Siebenundachtzig
Jetzt.
»Ich habe keinen Schuss gehört.« Albert sah zum Fenster. »Es hat gewittert, genauso wie jetzt. Ich weiß also nicht, ob sie ihn erschossen haben. Aber ich hoffe es. Dann war es wenigstens schnell vorbei.«
Sie lauschten dem Grollen des Donners.
»Mein Vater hat das Zeug als Dünger benutzt«, fuhr Albert fort. »Oder um die Ställe zu desinfizieren. Sein … Gesicht. Du kannst dir nicht vorstellen, was ungelöschter Kalk mit …«
»Doch«, unterbrach Schröder. »Ich habe Donald Pirals Leiche gesehen.« Er ging zum Esstisch, nahm sein Telefon. »Wo ist deine Schwester jetzt?«, fragte er und wählte Zorns Nummer.
»Astrit? Ich … ich weiß es nicht.«
»Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
Albert setzte zu einer Antwort an, doch in diesem Moment meldete sich Zorn am anderen Ende der Leitung.
*
»Moment, Schröder. Sie ist Alberts Schwester
?«
»Ja.«
»Das erklärt, warum die Fingerabdrücke ähnlich sind.«
»Ihr müsst die Fahndung einleiten.«
»Das hab ich bereits. Du klingst so komisch, wo bist du?«
»Im Badezimmer.«
»Schröder?«
»Was?«
»Scheiße, ich … kannst du nicht … ich meine, jetzt, wo wir wissen, dass Albert unschuldig ist, kannst du da nicht wieder …«
»Nein, du kriegst das allein hin.«
»Wie oft soll ich mich denn noch entschul…«
»Darum geht’s nicht. Du musst etwas prüfen.«
*
Schröder zog die Badezimmertür hinter sich ins Schloss, ging zum Sofa und nahm Albert gegenüber Platz.
»Früher«, Albert deutete auf das Telefon in Schröders Hand, »hattest du keine Geheimnisse vor mir.«
»Im Gegensatz zu dir.«
Das Gewitter war abgezogen. Ein geisterhaftes Flackern zuckte hinter dem See über den Horizont, unterlegt mit einem tiefen Grummeln, das an entfernten Kanonendonner erinnerte.
»Es …« Albert lockerte den durchnässten Schlips, »es tut mir leid, ich …«
»Das höre ich in letzter Zeit ständig«, sagte Schröder. »Immerzu entschuldigt sich jemand bei mir. Ich kann’s nicht mehr hören.«
»Okay.« Albert hob die Hände. »Darf ich dann wenigstens zu Ende erzählen?«
Schröder neigte schweigend das Kinn.