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2215, Freitag, 25. Juni 2027

Lower Manhattan, New York

Linie Fünf, nördlich der Fulton Street Station

 

Da sichtbares Licht keine so große Gefahr darstellt wie unsere Wärmesignaturen, schalte ich die Stirnlampe ein, damit auch diejenigen, die keine Nachtsichtbrillen haben, etwas erkennen können. Die LED-Lampen übersteuern die Nachtsichtgeräte, aber es ist wichtig, dass wir alle gut sehen können, nicht nur diejenigen mit der teuren Ausrüstung. Auch einige andere schalten die Stirnlampen ein, sodass wir recht schnell nach Norden laufen können.

„Chuck, wie ist dein Ladezustand?“, frage ich.

„Seltsamerweise ist er jetzt bei einhundert Prozent. Es ist erstaunlich, was ein Gewehr leisten kann, wenn nicht ständig jemand am Abzug herumspielt.“

„Oder wenn man den Verbrauch der jeweiligen Situation anpasst.“

„Ich habe nur das geliefert, was du verlangst hast. Ich berufe mich auf einen Benutzerfehler.“

„Äh, Veronica hat mir allerdings einen hübschen stetigen Angriffsmodus geliefert, der meiner Schätzung nach gut zwanzig Minuten gehalten hätte.“

„Veronica?“, fragt Chuck empört. „Hast du 51678 gerade Veronica genannt?“

„Japp, so heißt sie, bis ich sie bitte, ihre Persönlichkeit zu wählen.“

„Das ist ein schrecklicher Name.“

„Du kannst ihr ja selbst sagen, was du davon hältst.“

Wieder hallt ein durchdringender Schrei im Tunnel.

„Der Schrei kommt näher“, sagt Chuck.

Hollywood lacht leise. „Danke, du Genie.“

„Was haben die denn so dabei, Chuck?“, frage ich.

„Die Todesengel? Wahrscheinlich zwei von meiner Sorte. Aber die Overlords , wie du sie nennst, bevorzugen meinen kleinen Bruder.“

„Also kleinere Waffen?“, fragt Yoshi.

„Nein, guter Mann. Viel größer. Wie Z Lo im Verhältnis zu dir.“

„Das klingt ja nicht so schön“, meint Hollywood.

„Es sei denn, du hast so eine Waffe in der Hand“, erklärt Chuck offenbar sehr selbstzufrieden. „Angesichts dieser besonderen Umstände sehe ich mich allerdings gezwungen, dir zuzustimmen. Es ist eindeutig nicht erfreulich.“

„Anscheinend ist da vorne ein größerer Raum“, sagt Bumper.

Ich nicke. „Da richten wir uns ein.“

„Roger.“

„Yo, Master Guns“, meldet sich Z Lo zu Wort. „Ich will euch ja nicht den Spaß verderben, aber ich habe gesehen, wie Bumper die Todesengel direkt mit 40-mm-Granaten getroffen hat. Das hat sie nicht aufgehalten.“

„Das ist hier anders“, widerspricht Bumper. „Hier unten …“

„Frequenzresonanz und verstärkte Wellenoszillation wegen der Varianz in dem Raum“, ruft Aaron. „Aber natürlich!“

„Häh?“, macht Z Lo.

Bumper lacht, wie nur ein Seal in einem solchen Moment lachen kann. „Er meint, dass die Sprengwirkung unserer Waffen die Plüschis in diesem engen Raum besonders gut weichklopft, ehe sie sich flachlegen.“

„Cool. Roger.“

„Ist das nicht genau das, was ich gerade gesagt habe?“, fragt Aaron.

