12 | Das Bündnis

»So schnell gedreht, so klug«

»So schlau gefügt, so sicher«

»So schnell«

»So gut«

 

Semjon Diduk hat die Kinder noch nie so begeistert erlebt, im Unisono, dann im Polyphonen: wahre Fugen und Gewebe von Zustimmung und Freude, und was ihn ein wenig wehmütig aus dem Panoramafenster der Brücke seines Transporters SEBASSUS auf die Szene blicken lässt, die all diese Euphorie auslöst, ist der Umstand, dass die auf der PODKAYNE FRIES für die besungene Schnelligkeit und Präzision verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen (Genossinnen und Genossen? Wenigstens bei denen, die aus China kommen? Er ist sich nicht sicher) der Kinder dieses Lob nie würden hören können, auch dann nicht, wenn sie direkt neben den Kindern schwebten oder stünden, weil sie nur über Augen und Ohren, aber nicht über die TS-Taster verfügen, die in Semjons Hirnrinde eingesenkt sind, damit er mit den Stimmen der Zukunft reden kann. Das von den Supercomputern an Bord der FRIES gerechnete

Das letzte Objekt, das deren Maß nahegekommen war, hat das System vor Jahrzehnten verlassen – die EOLOMEA unterm Kommando von Alexandra Burkhard. Seit damals hat sich die Technik an vielen Fronten zwischen dem Computationalen, dem Biotischen, dem Physikalischen und dem Energetischen bei den Dysoniki schneller und zielgerichteter vorwärtsentwickelt als auf der chaotischen, von den Zug- und Druckkräften des Weltmarks mal hier-, mal dorthin gezerrten Erde. In manchen Sektoren aber ist die geballte Erfinderkraft einer von sieben Milliarden Leuten bevölkerten Welt einfach nicht zu übertreffen, sind ihre Resultate nicht einzuholen von einer Population, die mit den entsprechenden technischen Aufgabenstellungen von Dockvorgängen mit massiven Schiffen während mehrerer Dekaden nicht mehr konfrontiert wurde, weshalb es eben für die Kinder und für Semjon Diduk, der sehr stolz auf das geringe Ausmaß seiner Strafen für Fehlverhalten zu Beginn und während der Laufzeit des Ausnahmezustands ist, so viel zu staunen gibt.

Das Ereignis ist ein Hybride aus der alten russischen Dockmethode »sondieren und bremsen« und den Protokollen des amerikanischen APDS: Nah der Ladebucht der FRIES wird eingeschwenkt beziehungsweise eingedreht, Kreisel mit je zwei Freiheitsgraden und zwei Sternsensoren helfen beim Bestimmen von Lage, Entfernung, Geschwindigkeit und Winkelgeschwindigkeit in ungeheuer rasch getakteten Abständen, und als die beiden Apparate schließlich ein einziger Komplex geworden sind, hat man in der kleinen SEBASSUS, ganz zu schweigen von der gewaltigen FRIES, nicht einmal beim

Diduk weiß die Freundlichkeit zu schätzen, als in der Schleuse, die nun teils zum einen, teils zum andern Schiff gehört, im historischen Moment der Begegnung Andrej Sirilko auf ihn zuschwebt, ihm die Hand entgegenstreckt und ihn, »privetstvujem vas na bortu samoleta«, in der Sprache begrüßt, die das Land gesprochen hat, aus dem beide kommen.

Dass Kapitän Sun gleich dahinter mit einigen Navigationsleuten, außerdem Cordula Späth und seinem eigenen neuen Sicherheitschef, dem Chinesen Xi Wenhua, auf Diduk und seine Delegation aus zwei gewöhnlichen Menschen und zwei Kindern wartet, macht den Dysoniki deutlich, dass es wirklich eine ganz bewusste Entscheidung war, den ehemaligen Sowjetbürger Sirilko vorneweg die eigentliche Begrüßung übernehmen zu lassen.

Sun und Späth, die das zusammen wohl beschlossen haben, denken da, überlegt Diduk, während Hände geschüttelt und freundlich-respektvolle Nichtigkeiten ausgetauscht werden, also ganz ähnlich wie Baklanow, der ihm vor vier Tagen bei der Verabschiedung auf Ceres gesagt hat: »Beide Seiten sind wie jemand, der in einer Schwerkraftmulde in ein Gewässer watet und nicht weiß, wie tief ist es. Man muss am flachen Rand anfangen, sonst kommt Panik auf, die führt zu Kurzschlussreaktionen. Ich habe dich nicht nur als unsern ersten Botschafter vor Ort ausgesucht, weil du dir das verdient hast, weil du dich hast vor Gericht stellen lassen, weil der fast vollständige Freispruch gerecht war und so weiter – ich habe dich ausgesucht, weil ich mit dir die Überforderung verhindern kann, die es bedeuten würde, wenn sie plötzlich einen Mann mit mehr als zwei Armen auf ihrem Schiff hätten. Auch wenn sie mich schon oft auf ihrem Bildschirm gesehen haben, Präsenz ist einfach was anderes.«

So richtig er diesen Gedanken findet, so wichtig nimmt

Die beiden Kinder werden von den Deutschen und Chinesen zwar verhalten und im Rahmen der Schicklichkeit, aber doch unübersehbar angestaunt.

