssen wahrscheinlich über TEP-LARB gehen.«

»Oh«, sagt Maxine. Kurt zuckt zusammen, als ob ihn gerade etwas gestochen hätte. Tom schaut sich verwirrt um. »Ist das schlecht?«

»Nun, es gibt sicherlich angenehmere Dinge, als über TEP-LARB zu gehen«, meint Kurt und starrt mit leerem Blick auf die Tischplatte.

Dwayne fährt fort: »Eigentlich ist das ein bisschen irreführend, Kurt. In Wahrheit gibt es nichts Schwierigeres, als über TEP-LARB zu gehen. Nichtskommt durch TEP und LARB. Und ich sollte es wissen, ich bin im LARB.«

»Er hat recht, Kurt«, bestätigt Maxine. »In all meinen Jahren hier habe ich dort noch nie etwas durchsetzen können. Es ist eine Unmenge an Arbeit, die ganzen Formulare auszufüllen, und ich habe noch nie erlebt, dass sie tatsächlich etwas genehmigt haben. Es ist der »Große Überflüssige Ausschuss des Neins«.

Sie schaut Dwayne an und bedauert: »Nichts für ungut.«

Er antwortet schnell mit einem Lächeln: »Kein Problem.«

»Was ist TEP-LARB? Und warum sagen sie immer Nein?«, fragt Tom. »LARB steht für Lead Architecture Review Board«, erklärt Dwayne.

»Es ist ein Ausschuss, der vor Jahrzehnten gegründet wurde, nachdem im Technologiebereich eine Reihe unangenehmer Dinge geschehen waren, lange bevor ich in die Firma kam. Jemand beschloss, ein Bündel von Regeln aufzustellen, damit alles Neue ›ordnungsgemäß überprüft‹ wird«, erklärt Dwayne und malt dabei die Anführungszeichen in die Luft.

»Es ist der Ausschuss aller Ausschüsse. Er besteht aus sieben Architekten von Ops, sieben von Dev, zwei von Security und zwei von Enterprise. Dort scheint die Zeit in den 1990er-Jahren stehen geblieben zu sein«, sagt er. »Jede größere Technologieinitiative muss von ihnen genehmigt werden.

Und um etwas vorzuschlagen, muss man zuerst ein Formular namens Technology Evaluation Process ausfüllen: das TEP«, erklärt er. »Maxine hat recht. Es ist ein Riesenaufwand. Das Formular ist aktuell etwa 50 Seiten lang.«

Maxine ist überrascht. Als sie das letzte Mal versuchte, alle Informationen zum Ausfüllen des TEP zusammenzustellen, war das zwar eine unglaubliche Tortur gewesen, aber das Formular war damals nur etwa halb so umfangreich wie jetzt. Sie fragt: »Wenn du schon im LARB bist, warum hast du nicht dafür gesorgt, dass der Prozess vereinfacht wird?«

Dwayne antwortet: »Es ist halt ein Ausschuss. Alle glauben, es sei ihre Aufgabe, Nein zu sagen. Ich bin der einzige radikale Vertreter dort, und ohne weitere Gleichgesinnte kann ich kein Ja-Votum herbeiführen oder jüngere Mitglieder in den Ausschuss bringen. Glaub mir, ich habe es versucht.«

Kurt trommelt einen Moment lang mit den Fingern. »Dwayne hat recht. Jede größere Technologieinitiative muss über TEP-LARB laufen. Wenn wir das nicht tun, werden sie unsere Bemühungen zunichtemachen, bevor wir überhaupt angefangen haben.«

Er holt tief Luft. »So schwer es mir fällt, das zu sagen, aber ich denke, wir müssen ein TEP vorbereiten und es dem LARB vorlegen. Genauso wie wir Security fragen müssen, obwohl wir bereits wissen, dass auch sie Nein sagen werden.«

Maxine überlegt: »Hm … wir könnten den Data Hub einfach selbst betreiben. Also komplett ohne Hilfe von Operations, so ähnlich wie wir es in meiner alten Gruppe mit unserem MRP-System gemacht haben. Außerdem ist es ja so, dass, wenn etwas mit Data Hub schiefläuft, es dann auch zu uns eskaliert wird.«

Alle schauen Maxine schockiert an. Insbesondere Dwayne und Shannon wirken aufgebracht, als hätte Maxine gerade vorgeschlagen, etwas Illegales oder vielleicht sogar Unmoralisches zu tun. Brent fragt: »Aber wie? Wie steht es mit der Informationssicherheit? Und Compliance? Und TEP-LARB?«

Maxine schnaubt, weil das genau die gleichen Gründe sind, die sie schon bei der Sache mit Jared gehört hat.

