25

Letztendlich fuhr jemand anderes aus dem Team Molly und Gina zum Krankenhaus. Als Molly Gina durch die Krankenhausflure begleitete, staunte sie darüber, wie sehr sich die junge Frau über Nacht gewandelt hatte. Alle Sorgen schienen verflogen und sie strahlte nur noch pure Liebe aus.

Henno hatte sich gleich morgens ans Telefon gehängt und mit Tims Ärzten gesprochen. Sie hatten ihn darüber informiert, dass sie das Bein stabilisieren würden, damit er am nächsten Tag zurück nach England geflogen werden konnte. Dort würden ihm die Schrauben eingesetzt werden und er einen Gips bekommen.

Gina war außer sich vor Freude, dass er bald zu Hause sein würde. »Vielen Dank, dass du mich gestern aufgenommen und ein wenig abgelenkt hast«, sagte sie und umarmte Molly zum Abschied. »Und vergiss nicht, worüber wir gesprochen haben.«

»Das werde ich nicht.« Molly drückte sie behutsam aus Rücksicht auf das Baby.

»Ich glaube, dass du weitaus mehr für Alex empfindest, als du zugeben willst«, flüsterte Gina ihr ins Ohr. Sie löste sich von Molly und schaute ihr direkt in die Augen. »Und nur, weil ihr euch erst ein paar Wochen kennt, heißt das ja nicht, dass du nicht in ihn verliebt sein kannst. Ich weiß es, ich kann es dir ansehen.« Mit einem Kuss auf die Wange war sie in Richtung Aufzüge verschwunden, die sie zu ihrem Ehemann bringen würden. Molly starrte ihr noch eine Weile hinterher.

Verliebt? Sie? Das war doch lächerlich.

Oder vielleicht doch nicht?

Es machte die Sache nicht besser, dass Alex der Erste war, dem sie begegnete, sobald sie wieder auf dem Parkplatz des Hotels ankamen.

»Ist der Trainingslauf vorbei?«, fragte sie unsicher. Hatte er hier auf sie gewartet, weil er sich etwas gezerrt hatte oder sein Handgelenk wieder Schwierigkeiten machte?

»Ja. Ist gut gelaufen. Es war schön, einfach mit den Jungs rauszufahren, ohne dabei ans Rennen denken zu müssen.«

Es war ein weiterer herrlich warmer Tag, die Sonne stand hoch am tiefblauen Himmel. Molly trug immer noch Jeans, Trägertop und Sandalen, also sagte sie: »Gib mir eine Minute. Ich ziehe mich um, dann können wir mit der Behandlung anfangen.« Auch am Ruhetag bekamen die Fahrer Physiotherapie, Massagen und Eisbäder, also würde Molly die nächsten Stunden beschäftigt sein.

»Deswegen wollte ich mit dir sprechen«, sagte Alex und begleitete sie in die Lobby. »Hättest du Lust, heute Nachmittag mit mir spazieren zu gehen, wenn du mit allem fertig bist?«

»Müsstest du nicht dein Nachmittagsnickerchen halten? Hat Chuck doch gestern Abend im Briefing gesagt.«

»Ich weiß, aber tagsüber kann ich ohnehin nie schlafen, ganz im Gegensatz zu Carlos, der könnte im Stehen pennen. Mir geht einfach zu viel im Kopf rum. Ein Spaziergang um den See wird mir guttun.«

»Es gibt einen See?«

»Ja, er ist richtig schön, mit Wanderwegen und Badestellen. Hast du Lust, kurz reinzuspringen?«

»Äh, ich denke nicht.«

»Wieso nicht? Ich weiß, dass du einen Bikini dabei hast. Es wäre doch schade, wenn der nicht zum Einsatz käme.«

Molly würde Mick die Ohren lang ziehen, wenn sie ihn das nächste Mal sah. Hatte er Alex doch tatsächlich das mit dem Bikini weitergetratscht!

»Es gibt inmitten der Felder und Wäldchen einen kleinen Strand, der sieht richtig schön aus«, fuhr er fort. »Und wenn du artig bist, lade ich dich auch noch zu Kaffee und Kuchen ein.«

Ach, was soll’s, dachte Molly, es wurde Zeit, das Leben zu genießen. Gina hatte recht – sie musste dieser Sache mit ihnen eine Chance geben, und wenn nichts draus wurde oder es ihr das Herz brach, dann sollte das eben sein. Niemand wusste, was die Zukunft bringen würde, es gab nur das Hier und Jetzt, und wenn sie aus diesem Moment nicht das Beste machte, würde sie es später bereuen. Alex wollte ganz offensichtlich sehr gerne Zeit mit ihr verbringen, also würde sie genau das tun.

