47. KAPITEL
Lincoln
Die Vergangenheit
Sobald ich wieder klar denken konnte und erkannte, was zum Teufel ich getan hatte, rannte ich nach draußen. Whitney war verschwunden. Ich lief barfuß über die Schottereinfahrt, fand jedoch keine Spur von ihr.
Verdammt.
Sie war schon einmal weggelaufen und per Anhalter bei jemandem mitgefahren, aber das war tagsüber gewesen. Nun regnete es, es war stockdunkel, und sie hätte bei wer weiß wem im Auto landen können.
»Verdammt!«, brüllte ich in die stürmische Nacht hinaus und verfluchte mein Temperament und die Tatsache, dass ich mich von Ricky Rango so hatte in Rage bringen lassen.
Ob Whitney tatsächlich getan hatte, was er behauptete, spielte keine Rolle. Ich hätte sie nicht rauswerfen sollen. Ich bereute es beinahe schon in dem Moment, in dem sie durch die Tür gegangen war.
Aber nicht schnell genug.
Ich lief zurück. Schottersteine bohrten sich in meine Fußsohlen, und der Regen durchnässte mich.
Was für ein Mistkerl wirft eine Frau mitten in der Nacht hinaus?
Ich.
Ich musste mich vergewissern, dass sie sicher nach Hause gelangt war. Falls ihr irgendetwas zugestoßen war, würde ich mir das niemals verzeihen können.
Ich schnappte mir das Handy und wählte ihre Nummer, landete jedoch direkt auf der Mailbox. Also nahm ich mir den Autoschlüssel, eilte wieder aus der Hütte und knallte die Tür hinter mir zu.
Ich muss zu ihr.
Ich fuhr schwankend aus der Einfahrt. Meine Reifen drehten auf der regennassen Straße durch. Ich verlor beinahe die Kontrolle über den Truck, zwang ihn aber wieder in die Richtung, in die ich fahren musste.
Äste wogen sich hin und her, als der Wind stärker wurde und ich den Wagen über die gewundenen Bergstraßen manövrierte. Ich hatte noch keine Rücklichter entdeckt und suchte die Straßenränder nach einer einsamen Frau ab, die zu Fuß unterwegs war.
Nichts war zu sehen. Ich rief sie immer wieder an, aber jedes Mal sprang die Mailbox an.
Ich brauchte fast dreißig Minuten, bis ich Whitneys Elternhaus erreichte, doch es war vollkommen dunkel.
Scheinwerfer blendeten mich, als ein Auto die Straße entlanggerast kam und in die Einfahrt bog. Whitneys Tante sprang heraus und rannte klitschnass zur Haustür. Sie hämmerte dagegen wie eine Wahnsinnige.
Verdammt.
Tief im Inneren wusste ich, dass etwas nicht stimmte.
Ich stieg aus dem Wagen, und Jackie drehte sich um, als ich die Tür zuschlug.
»Verschwinden Sie verdammt noch mal von hier, Junge!«
»Nein, ich muss Whitney sehen. Ich muss wissen, dass es ihr gut geht.«
»Es wird ihr nie wieder gut gehen.« Jackies Stimme klang heiser. »Sie sollten nicht hier sein.« Sie drehte sich um und schlug wieder gegen die Tür, während ihre Schultern bebten.
Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit.
Mein Handy vibrierte, und ich warf einen Blick auf das Display. Mutter.
»Was zum Teufel ist hier los?«
Jackie schaute über ihre Schulter und sah ebenfalls auf mein Handy. »Sie sollten besser drangehen.«