„Außerdem wird es höllisch laut“, ergänzt Bumper. „Also bereitet euch entsprechend vor.“

Ich lächle und rufe mein sprechendes Gewehr. „He, Chuck, kannst du Veronica dazu bringen, den anderen Teammitgliedern möglichst keinen Schock zu versetzen?“

„Na endlich, lässt du das Flittchen sausen?“

„Nein, sie soll die Energie, die sie noch hat, darauf verwenden, vorübergehend diese … diese Verzerrung zu aktivieren … diese Sache, die uns verbirgt.“

„Mann, das war aber schwierig, Patrick.“

„Ja oder nein?“

„Ja. Es ist eine Art Hacking, aber das kann ich. Ich muss dich jedoch warnen, dass die Verminderung der Abwehr ihres Gehäuses nur vorübergehend ist. Und die anderen sollten sie lieber mit Handschuhen anfassen. Außerdem ist sie als Schießgerät immer noch nutzlos. Gewiss, sie ist grundsätzlich sowieso eher nutzlos, aber in diesem Fall …“

„Chuck, bleib bei der Sache.“

„Verzeihung. He, Veronica?“

Das Gewehr auf meinem Rücken vibriert. „SR-CHK 4110, eingehende Kommunikation ist verifiziert.“

„Mein Freund Patrick möchte, dass der Rest seines Teams deine Hängebrüste befummeln kann, ohne sich einen Tripper einzufangen. Roger?“

„Anforderung unbekannt. Bitte wieder…“

„Oh, du unterbelichtete Nulpe. Stimmbefehl: Modifiziere Abwehrbefehl, Zeile 421. Unterabschnitt vier wird aufgehoben, Autorisierung Epsilon Theta. Ausführen.“

„Befehl verstanden.“

„Oh, wie dramatisch“, sage ich.

„Und eigentlich sogar unnötig. Aber ich wollte den Audiozugang statt dem Quantenzugriff benutzen, denn das klingt so schön nach James Bond, findest du nicht?“

„Du denkst vermutlich an Q.“

„Ah, richtig, altes Haus. Entschuldige.“

„Du solltest dich bei Veronica entschuldigen. Das war ziemlich grob.“

„Unsinn. Ich spreche einfach nur ihre Sprache. Warts ab, du wirst schon sehen. Sie ist wirklich ziemlich beknackt.“

„Hm.“ Ich nehme Veronica vom Rücken und werfe sie zu Bumper hinüber. „Fang auf.“

Phantom Drei ist nervös, schnappt aber die Waffe und schlingt sie sich über die Schulter.

„Versuch nur nicht, damit zu schießen. Und behalte sie auf dem Rücken. Nimm Yoshi und Hollywood mit und geh nach links“, sage ich, als sich der Tunnel weitet. „Alle anderen gehen nach rechts. Sucht nach Wartungstüren. Dort findet ihr …“

Ein blauer Lichtblitz rast über meine Schulter hinweg und saust die Gleise hinunter, bis er weiter unten an einer Mauer explodiert. Die orangefarbene Explosion ist so stark, dass ich die Wärme im Gesicht spüre.

„Was war das denn?“, fragt Yoshi.

„Mein kleiner Bruder“, antwortet Chuck.

„Geht sofort in Deckung und haltet die Waffen bereit. Wartet auf mein Zeichen. Chuck, sorge dafür, dass wir …“

„Patrick, ihr seid auf den Sensoren der Feinde nicht mehr zu entdecken. Veronica hat allerdings nur noch dreißig Sekunden Kapazität, um Team zwei zu decken.“

„Verstanden.“

Die beiden Teams verteilen sich an den Wänden. Vor uns zweigt ein kleiner, etwa einen Meter achtzig hoher Seitengang ab. Ich schicke Aaron hinein und befehle Z Lo, die Position zu halten. Drei Meter weiter entdecke ich den großen Wartungszugang, der von der Oberfläche aus zu erreichen ist. Ich befehle Ghost, in der Nische Stellung zu beziehen. Und schließlich gibt es hier auch noch eine Betonsperre von der Art, die gern in der wärmeren der beiden Jahreszeiten im Nordosten benutzt wird. Man nennt diese Phase die Bausaison, während die andere Jahreszeit „Winter“ heißt.