Sie sieht, wie Dwaynes Kopf zwischen Nicken und Schütteln oszilliert, als würden sich zwei extrem gegensätzliche Ansichten in seinem Kopf heftig bekämpfen. »Oh, wow, das wäre großartig«, gibt er zu. »Aber diese Art von unternehmensweiten Dienstleistungen lassen sie uns niemals selbst betreiben. Es ist nicht so, dass wir im Team nicht die entsprechenden Fähigkeiten hätten – wir wären bloß für die Daten verantwortlich und müssten dafür sorgen, dass sie gesichert werden und so weiter. Es wäre fantastisch, denn wir könnten es so machen, wie wir es für richtig halten …«

Seine Stimme verstummt. Maxine stimmt seinen Überlegungen zu: »Genau. Als Parts Unlimited betreiben wir ja auch unser eigenes MRP-System, auf das sich all unsere Produktionsstätten verlassen. Unternehmenswichtiger und missionskritischer geht es nicht. Wir machen die Backups, vorbeugende Wartung, Patching … Es ist nicht leicht oder einfach, aber es ist auch nicht gerade Hexenwerk. Und wir haben einige der besten Ops-Leute der Firma bei uns. Wir schaffen das.«

Brent sagt: »Verdammt, ja. Ich habe keine Angst vor der Produktivumgebung.«

Dwayne nickt langsam. »Okay, ich bin dabei. Das ist wirklich dringend, und natürlich weiß ich, dass wir alles gut selbst hinbekommen können.«

Kurt lächelt breit. »Okay, wir haben also einen Plan B. Wenn alles andere fehlschlägt, betreiben wir den Data Hub selbst. Dazu ist es natürlich notwendig, Chris mit ins Boot zu holen.«

Maxine verschluckt sich an ihrem Kaffee, nickt aber wie alle anderen zustimmend.

Tom ist ziemlich begeistert von der Vorstellung, dass alles, was er mit aufgebaut hat, bald in Produktion gehen könnte. Plötzlich runzelt er die Stirn. »Wartet, wartet, wartet. Bedeutet das, dass wir alle einen Pager tragen müssen?«

»Ja«, sagt Brent unerbittlich. »Wenn du es baust, bist du auch für den Betrieb verantwortlich.«

Toms Begeisterung nimmt deutlich ab.

Maxine lacht.

Sogar Maxine ist verblüfft, wie schnell das gesamte Data-Hub-Entwicklungsteam die neuen Umgebungen einsetzt. Jeder benutzt eine davon – auf jeweils eigene Weise. Sie haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Einige verwenden nur die Docker-Images auf ihren Laptops, andere verwenden Umgebungen in Vagrant-, Git- oder Terraform-Konfigurationen, um sowohl Dev- als auch Testumgebungen zu simulieren.

Noch wichtiger ist, dass Purna und die QA-Teams ebenfalls die Data-Hub-Umgebungen nutzen; sobald Funktionen als »Ready to test« gekennzeichnet sind, werden sie innerhalb von Stunden geprüft. Und da die Tests zusammen mit dem Code eingecheckt werden, ist es für die Entwickler einfach, ein Problem schnell zu reproduzieren und zu beheben.

Diese neue Arbeitsweise führt dazu, dass viele Fixes und sogar einige Features an nur einem Tag vollständig implementiert und getestet werden. Aufgrund einiger Anforderungen hinsichtlich des Berichtswesens, die Maxine noch nicht ganz versteht, müssen sie weiterhin zwei getrennte Ticketing-Tools verwenden. Aber die Teams aus Dev und QA arbeiten enger zusammen denn je.

Die Arbeitsweise der Teams erinnert Maxine an ihre Anfangszeit, in der alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiteten. Sie ist erstaunt darüber, wie schnell sich die Einstellungen bei Data Hub geändert haben.

In den folgenden drei Tagen werden mehr Fixes als »Bereit zum Deployment« abgeschlossen als zuvor in Monaten, und die große Energie und der Enthusiasmus aller Beteiligten ist spürbar. Noch wichtiger ist für Maxine, dass alle voller Freude bei der Sache sind.

Maxine und Tom beenden eine weitere Aufgabe und kennzeichnen sie im Ticketing-System als erledigt. Innerhalb einer Minute versprechen zwei Engineers im Chatroom, dass sie sie während der nächsten Stunde überprüfen und testen werden.

Maxine steht auf. »Wenn du mich gerade nicht brauchst, schaue ich mal bei Dave und Purna vorbei, um zu sehen, wie es ihnen geht.«

»Hey, ich komme mit«, meint Tom und schnappt sich seinen Laptop. »Ich werde ihnen helfen, unsere Fixes zu testen.«

Als sie Purna, Nörgel-Dave und einen weiteren Data-Hub-Entwickler finden, schauen sich gerade alle etwas auf einem Monitor an. »Was treibt ihr?«, fragt Maxine.

