13 | Ein politischer Mord

Die kleine Fähre FLORENSKIJ nähert sich nach schnellem Flug von Ceres her auf den letzten paar hundert Kilometern eher gemächlich einer Welt, die auf der Erde niemand kennt. Es gibt in keinem terrestrischen Verzeichnis der Himmelskörper einen Namen für das hantelförmige Objekt.

Die Dysoniki aber haben an diesem Ort eine automatisierte, nur alle Jahre einmal von Patrouillen besuchte und je nach Bedarf gewartete Forschungsstation eingerichtet, deren Verfahren und Ergebnisse das Kind Rada den beiden Menschen zeigen will, die es auf diesem Flug der FLORENSKIJ begleiten.

Liz sitzt am Steuer und liest, was sie als Pilotin wissen muss, auf den Anzeigen, die ihr teils vor Augen leuchten, teils nur in ihrem Kopf existieren, dort von den Bordrechnern und deren Sondenbeobachtungen in den visuellen Teil des Cortex der Amerikanerin eingespielt, über die Geräteverbindung, die ihr außerdem erlaubt, auf andere als hörbare Art mit den Kindern der Dysoniki zu sprechen, wovon sie auf dieser Reise aber keinen Gebrauch macht, weil Rada so gerne redet. Das Kind ist dazu übergegangen, im Umgang mit anderen Dysoniki nur noch die unanschaulichsten Daten über ihre ZNS

Rada nickt nicht, aber sie zeigt ein leicht verlangsamtes Blinzeln, das Cordula inzwischen als Entsprechung zum menschlichen Nicken lesen gelernt hat. Dann sagt sie: »Wir hören und sehen nichts von ihnen, ab etwa zweitausend Kilometer Nähe zum Objekt. Sie würden einfach die Experimente stören, es geht ja um eine nächste Stufe der Monodromietechnik. Wir treiben da in einer sehr kleinen Kammer, einem ins Zentrum der Hantel eingesprengten Quadrat von etwa zwanzig Metern Kantenlänge, so etwas wie … Flechten mit Milnorfasern, Grundrissbauten auf Hyperflächen …«

Cordula sagt: »Ganz groß ins ganz Kleine einsteigen. Andrej hat mir’s in der Kneipe auf der FRIES auf eine Serviette gemalt. Die nächste Stufe, sagst du, und deshalb so abgelegen auf diesem Ding untergebracht, weil das alles so extrem störanfällig ist, weil man das nicht in den Betrieb der … na ja: normalen Monodromiefabriken integrieren kann, richtig?«

Wieder das Blinzeln, dann öffnet Rada den Mund. Aber Liz kommt ihr zuvor und ruft aus dem winzigen Cockpit: »Die Station hat sich gemeldet. Der Rechner da fordert alle unsere Daten an – auch Vitaldaten der Besatzung, ist das üblich?«

Die Frage gilt Rada, deren Antwort lautet: »Der Rechner wundert sich wohl. Wir sind ja nicht auf dem regulären Wartungsplan, der Besuch für dieses Jahr hat vorletzten Monat stattgefunden. Hast du … gibt es eine Schwierigkeit für dich, wenn wir unsere Daten schicken?« Mit dem schönen deutschen

Liz lacht: »Nein, keine … Schwierigkeiten. None at all. Noch was, die wollen jetzt … wir sollen uns einordnen lassen in eine Bahn, die den Stationsbetrieb möglichst nicht stört, ich soll die manuellen Controls aufgeben, das will die Station übernehmen, ’cause … anscheinend gibt es so ein Gravitationwellen … thingy, which we have to … honestly, ich kann mir nicht vorstellen, dass bei so tiny, tiny masses …«

»Doch«, erklärt Rada in entschuldigendem Ton, »das ist schon so … was in dem Würfel passiert, ist sehr, sehr empfindlich. Wir landen am besten auf … an einem der Enden. Der Brocken ist geformt wie eine Hantel. Er rotiert ziemlich schnell. Am Rand, da, wo wir landen sollten, ist die Oberflächenschwerkraft ziemlich schwach, weil die Zentrifugalkraft der Drehung sie fast annulliert. Da muss man dann allerdings sehr präzise landen, und das …«

»Just can’t be done by hand, no matter how fantastic a pilot I might be. Verstanden«, sagt Liz und gibt die Kontrolle an die Rechner ab, was ihr auch erlaubt, den Daten- und Diagrammwust in ihrem inneren Gesichtsfeld auszublenden und durch die Frontscheibe der FLORENSKIJ zu schauen, auf die Weite, die Schwärze, die Kälte.