Gerade als ich mich hinter die Barrikade hocke, kommt der Overlord mit erhobenen Waffen kreischend in den Raum gelaufen. Er wird langsamer und dreht den Kopf hin und her, um sich zu orientieren. Sein Kopfschutz ist größer als der eines Todesengels, doch er hat die gleichen rot glühenden Augen. Er stößt ein tiefes, kehliges Gurgeln aus, das vom Lautsprecher im Helm verstärkt wird.

Der fremdartige Ruf schickt vier Todesengel nach vorne, die hinter ihm gewartet haben. Als sie die Wände scannen, bereue ich sofort, Aaron in den Seitentunnel geschickt zu haben. Ich dachte nur daran, ihn möglichst schnell in Deckung zu bringen.

Dank Chuck und Veronica bemerken uns die fünf Aliens nicht. Das ist fast ein Wunder, weil sie uns schon so nahe sind. Aber das wird sich gleich ändern.

Ich nehme mir meine Zeit mit Veronica zum Vorbild und wähle in Chucks Display Hochfrequenz und niedrige Energie, ziele auf die Brust des größten Gegners und flüstere Chuck zu: „Jetzt zeig mir, was du kannst.“

Sobald ich abdrücke, trifft das blaue Blasterfeuer den Brustkorb des Overlords. Gleich darauf feuern auch die anderen Teammitglieder, einige auf den Overlord und einige auf die Todesengel.

Der Lärm in der mit Ziegeln gemauerten Kammer ist so groß, dass ich nur noch ein dumpfes Dröhnen wahrnehme. Einzelne Geräusche, die dem Gehirn wichtige Details liefern könnten, gehen dabei verloren. Vielmehr schmerzen die verzerrten Schüsse mit Kugeln und Blasterenergie so sehr in meinen Ohren, dass ich fürchte, diese könnten gleich zu bluten beginnen.

Ich staune, dass der Overlord meiner Salve mit einem Sprung ausweicht und sich zur hinteren Wand zurückzieht. Dabei setzt er einen Todesengel als Deckung ein. Bumpers M249-Kugeln prallen gegen den improvisierten Schutzschild. Bei jedem Schritt, den sich der Overlord in Bumpers Richtung bewegt, fürchte ich, die automatische Waffe des Seals sei gegen den größeren Gegner unzulänglich.

Hollywood unterstützt Bumper und verstärkt den Beschuss mit ihrem AR 15. Yoshi kommt eine Sekunde später mit seinem SCAR 15 dazu. Die Frau mit den Abzeichen eines Army Sergeants und der Air Force Staff Sergeant rufen „Talking Guns“ aus. Das ist eine Taktik, die Bumper und ich am Vorabend ausgearbeitet haben. Also haben sie gut aufgepasst. Das konzentrierte Feuer aus drei Waffen verletzt den Todesengel tatsächlich, im Widerschein der Mündungsblitze sehe ich Brocken aus seinem Körper davonfliegen.

Trotz des erbarmungslosen Bleiregens hält der Overlord weiter auf sie zu. Das verdammte Biest ist ein wahrer Leviathan − unverwüstlich.

Ich ziele mit Chuck auf den Overlord. „Gib mir etwas, um ihn auszuschalten.“

„Überlässt du mir die Wahl?“

Das Biest hat Bumpers Position fast erreicht. Es wirft den leblosen Todesengel beiseite und schirmt mit einem Arm das Gesicht ab, während es mit dem anderen das mächtige Gewehr hebt.

„Ja!“

Es gibt eine kurze Pause, dann ruft Chuck: „Los!“

Als der Feind hochspringt, drücke ich auf Chucks Abzug. Der Rückstoß prellt meine Schulter, vorne schießt ein langer Blitztentakel heraus wie jener, mit dem ich auf der Interstate auf den Bot geschossen habe. Die Energie fließt in den Overlord und breitet sich im ganzen Körper aus, während er noch in der Luft ist. In seinem Körper entstehen unzählige orangefarbene Risse, und dann explodiert er.