»Einverstanden«, sagte sie. »Klingt toll.«

Und so kam es, dass sie später am Nachmittag mit einem Bikini unter dem Sommerkleidchen und hohen Sandalen zum Empfangsbereich kam, wo Alex bereits auf sie wartete.

»Du siehst hübsch sommerlich aus«, sagte er und lächelte.

Er sah auch nicht schlecht aus, mal nicht in engen Radlerhosen, sondern einer schlichten Shorts und einem schwarzen T-Shirt ganz ohne BeSpoke-Logo. Sein gewelltes Haar war leicht feucht. Als sie näher kam, roch sie das Duschgel, das er eben benutzt haben musste, und auch seinen eigenen verführerischen Duft. Am liebsten hätte sie das Gesicht an seinem Hals vergraben und ihn eingesogen.

Sie räusperte sich. »Wollen wir los?«

Sie liefen eine Weile still nebeneinander die Straße entlang. Es war ein angenehmes Schweigen, sie genossen einfach die Anwesenheit des anderen. Molly nahm alles überdeutlich war: die Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht, das helle Tageslicht, die leichte Brise, die ihre warme Haut kühlte. Es war sommerlich warm, doch die Hitze in ihrem Innern war weitaus stärker und breitete sich bis auf ihre Wangen aus.

Sie wusste, wie lächerlich das war, aber seine Nähe machte sie nervös, und das, obwohl sie ihm normalerweise bei der Arbeit wesentlich näher kam, ihn sogar berührte. Aber dieser langsame Spaziergang mit ihm an ihrer Seite fühlte sich irgendwie viel intimer an.

»Hast du noch irgendetwas von Tim gehört?«, fragte sie, während Alex auf ein kleines Tor in einer dicken Hecke deutete. »Oh, wie hübsch es hier ist!«, rief sie aus, als sie hindurchtrat und ihr Blick auf den See fiel.

»Er hat mich angerufen und mir für morgen alles Gute gewünscht. Der arme Kerl, er ist total am Boden zerstört, weil er nicht mehr dabei sein kann.«

Waren diese Rennradfahrer alle verrückt? Aus dem Rennen auszuscheiden war für sie anscheinend schlimmer als eine üble Verletzung. Ein Haufen Wahnsinniger, das waren sie!

»Wie fühlt es sich an, jetzt das Team anzuführen?«, fragte sie, da sie nicht wollte, dass Alex darüber nachdachte, was ihm eventuell auch eines Tages bevorstand.

Er fuhr sich durchs Haar und seufzte. »Ich weiß nicht so recht. Ich habe Angst, das Team zu enttäuschen, bin aufgeregt, weil es eine Riesenchance ist, und traurig, dass ich sie nur erhalte, weil Tim verunglückt ist.« Er zuckte die Achseln.

»Das schaffst du schon«, machte Moll ihm Mut. »Bestimmt kannst du Tims Rolle sehr gut ausfüllen.«

»Da bin ich mir nicht so sicher. Er hat wirklich eine große Zukunft vor sich. Ich bezweifle, dass er nächstes Jahr überhaupt noch für BeSpoke fahren wird. Schon jetzt sprechen alle darüber, bei wem er unterschreiben wird. Noch ein paar Touren, und er wird ernsthaft Chancen auf einen Sieg bei einem der großen Rennen haben.«

»Seine Frau ist sehr nett«, sagte Molly, weil ihr nichts Besseres einfiel. Sie selbst würde nächstes Jahr so gut wie sicher auch nicht mehr zum BeSpoke-Team gehören, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, das anzubringen.

»Gina? Ja, sie ist toll. Ich war bei der Hochzeit in Antigua vor ein paar Jahren. Wirklich schön dort. Aber zum Radfahren nicht sehr geeignet.«

»Du bist ja besessen.«

»Das sind wir alle. Hat dich das Fahrradfieber etwa noch nicht angesteckt?«

»Irgendwie schon. Es ist aber nicht das, was ich erwartet hatte«, gab sie zu.