Beim informellen Schulungsempfang auf der Brücke, einer kurzen Einführung in die Natur der Befehlsketten und elementaren Funktionen des normalen Schiffsbetriebs, passiert einer Frau aus Aiguos Team an den Konsolen, der deutschen Astronautin Heike Breuer, ein Missgeschick, das die Schwierigkeiten der FRIES-Menschen dabei, mit ihren biologisch ziemlich weit entfernten Cousins aus dem Dysoniki-System warmzuwerden, in einer peinlichen Szene bündelt.

 

Während Aiguo den großen Schirm, auf dem damals alle Menschen auf dieser Brücke die mörderische Vernichtung der SMITH sehen mussten, zu einer Demonstration der aufzuklärenden Abläufe mit Diagrammen und Videomaterial gebraucht, geht der normale Betrieb weiter. Die Leute an den Brückenarbeitsplätzen reden leise, auf ihren eigenen Frequenzen, miteinander, wobei sich zwischen die dienstlichen Mitteilungen natürlich immer wieder auch private Meinungsäußerungen mischen, in diesem Moment auch solche, in denen die verschiedensten Eindrücke von den Dysoniki zum Ausdruck

Jetzt hat sie gemerkt, dass alle sie gehört haben. Sie guckt wie ein Reh auf der Autobahn, das die Scheinwerfer eines sich schnell nähernden Lastwagens anglotzt, von ihrem Platz hoch zum Kapitän, zu Sirilko, Cordula und der Besuchergruppe.

Diduk wahrt die Fassung. Cordula hebt kopfschüttelnd, aber lächelnd die Rechte wie ein Verkehrspolizist, der sagen will, so, jetzt seid ihr zwei Idioten an der Ampel gegeneinandergekracht, jetzt steigen erst mal alle aus, damit ich mir Namen und Versicherungen notieren kann.

 

Die Chefin sagt: »Erstens redet man so nicht über Gäste. Schon gar nicht, wenn sie einem das Leben retten. Ich fliege jetzt ja doch schon ein paar Jahre mit euch Asseln zum Neptun. Da hab ich mich längst daran gewöhnt, dass ihr nicht guten Tag sagen könnt oder bitte und danke. Ich bin schon froh, dass ihr die Suppe nicht mit der Gabel essen wollt. Zweitens aber sind das keine Roboter, richtig, Genosse Diduk?«

Er muss beinah schmunzeln, so gut gefällt ihm der geschickte Zug, ihn sofort in dieses Gespräch zu ziehen, damit der Eindruck gefestigt wird, man rede hier von Gleich zu Gleich. Er sagt: »Das ist richtig. Wir definieren bei uns im System Roboter als Einheiten ohne menschliches zentrales Nervensystem. Derartige Geräte setzen wir kaum noch ein, weil es inzwischen

»Ja«, fällt Cordula ihm freundschaftlich ins Wort, »der Genosse Diduk ist zu diplomatisch, um es direkt zu sagen, aber Roboter haben die Dysoniki nur noch für die Verteidigung, für Militärisches, wie diese Viecher, die Nadar Jepen auf die Erde geschickt hat, um einige von uns hier an Bord umzubringen und um eine in Afghanistan von den Russen gebunkerte, ganz besondere Technik zu zerstören, und dann werden sie noch in besonders unangenehmen und gefährlichen Jobs in den Minen einiger Asteroiden verwendet, richtig?«

Diduk nickt, er sagt jetzt nichts, weil er gespannt ist, wie Cordula mit dem Zwischenfall umgehen will. Sie klingt völlig entspannt, wenn auch missbilligend, als sie sich wieder direkt an die Astronautin wendet: »Also, meine Liebe, erstens war’s unhöflich, wie gesagt, zweitens uninformiert, drittens politisch dumm, denn wenn hier wirklich Roboter dabei wären, dann wäre das, weil Roboter bei den Dysoniki nun mal Waffensysteme sind, eine Besetzung unseres Schiffs, dann wären wir jetzt erobert worden, und dann hättest du, Frau Breuer, nach solchen dummen Sprüchen echte Schwierigkeiten. Jetzt kommt aber der nächste Punkt: Die Kinder, das ist die Avantgarde der Dysoniki, und diese beiden …« Sie neigt den Kopf Richtung Rada, die sagt: »Rada«, deutet dann mit der schlanken, vielgliedrig schönen, silbrig metallischen Hand auf ihre Cousine und sagt: »Das ist Taisa.« Cordula nickt, »Danke, ja, Taisas Stimme habe ich wie deine eigentliche, gesendete, ja hier«, und sie deutet auf ihren Hinterkopf, wo, wie vielen erst jetzt auffällt, ein kleines schwarzes Kästchen aus glatten Rechtecken an einer ausrasierten Stelle im weißen Strubbelhaar aus dem Schädel herausschaut, »also Taisa und Rada sind zu fünfzig