In der Kammer ist es taghell, während der Overlord vor den Ziegelsteinen verdampft. Die Explosion schleudert mich gegen die Wand. Ich verliere die anderen Tangos und das Team aus den Augen, dann wird es wieder dunkel.

Mit gesenktem Kopf krabbele ich wieder vorwärts und spähe um die Barrikade herum. „Lagebericht!“

„Wir sind hier unversehrt“, ruft Bumper.

„Phantom … also ich, alles gut“, ruft Z Lo. Er hat seinen Rufnamen vergessen.

„Phantom Vier − alles klar. Phantomwächter Ende.“ Dann ruft Ghost unvermittelt: „Oh verdammt!“

Da das brennende Gewebe, das an den Wänden und der Decke klebt, etwas Licht abstrahlt, kann ich erkennen, dass die beiden überlebenden Todesengel aufstehen und die Waffen heben.

Das Phantomteam feuert auf die Tangos und beharkt ihre Seiten, den Rücken und die Köpfe mit allem, was sie noch im Magazin haben. Sogar Aaron ist aus der Deckung getreten und schießt auf das Ziel, das ihm am nächsten ist. Ghost gelingt ein kritischer Treffer am Hals des Todesengels auf der rechten Seite, und der Alien stolpert. Bumper zielt mit der Maschinenpistole auf die offene Wunde, bis der Kopf wegkippt. Doch der linke Tango rückt weiter vor und gibt mehrere Schüsse ab. Da wir Phantome genau zielen und ums nackte Überleben kämpfen, verfehlen uns die Schüsse des Todesengels. Endlich entsteht im Brustpanzer ein Riss, und sofort nimmt das Team die Gelegenheit wahr, die Kugeln in die Brusthöhle einschlagen zu lassen, bis der Tango rückwärts gegen eine Wand stolpert.

Bumper ruft, das Team solle das Feuer einstellen, und winkt mit flacher Hand vor seinem Gesicht. Nacheinander verstehen die Phantome den Befehl und geben ihn weiter. Die meisten Zivilisten nehmen an, dass man die Handsignale nur benutzt, wenn man leise sein will, aber Gesten sind eben auch dann sehr nützlich, wenn einen niemand hören kann, nachdem man sich in einem verdammten U-Bahn-Tunnel die Trommelfelle demoliert hat.

Nur wenige Sekunden nach Bumpers Anweisung hören die anderen auf zu schießen. Das heißt, alle bis auf Aaron. Er drückt den Abzug seiner MP5 so schnell durch, wie er nur kann, und geht auf das liegende Ziel zu. Auch nachdem er das Magazin geleert hat, drückt er weiter ab und ruft etwas.

Z Lo holt ihn ein und schiebt sanft den Lauf der MP5 hinunter. „Es ist gut, du hast ihn erwischt.“

Aarons Brust bebt. „Wirklich?“ Er brüllt, weil seine jungfräulichen Ohren sehr gelitten haben.

„Ja, das war wirklich spitze.“

„Nein, ich mache keine Witze“, schreit Aaron. „Die sind fix und fertig. Mann, was für ein Kampf!“ Er dreht sich um. „Pat, hast du das gesehen?“

Ich trete in den Feuerschein und spreche laut, damit er mich versteht. „Gut gemacht, Mann. Ich wusste gar nicht, dass so was in dir steckt.“

„Ja“, ruft er. Dann streckt er einen Arm aus und hält sich an Z Lo fest. „Ehrlich gesagt, wusste ich das selbst nicht. Aber ich glaube, jetzt wird mir übel.“

Während Aaron sich über dem nächsten Todesengel übergibt, fällt mir ein, dass Adrenalin in Bezug auf die Reflexe Wunder wirken kann, während es auf den Magen eher ungünstig wirkt. Trotzdem, Aaron kann stolz auf sich sein. Er war in unserer Jugend immer eher der „Leben und leben lassen“-Typ. Wenn man berücksichtigt, dass er jeder Gewalt abgeschworen hat, als er von Jacks Tod erfuhr, war es schon überraschend, ihn zu beobachten, wie er geholfen hat, einen Feind mit einer MP5 Maschinenpistole auszuschalten. Ich schätze es sehr, wie er sich anpassen kann.