»Der Sport oder der Job?«

»Beides.«

Der Pfad schlängelte sich am Seeufer entlang, das Wasser glitzerte in der Sonne und Grashalme streiften ihre Knöchel. In die frische Seeluft mischte sich der Duft nach frisch gemähtem Gras und wilden Blumen. Die Hektik und der Druck des Tourlebens fielen von ihr ab. Das hier war genau das, was sie jetzt brauchte, besonders nachdem sie letzte Nacht so wenig geschlafen hatte.

Sie wurde immer ruhiger und entspannter und merkte, dass sie sich schon sehr lange nicht mehr so gut gefühlt hatte. Nicht auf der Tour, aber auch nicht daheim in England. Seltsam. Es hatte ganz den Anschein, als täte es ihr mit einem Mal richtig gut, von zu Hause weg und in einer ganz neuen, durchaus herausfordernden Umgebung zu sein.

Den anderen Gedanken verdrängte sie schnell wieder, dass es vielleicht nur an dem Mann lag, mit dem sie hier war. Wieder einmal rief sie sich in Erinnerung, dass es weder der richtige Ort noch die richtige Zeit war, um sich romantischen Fantasien hinzugeben, egal, was Gina gesagt hatte. Alex musste sich ganz auf die sechzehnte Etappe der Tour de France konzentrieren. Sollte ihm irgendetwas zustoßen, weil er durch sie abgelenkt war, würde sie sich das niemals verzeihen.

Der Weg führte vom Ufer weg in ein kleines Wäldchen, und als sie wieder aus den Baumreihen hinaustraten, lag vor ihnen ein halbmondförmiger kleiner Strand, auf dessen blassem Sand sich einige Paare und Familien niedergelassen hatten. Weiter hinten gab es ein kleines Café, vor dem Gäste unter bunten Sonnenschirmen an Tischen im Schatten saßen.

»Bekomme ich dort Kaffee und Kuchen, wie du es mir versprochen hast?«, fragte Molly.

»Ja, aber ich würde gern erst schwimmen gehen.«

Leicht beklommen beäugte Molly das Wasser. Es war auf jeden Fall heiß genug heute, um sich abzukühlen, und es hatten sich einige andere hineingewagt, hauptsächlich Familien mit kleinen Kindern. Ein paar besonders Unerschrockene waren sogar bis zu dem Seil hinausgeschwommen, das den Badebereich vom Rest des Sees abtrennte.

Das Schwimmengehen war also kein Problem. Bei dem Gedanken, sich bis auf einen klitzekleinen Bikini vor Alex auszuziehen, brach ihr jedoch der kalte Schweiß aus.

Alex hatte da offenbar keinerlei Bedenken. Und warum auch? Sie hatte ihn schon tausendmal in Boxershorts gesehen. Das hier war nicht anders. Außerdem war jeder Muskel seines Körpers gestählt, er war durchtrainiert und fit wie ein Turnschuh.

Ganz im Gegensatz zu ihr. Molly hatte so ihre Problemzonen. Und die letzten Wochen unter Profisportlern hatten ihr nur noch mehr bewusst gemacht, wie untrainiert sie war. Und blass, nicht zu vergessen, sehr blass.

Alex hatte sich schon das T-Shirt über den Kopf gezogen und entledigte sich gerade seiner kurzen Hose. Dann faltete er sie ordentlich zusammen und legte sie in den Sand.

»Wir haben gar keine Handtücher dabei«, piepste Molly.

»Die brauchen wir nicht. Wir können uns von der Sonne trocknen lassen. Na los, worauf wartest du noch? Wer als Letzter drin ist, muss den Kuchen bezahlen!« Und damit rannte er zum Wasser wie ein kleiner Junge, der es kaum erwarten konnte.

Zögerlich streifte sich Molly die Träger von den Schultern und schälte sich aus dem Kleid. Sie legte es auf Alex’ Kleiderhaufen und zog auch die hohen Sandalen aus. Es machte sie ganz befangen, vor ihm halbnackt zu sein, obwohl er ihr den Rücken zugewandt hatte und bereits bis zur Hüfte ins Wasser gewatet war. Er drehte sich erst wieder um, als er hörte, wie sie laut aufkreische, weil das kalte Wasser ihre Oberschenkel berührte, und zu diesem Zeitpunkt war sie viel zu abgelenkt von der Eiseskälte, als sich noch Gedanken über ihr Aussehen zu machen.