Sie schaut wieder Diduk an, so dass der nicht anders kann, als die geschickt in die Unterhaltung eingeflochtene Frage zu beantworten: »Wir haben uns darauf geeinigt, das heißt, die drei Zonen unseres Systems haben vereinbart, dass höchstens sechzig Prozent der Organe, Gliedmaßen und so weiter bei Angehörigen unserer Gesellschaft kybernetisch sein dürfen oder biotechnisch gegenüber dem ursprünglichen Homo sapiens modifiziert, aber die meisten machen bei fünfzig Prozent halt.«

Cordula nickt, schaut Rada an und sagt: »Rada? Wärst du so nett und würdest das, was du mir gerade rübergespielt hast, noch mal mit allen teilen, in dieser langsamen Sprache mit Stimmbändern und Mund und so, die wir hier gewohnt sind?«

Es ist ein gesprächsstrategisch bedeutsamer Moment, dessen Tragweite die meisten im Raum sofort erkennen: Indem Cordula das Kind ermutigt, sich zu seinen eigenen Belangen selbst zu äußern, segelt sie haarscharf an einer Ermahnung für Diduk vorbei, die etwa besagt: Bei uns dürfen die Leute ihre Sache selbst vertreten, und eure hierarchischen Gewohnheiten gelten auf der FRIES nur eingeschränkt. Diduk wirft ihr einen anerkennenden Blick zu, der verrät, dass er das Manöver nicht nur verstanden hat, sondern billigt – auf seinem eigenen Schiff wäre es eine Übertretung gewesen, aber die Unterschiede zwischen den Sitten der beiden Zivilisationen friedlich herauszuarbeiten ist eine Vorgehensweise, die er auch gegenüber Baklanow vertreten kann.

Rada sagt: »Manche von uns denken, wir sind untereinander schon verschiedener als Menschen untereinander, und wir unterscheiden uns manchmal stärker voneinander als von den Menschen insgesamt. Ich habe einen Mund, weil ich es will –

Cordula zeigt auf ihres und sagt: »Wir arbeiten noch dran, ob es nicht was Noninvasives gibt, das dieselbe Leistung bringt. Bei euch«, sie schaut wieder Rada und Taisa an, »ist es Bestandteil des ZNS, richtig?«

»Ja«, sagt Rada, »aber ich wollte einen Mund, zum Sprechen – ich esse nicht, ich trinke kaum, wir ernähren uns anders, unser Stoffwechsel ist wirtschaftlich schlauer.« Cordula schaut verschmitzt zu Diduk, er kann sich denken, was sie denkt: Warte nur, bis wir den Leuten auf der FRIES erklären dürfen, dass die Kinder teils mit etwas am Leben erhalten werden, was man nicht anders nennen kann als eine Batterie. Rada fährt fort: »Ich habe die Menschen früh reden gesehen und gehört, ich habe das in einer von unseren Monodromiefabriken erlebt, diese Art der … Geselligkeit? Ja.« Als sie das Wort sucht, flattern ihre Lider kurz, es ist, weiß Cordula, ein Rechenvorgang, sie hat das Deutsche in wenigen Minuten kurz vor dem Andocken gelernt, inklusive Aussprache, und spricht es jetzt schon schneller und gewandter als Diduk, auch, im Gegensatz zu ihm, ohne Akzent. »Es hat mir so gut gefallen. Die Operationen haben drei Wochen gedauert.« Cordula staunt, die andern auf der FRIES wohl auch: drei Wochen, das kommt dem Kind lange vor, um einen Mund zu machen, wo vorher keiner war – diese Kinder sind wirklich sehr verwöhnt von ihrem technischen Stand.

»Aber dafür habe ich dann eben auch sonst einen klassisch menschlichen Kopf. Während Taisa …« Sie nickt der Cousine zu, die aussieht, als spräche sie nun auch, aber da sie keinen Mund hat, ist es Rada, die mit ihrer Einwilligung weitergibt, was sie sendet: »Sie sagt, heute ist das erste Mal, dass sie auch gerne einen Mund hätte, damit sie hier mit euch so reden kann, wie ihr miteinander redet. Sie bedauert, dass sie bislang nur mit Cordula reden kann, weil das die Einzige von euch ist, die

»Ihr haltet euch nicht für überlegen?«, fragt Cordula interessiert.

»Wem überlegen?«, erwidert Rada. »Den Diff?«

Das ist eine so elegante Spitze, dass Cordula, Aiguo und einige andere Menschen lachen müssen, während Diduk das, was das Kind in dieser Bemerkung geleistet hat, mit einem anerkennenden Blick würdigt, den beide, Rada und Taisa, sichtlich stolz erwidern.

