»Ich lerne es gleich ohne dich, wenn du nicht aufhörst, mir ständig reinzureden!«, schimpfe ich und versuche, Pikes Hände von meinen Griffen zu schieben.
Er sitzt hinter mir auf unserem neuen Allrad-Quad und gibt Gas, um uns die Rampe hoch- und aus dem Schlamm rauszubringen. Ich schnappe nach Luft und werde gegen ihn gedrückt, während mir der Magen eine Etage tiefer rutscht und ich mich an seine Unterarme klammere, um nicht runterzurutschen. Ich muss lachen.
»Wenn du einen Helm tragen würdest …«
»Mit dem Helm kann ich nichts sehen.«
Wir sind wieder beim Schlamm-Bogging. Und wir fahren ja hier draußen keine 50 km/h. Dafür brauche ich keinen Helm. Außerdem lerne ich heute erst, wie man Quad fährt. Er hat Glück, wenn ich es schaffe, zwanzig zu fahren.
Aber wenn ich keinen Helm aufsetze, dann will er mich nicht alleine fahren lassen, bis ich es richtig kann. Deshalb der Fahrunterricht.
Wir fahren über die weite Fläche, und der Schlamm spritzt über mein neues, rotes Quad, über meine Stiefel und über meine Jeans. Außerdem spüre ich immer wieder, wie etwas Kaltes auf meinen Haaren landet, das ich mir mit einer Baseballkappe aus dem Gesicht halte, und auf meinem T-Shirt.
Diese Woche hatte ich meine Abschlussprüfungen, und ich hatte dauernd nur Kopfschmerzen, weil ich kaum geschlafen habe. Aber heute geht es mir viel besser. Ich bin froh, dass er mich damit überrascht hat. Ein Tag mit ihm, voller Spaß und an der frischen Luft, ist alles, was mir gefehlt hat.
Er war wirklich toll und hat meine schlechten Launen in den letzten Wochen geduldig ertragen, während ich gelernt habe. Er hat mir Snacks gemacht und mich nicht abgelenkt, damit ich meine Arbeit fertig bekomme.
Obwohl er ab und zu in die Bibliothek – mein altes Zimmer – gekommen ist und versucht hat, mich zu einem Quickie zu verführen, weil ich eine Lernpause bräuchte.
Ja, genau.
Ich grinse und erinnere mich daran, wie er reingekommen ist, während ich meine Nase in einem Buch vergraben hatte, sein T-Shirt ausgezogen und mir erzählt hat, dass er jetzt eigentlich duschen gehen will, aber ich wüsste, was er wirklich will, denn er weiß, dass der Anblick von ihm, nur mit Jeans bekleidet, mein einzig wahrer Porno ist. Ich habe keine Diskussion angefangen. Das tue ich nie. Ich will ihn genauso sehr wie er mich.
Aber jetzt sind die Prüfungen rum, und ich habe bis zum Herbst keine Kurse mehr. Also gehöre ich ganz ihm.
Sein Truck steht vor uns, und sein glänzender Quad steht immer noch auf dem Hänger.
Er hält an, macht den Motor aus, vergräbt seine Lippen in meinem Nacken und küsst mich.
»Ich habe ein Geschenk für dich«, sagt er verführerisch.
Ich drehe mich um und küsse ihn auf die Wange. »Du hast mir schon was geschenkt.« Ich fahre mit den Fingern über mein neues Quad und muss gleichzeitig an den Orgasmus denken, den er mir heute Morgen um 6 Uhr beschert hat. Bis jetzt war mein Geburtstag schon ziemlich gut.
»Das Quad war nur eine Ausrede, mir selbst auch eins kaufen zu können«, gesteht er.
Ich fahre mit den Lippen sanft über sein Kinn. »Was ist es dann? Noch mehr Antiquitäten für meine Sammlung?«
»Kassetten sind keine Antiquitäten, Jordan«, verkündet er ernst.
Ich muss lachen. »Ja, du hast recht. Das sind Klassiker. Wie über dreißig Jahre alte Autos. Wie du!«, ziehe ich ihn auf. »Du bist auch ein Klassiker.«
Er legt mir die Hand über den Mund, unterdrückt mein Lachen und schüttelt den Kopf. Meine Scherze über sein Alter machen ihm nichts aus. Ich ziehe ihn nur auf, weil er immer noch denkt, dass es ein Thema ist. Ich versuche nur, die Stimmung zu lockern.
Für ein paar Leute in der Stadt ist es auch noch immer seltsam. Aber sie bedeuten uns nichts. Cole, meine Schwester und Shel haben sich alle daran gewöhnt. Cole zwar etwas langsamer als die anderen, aber nur diese Menschen zählen.
Ich beiße spielerisch in seine Finger über meinem Mund, aber plötzlich hält er ein kleines, schwarzes Lederkästchen vor mir hoch, und ich halte inne.
Die Gesichtszüge entgleisen mir, und jetzt lache ich nicht mehr.
