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Du treibst es auf die Spitze
J enny, ich bin von meinem Auftrag zurück und habe es endlich nach Tagen geschafft, den Abgeordneten ohne die Hilfe meiner Freunde auszuschalten. Ich wollte sie bei diesem Auftrag nicht dabeihaben. Musste es für mich tun. Es war eine gute Ablenkung.
Nur bin ich jetzt wieder in Chicago und ein Teil von mir möchte zu dir zurück. Will dich nah an meinem Körper spüren, deinen Fliedergeruch einatmen und diese verrückte Kälte fühlen.
Nur ist dieser Teil kleiner als erwartet.
Die letzten Tage brachten einen großen Abstand zwischen uns und neue Zweifel haben sich in mir festgesetzt.
Ich schwanke jetzt mehr denn je. Ich fühle diese Abhängigkeit nicht mehr, Jenny. Je länger ich hier im Büro sitze, mit dem Whiskey in meiner Hand, desto stärker wird mir bewusst, dass zwischen uns nur noch eine kleine Verbindung besteht und ich weiß einfach nicht, ob sie noch ausreicht.
Ich zweifle, Jenny.
Ich würde ja behaupten, dass es an mir liegt, daran, wie sehr mich die letzten Monate verändert haben. Aber das wäre gelogen.
Du bist schuld, so wie immer. Du trägst für unseren Bruch die alleinige Verantwortung. Genau der Teil, der sich so nach dir sehnt, verachtet deine Schwäche.
Ich verachte dich für all die Tage, an denen du dich entschieden hast, dich aufzugeben. Für jede Stunde, in der du dich hängen lässt.
Aber am meisten dafür, dass du mich so ausgeschlossen hast, und ich somit nicht mehr derjenige bin, der Halt geben kann.
Und ohne mich bist du noch weniger.
Denn kein anderer kann dir das geben, was du brauchst.
Das Schlimmste daran ist eigentlich, dass dein Ende naht. Du merkst es nicht. Aber mit jedem weiteren schwerelosen Tag kommst du dem einen Schritt näher. Du weißt nicht, was das bedeutet. Bist viel zu egoistisch, um zu merken, dass es mein Untergang wäre. Denn der winzige Teil in mir, dem du so viele Empfindungen abgewinnen kannst, wird dafür sorgen, dass mir die Luft ausgehen wird.
Das wäre doch ein Grund mehr, dich für immer zu verlassen, nicht wahr?
Mich selbst zu schützen, oder?
Mit einem Bein bin ich deinen Fängen bereits entkommen. Vollkommen noch nicht, weil es ein kleines Problem gibt.
Denn bevor die Zweifel ihren Platz mit der Unnachgiebigkeit tauschten, hatte ich ein Ziel vor Augen.
Einen Plan.
Nun bin ich verpflichtet, zurückzukommen.
Auch wenn es nur für einen Augenblick ist. Aber meine Pläne muss ich noch bis zum Ende durchziehen. Entweder werde ich wieder deinem Zauber erliegen oder ich werde dich für immer verlassen. Mich aus Schuldgefühlen weiterhin entmannen zu lassen, mache ich nicht mehr mit.
Doch bevor ich mich für die Rückkehr entschließe, brauche ich noch Abstand, Jenny. Ich muss meine Kräfte mobilisieren, weil ich mich nicht von dir kastrieren lasse.