»Danke, Rada und Taisa«, sagt Cordula, »dass ihr so viel Geduld habt mit uns. Und jetzt, liebe Heike«, die Astronautin sieht zu Tode beschämt aus, aber Cordula hat aus wichtigsten politischen Gründen überhaupt keine Lust, ihr den Rest der öffentlichen Demütigung zu ersparen, »du siehst, du wirst dich wahrscheinlich gewöhnen müssen daran, dass Leute, mit

Vereinzeltes, verlegenes Gelächter reagiert auf die Grobheit der Chefin, die ihre Lektion mit den Worten abschließt: »Aber das kriegen wir auch noch hin, wir sind ja nicht auf dieser Reise, damit wir so blöd bleiben, wie wir immer waren. Heike, wenn du dich jetzt entschuldigen willst, hat bestimmt niemand was dagegen.«

Heike Breuer steht auf, streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und wirkt weder trotzig noch gekränkt, als sie sagt: »Das war richtig dumm. Es tut mir wirklich leid. Ich habe noch nie so jemand gesehen wie … euch, Rada und Taisa. Ich war … es ist fremd für uns, wir müssen uns erst kennenlernen. Ich hoffe, ihr könnt es bald vergessen, dass ich so reagiert habe, anstatt mein Hirn zu benutzen und was zu lernen.«

Rada und Taisa sehen die Astronautin direkt und offen an, und Cordula ist, ganz wie Aiguo, Andrej und die restliche Abordnung der irdischen Menschheit auf der FRIES, mehr als zufrieden mit der angemessenen Art dieser Äußerung der Verursacherin des ganzen Zwischenfalls – Cordula, denkt Diduk, hätte nie damit begonnen, daraus eine größere Sache zu machen, wenn sie ihrer Leute nicht sicher genug wäre, dass sie erwarten durfte, dem Geschehen damit eine positive Wendung zu geben.

Rada sagt: »Wir sind nicht beleidigt. Wir verstehen, dass ihr euch an uns gewöhnen müsst. Wir hoffen, dass wir uns an euch schnell genug gewöhnen, dass es keinen Ärger gibt, wenn ihr bald alles hören könnt, was wir untereinander senden, während wir euer Schiff anschauen.«

Gelöstes Lachen, Heike lächelt, nickt, setzt sich wieder. Aiguo Sun fragt: »Was wäre das denn so, was ihr da sendet und uns ärgern könnte?« Wieder Lachen, aber Rada antwortet sofort: »Die Platzverschwendung. So wenig Leute, so wenig Arbeit auf den Korridoren. Das ist bei uns ganz anders, aber wahrscheinlich verstehen wir es nur noch nicht. Eure Raumaufteilung ist für uns etwas wie für euch unsere Augen über den Ohren oder ein fehlender Mund im Gesicht.«

»Notiert«, sagt Aiguo Sun.

Allgemeine Zustimmung ist spürbar, und Aiguo hat nun keine Schwierigkeiten, aus dieser Atmosphäre heraus zum eigentlichen Einführungsteil überzuleiten: »Herzlichen Dank allen, die uns gerade gezeigt haben, wie zwanglos wir uns bereits aussprechen können. Ich möchte jetzt von ein paar weniger heiklen technischen Dingen reden. Da wäre zunächst die Frage nach Energie und Information …«

Dem Rest der Veranstaltung folgen, anders als den Tutorialen, nicht die meisten Leute auf der FRIES, auch wenn einige der vielen, die auf der Brücke keinen Arbeits- oder Stehplatz haben, in ihren Kabinen oder im Restaurant bis zum Ende beobachten, was Aiguo den Gästen erzählt und wie die darauf reagieren.

 

Filipa fängt an: »Sie treten ja sehr leise auf, und diese beiden Cyborgs sind charmant. Mit denen möchte man sofort befreundet sein. Aber das hier ist jetzt trotz Andocken doch erst mal nur so ’ne Stippvisite, nicht? Paar Stunden, dann gehen sie wieder rüber …« Liz erwidert: »Ja, und morgen läuft es umgekehrt, da steigt eine Delegation von uns, sechs Leute, in das kleine Boot, die …«

»Die SEBASSUS«, hilft Christian, und Liz fährt fort: »Andrej und Cordula führen das Team an, mich hat sie gebeten, dass ich mitsoll, weil die auch … there’s some sort of biotech setup that I’m supposed to check, they want to help us with the gardens. They can communicate all the time, with those … Diff is what they’re saying. Die sind wohl hier jetzt, einige hunderttausend oder Millionen or something, aber sie kommunizieren nicht mehr mit uns, there is no direct effect, no …«

»Wechselwirkung mit uns und unserer Technik«, sagt Andrej.

Liz erklärt: »Das hat Cordula mit dem Diduk vereinbart, dass die Diff sich nicht mehr einmischen, bis wir mit ihnen wirklich in zwei Richtungen kommunizieren können, das heißt nicht nur so wie da, als sie sich bemerkbar gemacht haben, sondern dass wir das eben auch initialisieren oder beenden können, dass wir denen sagen können, kommt mal her oder haut mal ab. Da das im Moment nicht geht, weil wir den Sinnesapparat, die Protokolle, die Maschinerie im Hirn nicht haben, anders als die Dysoniki …«

»Und Cordula«, wirft Christian skeptisch ein, aber das übergeht Liz: »… lautet der Deal eben, sie sollen sich raushalten außer bei dem, was wir vielleicht mit ihnen ausmachen, wegen dem Garten, wo sie helfen könnten, wie gesagt. Ich soll mir die

»Da geht’s dir jedenfalls nicht schlechter als unseren Physikern«, sagt Filipa, »wenn ich die drüber reden höre, wie die Dysoniki unseren Hauptantrieb verbessern wollen, damit wir in … was war’s, sechs Monaten? Da sollen wir bei denen in der Werft sein, auf Ceres, was von wegen der Distanz …«