»Wir testen endlich die Ladenhüter-Funktionalität«, sagt Purna. Nörgel-Dave fügt hinzu: »Es geht darum, eine der wichtigsten Phoenix-Initiativen zu unterstützen. Es ist die entscheidende Zutat, damit die Angebotsabteilung die Lagerbestände der Filialen nach Produkten durchsuchen kann, die dort in den Regalen verstauben, damit sie zurück an eines der Regionallager gesendet und auf der E-Commerce-Website beworben werden können.«

»Es ist das erste Mal, dass wir das zum Laufen bringen konnten«, sagt Purna. »Das Feature wurde schon vor über sechs Monaten fertiggestellt, aber bei den letzten beiden Releases hat es nicht funktioniert. Beim ersten Mal hat die Verbindung zu den Bestands- und Kundendaten nicht geklappt. Beim zweiten Mal war es die Verbindung zur Einkaufshistorie. Beide Male gab es ein Umgebungs- oder Konfigurationsproblem, aber wir hatten einfach nicht genug Zeit, es zu lösen.

Wir mussten dieses Feature kurzfristig aus den Releases herausnehmen, sonst hätte es die Bereitstellung aller anderen Features ebenfalls verzögert«, sagt Purna.

Das ist einer der großen Vorteile, wenn man Docker-Container verwendet, denkt Maxine. Container sind nicht mehr veränderbar, nachdem sie einmal erzeugt wurden. Wenn also etwas in Dev funktioniert, wird es mit ziemlicher Sicherheit auch in einem Test funktionieren.

Unveränderbarkeit ist ein weiteres Konzept aus der funktionalen Programmierung, mit dem man die Welt der Entwicklung vorhersehbarer und sicherer machen kann, denkt sich Maxine und grinst.

»Wir befinden uns im Test bei Schritt 20 von 80«, sagt Nörgel-Dave – tatsächlich ohne jede Spur von Nörgelei, wie Maxine findet. »Ich habe ein gutes Gefühl. Wir haben heute ein Problem gefunden, aber ich habe es in weniger als fünf Minuten beheben können, und wir haben die Liste immer weiter abgearbeitet. Das ist großartig!«

Selbst Dave verliert seine notorisch schlechte Laune, wenn seine Features funktionieren, denkt Maxine.

Er fährt fort: »Alle Entwickler wissen, dass sie im nächsten Intervall gleichzeitig mit den Features die passenden automatisierten Tests schreiben müssen und nicht etwa danach. Was mich auf den Gedanken bringt, dass einige QA-Kolleginnen und -Kollegen ständig bei und mit uns arbeiten sollten. Es ist ziemlich blöd, dass wir erst zu einem anderen Gebäude laufen müssen, wenn wir ein Problem von Angesicht zu Angesicht besprechen wollen.«

»Tolle Idee«, sagt Maxine. »Das sollten wir Kurt weiterleiten – die ganzen Fragen, die die Bürozuordnung und -einrichtung betrifft, sind definitiv sein Metier. Aber ich finde den Gedanken auf jeden Fall großartig.«

»Übrigens solltet ihr euch ansehen, was Adam und Shannon drüben im Konferenzraum machen. Ich glaube, es wird euch freuen«, sagt Nörgel-Dave, der sich dabei offensichtlich sehr bemüht, nichts zu verraten.

Maxine findet Adam und Shannon im Konferenzraum an einem großen Tisch zusammen mit sechs anderen Dev- und QA-Engineers, alle Laptops geöffnet. Adam projiziert seinen Bildschirm auf den großen Monitor.

»Oh, là, là, ist es das, was ich denke?«, fragt Maxine, bleibt mitten im Raum stehen und starrt auf den Bildschirm.

»Meinst du damit, dass es wie ein Continous-Integration-Server aussieht, der bei jedem Check-in Code-Builds und automatisierte Tests des Data Hub durchführt und in genau den Umgebungen läuft, die du mit aufgebaut hast? Wenn du das meinst, dann hast du absolut recht«, sagt Adam mit einem breiten Grinsen.

Maxine erkennt das CI-Tool sofort. Alle glauben, dass Data Hub besonders archaisch und rückständig ist, und doch läuft es jetzt mit Continuous Integration. Sie verfügen jetzt über bessere technische Abläufe als die meisten anderen Phoenix-Bereiche.

»Das ist unglaublich schön«, sagt Maxine mit leicht feuchtem Blick. »Jeder von Data Hub hat Zugang? Wann können andere Teams das nutzen?«

Shannon schaut von ihrem Laptop auf und sagt: »Alle von Data Hub sind dabei. Und wie du weißt, war es eine der wichtigsten Anfragen der Phoenix-Teams, ihren Code in CI zu bekommen. Adam und ich holen die ersten Teams an Bord und lassen sie entsprechend schulen. Wir werden alles Nötige tun, damit das klappt. Und es gibt schon eine ellenlange Warteliste«, sagt sie.