Die Schönheit.

Sie gesteht sich still ein, dass sie diese Aussicht am liebsten nicht nur ohne die jetzt ausgeschalteten supplementären Sichtdateien, sondern auch ohne die angeregt diskutierenden Stimmen der beiden anderen genießen würde.

Nach einer Weile treten die Stimmen tatsächlich in den Hintergrund. Dann wird der kleine Himmelskörper endlich sichtbar. Rada sagt: »Wir müssen jetzt die schweren Sachen anziehen«, womit sie massive Stiefel und Schienen-Reifen-Schließkombinationen um Arme und Beine meint, die den

Kaum ist die Amerikanerin durch die Türluke gestiegen, zieht sie ein Messer mit der rechten Hand aus dem linken Hüftholster und stößt es Rada mit aller Kraft zwischen Helmring und Helm ins Genick.

Dann zieht sie es, die andere Hand zwischen die Schulterblätter ihres Opfers gedrückt, wieder heraus, sticht sofort wieder zu und wiederholt das dreimal: Rücken, rechte Niere, linke Niere. Schließlich tritt sie Rada ins Kreuz, die langsamer als in einem stärkeren Schwerefeld, aber doch schnell genug nach vorn geschleudert wird, dass Cordula Späth, die sich auf ein scharfes Pfeifen in ihrer Verbindung zu dem Dysoniki-Kind hin bereits umzudrehen begonnen hat, dem schwer verletzten, schon sterbenden Körper nicht ausweichen kann, der sie rechts und seitlich trifft und dreht.

Dann fliegt er davon, während Cordula jetzt, reflexschnell und kampferfahren, selbst nach einem ihrer Messer greift. Aber Liz ist schon bei ihr, hat das Messer losgelassen und sich eine Axt vom Rücken gezogen, mit der sie Cordula, bevor diese ihre Waffe ganz aus dem Schaft ziehen kann, von links ins rechte Knie hackt, einmal, rausziehen, zweimal, wieder raus. Dann reißt Liz den Axtarm hoch, haut das Hiebinstrument mit enormer Wut der Komponistin in die linke Schulter, wo es stecken bleibt, und schlägt ihr mit beiden Fäusten gegen die Brust, dass die Getroffene rückwärts in Richtung des harten grauen Bodens stürzt.

Der Aufschlag ist heftig. Staub wirbelt glitzernd in die Höhe.

Die Angreiferin tritt Cordula auf das rechte Schienbein, dann auf den Bauch, dann stellt sie sich breit über sie. »Wa…

Liz erwidert zischend: »Just shut the fuck up, bitch! Shut up and die already!«

Als Cordula zur Abwehr die Hände hebt, steckt sofort das Messer in der Handfläche ihrer Linken. Sie nimmt die Arme mit einem Aufschrei zurück.

Sinnlos versucht sie, die Klinge mit der anderen Hand herauszuziehen.

»Sag … Sag mal … Scheiße … bist du … chhh … verrückt geworden?«, keucht sie, als sie merkt, dass der Angriff unterbrochen ist, weil Liz Schwierigkeiten hat, ihr drittes Messer aus dem Gurt am linken Oberarm zu lösen.