»Einen größeren Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit«, sagt Liz, »hat kein menschliches Schiff je erreicht, geschweige dass wir wüssten, wie es das aushält, was das für die Leute und Tiere und Pflanzen an Bord heißt and so on and so forth. Actually, that’s not even the worst, denn jetzt reden sie davon, dass Inertia eigentlich doch so was Ähnliches ist wie die Wirkung des elektrischen Feldes, errr … what was it, zero point fluctuation electrical field … auf elektrische Ladungen, die man beschleunigt. You know, weil alle Materie, die wir kennen, ja aus Elektronenhüllen …«

»Ja, sie sind sehr aufgeregt deswegen, unsere Physiker«, sagt Filipa, selbst aufgeregt. »Als ob das was ganz … also, die reden nur noch davon …«

»Ja, weil es diese Idee auch auf der Erde mal gab«, sagt Liz, »zu der Zeit sogar, als ich und … und Max zur Schule gegangen sind, und dann wurde das discredited und … auf der Erde glaubt das keiner mehr, aber es ist auch nicht so ganz richtig laut den Dysoniki, sondern irgendwie nur so ähnlich, also die irdischen Physiker waren da auf einer richtigen Spur, aber leicht daneben.« Es wird noch detaillierter, betrifft dann bald die konkrete Umrüstung der Triebwerke der FRIES, und Christian verliert ein wenig das Interesse, isst seine Pommes frites, beobachtet die anderen im Saal, die ebenfalls zusehends ihre Headsets oder Ohrstöpsel abnehmen und eigene Gespräche zu führen beginnen; schließlich schaut, nach ein paar weiteren Minuten, kaum noch jemand auf den Schirm, wo sich der Auftakt zur historischen Begegnung zweier hochtechnisierter,

Die beiden Frauen reden darüber, ob eine von ihnen, oder beide, in der zweiten Phase der Zusammenarbeit, nach erfolgtem »Frisieren« oder »Pimpen« des FRIES-Antriebs, beteiligt sein wollen, in der dann etwas größere Delegationen für erweitertes gegenseitiges Unterrichten, Ausforschen und Bilden von Vertrauen im jeweils anderen Schiff (genauer wohl, da man jetzt gekoppelt ist: im jeweils anderen Schiffsteil, denkt Christian) sogar Quartier im »anderen Boot« (Filipa) nehmen wollen.

Zehn FRIES-Menschen sollen auf der SEBASSUS einquartiert werden, die letzten zwei Flugmonate über, und zehn Personen (Menschen? Wirklich? Sind diese Kinder Menschen?) aus dem Dysoniki-System auf der FRIES.

Als Liz offen zugibt: »Sure, I’d like to learn as much as possible«, bemerkt Christian bei Filipa eine spürbare Erleichterung, die sich im lachenden Bekenntnis äußert: »Ich bin wirklich froh, dass wir an dem Punkt sind. Weil, neugierig wie die Sau bin ich ja auch. Ich würde rübergehen, genau wie du. Machen wir’s so: Wenn eine von uns rüberdarf, erzählt sie der andern jeden Tag alles, aber wirklich alles, okay?«

Christian wird plötzlich klar, dass Filipas ganzer Eifer bei der Unterstützung der Abneigung, die Liz gegen die Dysoniki zu äußern pflegte, nicht etwa, wie er bislang angenommen hat, von der Schicksalsgemeinschaft zweier Frauen herrührt, die beide ihre Männer verloren hatten. Es hat nie recht passen wollen, denn Filipa gab, wie er wusste, den Dysoniki, von denen damals die Warnung an die FRIES ausgegangen war, gar keine Schuld an Meinhard Buddes Tod. Sie hat ihm sogar gesagt: »Die haben viele gerettet und hätten ihn auch gerettet, wenn er nicht unbedingt in die Schleuse gewollt hätte, es war seine Entscheidung.« Meinhards Tod ist ein Unfall für sie, und jetzt versteht Christian, dass Filipas harte Haltung zur

»It’s a deal«, sagt Liz.

Die ersten zwei Monate des Friedens erlebt der Sprachwissenschaftler wie einen Urlaub. Andrej sagt ihm: »Ich habe viele Leute, die vor dem Sturm was Sinnvolles gemacht haben, das aber nicht überlebenswichtig war, aus ihrer Arbeit gerissen, auch dich. Das soll nicht so weitergehen. Du hast jetzt wieder mehr Zeit, kannst dich natürlich trotzdem für alles Mögliche eintragen, bei den Tieren zum Beispiel werden vermehrt Leute gebraucht. Wir hatten ein großes Hühnersterben. Schmutzige Arbeit, die riecht, das wollen nicht viele, da könntest du Gutes tun. Oder bei den Reparaturen der anspruchsvolleren medizinischen Geräte, die im Sturm beschädigt wurden. Das haben wir lange zurückgestellt, einige Sachen auch einfach als unrettbar aufgegeben, die nicht nötig waren für die Notfallbehandlung. Aber pack dir nicht zu viel drauf, geh zurück an den Text vom Neptun. Wenn wir weiterfliegen, wird der Tag kommen, an dem du uns erklärst, was du herausgefunden hast.«