Maxine genießt den Augenblick. Auf so etwas hat sie seit ihrem ersten Tag beim Phoenix-Projekt gehofft. Jeder Entwickler verdient solch eine Infrastruktur, um produktiv arbeiten zu können, und ein Team von Experten, das bei der Einführung hilft.

Sie schaut auf den Bildschirm und sieht, dass in den letzten vier Stunden fünf Data-Hub-Entwickler Codeänderungen eingecheckt haben und die Tests in zwei Fällen fehlschlugen, aber innerhalb von zehn Minuten korrigiert werden konnten.

Erik wäre stolz, denkt sie. Dieses schnelle und hochfrequente Feedback ist ein wichtiger Baustein, um das Zweite Ideal von Fokus, Fluss und Freude zu verwirklichen. Und möglich wurde es, indem sie sich am Dritten Idealorientiert haben, bei dem die Verbesserung der täglichen Arbeit Vorrang hat vor der täglichen Arbeit selbst.

»Ich liebe die Idee, QA und Entwicklung Seite an Seite arbeiten zu lassen«, sagt Kurt und wendet sich an die gesamte im Dockside versammelte Rebellentruppe. »Obwohl einige meiner Dev-Manager-Kollegen die Idee für ziemlich skandalös hielten, als ich das vorschlug«, fügt er lächelnd hinzu.

»Kurz bevor ich hierhin losgefahren bin, habe ich dem Gebäudeverwalter einige Pläne für Änderungen in der Büroaufteilung gezeigt«, fährt er fort.

»Als er die Pläne sah, ist er fast an die Decke gegangen. Ich glaube, er hätte sie am liebsten gleich konfisziert.« Kurt lacht. »Er fing an, mir von all den Regeln für Raumaufteilung seitens der Personalabteilung zu erzählen, an die man sich halten müsse. Offenbar gibt es genaue Vorgaben zur Raumgröße auf der Grundlage der Berufsbezeichnungen …«

»Klingt, als ob ein Landwirtschaftsministerium über die Größe von Kuhställen entscheidet«, kommentiert Nörgel-Dave. Alle schauen ihn an. »Was!? Ich komme aus einer Farmerfamilie. Ich musste mich gelegentlich mit solchen Fragen auseinandersetzen.«

»Großartig«, sagt Shannon. »Jetzt vergleicht er uns Engineers mit Rindviechern.«

»Wie sieht der Zeitplan aus, Kurt?«, fragt Adam.

»Neun Monate«, antwortet Kurt.

Maxine hört, wie es mehrere Leute wiederholen: »Neun Monate?!« Manche lachen einfach nur schallend.

»Ja, nun«, sagt Kurt mit Blick auf seine Notizen, »alles, was die Gebäudeverwaltung macht, dauert ewig. Wir müssten die offiziell erlaubten Stühle und Schreibtische über die Einkaufsabteilung bestellen und deren Installationstermine mit den Leuten der Gebäudeverwaltung absprechen …«

»Können wir das am Wochenende nicht einfach selbst machen?«, fragt Dwayne. »Es würde niemanden außerhalb des Teams betreffen. Wir könnten einfach in ein Geschäft für Büromöbel fahren, das Nötigste kaufen und es ins Gebäude bringen. Wir können meinen Lkw benutzen.«

»Aber was passiert, wenn jemand von der Gebäudeverwaltung auftaucht und uns vorwirft, dass wir dazu nicht berechtigt sind oder die Vorschriften verletzen?«, fragt Nörgel-Dave.

Kurt bricht in Gelächter aus: »Die Gebäudeverwaltung wird das Zeug schon nicht wieder wegschleppen, weil ihnen dafür niemand ein Budget bewilligen wird.« Er denkt einen Moment nach. »Okay, versuchen wir es. Aber wir sollten dabei Möbel mitbringen, die sich nicht so leicht wegtragen lassen – zum Beispiel Bücherregale, die wir dann auch wirklich mit Büchern füllen. Vielleicht ein Aquarium mit Goldfischen. Was denkt ihr?«

Nörgel-Dave und Shannon lachen. Adam nickt nachdenklich: »Das Recht ist auf der Seite der Besitzenden. Aber solltest du nicht zuerst ausloten, ob Chris zustimmt?«

Kurt prustet. »Auf keinen Fall. Er würde sich nie darauf einlassen. Lasst es uns einfach versuchen.«

»Da wir nur über begrenzten Platz verfügen, wie wäre es, wenn wir einige der QA-Leute in den Dev-Bereich und einige der Entwickler in den QA-Bereich verlegen würden?«, schlägt Shannon vor.

»Tolle Idee, Shannon«, lobt Maxine. Sie freut sich, dass sich das Team selbst organisiert, genau wie Erik es vorausgesagt hat.