Er nimmt die Hand aus meinem Gesicht und sagt nichts, während ich das Kästchen anstarre und mir tausend Gedanken durch den Kopf gehen. Aber ich kann ihnen kaum folgen, weil mir der Puls so in den Ohren dröhnt.
O mein Gott. Das ist kein … Ring, oder? Darüber haben wir noch nie geredet.
Ich habe immer gehofft, dass es dazu kommen würde, aber Pike macht keine großen Schritte ohne Anleitung. Ich hatte ja keine Ahnung …
Langsam nehme ich ihm das Kästchen aus der Hand und öffne es. Als ich den Diamantring darin sehe, wird mein Mund augenblicklich staubtrocken. Tränen brennen mir in den Augen, und die Kinnlade klappt mir runter.
Es ist eine Rose. Wie die Rosen auf meinem Geburtstagskuchen, den er mir letztes Jahr geschenkt hat, und wie die Blumen, die ich diesen Frühling rund um das Haus herum gepflanzt habe. In der Mitte der Platinblüte sitzt ein großer Diamant, der selbst noch mit kleinen Steinchen verziert ist. So was Schönes und Besonderes, das vollkommen zu mir passt, habe ich noch nie gesehen.
Er will mich heiraten?
Ich schluchze kurz völlig überwältigt auf. »Willst du mich jetzt verarschen?«, keuche ich. »Ich bin vollkommen mit Schlamm bedeckt!«
Er macht es jetzt? Dabei haben wir im letzten Jahr gefühlt hundert Mal im Bett gefrühstückt und zu Abend gegessen, und jedes Mal war ich hübsch und sauber!
Ich spüre, wie er sich hinter mir vor Lachen ausschüttet, dann schlingt er die Arme um meine Hüfte. »Du bist wunderschön.«
Ich reibe mit dem Daumen über den großen Stein. Er ist real. Alles hier ist real.
»Ich habe das schon seit langer Zeit geplant«, sagt er. »Man sollte meinen, ich wüsste, was ich jetzt sagen oder tun muss, aber ich kann gerade nicht klar denken.« Ich spüre seinen Atem in meinem Haar, als er flüstert: »Wahrscheinlich hätte ich auf ein Knie gehen sollen, oder?«
»Nein, lass mich nicht los.« Meine Stimme zittert.
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals runter, hole den Ring aus der Schachtel und probiere ihn an. Er passt perfekt. Ich nehme seine Hand und lege sie mit meiner darauf an den Lenkergriff.
An seinem Finger befindet sich noch kein Ring, als ich unsere Hände ineinander verschränke.
Aber bald.
Ich habe das Gefühl, als ob mein Herz vor lauter Glück gleich aus meiner Brust springt, und bin sprachlos. Das war tatsächlich eine Überraschung. Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat, ohne dass ich vorher irgendwas davon mitgekriegt hätte.
Ich starre auf unsere miteinander verflochtenen Hände, lehne mich mit dem Rücken an ihn und freue mich jetzt noch mehr auf alles, was vor uns liegt. Ich glaube, ein Teil von mir – ein kleiner Teil – hat immer noch auf ihn gewartet. Ganz hinten in meinem Verstand war diese Angst vergraben, dass er vielleicht immer noch das Gefühl hat, dass ich zu jung und nicht bereit hierfür oder für ihn bin. Aber ihm muss doch klar sein, dass … ich jeden Tag glücklich bin. Es gibt nichts, was sich besser anfühlt als er.
Ein paar Regentropfen fallen auf meinen Arm, die Wolken über uns werden dunkler, und schließlich komme ich wieder zu Atem und hole tief Luft.
»Also, sagst du jetzt Ja …« Er beendet den Satz nicht.
Ich höre die leise Angst in seiner Stimme, weil ich so lange geschwiegen habe, und muss lächeln. »Ja.« Ich drehe mich zu ihm um und küsse ihn. »Du machst mich so glücklich. Ich liebe dich.«
Er legt seine Stirn an meine. »Ich liebe dich so sehr, dass es wehtut, Baby.«
Sein Mund senkt sich wieder auf meinen, und er nimmt mein Gesicht in seine Hände, küsst mich und spielt so mit meiner Zunge, dass ich es überall spüre. Mein Atem geht schneller, und ich würde am liebsten vorschlagen, dass wir das in den Truck verlegen, weil wir hier draußen ganz alleine sind. Aber der Regen wird stärker und prasselt jetzt schneller auf meinen Körper.
Ich breche den Kuss ab, schaue nach oben und schirme meine Augen gegen den Regen ab. Die Wolken über uns sind Gewitterwolken. Die Unwetter kommen in diesem Jahr ziemlich früh.
Er steigt ab, hilft mir runter, und wir laufen beide zur Beifahrerseite des Trucks, wo er mir die Tür öffnet.
»Können wir es heute tun?«, frage ich und nehme meinen brandneuen, unbenutzten Helm vom Beifahrersitz und lege ihn auf den Boden.