Christian ist sich da nicht sicher. Auch während der Nothilfezeiten hat er ja weitergearbeitet, und seine Stemmata, seine Graphiken von Verben und daran hängenden Satzbauten in der Botschaft der Alexandra Burkhard haben ihm eine Idee bestätigt, die er damals gerade vor den anderen Reisenden hatte erläutern wollen; eine verunsichernde Idee betreffend die Regeln, nach denen diese Botschaft einer Schreibart entsprach, die auf der Erde von französischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern erfunden wurde, zu Zwecken, deren Übertragbarkeit auf Frau Burkhards Text diesen in ein ganz neues Licht taucht.

Seine Rückkehr in den Text bringt täglich neue Belege für die Richtigkeit seiner These. Weil er sich aber doch ganz sicher sein will, bevor er, wie er sich das zurechtgelegt hat, einfach Cordulas, Aiguos und Andrejs Namen auf drei Zettel schreiben, sie mischen und dann einen Namen ziehen will, um die Entscheidung zu treffen, lässt er sich Zeit mit der Forschung und meldet sich immer wieder für kleinere körperliche Arbeiten, teils am Triebwerk, das umgerüstet werden soll, teils bei den Hühnern und einmal auch im Maschinenraum der Krankenstation, wo er überraschend Cordula begegnet.

Sie steht auf dem scheinbar festen Boden des Reifens, sieht traurig aus und betrachtet eine verschlossene Tür, um die herum man Aufkleber angebracht hat, die chinesisch und deutsch sagen, dass dieser Raum versiegelt ist und nicht betreten werden darf. Sie grüßt ihn mit einem knappen Nicken. Er fragt: »Sag mal … weißt du wo hier der Röntgenraum II ist, da soll ich mich melden?«

»Gang runter«, erwidert Cordula geistesabwesend. Dann, er will schon an ihr vorbei, wendet sie sich ihm zu, lächelt entschuldigend und sagt: »Wollte nicht grob sein. Sorry.«

»No problem«, sagt er leichthin, und dann ist er doch neugierig: »War da … ist da was Wichtiges drin? Oder … du wirkst so … I don’t know, melancholy. Als ob right there … hinter der Tür jemand ausgezogen ist, den du besuchen wolltest.«

Anstatt diesen Gedanken mit ihr zu teilen, will Christian jetzt weiter, seinen Röntgenraum II suchen, findet aber, er müsse ihr noch irgendetwas Freundliches, Aufmunterndes erwidern, und sagt also: »Du hattest recht. Damals, weißt du. Auf der Brücke. Als ich diese dumme Panik angefangen habe, wir werden alle sterben. Du hast gesagt: nein. Und wir leben tatsächlich noch.«

Sie zuckt mit den Schultern: »Ich hab nicht gesagt: nein. Ich hab gesagt: ich nicht. Das war keine Losung für den Kampf oder so was, das war einfach faktisch richtig. Ich weiß das.«

»Was? Ob … wann und wie du stirbst?«

Er lacht, weil er weiß, das kann sie nicht ernst meinen. Sie lacht auch, weil sie mehr weiß.

 

Die Politik verschwindet im Laufe der sechs Monate Flug nach Ceres fast völlig aus dem Alltag der beiden verbundenen Raumschiffe. Kein vergleichbarer Zeitraum auf der Reise ist zuvor ähnlich schnell vergangen. Was sich die Menschen auf der FRIES gestern noch nicht einmal hatten vorstellen können, ist heute Alltag – Liz und Heike Breuer, die sich freiwillig meldet, gehören, anders als Filipa, die auch gern dabei wäre, aber zunächst nur auf Besuch rüberkann, zur ersten Logiergruppe auf der SEBASSUS, umgekehrt wohnen auf der FRIES bald nicht nur Leute namens Sergeij oder Isaak Iljitsch, sondern auch Rada, wenn auch nicht gleich Taisa, mit der sich aber ausgerechnet Heike Breuer, die sie bei der ersten Begegnung so ungnädig wahrgenommen hat, bald anfreundet, erst über die alte irdische Gebärdensprache, dann nach dem Einsetzen eines Geräts, das dem improvisierten TS ähnelt, den Cordula sich hat einbauen lassen, wenn auch Heikes Apparat schon sehr viel schneller und leistungsstärker ist. An ihrem ZNS und dem von sechs anderen Astronautinnen auf der FRIES, darunter vier Chinesen, sammelt man die nötigen Erfahrungen, um schließlich eine Variante des TS-Grundprinzips operativ umzusetzen, die nicht mehr als ein paar Feinstfaserfühler in die Hirnrinde legt und das Rechnerkästchen am Ohr anzuklammern erlaubt wie eine Art Fernsprechvorrichtung, die

Als die wechselseitigen Gastgruppen sich im Laufe der Übernachtungen, Besuche und Gegenbesuche schließlich mehr oder weniger auflösen, entsteht eine echte Zweischiffegemeinschaft, was Christian zu keinem Zeitpunkt deutlicher wird als an dem Abend, da er in der ersten Reihe bei einer der Kulturveranstaltungen im ehemaligen Kino Taisa neben Liz und Andrej sitzen sieht, während er selbst am Podium steht und eine Art Vortrag mit Beispielen über moderne angloamerikanische Lyrik hält – er freut sich, dass eine Person, die in gewisser Weise die nächste Stufe der Evolution des Menschengeschlechts verkörpert, sich für so etwas interessiert, und beschließt seine Ausführungen spontan mit einem Gedicht des Engländers Simon Barraclough – es heißt »Neptune« und handelt vom fernen Ziel:

Our oceans but a drop,

a dust of moth,

a mote of you.