Liz hält inne, schaut durch die beiden Sichtscheiben der Todfeindin, so gut es geht, ins Gesicht und sagt höhnisch, aber nicht mehr erregt, sondern hässlich kalt: »Verrückt geworden? You got some nerve, woman. You … du denkst, alle anderen sind dumm, ja? You’re the smartest person in the room, ja, in every room, ja? Shit. It took me all of five seconds to find out what you did. Dein Deal mit Jepen, das Umsteigen auf den Deal mit Diduk, inzwischen mit Baklanow … du hast unsere Leute verkauft. Du hast Max auf dem Gewissen. I hacked your shit, you fucking cunt! You were soooo careful not to leave any traces … ich kenne die Sende- und Empfangsanlagen der FRIES wie niemand sonst. Ich habe monatelang mit Max … fuck you, you hear me? Fuck you and shut up and die!«

Sie tritt noch einmal auf den Bauch der Verletzten, die davon quer durch den Staub gewischt wird wie ein Schwamm. Blutstropfen schweben aus dem Riss in der Schulter. Das Messer steckt immer noch in der Hand, sie kriegt es nicht raus, sagt aber mit zusammengebissenen Zähnen: »Okay … erwischt. Aber was … was hättest du … denn gemacht? Jepen hat erst … Ich hatte … ich hatte das jahrelang angekündigt, dass wir der … der Alexandra Burkhard hinter… hinterher… fliegen

Liz will nichts mehr hören und tritt die Wehrlose zweimal heftig gegen den Kopf.

Bei dem, was Liz jetzt zu sagen hat, ist ihr sehr wichtig, dass sie klar verstanden wird.

Sie spricht deutsch: »Filipa wollte ihn sehen. Ihren Mann. Meinhard. Erfroren und erstickt. Er wurde dann im Triebwerk verbrannt, weil er das selbst mal gesagt hat, nach einer dieser Bestattungen, dass er das gut fand. Wie ein Wikinger, hat er gesagt. Aber da lag er, auf dem … Brett, aufgetaut wieder, mit zerstörten Augen vom … und ich dachte, ich dachte … ich schämte mich, weil ich neidisch war: Sie konnte ihn wenigstens auf die Hände küssen und sich verabschieden und bei ihm weinen. Max hat man einfach … er wurde von innen nach außen gekrempelt oder … Ich kann es mir nicht vorstellen, und es gab keinen Abschied, und es gibt kein Grab und keine Spur. Deshalb war ich neidisch. Und dann dachte ich, was ist das für eine Welt, wo Leute neidisch sind auf andere, die gerade jemanden verloren haben, den sie lieben? Das ist deine Welt, Cordula Späth. Das ist das, was du machst. Wir sind alle Statisten, Bei… Beiwerk. Du bist die Heldin in deinem Film, dir

»Ich … grinse … nicht … du … stupide … Henne … das ist ein schmerzzzz… ein schmerzverzerrter Gesichtsausdruck, weil ich ein … beschissenes … Messer … in der … Scheißhand … und ’ne Axt in der … Schulter …«

Liz sieht, dass sich der Raumanzug an der Knieverletzung schon wieder geschlossen hat, aber auch, dass da ein großer Blutfleck ist, wie an der Schulter, wie auf der Hand. Sie tritt der stöhnenden und schnaufenden Cordula nacheinander auf beide Hände, dass sie schreit. Dann hat Liz ihr letztes Messer endlich aus dem Gurt befreit und hebt es hoch, um sich damit auf Cordula zu werfen, um es ihr in die Brust zu rammen.

Cordula aber klinkt sich mit einer unerwarteten Bewegung beider Beine aus den Stiefelschienen und wischt dann mit dem gesunden Bein nach oben gegen den rechten Oberschenkel der Angreiferin, die mit keinerlei Widerstand mehr gerechnet hat und deshalb von dem Tritt sofort aus der Balance gerät. Sie kippt nach links. Cordula rollt sich nach rechts, stampft mit dem heilen Fuß in den Staub und stößt sich damit so heftig ab, dass sie über Radas zusammengekrümmte Leiche hinweg mehrere Meter weit vom Kampf weggeschleudert wird. Kurz vor dem Aufschlag beugt sie sich, trifft das Gestein mit der Axtschulter, die Axt wird herausgerissen, eine Blutfontäne spritzt hinter ihr her.

Cordula schreit in viehischem Schmerz auf.

 

Liz findet ihr Gleichgewicht mit einiger Mühe wieder, stapft dann hinter ihrem Opfer her und flucht: »Fucking … boots …«,

Cordula kommt wimmernd auf die Knie, drückt das gesunde Bein durch, steht wankend und ruft ins Mikro: »Wirf dein letztes Messer, und wenn … Filipa dir zu … wenig beigebracht hat, dann isses weg. Hand-to-hand-combat … Baby … c’mon!«

Liz lässt sich nicht provozieren. Sie hält das Messer wie ein Schwert über dem Kopf und wirft es nicht, sondern stürmt so schnell voran, wie sie kann.

