Die Etappe von Saint-Étienne nach Brioude und die nächste von Brioude nach Saint-Flour waren beide hügelig und knüpften an die Strecken vor dem Ruhetag an. Danach folgten zwei Flachetappen.
Molly hatte sich nach der kurzen Verschnaufpause wieder in ihre Arbeitsroutine eingefunden und erneut versucht, Alex aus dem Weg zu gehen – was nicht ganz einfach war, denn sie sahen sich bei den Mahlzeiten und Besprechungen, außerdem behandelte sie ihn nach wie vor täglich. Es gelang ihr jedoch, den Kontakt mit ihm rein professionell zu halten, und Alex schien das zu respektieren – fast so sehr, dass Molly sich langsam fragte, ob sie sich die flüchtige Nähe zwischen ihnen nur eingebildet hatte. Vielleicht war er einfach nur freundlich gewesen, und sie hatte sich da etwas zusammenfantasiert, weil sie sich so stark von ihm angezogen fühlte und die Tour sie in diese eigenartige, beinahe urlaubsähnliche Stimmung versetzte.
Aber als Mick sie fragte, ob zwischen ihr und Alex alles in Ordnung sei, wurde Molly klar, dass sie es mit ihrer Professionalität vielleicht ein bisschen übertrieben hatte.
Sie waren gerade auf dem Weg nach Toulouse, zur Ziellinie. La Ville Rose oder »die rosarote Stadt«, wie sie wegen ihrer hauptsächlich aus Terracotta-Ziegeln erbauten Gebäude genannt wurde, war die viertgrößte Stadt Frankreichs. Nach all der Zeit in eher ländlichen Gebieten fand Molly es richtig seltsam, wieder in einer Stadt zu sein. Während Damien versuchte, ihr Hotel zu finden, betrachtete sie fasziniert den breiten, ruhigen Fluss und spähte in die vielen engen Straßen, die von ausladenden Boulevards durchzogen wurden. Wie in vielen anderen Städten und Dörfern, die sie im Laufe der Tour gesehen hatte, gab es auch hier viele Cafés und Restaurant und eine wunderschöne alte Kirche im Herzen der Stadt.
»Was ist da los bei dir und Alex?«, fragte Mick noch einmal, diesmal etwas eindringlicher.
»Nichts«, antwortete sie nach einer etwas zu langen Pause.
»Das sieht für mich aber nicht so aus«, erwiderte er. »Du ziehst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, und er verhält sich wie ein übellauniger Teenager. Ein kleiner Streit unter Liebenden?«
»Natürlich nicht!«
»Hm.« Er klang nicht überzeugt.
»Das wäre gar nicht erlaubt«, fügte sie hinzu.
»Es gibt ’ne Menge Dinge, die nicht erlaubt sind, aber das hält sie nicht davon ab, zu passieren.«
»Ich würde nichts tun, um Alex’ Tour de France zu gefährden«, erwiderte sie. Ihre Wangen brannten.
Mick grinste schief. »Das weiß ich doch, mein Darling.«