Taisa klatscht, wie alle, und ihre rätselhaften, dunklen Augen schauen suchend und staunend zugleich.

 

Dass die Politik, wie man sie auf der FRIES im Nachhang von der Erde her gekannt hat, verschwunden ist, zeigt sich nicht nur bei der Außenpolitik, das heißt: im immer entspannteren und offeneren Verhältnis zwischen den Dysoniki einerseits und den Irdischen andererseits, sondern auch an der Innenpolitik der FRIES: Niemand (außer, ein kleines und verstohlenes bisschen, Christian) scheint sich zu wundern, als Andrej sich der Messer- und Axtsportgruppe um Filipa anschließt, wo er sich vor allem bei Würfen aus etwa vier Metern Entfernung mit jeweils nur einer Umdrehung des Wurfgeräts besonders

Andrej, der loyalste Helfer sowohl des Kapitäns wie der zivilen Leiterin der Expedition, jetzt bei den wilden, bewaffneten, ehemaligen Quasioppositionellen? Was ist passiert? Was immer es ist, Christian kann es nur gutheißen.

Die Werft auf Ceres, die Anlage, die ein Asteroid war und Fabrik wurde, übertrifft alle Erwartungen der FRIES-Menschen. Christian steht auf Einladung seiner alten Gönnerin, der Komponistin, neben ihr am Glastisch, an dem er seinen halben Vortrag gehalten hat, und hört Filipa sagen: »Das ist keine Werft. Das ist eine Stadt. Nee, ein Planet. Ich weiß«, sagt sie, als Aiguo Sun hörbar Atem holt, um ihr zu widersprechen, »dass ein Planet viel größer ist, du Pedant. Aber … Straßen aus Stein und Metall, diese Scheinwerfer wie … Sterne … und wieso gehen da Leute wie auf … schau mal! Liz, siehst du das, die in den blauen Anzügen da?«

»Yes. They’re walking upright. Sie gehen wie auf einem Gerüst, und es sieht aus wie auf der Erde, als ob die Schwerkraft … was ist das, wie geht das, es müsste doch viel … der Himmelskörper ist doch viel leichter als die Erde, oder?«

»Wir können das. Gravitation manipulieren. Monodromietechnik«, sagt Semjon Diduk ruhig und weiß noch nicht, dass aus seiner beiläufigen Bemerkung »wir können das« dank Filipas Lästerzunge im Jahr, das nun folgt und das den Freundeskreis der FRIES-Besatzung um viele Russen, um Eva Sonntag und Baklanow, um viele DDR-Leute und deren Nachfahren und auch zahlreiche Kinder der Dysoniki erweitert, ein geflügeltes Wort wird, das die FRIES-Leute immer dann aufsagen,

 

Als ein paar Dutzend der wichtigsten technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kapitäns die FRIES verlassen und sich auf die Werft verteilen, in großzügigeren Quartieren, als sie seit vielen Jahren gesehen, geschweige selbst bewohnt haben, und nachdem sie sich dort eingelebt haben, in den Zeilen und Blocks mit ihren kontraintuitiven, die Augen und den Gleichgewichtssinn, das taktile Empfinden und die Raumgewohnheiten irritierenden Vor- und Rücksprüngen im Baukörper, die Platz für Gartenhöfe lassen und für Schwimmbecken, für Liegerasen und fließende Grünräume, und als man sie am Bauplatz, an Bord, dann fragt, ob das denn möglich sei, eine von künstlichen Himmeln mit diffusen Sonnen erleuchtete Lebensweise, ob die Dysoniki da etwas gebaut hätten, was den Irdischen bei weiterer Erschließung des Sonnensystems und irgendwann vielleicht einmal sogar des interstellaren Weltraums Vorbild sein könnte, hört man sehr oft: »Die können das.«

Nach drei Monaten, in denen »wir jetzt schon hier festliegen, auf Gerüsten rumklettern und uns Naherholungsquartiere zuteilen und uns von den Burschis hier beeindrucken lassen« (Cordula), erkundigt sich die Chefin bei Andrej, ob »das denn jetzt mal was wird mit der Beschleunigung – ich seh hier nur immer diese Stampfer, die ihr einbaut, und jeder haut auf so einen Amboss, sozusagen, und erzeugt Schockwellen, okay, Fusionstreibstoff wird im Reaktorkern zusammengeschmolzen, aber ist das Bastelarbeit für den kleinen Andrej, oder kommt dabei was rum? Ich meine, währenddessen erzählen und schenken wir denen alles, unsere Saat, unser Erbgut der Viecher, die Sonntag geht auf den Tierdecks und beim Getreide