Cordula dreht sich um, läuft, springt, fällt weg. »What’s wrong, bitch?«, spuckt Liz rasend vor Wut. »Afraid of a little girl with a knife? Afraid you’re gonna die here? Afraid that maybe you’re not the fucking hero of this story after all?«

»I never thought … I was«, röchelt Cordula.

Sie hasst ihr verwundetes Bein, hasst den Stich, hasst die Unklarheit im Kopf, wie war das, in dieser Richtung liegt der Nordpol der Hantel, da wird die Schwerkraft stärker?

Sie dreht sich, sie springt zur Seite, sie hasst den Gleichgewichtssinn, der ihr sagt: Hier entlang ist unten, denn so sieht es gar nicht aus, der Horizont ist falsch, der Raum ist falsch.

Liz schreit: »Face me! Face me, you fucking coward!«

»No … thanks, chh!«, hustet Cordula und lässt sich fallen, dahin, wo ihre Sinne ihr »bergab« sagen, in Richtung des Kontaktpunkts zwischen den beiden Außenmaßen der Hantel.

Es kommt ihr vor, als sauste sie einen Abhang hinunter, als habe sie beim Snowboarden abgehoben. Nach zwei weiteren schiefen Sprüngen steigt ohne Vorwarnung die andere Brockenhälfte überm gekrümmten Horizont auf wie Moby Dick, der sich mordlüstern aus den Wellen erhebt. Cordula senkt mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf, schlägt wieder auf, rollt dreimal um ihre Längsachse, bleibt auf dem Rücken liegen und flüstert stimmlos: »Du … hast … unrecht, Baby … aber … ich werde mich … nicht vor … einer Irren rechtfertigen … die ohne Grund … Leute ins Genick … chhh … shit.«

Wie ein heulender Wind ruft sie: »Leute? Leeeute? Du meinst … that monster I killed just now? That freak? Fuck you, James Bond! Du sollst dich … vor mir nicht rechtfertigen, du sollst STERBEN! WHO could ask you to justify your actions? WHO? Do you respect anyone’s judgment? You only respect other science-fiction-motherfuckers, RIGHT

Sie keucht, sie schnieft, sie geht weiter, außer Atem, während Cordula die Augen schließt und halblaut sagt: »Auf … den kleinen … Christian Winseck geb ich viel. Der muss es reißen. Dem würde ich erklären, was ich getan habe … und … warum …«

»Well, he’ll never get to hear it! Now DIE!«, schreit Liz und will sich zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit auf ihr Opfer werfen.

Da geschieht, womit Cordula bereits gerechnet hat: Drei Hartgummigeschosse aus den Waffen der beiden Dysoniki-Roboter, die den Laborwürfel bewachen und nach Cordulas Meinung viel zu lange gebraucht haben, sich in Bewegung zu setzen, um sie zu retten, treffen Liz am Messerarm, im Rücken und am Helm.

Die Geschosse werfen sie um und machen sie kampfunfähig. Mehr als eine heftige Prellung und eine leichte Gehirnerschütterung trägt sie, die von dem schnelleren der beiden Automaten sofort mit langen Kabeln gefesselt wird, nicht davon.

Cordulas Zustand wird in der nächsten halben Stunde an Bord der FLORENSKIJ halbwegs stabilisiert. Die bewusstlose Liz versetzen die beiden Wächter in ein Heil- und Sicherheitskoma. Zwei Tage später trifft eine von ihnen herbeigerufene Fähre von Ceres ein und holt die beiden Lebenden und die Tote ab.

 

In eine davon sperrt man Liz.

Cordula Späth kehrt nicht aufs Schiff zurück. Während der Rückführung hat sich ihr Zustand unerwartet dermaßen verschlechtert, dass sie ins Krankenhaus der Werftstadt gebracht wird. Schlimme Gerüchte gehen um, nicht nur die FRIES-Menschen machen sich Sorgen.

