23. KAPITEL
Lincoln
Die Worte meiner Schwester hallen immer wieder in meinem Kopf wider, während ich auf den privaten Ausgang meines Büros zurenne.
»Der Krankenwagen ist unterwegs. Mutter hatte wieder einen Herzanfall. Es ist passiert, nachdem sie Whitney Gable im Spa gesehen hat.«
Es ist, als würde sich die Vergangenheit wiederholen, und ich komme nicht umhin, mich zu fragen, ob es dieses Mal echt oder vorgetäuscht ist. Ein guter Sohn würde keinerlei Hintergedanken haben, aber nachdem uns meine Mutter jahrelang manipuliert hat, fällt es mir schwer, ihr Vertrauen zu schenken.
Ihr Herzanfall vor zehn Jahren, der durch den Anblick von mir und Whitney in meinem Bett ausgelöst wurde, war dem Familienarzt zufolge echt. Aber wer kann schon sagen, ob das dieses Mal auch so ist?
Ihr Hass für die Gable-Familie wird niemals vergehen.
Ich erreiche die Tiefgarage, springe in meinen Range Rover und rase mit quietschenden Reifen aus dem Parkbereich. Ich warte kaum darauf, dass sich die Schranke komplett geöffnet hat. Zwei Minuten später erreiche ich die Einfahrt zum Resort und fahre zum Hintereingang. Der Sensor in meinem SUV löst den Öffnungsmechanismus des Tors aus.
Ich rase zum vorderen Bereich des Gebäudes und trete auf die Bremse, dann parke ich den Wagen, springe heraus und laufe zum Angestellteneingang.
Die Tür fliegt auf, und eine dunkelhaarige Frau kommt herausgeeilt. Sie achtet nicht darauf, wo sie hinläuft und prallt direkt gegen meine Brust.
»Es tut mir leid …« Sie schaut auf, und es ist wie ein weiterer Schlag in den Magen.
»Whitney.«
Sämtliches Blut weicht aus ihrem Gesicht. »Ich schwöre, ich habe nichts getan. Wirklich nicht. Ich …«
Instinktiv lege ich die Arme um sie. »Schhh, Blue. Du hast nichts getan. Ich weiß, dass es nicht deine Schuld ist.«
Ihr ganzer Körper zittert in meinen Armen. »Sie hasst mich so sehr. Ich hätte niemals wieder nach Gable kommen sollen.«
Ich drücke sie fester, und sie in meinen Armen zu haben, fühlt sich so verdammt richtig
an. »Das wird schon wieder. Du kannst nichts dafür.«
Sie hebt den Kopf und schaut mit ihren blauen Augen in meine. Der Anblick der Tränen, die darin schimmern, macht mich fertig. »Es ist egal, wo ich hingehe. Ich ruiniere alles.«
Ich weiß nicht, was mich dazu treibt, aber ich umfasse ihre Wange, wie ich es früher immer getan habe. »Du hast mich ruiniert, und es ist mir vollkommen egal.« Ich senke meinen Mund auf ihren, während eine Träne aus ihrem Auge rinnt.
Als sich unsere Lippen berühren, ist es, als würde ich schlagartig zehn Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt werden. Als hätte es nie auch nur einen einzigen Augenblick gegeben, in dem sie mir nicht gehört hat. Meine Sehnsucht nach ihr ist so stark wie eh und je. Sie wird immer ein Teil von mir sein.
Whitney stößt sich von meiner Brust ab und reißt sich aus meiner Umarmung los. »Nicht. Ich kann nicht.«
Sie rennt zum Parkplatz, und ich erinnere mich daran, dass meine Mutter auf den Norarzt wartet.
Ich bin ein schlechter Sohn.
Egal was mit meiner Mutter passiert, in diesem Moment schwöre ich mir, dass dies das letzte Mal sein wird, Whitney dabei zuzusehen, wie sie vor mir davonläuft.
Das mit uns ist noch nicht vorbei.