Da antwortet Andrej: »Die können das«, und dann verweist er sie auf einen kleinen Koordinationsrat, in dem Aiguo Sun, er selbst und Baklanow damit begonnen haben, »Ausflüge« von besonders neugierigen und besonders fähigen FRIES-Leuten mit »den schnellsten Booten, die wir haben« (Baklanow) zu den verschiedensten Fertigungsanlagen und sonstigen Zentralkleinwelten des Systems zu organisieren. »Und bei diesen Ausflügen lassen die Dysoniki, sogar die Kinder, dann unsere Jungs und Mädels das Steuer in die Hand nehmen?«, fragt Cordula nach, was Andrej bestätigt, woraufhin Cordula mit einigem Nachdruck den Wunsch äußert, selbst einmal einen solchen Ausflug zu unternehmen.

 

Das Ausflugsprogramm ist ein großer Erfolg.

Es bringt wissbegierige Menschen nach Fortuna und Juno, wo man »gerade rauskriegt, wie man Kohlendioxid mit Unterstützung der Diff noch rascher in nützliche organische Stoffe verwandelt, als das unser Grünzeug kann«, wie Filipa hinterher begeistert berichtet, aber auch nach Herculina und Alauda, wo die Monodromietechnik aus rosafarbenem Granit, verwoben mit bizarren Metallgittern, »die dünnsten und härtesten Wände baut, die ich je beklopft habe«, so Heike Breuer fasziniert, und zu den Cupolae auf Gaspra, wo man den Ertrag von Pflanzungen durch Beschleunigung der bei den genetisch

Manchmal geht es schließlich zur Spinne auf und in Cybele, wo eine russisch-ostdeutsche Abart des Rastertransmissionselektronenmikroskops millionenfach, »wie so eine Düse bei der Plastikschaumfabrikation« (Liz), eingesetzt wird, um in Kristallgittern neue Werkstoffmuster zu schreiben, »wirklich: zu schreiben, wie man einen Brief schreibt, aber was sie schreiben, sind Stoffe, die sie dann dem Monodromieformwahnsinn aussetzen. Unfassbar.«

Filipa, Rada, Diduk, Andrej, Taisa, sie alle bestätigen Christian, dass er richtigliegt: Die Politik ist abgeschafft.

Allerdings gibt es auch ein paar Dinge bei der neuen Annäherung, die ihm zu denken geben, etwa der Umstand, dass die Überholung und Verbesserung der FRIES-Raumanzüge mittels der Technik der Gewebeselbstergänzung, die »wahrscheinlich manche und manchen von uns, zum Beispiel Meinhard Budde, im Sturm gerettet hätte, wenn sie uns schon verfügbar gewesen wäre« (Aiguo Sun), dazu führt, dass diese Anzüge während der Umrüstung eine Weile nicht benutzbar sind und daher gegen solche aus direkter Dysoniki-Fabrikation ausgetauscht werden, die Christian »a little bit on the militaristic side« findet, wie er Liz eines betrunkenen Abends an einer Bar in der Werft erklärt.

 

Bei den Dysoniki ist es Brauch, an die Vergangenheit ihrer ehemals interstellaren Mission und deren sowjetkommunistischen Expansionscharakter zu erinnern, indem man als integrierte Bestandteile der Anzüge allerlei Waffen und Instrumente

Im Gegensatz zu Heike Breuer und Andrej Sirilko hat Christian auch wenig Freude beim Besuch des Ortes, den Semjon Diduk, als er sieben Menschen zu einer Besichtigung dort einlässt, »unsere Zentralstelle für Erdenbetrug« nennt, einen großen Rechnerraum, besetzt von zwölf Progammiererinnen und Programmierern. Die versorgen irdische unbemannte Sonden, irdische Weltraumteleskope und andere Spür- und Schauvorrichtungen der großen Nationen der Erde mit einem steten Strom von gefälschten Daten, wann immer Aktivitäten im Bereich des Dysoniki-Systems in deren Wahrnehmungskreis geraten.

»Seit einiger Zeit entwickeln sie, wie unsere Spionagesatelliten im weiten Erdorbit uns verraten, die tollsten Theorien über die angeblichen Spuren von Eisvulkanen hier auf Ceres, die wir ihnen gefüttert haben, damit sie die Werft nicht sehen«, erklärt nicht ohne Stolz ein Ingenieur namens Michael Tarabasow. »Allmähliches Abflachen, viskose Relaxation – wir haben Mühe, unsere Fälschungen anspruchsvoll genug zu gestalten, dass wir uns dafür bei den schönen Spekulationen der Getäuschten nicht schämen müssen …«

Von den Äxten, Messern und Vulkanlügen abgesehen gewinnt Christian als der Beobachter mit der meisten Muße unter allen FRIES-Reisenden mehr und mehr Zutrauen zu den Dysoniki. Als er schließlich im Begriff steht, diese erfreuliche Erfahrung seiner Gesellschaft von Exilmenschen auch zur