Langsam gewöhnte sich ihr erhitzter Körper an die Wassertemperatur, und als sie erst mal ganz drin war, kam es ihr gar nicht mehr so kalt vor. Sie spritzte sich ein wenig Wasser auf die Schultern, zuckte kurz zusammen, sprach sich noch einmal Mut zu und tauchte dann ganz ein. Das war schon mal geschafft. Ihr Schwimmstil glich allerdings mehr dem eines Hundes.

»Ist das nicht herrlich?«, fragte Alex und schwamm auf sie zu. Es war immer noch flach genug, dass sie beide stehen konnten, aber sie ließen sich lieber ein wenig im Wasser treiben und genossen das Gefühl der Schwerelosigkeit. »Jedenfalls besser als ein Eisbad«, sagte er. »Stell es dir als medizinische Maßnahme vor. Falls dich später jemand fragt, wo wir waren, kannst du behaupten, das gehöre alles zu meinem Behandlungsplan.«

»Glaubst du denn, es wird jemand nachfragen?«

Alex sah ein wenig ertappt aus.

»Du solltest eigentlich nicht hier sein, habe ich recht?«

»Ich bin ein erwachsener Mann«, erwiderte er leicht trotzig. »Wenn ich mit einer wunderschönen Frau schwimmen gehen will, dann habe ich jedes Recht dazu.«

Sie legte den Kopf schräg, das Seewasser schwappte ihr um die Schultern. »Streng genommen ist das nicht ganz wahr«, korrigierte sie ihn, während sie versuchte, das mit der wunderschönen Frau zu ignorieren. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch waren bei dem Kompliment wild durcheinander geflattert.

»Gut, vielleicht hast du recht, aber jetzt sind wir hier. Was soll Greg also tun?«

Das wusste Molly auch nicht, aber was immer es war, es würde Alex sicher nicht gefallen.

»Hör mal, Molly.« Alex schwamm so nahe an sie heran, dass sie sich fast berührten. »Ich brauche das hier. Das alles – mal für eine Stunde nicht an die Tour oder Radfahren denken, mal nicht das ganze Team um mich herum haben; Ich meine, ich liebe sie alle, aber irgendwann ist es genug. Wir hängen jetzt tagelang aufeinander, und ich brauche wirklich mal eine Auszeit. Glaub mir, den anderen geht es genauso.« Er hörte auf zu schwimmen und stellte sich vor sie hin. Das Wasser reichte ihm bis zur Brust, die jetzt genau auf ihrer Augenhöhe lag. Und sie konnte den Blick einfach nicht abwenden von der glatten, durch viele Stunden im Sattel sonnengebräunten Haut mit den Abdrücken des Trikots. Ihr Blick glitt von der wie aus Marmor gemeißelten Brust zu den breiten Schultern hinauf, und sie bewunderte heimlich das Muskelspiel, während er träge mit den Armen durchs Wasser fuhr.

»Ich brauche mal ein bisschen Normalität«, fuhr er fort. »Und hier mit dir zu sein, fühlt sich herrlich normal an. Mehr als das.«

Jetzt suchten auch Mollys Füße den Grund; besser sie stand auch, anstatt ihn weiter von hier unten aus anzugeifern. Ihm ins Gesicht zu schauen, wäre weitaus besser für ihr seelisches Gleichgewicht.

Es war tatsächlich besser, aber nicht wie gedacht. Denn er stand nun ganz dicht vor ihr, viel zu dicht. Sie fühlte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Oder bildete sie sich das nur ein?

Als sie das Kinn hob, trafen sich ihre Blicke.

Molly versank in seinen Augen. Sie waren normalerweise haselnussbraun, mit kleinen grünen Sprenkeln, doch jetzt hatten sie sich verdunkelt und schienen sie immer weiter in samtige Tiefe hinabzuziehen. Ihr stockte der Atem. Sein hypnotischer Blick ließ sie erst einen, dann einen weiteren kleinen Schritt auf ihn zugehen.

Er zog sie an sich und sie sank an diese wundervolle Brust, hob den Kopf, um seinen Lippen zu begegnen.