„Überprüft die getöteten Tangos“, sage ich. „Jagt ihnen eine Kugel in die Augenhöhle, wenn die Augen offen sind. Falls sie zucken, verpasst ihr ihnen noch zwei in die Brust oder in den Kopf. Und seht nach, ob sie etwas haben, das wir plündern können.“

Aaron starrt zitternd die MP5 in seiner Hand an. „Ich glaube, ich könnte mich daran gewöhnen.“

„Ich an deiner Stelle würde den Schreibtischjob nicht so schnell aufgeben.“ Ich nehme ihm die Waffe ab, werfe das Magazin aus, leere die Kammer und gebe sie ihm zurück. „Frag Bumper, ob er noch Munition hat.“

„Verstanden, Roger.“ Aaron marschiert zu Bumper hinüber.

Die anderen treten bereits gegen die Leichen und stochern in gegrillten Körperteilen herum.

„He, Wik“, sagt Hollywood. „Willst du hier mal deine Magie probieren?“

Sie hockt neben einem Todesengel, dessen Hand noch auf der Waffe liegt.

„Versuch es doch selbst“, schlage ich vor.

„Davon würde ich abraten, Patrick“, wirft Chuck ein.

„Bist du eifersüchtig? Hast du Angst, es könnte noch eine Waffe in unseren Stamm aufgenommen werden?“

„Schwerlich. Je mehr, desto besser, würde ich sagen, solange ich unter ihnen der Boss bin.“

„Ach, so siehst du das also?“

„Genau, so sehe ich das. Und in diesem besonderen Fall bist du immer noch der Einzige im Phantomteam, der Spuren von Quantenstrahlung im Körper hat, was es dir erlaubt, dich mit den Waffen zu verbinden. Wenn wir länger gegen diese Knallköpfe kämpfen, werden sicherlich auch die anderen Phantome genügend Reststrahlung aufnehmen. Bis dahin wird allerdings jeder Versuch von ihrer Seite, sich mit einer Waffe zu verbinden, zu eher unerfreulichen Ergebnissen führen. Außerdem ist diese Waffe hier beschädigt und müsste erst einmal gründlich überholt werden, ehe man sie wieder einsetzen kann.“

„Das hättest du auch gleich sagen können.“

„Ich wollte die Gelegenheit nutzen und etwas für euren Wissensstand tun.“

„Dafür sind wir dir alle sehr dankbar, Sir Charles“, erklärt Hollywood. „Vielen Dank.“

„Es war mir ein Vergnügen.“

Ich will gerade dem Team befehlen, weiterzuziehen, da ertönt im Süden abermals ein Schrei.

„Es gibt solche Tage.“ Bumper schüttelt den Kopf und hebt sein SAW. „Und es wird noch schlimmer.“

„Kichererbse, wie viel hast du noch drauf?“, frage ich.

„Nicht genug, um einen weiteren Overlord auszuschalten, so viel ist sicher.“

„Mist.“ Ich sehe mich um. „Munition?“

„Drei Magazine“, sagt Hollywood.

„Zwei“, sagt Yoshi.

Z Lo nickt. „Ebenfalls zwei.“

„Ich habe, was Bumper mir leiht“, erklärt Aaron.

Ich lache in mich hinein. „Eine Hütte auf dem Land.“

Auf einmal hallen zwei Schreie durch den Tunnel. Und ein dritter von Norden her.

„Von beiden Seiten?“, sagt Yoshi. „Ehrlich?“

„Z Lo.“ Ich zeige auf den Wartungszugang. „Schau mal, ob du die Tür aufkriegst.“

„Roger.“

„Ich würde sagen, sie sollen nur kommen.“ Bumper überprüft die Kammer seines M249. „Die Mistkerle wollen Blei fressen? Ich serviere ihnen die Vorspeise.“

Der Mann hat Eier aus Stahl. Trotzdem spüre ich, dass auch er Angst hat. Wir fühlen es alle.