»Heiraten?«, fragt er. »Du machst dir wirklich nichts aus einer Hochzeit, wie?«
Ich schaue ihn grinsend an, als er sein dreckiges T-Shirt auszieht und es auf die Ladefläche des Trucks wirft.
Ich stehe in der geöffneten Tür und zucke mit den Schultern. Als ich aufgewachsen bin, ist es mir nie in den Sinn gekommen, mir etwas aus Partys und schicken Klamotten zu machen. Während andere junge Mädchen von ihren Farbschemen für die Hochzeit und Brautjungfernkleidern träumten, wollte ich nur alles danach. Den Ehemann, die Kinder, das Haus mit dem Geruch von Keksen nach der Schule, Picknicks und Wochenendausflüge …
Ich will gerade in den Truck klettern, aber er zieht mich wieder zurück und hält mich ganz fest. Ich falle gegen seine nackte Brust und schlinge meine Arme um seinen Hals.
»Ich mache mir aber was daraus«, gibt er zu und blickt fast entschuldigend drein. »Ich war auch noch nie verheiratet, und ich würde dich liebend gerne in einem Kleid sehen.«
Wie könnte ich dazu Nein sagen? Ich nicke und küsse ihn wieder. Eigentlich könnte es ganz lustig werden. Hochzeitsfotos im Schlamm? Auf jeden Fall.
»Ich habe an Mexiko gedacht«, sagt er und schaut auf mich hinab. »Ein Strand am Golf von Kalifornien, nur du und ich und unsere Liebsten?«
Ich lächle ihn an. »Klingt gut.«
Ich denke, das passt genau zu uns. Ruhig, privat und perfekt. Und ich würde lügen, wenn ich sagte, ich würde mich nicht darüber freuen, mal wohin zu kommen, wo ich noch nie war. Ich bin kaum je aus dieser Stadt gekommen, und der Gedanke daran, einen Reisepass zu kriegen, ist fast so schön wie der Gedanke daran, in einem Laden ein Kleid auszusuchen, in dem Pike mich unwiderstehlich finden wird.
Ich bin schon ganz aufgeregt, wenn ich nur an seinen Gesichtsausdruck denke, den er haben wird, wenn er mich sieht.
Er schaut mich an und fragt mit ruhiger und ernster Stimme: »Du willst Kinder, oder?«
Mein Herz macht einen Sprung, weil ich weiß, dass das ein sehr heikles Thema ist.
»Eins zumindest?«, deute ich schüchtern an. »Ist das okay?«
Ich verstehe, dass es viel von ihm verlangt ist, noch mal von vorne zu beginnen, aber ich hätte liebend gern ein Baby von ihm.
Irgendwann.
Zu meiner großen Überraschung zögert er kaum, bevor er nickt. »Das ist okay für mich«, antwortet er. »Aber wir können damit nicht mehr allzu lange warten, sonst kann ich bei der Abschlussfeier meines Kindes gleich meinen Renteneintritt feiern.«
Ich breche in schallendes Gelächter aus.
»Aber erst musst du deinen Abschluss machen«, sagt er. »Abgemacht?«
»Abgemacht.«
Ich setze mich auf den Sitz, ziehe mir die dreckigen Stiefel aus und werfe sie zu Pikes T-Shirt auf die Ladefläche. Dann nehme ich meine Kappe ab, und die Haare fallen mir übers Gesicht.
»Weißt du …«, beginne ich. »Ich bin ein bisschen nervös.«
»Warum?«
Ich schüttle abwehrend den Kopf. »Einen älteren Mann mit so viel Erfahrung zu heiraten …«
Er packt mich bei den Hüften und zieht mich zu sich an den Rand des Sitzes. Ich fahre mit den Händen über seine nackte Brust.
»Ich brauche keine Frau, die weiß, was andere Männer mögen«, stellt er klar. »Nur, was ich mag.«
Meine Augenbrauen schnellen hoch, als mir eine Idee kommt. Langsam knöpfe ich das Hemd auf, das ich trage, und sehe, wie er große Augen macht, als er sieht, dass ich darunter nichts anhabe. Ich öffne es etwas, damit sein Blick auf meine nackten Brüste fallen kann.
»Und was magst du?«, frage ich herausfordernd, wie damals in der Nacht in der Küche, als ich ihm das Pflaster angelegt habe.
Sein Blick hängt an meinen Brüsten, und ich lasse das Hemd über meine Arme gleiten. Meine Nippel sind hart von der kalten Regenluft.
Ich senke meine Stimme zu einem Flüstern. »Ich glaube, ich brauche mehr Übung.«
Seine Augen werden dunkel und sind voller Verlangen, als er mich anschaut. Dann klettert er in den Truck aus dem Regen heraus und stellt sich über mich. Ich lasse mich im Sitz zurückfallen und spreize meine Beine für ihn, als er sich daranmacht, seinen Gürtel zu öffnen.
Unsere Lippen treffen sich.
»Was immer mein Birthday Girl will«, flüstert er.