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»Was ist das hier?«, fragt sie und spürt, wie das Grauen ihre Stimme abwürgt.
»Das ist mein Atelier. Meine Produktionsstätte.« Sie bemerkt den Stolz, der in seiner Stimme mitschwingt.
Obwohl sich alles in ihr dagegen sträubt, in dieses Gesicht zu blicken, wendet sie sich ihm zu und erschrickt vor seinem irren Grinsen. »Sagen Sie mir bitte, was Sie mit mir vorhaben? Bitte!«
Ein Schatten huscht über seine Züge, aber nur kurz, dann blickt er sie gelangweilt an und erwidert monoton: »Das habe ich dir bereits gesagt. Du erinnerst dich? Die Liste! Ich habe eine Liste, die ich abarbeiten muss. Und jetzt leg dich dort hin.« Er deutet auf den Seziertisch, der ihr am nächsten steht. Sie blickt kurz auf die blitzende Oberfläche. »Nein, bitte … ich habe Ihnen doch nichts getan. Ich … gibt es irgendetwas, das ich für Sie tun kann? Egal, was?«
»Lass mich überlegen … ja, doch.« Plötzlich gräbt sich eine senkrechte Falte über der Nasenwurzel in seine Stirn. »Leg dich hin, und zwar sofort«, brüllt er sie an, woraufhin sie erschrocken rückwärtstaumelt und fast zu Boden stürzt.
Er macht einen Schritt zur Seite und greift in eine verchromte Schale, die auf einem Tisch hinter ihm steht, so dass sie nicht sehen kann, was sich darin befindet. Sie weiß es zwei Sekunden später, als er das Skalpell in der Hand hält.
Erneut verzieht sich sein Gesicht zu einem Grinsen. Einen so extremen Wechsel von Emotionen hat sie noch nie zuvor bei einem Menschen beobachtet. »Du darfst jetzt entscheiden. Entweder du tust, was ich dir gesagt habe, und legst dich dorthin, oder du weigerst dich weiter. So oder so werde ich bald damit beginnen, meine Liste abzuarbeiten. Wenn du dich freiwillig hinlegst, und zwar jetzt sofort, wirst du nichts spüren, auch wenn ich persönlich das sehr bedaure. Wenn du dich aber weigerst …« Das Grinsen wird breiter, als er das Skalpell anhebt. »… kommst du in den Genuss, jeden Schritt meiner Arbeit mitzuerleben.« Er legt den Kopf ein wenig schräg und verdreht die Augen dabei auf eine Art, die sie vor Entsetzen aufstöhnen lässt. »Rate, was ich mir wünsche.«
Auf wackeligen Beinen stakst sie zu dem Seziertisch und stützt sich mit den Händen daran ab. Für einen kurzen Moment flammt der Gedanke in ihr auf, sich gegen den Kerl zu werfen, ihn vielleicht überrumpeln zu können, doch dazu ist sie zu schwach. Bevor sie sich auf das kalte Metall legt, wendet sie sich ihm noch einmal zu. »Diese Liste … was steht da drauf?«
»Oh, ich zeige sie dir«, sagt er, geht zu einer an der Wand befestigten Ablage und greift nach einem Blatt Papier, das dort liegt. Er kommt auf sie zu und zeigt es ihr.
Sie liest die Wörter, die dort stehen. Starrt sie an. Sekundenlang. Dann wendet sie sich um und übergibt sich auf die glänzende Oberfläche des Tisches.