Filipa ist untröstlich, verzweifelt und sehr wütend auf Liz (»Ich habe nichts gewusst, nichts«). Christian erkennt bei Gesprächen mit den verschiedenen Leuten, auch Dysoniki und Kindern, die sich allerdings jetzt sehr zurückhalten, dass sein ewiges Rätselraten darüber, was für eine Funktion eigentlich die »Leitung ohne klaren Rang« darstellt, die Cordula ausgeübt hat, von niemandem geteilt wurde, weil alle genau wissen, wer Cordula ist: der verkörperte Geist des Ganzen.

 

Aiguo wird zu ihr ans Krankenbett bestellt. Ein Dysonik redet von Operationen und schwerer Chemie, die durch ihre Adern geschickt wird.

Dann heißt es eines Morgens, Baklanow und Diduk seien bei ihr, ohne Menschen von der FRIES, und die Gespanntheit der Gesichter, die rötlichen Blicke, die Striche der Münder derjenigen, die diese Gerüchte diskutieren, verraten Christian, wie groß die Sorgen sind, die sich die Leute auf der FRIES machen.

Der Tag wird sehr lang. Neue Nachrichten gibt es keine. Christian sitzt danach spätabends in seiner Kabine an Alexandra Burkhards Botschaft, als es an seiner Tür klopft und er leicht geistesabwesend »Herein!« sagt.

Es ist Semjon Diduk. Bevor er die Tür hinter sich schließt,

»Sie fragt nach dir. Sie will dich sehen«, sagt der General anstelle einer Begrüßung.

Christian steht sofort auf.

 

»Gift«, sagt Cordula, mit schiefem Lächeln, bläulichen Lippen, sehr blass.

Die Stimme ist schwach, aber deutlich zu hören. Christian kann’s nicht fassen, dass er alleine mit ihr in ihrem Krankenzimmer ist.

»Gift, Alter. Die Axt. Sie hat sie präpariert, die kleine … Streberin, hat sich das angeeignet im Labor der Frau Sonntag, das ist eine biologische … natürlich haben sie biologische Waffen und chemische … was dachten wir denn … die paar Messerchen? Bei Leuten, die Monodro…miebomben … bauen können? Das Zeug … fiebert in mir rum, es ist lebendig, kein normales … nicht einfach Arsen und Spitzen … Dings … es will teilweise Krebs werden und teilweise andere Scheiße, und … ah … ich werde monatelang außer … außer Dienst … außer Gefecht … Ich bin nutzlos. Monatelang, und … wenn der Rotz mein Hirn erreicht, hauen sie mich ins Koma, aber richtig, nicht nur so ein leich… leichtes Sedieren wie bei Liz. Kacke. Je … hörst du mir zu?«

Er nickt eifrig und stumm. Ihr Blick schaut neben ihn an die Decke, sie blinzelt, schließt die Augen, konzentriert sich, öffnet die Augen wieder und sagt: »Ihr müsst los. Die politische Stimmung … es ist … wir sind kurz vorm Krieg jetzt, die Jepenleute kommen wieder aus ihren … es ist schlimm. Rada … Scheiße. Ihr müsst zum Neptun. Du, Junge. Du musst los. Es werden welche … welche mitkommen. Ich bleibe hier, ich … Du musst los. Zu Alexandra.«

»Wieso? Wieso ich?« Es klingt fast jammernd.

Sie hebt die schwache rechte Hand, winkt wie ärgerlich ab

Er sieht das karge weiße Möbelstück aus Formplastik.

»Nimm dir den. Setz dich hin. Wir reden … wir reden jetzt … wir führen … Scheiße, ich bin …« Sie gähnt lange, dann: »Ich bin so saumüde. Hier ist irgendwas im Pudding. Opium oder Religion. Jeden … jedenfalls, nimm dir den Stuhl, so. Ja.« Er setzt sich. Sie sagt: »Und jetzt wirst du mal aufgeklärt. Ich hab … das viel zu lang verschoben. Fangen wir … mit … mit der Sonne an. Dem Licht, das die … Leute liest.«

Er denkt, dass er aussieht wie der dümmste und ahnungsloseste Mensch, den sie je gesehen hat. Sie denkt das nicht und erklärt ihm, was er wissen muss.