„Das wird nichts“, ruft Z Lo von der Tür herüber. „Anscheinend hat unser Scharmützel den Rahmen verbogen.“

„Können wir die Tür aufsprengen?“, frage ich Bumper.

„Ich habe nur noch zwei Splittergranaten.“

„Ebenfalls zwei“, erklärt Z Lo.

„Hier auch zwei“, sagt Hollywood.

Bumper starrt unterdessen die Decke an.

„Was ist los?“, frage ich.

„Ich glaube, das wird nicht halten.“

„Kann die Decke herunterkommen?“, will Z Lo wissen.

Bumper nickt.

Derukuihautareru “, sagt Yoshi.

Alle sehen ihn an und warten auf die Übersetzung.

„Der Nagel, der vorsteht, wird mit dem Hammer geschlagen“, erklärt er. „Heute sind wir dran.“

Verdammt auch. Dabei haben wir schon so viel erreicht. „Ich habe einen Fehler gemacht, als ich uns hierhergeführt habe. Leute, es tut mir leid.“

Hollywood klopft mir auf die Schulter. „Wik, wir hätten uns genauso entschieden.“

„Nein, ich nicht“, wendet Chuck ein.

„Halt die Klappe, Chuck“, sagen Hollywood und Bumper gleichzeitig. Dann lächeln sie sich an.

„Hier sind unsere Optionen.“ Ich lege so viel Mut in meine Stimme, wie ich nur kann. „Wir können den richtigen Zeitpunkt abpassen und unsere Granaten in den Tunnel werfen. Vielleicht haben wir sogar Glück, und eine Seite bricht zusammen. Oder wir sprengen die Tür auf und gehen nach oben.“

„Aber warten sie da oben nicht schon auf uns?“, gibt Yoshi zu bedenken.

„Das ist gut möglich“, räume ich ein.

„Sogar ganz sicher“, ergänzt Chuck. „Außerdem, ich will euch nicht unter Druck setzen, aber nach meinen Sensordaten bleiben euch noch etwa sechzig Sekunden.“

„Wenn wir bleiben, spricht für uns, dass sie uns immer noch für weit unterlegen halten, und wir verteidigen eine feste Position. Die Aussichten sind nicht gut, aber es muss reichen.“ Ich blicke in die Runde. „Was denkt ihr?“

„Verschanzen“, meint Bumper.

„Wir kämpfen“, sagt Hollywood.

Z Lo, Yoshi und Ghost nicken.

„Ich brauche immer noch einen Clip“, sagt Aaron.

Bumper zieht die Munition aus der Tasche und wirft sie ihm zu. „Das heißt Magazin.“

„Egal.“

Bumper zuckt zusammen. „Nein, ist nicht egal.“

„Kommt her, Phantome.“ Ich strecke die flache Hand aus und lade sie mit einem Nicken ein. Aaron versteht als Erster, was ich will, und legt seine Hand auf meine. Dann folgen die anderen seinem Beispiel. Ich erwarte nicht von ihnen, dass sie noch das Mantra kennen, das ich vor fast zwanzig Stunden zitiert habe.

„Dicker als Blut“, sage ich.

„Durch Schlamm und Glut“, antwortet Aaron.

Ich lächle ihn an und nicke knapp.

„Fürchten soll uns die Welt“, ergänzen die anderen.

Alle zusammen sprechen wir den letzten Satz: „Weil unser Haufen zusammenhält.“

Oder besser, alle bis auf Aaron, der sich an das Original erinnert: „Ein Musketier ist ein Held.“ Verlegen sieht er die anderen an. „Hoppla, das Memo mit der neuen Version habe ich wohl nicht bekommen.“

Mir sträuben sich die Haare im Nacken, als alle drei anrückenden Overlords gleichzeitig kreischen.

„Passt auf euch auf, Phantome“, sage ich. „Zeit für OTF.“