Der Kuss ließ sie beinahe ohnmächtig werden. Er schmeckte süß und leicht minzig. Sie spürte seinen Atem an ihren Wangen. Mit geschlossenen Augen gab sie sich ganz ihrem Gefühl hin, die Sonne auf der Stirn, das Wasser an den Schultern.

Er vergrub eine Hand in ihrem Haar, die andere hielt sie fest umschlungen.

Die Welt um sie herum verblasste.

Für ein paar köstliche Minuten stand die Zeit still, nichts existierte mehr außer seinen Lippen auf ihren.

Als der herrliche Kuss endete, streifte er noch einmal leicht mit dem Mund über ihre Lippen, ehe er sie freigab. Sie spürte, dass sein Herz schneller schlug. Er atmete schwer. Ihr selbst rauschte das Blut in den Ohren. Sie stellte überrascht fest, dass sie zitterte, was aber nicht an der Kälte des Wassers lag.

Wieder hielt er sie mit seinem Blick gefangen. »Darf ich noch mal?«, frage er mit rauer Stimme, und sie nickte stumm, denn sie bekam kein Wort heraus.

Der zweite Kuss war sogar noch schöner. Nie zuvor war sie derartig leidenschaftlich geküsst worden, mit so viel Gefühl, und als sie sich endlich voneinander lösten, wollte sie ihn sofort wieder an sich ziehen – für immer.

»Du bist unglaublich«, sagte er und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, dann streichelte er ihr über die Wange.

Sie zitterte am ganzen Körper und sofort schaute er sie schuldbewusst an. »Es tut mir leid, ich –«

»Dir muss überhaupt nichts leidtun«, versicherte sie ihm rasch.

»Sicher?«

»Ich bin mir noch nie in meinem Leben bei etwas so sicher gewesen.«

Er lächelte sanft. Sein wunderschöner Mund mit den leicht geöffneten Lippen war verführerisch. Sie wollte ihn sofort wieder küssen, doch Alex hatte andere Pläne.

Er sah zum Strand und sagte: »Wir müssen zurück.«

Sie räusperte sich, um ihre Enttäuschung zu überspielen.

»Ich würde das gerne wiederholen«, sagte er dann, ergriff ihre Hand und watete langsam mit ihr zum Ufer.

Molly ging es genauso. Sie würde sich auch nur mit dem Küssen zufriedengeben. Der wunderschöne See war nur ein kleines Extra gewesen.

»Es gibt aber keine Ruhetage mehr«, wandte sie ein.

»Sobald die Tour vorbei ist, haben wir ein wenig frei. Ich bin zwar für die Spanienrundfahrt angemeldet, aber die startet erst Ende August. Es gibt trotzdem ein kleines Problem«, fügte er noch hinzu.

»Ja, ich weiß – Beziehungen zwischen Fahrern und Teammitgliedern sind nicht erlaubt.« Sie wrang sich ein wenig Wasser aus dem Haar, während sie auf den heißen Sand traten und ihre Kleider zusammensammelten.

Er nickte und auf sein Gesicht trat ein missmutiger Ausdruck. »Es wird nicht gerne gesehen. Greg wird das überhaupt nicht gefallen, und ich vermute, das wird es für uns schwierig machen.«

Sollte sie Alex sagen, dass sie nicht vorhatte, nach der Tour weiter für BeSpoke zu arbeiten, oder war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt? Sie wollte diesen magischen Nachmittag nicht verderben, ihn nicht durch Grübeleien zerstören, also entschied sie sich zu schweigen.

Hand in Hand schlenderten sie den Uferweg entlang zurück zur Straße, die zum Hotel führte, und erst, als sie durch die kleine Pforte traten, ließ er ihre Hand mit einem entschuldigenden Blick wieder los.

Sobald sie in der Hotellobby eintrafen, hatte das geschäftige Treiben der Tour de France sie sofort wieder, und Molly bemerkte, wie Alex innerlich auf Distanz zu ihr ging, um sich auf die morgen anstehende Etappe und seine Aufgabe als Teamkapitän zu konzentrieren.

Sie konnte nur hoffen, dass sie es auch schaffte, sich weiterhin professionell zu verhalten und sich nicht von ihren Gefühlen überwältigen zu lassen. Denn alles, woran sie im Moment denken konnte, war, dass sie ihn küssen wollte, bis ihnen beiden schwindelig wurde.